einziges Mal, nämlich in den Tagen Noah, geschehen, zu welcher Zeit alle Berge unter Wasser gestanden." Den Einwurf, daß beim Zurücktreten des Wassers auch die Noah's-Gienmuscheln, so nennt er sie, wieder hätten ins Meer hinabsteigen können, widerlegt er mit der Berechnung, daß das Fallen der Sündfluth wenigstens fünfmal geschwinder, als die gewöhnliche Ebbe vor sich gegangen sei, also unmöglich die Muscheln hätten den Rückzug mitmachen können. "Ueberdieß hat auch Gott ohne Zweifel hie und da solche Merkmale der allgemeinen Sündfluth wollen überbleiben lassen, weil er vorausgesehen, daß in der letzteren Zeit nasenweise Menschen aufstehen würden, welche die Wahrheiten der h. Schrift auch in diesem Stück würden zu kränken suchen." Obgleich aber der sonst vorurtheilsfreie holländische Naturforscher an einer Lehre hält, welche heute nur noch von römischen Bischöfen und dem Pastor Knak in Berlin gepredigt wird, daß die Bibel auch ein unbedingt und wörtlich wahres naturgeschichtliches Lehrbuch sei, schwebt ihm doch schon die Einsicht auf den Lippen, welche seit Jahrzehnten ein Gemeingut der gebildeten Welt geworden: die Hebungstheorie. "Vielleicht", sagt er, "möchte Jemand denken, da diese Länder dem Erbbeben ausgesetzt sind, daß, ohne die Sündfluth zu rechnen, in der Folge der Zeit noch andere gewaltsame Umkehrungen dieser Lande durch Erdbeben möchten entstanden, neue Berge, die vorher nicht zugegen waren, aufgeworfen und vielleicht mit denenselben auch diese Muscheln in die Höhe geführt worden sein. Allein man kann solches von diesen Ländern nicht behaupten (ohnerachtet ich die Geschichten, welche dergleichen Berge in der Welt anzeigen können, im geringsten nicht in Zweifel ziehe), oder man müßte zugleich auch behaupten, daß alle Jnsuln und Berge, wo diese Muscheln gefunden werden, nebst ihrem ganzen Umkreis aus der See in die Höhe gestiegen wären; dieses aber wäre eine ungereimte Rede, denn man findet sie mitten im Lande auf solchen Bergen und auf so großen Jnseln, die außer allen Zweifel schon vom Anfange der Schöpfung zugegen gewesen sind."
Eine zweite Tridacna-Art, Tridacna elongata, welche im rothen Meere sehr häufig ist, wurde vor einigen Jahren sehr ausführlich von einem jungen französischen Zoologen, Vaillant, beobachtet. Sie gehört zu den kleineren und wird fünf bis acht Zoll lang. Auch sie lebt der Art in den Sand vergraben, daß man nur den gezähnten Schalenrand hervorragen sieht. Die oben erwähnte Oeffnung am Rücken ist also nach unten gekehrt und mit dem daraus hervortretenden Fuße und Barte ballt sie Sand und Steine zusammen, heftet sich auch wohl gelegentlich an darunter befindlichen Felsen an und legt sich, so zu sagen, für einen ohne Zweifel längeren Aufenthalt vor Anker. Daß sie jedoch von Zeit zu Zeit ihren Standort ändern, geht daraus hervor, daß man die größeren Exemplare in immer größerer Tiefe aufsuchen muß. Vaillant kann nicht Worte finden, um den prächtigen Anblick zu schildern, den die fast immer geöffnete Muschel mit ihren Mantelrändern gewährt, wenn man sie bei ruhigem Wasser in einer Tiefe von 12 bis 16 Fuß beobachtet. Tridacna elongata, von den Arabern Arbi-nem-Bous genannt, ist bei Suez so gemein, daß ihre Schale zum Kalkbrennen benutzt wird; auch ist sie eine sehr beliebte Speise, und sollen namentlich die Muskeln wie Hummerfleisch schmecken.
Die oben mitgetheilten Angaben, daß die Riesen-Tridacna im Stande sei, ein Tau abzukneipen, zieht der französische Zoolog in Zweifel, nicht weil das Thier nicht die Muskelkraft dazu besäße, sondern weil die Schale bei einer solchen Anstrengung zerbrechen würde. Ueber die Leistungsfähigkeit der Muskeln der suezer Art hat er einige bemerkenswerthe Versuche angestellt. Die Schalenränder können nicht vollständig geschlossen werden; Vaillaut konnte also immer an der einen Klappe einen Haken anbringen und die ganze Muschel daran aufhängen, und an der anderen ein Gefäß befestigen, welches allmälig mit Wasser gefüllt wurde. Zu dem Gewicht des Gefäßes und des Wassers muß natürlich noch dasjenige der unteren Schalenhälfte und der durch die Muskel ebenfalls zu besiegende Widerstand des Ligamentes gerechnet werden, welcher auch noch überwunden wurde, wenn nahe am Höhepunkt des dem Thiere zugemutheten Gewichtes die
einziges Mal, nämlich in den Tagen Noah, geſchehen, zu welcher Zeit alle Berge unter Waſſer geſtanden.“ Den Einwurf, daß beim Zurücktreten des Waſſers auch die Noah’s-Gienmuſcheln, ſo nennt er ſie, wieder hätten ins Meer hinabſteigen können, widerlegt er mit der Berechnung, daß das Fallen der Sündfluth wenigſtens fünfmal geſchwinder, als die gewöhnliche Ebbe vor ſich gegangen ſei, alſo unmöglich die Muſcheln hätten den Rückzug mitmachen können. „Ueberdieß hat auch Gott ohne Zweifel hie und da ſolche Merkmale der allgemeinen Sündfluth wollen überbleiben laſſen, weil er vorausgeſehen, daß in der letzteren Zeit naſenweiſe Menſchen aufſtehen würden, welche die Wahrheiten der h. Schrift auch in dieſem Stück würden zu kränken ſuchen.“ Obgleich aber der ſonſt vorurtheilsfreie holländiſche Naturforſcher an einer Lehre hält, welche heute nur noch von römiſchen Biſchöfen und dem Paſtor Knak in Berlin gepredigt wird, daß die Bibel auch ein unbedingt und wörtlich wahres naturgeſchichtliches Lehrbuch ſei, ſchwebt ihm doch ſchon die Einſicht auf den Lippen, welche ſeit Jahrzehnten ein Gemeingut der gebildeten Welt geworden: die Hebungstheorie. „Vielleicht“, ſagt er, „möchte Jemand denken, da dieſe Länder dem Erbbeben ausgeſetzt ſind, daß, ohne die Sündfluth zu rechnen, in der Folge der Zeit noch andere gewaltſame Umkehrungen dieſer Lande durch Erdbeben möchten entſtanden, neue Berge, die vorher nicht zugegen waren, aufgeworfen und vielleicht mit denenſelben auch dieſe Muſcheln in die Höhe geführt worden ſein. Allein man kann ſolches von dieſen Ländern nicht behaupten (ohnerachtet ich die Geſchichten, welche dergleichen Berge in der Welt anzeigen können, im geringſten nicht in Zweifel ziehe), oder man müßte zugleich auch behaupten, daß alle Jnſuln und Berge, wo dieſe Muſcheln gefunden werden, nebſt ihrem ganzen Umkreis aus der See in die Höhe geſtiegen wären; dieſes aber wäre eine ungereimte Rede, denn man findet ſie mitten im Lande auf ſolchen Bergen und auf ſo großen Jnſeln, die außer allen Zweifel ſchon vom Anfange der Schöpfung zugegen geweſen ſind.“
Eine zweite Tridacna-Art, Tridacna elongata, welche im rothen Meere ſehr häufig iſt, wurde vor einigen Jahren ſehr ausführlich von einem jungen franzöſiſchen Zoologen, Vaillant, beobachtet. Sie gehört zu den kleineren und wird fünf bis acht Zoll lang. Auch ſie lebt der Art in den Sand vergraben, daß man nur den gezähnten Schalenrand hervorragen ſieht. Die oben erwähnte Oeffnung am Rücken iſt alſo nach unten gekehrt und mit dem daraus hervortretenden Fuße und Barte ballt ſie Sand und Steine zuſammen, heftet ſich auch wohl gelegentlich an darunter befindlichen Felſen an und legt ſich, ſo zu ſagen, für einen ohne Zweifel längeren Aufenthalt vor Anker. Daß ſie jedoch von Zeit zu Zeit ihren Standort ändern, geht daraus hervor, daß man die größeren Exemplare in immer größerer Tiefe aufſuchen muß. Vaillant kann nicht Worte finden, um den prächtigen Anblick zu ſchildern, den die faſt immer geöffnete Muſchel mit ihren Mantelrändern gewährt, wenn man ſie bei ruhigem Waſſer in einer Tiefe von 12 bis 16 Fuß beobachtet. Tridacna elongata, von den Arabern Arbi-nem-Bous genannt, iſt bei Suez ſo gemein, daß ihre Schale zum Kalkbrennen benutzt wird; auch iſt ſie eine ſehr beliebte Speiſe, und ſollen namentlich die Muskeln wie Hummerfleiſch ſchmecken.
Die oben mitgetheilten Angaben, daß die Rieſen-Tridacna im Stande ſei, ein Tau abzukneipen, zieht der franzöſiſche Zoolog in Zweifel, nicht weil das Thier nicht die Muskelkraft dazu beſäße, ſondern weil die Schale bei einer ſolchen Anſtrengung zerbrechen würde. Ueber die Leiſtungsfähigkeit der Muskeln der ſuezer Art hat er einige bemerkenswerthe Verſuche angeſtellt. Die Schalenränder können nicht vollſtändig geſchloſſen werden; Vaillaut konnte alſo immer an der einen Klappe einen Haken anbringen und die ganze Muſchel daran aufhängen, und an der anderen ein Gefäß befeſtigen, welches allmälig mit Waſſer gefüllt wurde. Zu dem Gewicht des Gefäßes und des Waſſers muß natürlich noch dasjenige der unteren Schalenhälfte und der durch die Muskel ebenfalls zu beſiegende Widerſtand des Ligamentes gerechnet werden, welcher auch noch überwunden wurde, wenn nahe am Höhepunkt des dem Thiere zugemutheten Gewichtes die
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Muſcheln. Monomyarien. Tridacnaceen. Hammermuſcheln.
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geſtanden.“ Den Einwurf, daß beim Zurücktreten des Waſſers auch die Noah’s-Gienmuſcheln,
ſo nennt er ſie, wieder hätten ins Meer hinabſteigen können, widerlegt er mit der Berechnung,
daß das Fallen der Sündfluth wenigſtens fünfmal geſchwinder, als die gewöhnliche Ebbe vor ſich
gegangen ſei, alſo unmöglich die Muſcheln hätten den Rückzug mitmachen können. „Ueberdieß hat
auch Gott ohne Zweifel hie und da ſolche Merkmale der allgemeinen Sündfluth wollen überbleiben
laſſen, weil er vorausgeſehen, daß in der letzteren Zeit naſenweiſe Menſchen aufſtehen würden,
welche die Wahrheiten der h. Schrift auch in dieſem Stück würden zu kränken ſuchen.“ Obgleich
aber der ſonſt vorurtheilsfreie holländiſche Naturforſcher an einer Lehre hält, welche heute nur
noch von römiſchen Biſchöfen und dem Paſtor Knak in Berlin gepredigt wird, daß die Bibel
auch ein unbedingt und wörtlich wahres naturgeſchichtliches Lehrbuch ſei, ſchwebt ihm doch ſchon
die Einſicht auf den Lippen, welche ſeit Jahrzehnten ein Gemeingut der gebildeten Welt geworden:
die Hebungstheorie. „Vielleicht“, ſagt er, „möchte Jemand denken, da dieſe Länder dem Erbbeben
ausgeſetzt ſind, daß, ohne die Sündfluth zu rechnen, in der Folge der Zeit noch andere gewaltſame
Umkehrungen dieſer Lande durch Erdbeben möchten entſtanden, neue Berge, die vorher nicht
zugegen waren, aufgeworfen und vielleicht mit denenſelben auch dieſe Muſcheln
in die Höhe geführt worden ſein. Allein man kann ſolches von dieſen Ländern nicht
behaupten (ohnerachtet ich die Geſchichten, welche dergleichen Berge in der Welt anzeigen können,
im geringſten nicht in Zweifel ziehe), oder man müßte zugleich auch behaupten, daß alle Jnſuln
und Berge, wo dieſe Muſcheln gefunden werden, nebſt ihrem ganzen Umkreis aus der See in
die Höhe geſtiegen wären; dieſes aber wäre eine ungereimte Rede, denn man findet ſie mitten
im Lande auf ſolchen Bergen und auf ſo großen Jnſeln, die außer allen Zweifel ſchon vom
Anfange der Schöpfung zugegen geweſen ſind.“
Eine zweite Tridacna-Art, Tridacna elongata, welche im rothen Meere ſehr häufig iſt,
wurde vor einigen Jahren ſehr ausführlich von einem jungen franzöſiſchen Zoologen, Vaillant,
beobachtet. Sie gehört zu den kleineren und wird fünf bis acht Zoll lang. Auch ſie lebt der Art
in den Sand vergraben, daß man nur den gezähnten Schalenrand hervorragen ſieht. Die oben
erwähnte Oeffnung am Rücken iſt alſo nach unten gekehrt und mit dem daraus hervortretenden
Fuße und Barte ballt ſie Sand und Steine zuſammen, heftet ſich auch wohl gelegentlich an
darunter befindlichen Felſen an und legt ſich, ſo zu ſagen, für einen ohne Zweifel längeren
Aufenthalt vor Anker. Daß ſie jedoch von Zeit zu Zeit ihren Standort ändern, geht daraus
hervor, daß man die größeren Exemplare in immer größerer Tiefe aufſuchen muß. Vaillant
kann nicht Worte finden, um den prächtigen Anblick zu ſchildern, den die faſt immer geöffnete
Muſchel mit ihren Mantelrändern gewährt, wenn man ſie bei ruhigem Waſſer in einer Tiefe
von 12 bis 16 Fuß beobachtet. Tridacna elongata, von den Arabern Arbi-nem-Bous genannt,
iſt bei Suez ſo gemein, daß ihre Schale zum Kalkbrennen benutzt wird; auch iſt ſie eine ſehr
beliebte Speiſe, und ſollen namentlich die Muskeln wie Hummerfleiſch ſchmecken.
Die oben mitgetheilten Angaben, daß die Rieſen-Tridacna im Stande ſei, ein Tau
abzukneipen, zieht der franzöſiſche Zoolog in Zweifel, nicht weil das Thier nicht die Muskelkraft
dazu beſäße, ſondern weil die Schale bei einer ſolchen Anſtrengung zerbrechen würde. Ueber die
Leiſtungsfähigkeit der Muskeln der ſuezer Art hat er einige bemerkenswerthe Verſuche angeſtellt.
Die Schalenränder können nicht vollſtändig geſchloſſen werden; Vaillaut konnte alſo immer an
der einen Klappe einen Haken anbringen und die ganze Muſchel daran aufhängen, und an der
anderen ein Gefäß befeſtigen, welches allmälig mit Waſſer gefüllt wurde. Zu dem Gewicht des
Gefäßes und des Waſſers muß natürlich noch dasjenige der unteren Schalenhälfte und der durch
die Muskel ebenfalls zu beſiegende Widerſtand des Ligamentes gerechnet werden, welcher auch
noch überwunden wurde, wenn nahe am Höhepunkt des dem Thiere zugemutheten Gewichtes die
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 938. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/986>, abgerufen am 16.07.2024.
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