nach der Eröffnung des Agger-Kanals und nachdem das Wasser den nöthigen Salzgehalt gewonnen hatte, auch Austern hierher sich verbreiteten". Der große Petersburger Naturforscher giebt diese Mittheilung in einem Gutachten über ein neuerliches Projekt, in der Ostsee, und zwar auf russischem Seegrunde, Austern zu züchten, und es kam ihm darauf an, zu zeigen, wie weit durch die natürlichen Verhältnisse der Austern das Heimischwerden in der Ostsee gestattet sei. Wir folgen also ihm noch weiter. "Auf der Westküste von Jütland kommen allerdings auch Austern vor, aber nicht in reichen Bänken, wie es scheint. Dagegen finden sich an der Ostseite der schmalen Halbinsel oder Landzunge Skagen wieder ausgedehnte Bänke, von der äußersten Spitze dieser Landzunge bis Hirtsholm in drei Gruppen oder Hauptbänke getheilt. Die letzten regelmäßig ausgebeuteten Bänke sind an der Jnsel Lässoe und sollen sich von dieser Jnsel gegen die Jnsel Anholt hinziehen, ohne, wie es scheint, diese Jnsel zu erreichen. Weiter nach Süden findet man allerdings auch noch Austern, allein sie sind mehr vereinzelt und, wie es scheint, von schlechterer Qualität." Schon in den Belten finden sich die Bedingungen für die Verbreitung der Austern nicht mehr, noch weniger in der Ostsee.
Der Hauptgrund, warum die Auster nicht mehr in der Ostsee fortkommt, liegt offenbar an dem zu geringen Salzgehalte dieses wenigstens in seinen nördlichen und östlichen Theilen schon fast zu einem süßen Binnensee gewordenen Gewässers. "Die Ostsee", sagt C. E. von Bär in seinem Gutachten weiter, "steht durch drei Meerengen mit dem Kattegat in Verbindung, von denen besonders die mittlere, der große Belt, weit genug geöffnet ist. Da die Auster hermaphroditisch ist, jedes Jndividuum also zeugungsfähig wird und eine sehr große Menge Eier hervorbringt, bis zu einer Million und mehr, aus denen die ausgekrochenen Embryonen, durch den Wellenschlag verbreitet, sich ansetzen und gedeihen, wo sie passende Verhältnisse finden, so muß wohl ein Hinderniß bestehen, welches die Verbreitung bis in die Ostsee nicht erlaubt hat. Es ist jetzt sogar der südliche Theil des Kattegat ohne Austern, wenigstens ohne brauchbare; in der nördlichen Hälfte des Kattegat sind sie schon besser, und diese Bänke werden ausgebeutet. Jenseits der Spitze Skagen, wo das Verbindungsglied des Kattegat mit der Nordsee, nämlich das Skagerak beginnt, sind sie noch besser, im nördlichen Theile von Bohuslän, der an das Skagerak stößt, sollen die Austern schon sehr gut sein. Besser und größer aber doch als an der Südküste Nor- wegens sind sie an der Westküste dieses Landes und Schleswigs, sowie überhaupt in der ganzen Nordsee. Da in umgekehrter Ordnung der Salzgehalt des Seewassers von der Nordsee durch das Skagerak in das Kattegat und innerhalb des letzteren von Norden nach Süden abnimmt, noch mehr in der Ostsee und zwar um so mehr, je mehr man von den drei Ausmündungen dieses Wasserbeckens sich entfernt, so daß die letzten Enden des finnischen wie des bottnischen Meerbusens völlig trinkbares Wasser enthalten, so springt in die Augen, daß mit Abnahme des Salzgehaltes die Austern verkümmern und deshalb ganz aufhören, bevor sie die Kommunikationsmeerengen erreichen." Da nun unterhalb Auholt gegen die Belte zu der Salzgehalt so weit herabsinkt, wie an der Südküste der Krim, wo, wie oben erwähnt wurde, die Auster verkümmert, so ist das Minimum von Salzgehalt, welches die Auster zu ihrer Existenz bedarf, etwa 17 per mille. Am fettesten und schmackhaftesten wird sie bei 30 bis 20 per mille, daher sich, abgesehen von den mittelmeerischen "auch an den Küsten des atlantischen Meeres und der Nordsee die beliebtesten Austern an Stellen finden, wo der Salzgehalt des Meeres entweder durch einen größeren Fluß, der ins offene Meer geht, oder durch kleinere Flüsse, die sich in eine Bucht ergießen, gemildert wird, so die Austern von Havre, im Caucale-Busen, bei der Jnsel Re, bei Rochelle, an den Küsten der Grafschaft Kent, im Bereich des Themse-Wassers, bei Colchester, Ostende. Daß in dem gemilderten Wasser die Austern selbst sich besser befinden, soll damit nicht behauptet werden. Die Austern an der Westküste von Norwegen, wo so wenig Zufluß von süßem Wasser ist, werden als besonders groß beschrieben, finden also sehr gutes Gedeihen, aber sie müssen keinen Ruf bei den Gastronomen erhalten haben, da sie im Großhandel keine Rolle spielen. Die späteren
Verbreitung der Auſter.
nach der Eröffnung des Agger-Kanals und nachdem das Waſſer den nöthigen Salzgehalt gewonnen hatte, auch Auſtern hierher ſich verbreiteten“. Der große Petersburger Naturforſcher giebt dieſe Mittheilung in einem Gutachten über ein neuerliches Projekt, in der Oſtſee, und zwar auf ruſſiſchem Seegrunde, Auſtern zu züchten, und es kam ihm darauf an, zu zeigen, wie weit durch die natürlichen Verhältniſſe der Auſtern das Heimiſchwerden in der Oſtſee geſtattet ſei. Wir folgen alſo ihm noch weiter. „Auf der Weſtküſte von Jütland kommen allerdings auch Auſtern vor, aber nicht in reichen Bänken, wie es ſcheint. Dagegen finden ſich an der Oſtſeite der ſchmalen Halbinſel oder Landzunge Skagen wieder ausgedehnte Bänke, von der äußerſten Spitze dieſer Landzunge bis Hirtsholm in drei Gruppen oder Hauptbänke getheilt. Die letzten regelmäßig ausgebeuteten Bänke ſind an der Jnſel Läſſoe und ſollen ſich von dieſer Jnſel gegen die Jnſel Anholt hinziehen, ohne, wie es ſcheint, dieſe Jnſel zu erreichen. Weiter nach Süden findet man allerdings auch noch Auſtern, allein ſie ſind mehr vereinzelt und, wie es ſcheint, von ſchlechterer Qualität.“ Schon in den Belten finden ſich die Bedingungen für die Verbreitung der Auſtern nicht mehr, noch weniger in der Oſtſee.
Der Hauptgrund, warum die Auſter nicht mehr in der Oſtſee fortkommt, liegt offenbar an dem zu geringen Salzgehalte dieſes wenigſtens in ſeinen nördlichen und öſtlichen Theilen ſchon faſt zu einem ſüßen Binnenſee gewordenen Gewäſſers. „Die Oſtſee“, ſagt C. E. von Bär in ſeinem Gutachten weiter, „ſteht durch drei Meerengen mit dem Kattegat in Verbindung, von denen beſonders die mittlere, der große Belt, weit genug geöffnet iſt. Da die Auſter hermaphroditiſch iſt, jedes Jndividuum alſo zeugungsfähig wird und eine ſehr große Menge Eier hervorbringt, bis zu einer Million und mehr, aus denen die ausgekrochenen Embryonen, durch den Wellenſchlag verbreitet, ſich anſetzen und gedeihen, wo ſie paſſende Verhältniſſe finden, ſo muß wohl ein Hinderniß beſtehen, welches die Verbreitung bis in die Oſtſee nicht erlaubt hat. Es iſt jetzt ſogar der ſüdliche Theil des Kattegat ohne Auſtern, wenigſtens ohne brauchbare; in der nördlichen Hälfte des Kattegat ſind ſie ſchon beſſer, und dieſe Bänke werden ausgebeutet. Jenſeits der Spitze Skagen, wo das Verbindungsglied des Kattegat mit der Nordſee, nämlich das Skagerak beginnt, ſind ſie noch beſſer, im nördlichen Theile von Bohuslän, der an das Skagerak ſtößt, ſollen die Auſtern ſchon ſehr gut ſein. Beſſer und größer aber doch als an der Südküſte Nor- wegens ſind ſie an der Weſtküſte dieſes Landes und Schleswigs, ſowie überhaupt in der ganzen Nordſee. Da in umgekehrter Ordnung der Salzgehalt des Seewaſſers von der Nordſee durch das Skagerak in das Kattegat und innerhalb des letzteren von Norden nach Süden abnimmt, noch mehr in der Oſtſee und zwar um ſo mehr, je mehr man von den drei Ausmündungen dieſes Waſſerbeckens ſich entfernt, ſo daß die letzten Enden des finniſchen wie des bottniſchen Meerbuſens völlig trinkbares Waſſer enthalten, ſo ſpringt in die Augen, daß mit Abnahme des Salzgehaltes die Auſtern verkümmern und deshalb ganz aufhören, bevor ſie die Kommunikationsmeerengen erreichen.“ Da nun unterhalb Auholt gegen die Belte zu der Salzgehalt ſo weit herabſinkt, wie an der Südküſte der Krim, wo, wie oben erwähnt wurde, die Auſter verkümmert, ſo iſt das Minimum von Salzgehalt, welches die Auſter zu ihrer Exiſtenz bedarf, etwa 17 per mille. Am fetteſten und ſchmackhafteſten wird ſie bei 30 bis 20 per mille, daher ſich, abgeſehen von den mittelmeeriſchen „auch an den Küſten des atlantiſchen Meeres und der Nordſee die beliebteſten Auſtern an Stellen finden, wo der Salzgehalt des Meeres entweder durch einen größeren Fluß, der ins offene Meer geht, oder durch kleinere Flüſſe, die ſich in eine Bucht ergießen, gemildert wird, ſo die Auſtern von Havre, im Caucale-Buſen, bei der Jnſel Ré, bei Rochelle, an den Küſten der Grafſchaft Kent, im Bereich des Themſe-Waſſers, bei Colcheſter, Oſtende. Daß in dem gemilderten Waſſer die Auſtern ſelbſt ſich beſſer befinden, ſoll damit nicht behauptet werden. Die Auſtern an der Weſtküſte von Norwegen, wo ſo wenig Zufluß von ſüßem Waſſer iſt, werden als beſonders groß beſchrieben, finden alſo ſehr gutes Gedeihen, aber ſie müſſen keinen Ruf bei den Gaſtronomen erhalten haben, da ſie im Großhandel keine Rolle ſpielen. Die ſpäteren
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Verbreitung der Auſter.
nach der Eröffnung des Agger-Kanals und nachdem das Waſſer den nöthigen Salzgehalt gewonnen
hatte, auch Auſtern hierher ſich verbreiteten“. Der große Petersburger Naturforſcher giebt dieſe
Mittheilung in einem Gutachten über ein neuerliches Projekt, in der Oſtſee, und zwar auf
ruſſiſchem Seegrunde, Auſtern zu züchten, und es kam ihm darauf an, zu zeigen, wie weit durch
die natürlichen Verhältniſſe der Auſtern das Heimiſchwerden in der Oſtſee geſtattet ſei. Wir folgen
alſo ihm noch weiter. „Auf der Weſtküſte von Jütland kommen allerdings auch Auſtern vor,
aber nicht in reichen Bänken, wie es ſcheint. Dagegen finden ſich an der Oſtſeite der ſchmalen
Halbinſel oder Landzunge Skagen wieder ausgedehnte Bänke, von der äußerſten Spitze dieſer
Landzunge bis Hirtsholm in drei Gruppen oder Hauptbänke getheilt. Die letzten regelmäßig
ausgebeuteten Bänke ſind an der Jnſel Läſſoe und ſollen ſich von dieſer Jnſel gegen die Jnſel
Anholt hinziehen, ohne, wie es ſcheint, dieſe Jnſel zu erreichen. Weiter nach Süden findet man
allerdings auch noch Auſtern, allein ſie ſind mehr vereinzelt und, wie es ſcheint, von ſchlechterer
Qualität.“ Schon in den Belten finden ſich die Bedingungen für die Verbreitung der Auſtern
nicht mehr, noch weniger in der Oſtſee.
Der Hauptgrund, warum die Auſter nicht mehr in der Oſtſee fortkommt, liegt offenbar an
dem zu geringen Salzgehalte dieſes wenigſtens in ſeinen nördlichen und öſtlichen Theilen ſchon
faſt zu einem ſüßen Binnenſee gewordenen Gewäſſers. „Die Oſtſee“, ſagt C. E. von Bär in
ſeinem Gutachten weiter, „ſteht durch drei Meerengen mit dem Kattegat in Verbindung, von denen
beſonders die mittlere, der große Belt, weit genug geöffnet iſt. Da die Auſter hermaphroditiſch
iſt, jedes Jndividuum alſo zeugungsfähig wird und eine ſehr große Menge Eier hervorbringt,
bis zu einer Million und mehr, aus denen die ausgekrochenen Embryonen, durch den Wellenſchlag
verbreitet, ſich anſetzen und gedeihen, wo ſie paſſende Verhältniſſe finden, ſo muß wohl ein
Hinderniß beſtehen, welches die Verbreitung bis in die Oſtſee nicht erlaubt hat. Es iſt jetzt
ſogar der ſüdliche Theil des Kattegat ohne Auſtern, wenigſtens ohne brauchbare; in der nördlichen
Hälfte des Kattegat ſind ſie ſchon beſſer, und dieſe Bänke werden ausgebeutet. Jenſeits der
Spitze Skagen, wo das Verbindungsglied des Kattegat mit der Nordſee, nämlich das Skagerak
beginnt, ſind ſie noch beſſer, im nördlichen Theile von Bohuslän, der an das Skagerak ſtößt,
ſollen die Auſtern ſchon ſehr gut ſein. Beſſer und größer aber doch als an der Südküſte Nor-
wegens ſind ſie an der Weſtküſte dieſes Landes und Schleswigs, ſowie überhaupt in der ganzen
Nordſee. Da in umgekehrter Ordnung der Salzgehalt des Seewaſſers von der Nordſee durch
das Skagerak in das Kattegat und innerhalb des letzteren von Norden nach Süden abnimmt,
noch mehr in der Oſtſee und zwar um ſo mehr, je mehr man von den drei Ausmündungen dieſes
Waſſerbeckens ſich entfernt, ſo daß die letzten Enden des finniſchen wie des bottniſchen Meerbuſens
völlig trinkbares Waſſer enthalten, ſo ſpringt in die Augen, daß mit Abnahme des Salzgehaltes
die Auſtern verkümmern und deshalb ganz aufhören, bevor ſie die Kommunikationsmeerengen
erreichen.“ Da nun unterhalb Auholt gegen die Belte zu der Salzgehalt ſo weit herabſinkt, wie
an der Südküſte der Krim, wo, wie oben erwähnt wurde, die Auſter verkümmert, ſo iſt das
Minimum von Salzgehalt, welches die Auſter zu ihrer Exiſtenz bedarf, etwa 17 per mille. Am
fetteſten und ſchmackhafteſten wird ſie bei 30 bis 20 per mille, daher ſich, abgeſehen von den
mittelmeeriſchen „auch an den Küſten des atlantiſchen Meeres und der Nordſee die beliebteſten
Auſtern an Stellen finden, wo der Salzgehalt des Meeres entweder durch einen größeren Fluß,
der ins offene Meer geht, oder durch kleinere Flüſſe, die ſich in eine Bucht ergießen, gemildert
wird, ſo die Auſtern von Havre, im Caucale-Buſen, bei der Jnſel Ré, bei Rochelle, an den
Küſten der Grafſchaft Kent, im Bereich des Themſe-Waſſers, bei Colcheſter, Oſtende. Daß in
dem gemilderten Waſſer die Auſtern ſelbſt ſich beſſer befinden, ſoll damit nicht behauptet werden.
Die Auſtern an der Weſtküſte von Norwegen, wo ſo wenig Zufluß von ſüßem Waſſer iſt, werden
als beſonders groß beſchrieben, finden alſo ſehr gutes Gedeihen, aber ſie müſſen keinen Ruf bei
den Gaſtronomen erhalten haben, da ſie im Großhandel keine Rolle ſpielen. Die ſpäteren
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 951. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/999>, abgerufen am 23.11.2024.
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