Zeit an, wo die Sonntagsentheiligung in Frankreich ziemlich allgemein wurde, auch der Wohlstand in diesem schönen und fruchtbaren Lande bedeutend gesunken ist. Im vorigen Jahrhunderte, zu einer Zeit, wo man noch in christlicher Weise treu am Sonntage festhielt, zählte Frankreich bei 26 Millionen Seelen nur 4 Millionen Arme, dagegen im Jahre 1850 bei 35 Millionen Seelen 7 Millionen Arme. Und wie viel Unheil hat seitdem dieses Land erlitten in socialer und politischer Beziehung? wie groß war die Verwirrung und der Fluch, den ihm die revolutionären Ideen gebracht haben? wie oft ist es schmählich betrogen und aus- gebeutet worden von Staatsmännern, die nicht das Beste des Landes, sondern nur den eigenen persönlichen Vortheil suchten?
Doch wir brauchen nicht auf Frankreich hinzuschauen; wir können im eigenen Vaterlande bleiben. Seit ein paar Jahrzehnten wird auch bei uns vielfach der Sonn- tag nicht mehr in der strengen Weise geheiligt wie früher. Viele, sehr viele Christen, besonders in den großen Städten, gehen am Tage des Herrn nicht mehr in die Kirche, hören nicht mehr das Wort Gottes und wohnen nicht mehr dem hochheiligen Meßopfer bei, dagegen arbeiten sie wie am Werktage oder stürzen sich haltlos in den Strudel der Zerstreuungen und Ver- gnügen. Sind wir nun seit dieser Zeit glücklicher und zufriedener geworden? Hat sich der Wohlstand bei uns gehoben? Das Gegentheil ist eingetreten. In er- schreckender Weise hat die Noth und das Elend immer
Zeit an, wo die Sonntagsentheiligung in Frankreich ziemlich allgemein wurde, auch der Wohlstand in diesem schönen und fruchtbaren Lande bedeutend gesunken ist. Im vorigen Jahrhunderte, zu einer Zeit, wo man noch in christlicher Weise treu am Sonntage festhielt, zählte Frankreich bei 26 Millionen Seelen nur 4 Millionen Arme, dagegen im Jahre 1850 bei 35 Millionen Seelen 7 Millionen Arme. Und wie viel Unheil hat seitdem dieses Land erlitten in socialer und politischer Beziehung? wie groß war die Verwirrung und der Fluch, den ihm die revolutionären Ideen gebracht haben? wie oft ist es schmählich betrogen und aus- gebeutet worden von Staatsmännern, die nicht das Beste des Landes, sondern nur den eigenen persönlichen Vortheil suchten?
Doch wir brauchen nicht auf Frankreich hinzuschauen; wir können im eigenen Vaterlande bleiben. Seit ein paar Jahrzehnten wird auch bei uns vielfach der Sonn- tag nicht mehr in der strengen Weise geheiligt wie früher. Viele, sehr viele Christen, besonders in den großen Städten, gehen am Tage des Herrn nicht mehr in die Kirche, hören nicht mehr das Wort Gottes und wohnen nicht mehr dem hochheiligen Meßopfer bei, dagegen arbeiten sie wie am Werktage oder stürzen sich haltlos in den Strudel der Zerstreuungen und Ver- gnügen. Sind wir nun seit dieser Zeit glücklicher und zufriedener geworden? Hat sich der Wohlstand bei uns gehoben? Das Gegentheil ist eingetreten. In er- schreckender Weise hat die Noth und das Elend immer
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Zeit an, wo die Sonntagsentheiligung in Frankreich
ziemlich allgemein wurde, auch der Wohlstand in diesem
schönen und fruchtbaren Lande bedeutend gesunken ist.
Im vorigen Jahrhunderte, zu einer Zeit, wo man noch
in christlicher Weise treu am Sonntage festhielt, zählte
Frankreich bei 26 Millionen Seelen nur 4 Millionen
Arme, dagegen im Jahre 1850 bei 35 Millionen
Seelen 7 Millionen Arme. Und wie viel Unheil hat
seitdem dieses Land erlitten in socialer und politischer
Beziehung? wie groß war die Verwirrung und der
Fluch, den ihm die revolutionären Ideen gebracht
haben? wie oft ist es schmählich betrogen und aus-
gebeutet worden von Staatsmännern, die nicht das
Beste des Landes, sondern nur den eigenen persönlichen
Vortheil suchten?
Doch wir brauchen nicht auf Frankreich hinzuschauen;
wir können im eigenen Vaterlande bleiben. Seit ein
paar Jahrzehnten wird auch bei uns vielfach der Sonn-
tag nicht mehr in der strengen Weise geheiligt wie
früher. Viele, sehr viele Christen, besonders in den
großen Städten, gehen am Tage des Herrn nicht mehr
in die Kirche, hören nicht mehr das Wort Gottes und
wohnen nicht mehr dem hochheiligen Meßopfer bei,
dagegen arbeiten sie wie am Werktage oder stürzen
sich haltlos in den Strudel der Zerstreuungen und Ver-
gnügen. Sind wir nun seit dieser Zeit glücklicher und
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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/156>, abgerufen am 03.02.2025.
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