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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Muscheln. Dimyarier. Röhrenmuscheln.
fürchterlicher als der Großtürke selbst, den sie sich bloß mit Spaten und Schaufeln zu vertilgen
vermessen hatten, setzten die Holländer eine große Belohnung für Denjenigen aus, der ein Mittel
angeben könnte, um die Angriffe dieser Thiere abzuwenden. Salben, Firnisse und giftige
Flüssigkeiten wurden sofort hundertweise anempfohlen. Es dürfte schwer sein, den Betrag des
[Abbildung] Bohrwurm (Teredo fatalia). Nat. Größe.
Rechts die Larve. Vergrößert.
Schadens zu schätzen, welchen diese Heimsuchung verursacht hat,
die nach der Meinung von Sellius (welcher 1733 eine Natur-
geschichte des Teredo herausgab), da er keine natürliche Ver-
anlassung dazu entdecken konnte, von Gott verfügt war, um
den wachsenden Hochmuth der Holländer zu züchtigen. Die
Schriftsteller jener Zeit bezeichnen ihn im Allgemeinen als sehr
groß, und Dr. Tobias Baster führt den Teredo als ein
Thier an, welches in jenen Gegenden für viele Millionen
Schaden verursacht habe. Auch England hat er mit manch-
fachem Unheil heimgesucht und thut es noch. "Der gesundeste
und härteste Eichenstamm kann diesen verderblichen Geschöpfen
nicht widerstehen; denn schon in 4 bis 5 Jahren durchbohren sie
ihn in solchem Grade, daß seine Beseitigung nothwendig wird,
wie das wiederholt auf den Werften von Plymouth vorgekom-
men ist. Um das daselbst verwendete und ihren Angriffen aus-
gesetzte Bauholz zu erhalten, hat man versucht, die unter Wasser
stehenden Theile desselben mit kurzen, breitköpfigen Nägeln zu
beschlagen, welche im Salzwasser bald die ganze Oberfläche mit
einer starken, für den Bohrer des Wurms undurchdringlichen
Rostrinde überziehen. Und dieser Versuch scheint von Erfolg
gewesen zu sein, da der Wurm in den Häfen von Plymouth
und Falmouth, wo er sonst häufig gewesen, jetzt selten oder
gar nicht mehr zu finden ist. Aber in anderen Gegenden ist
er fortwährend geblieben und hat z. B. innerhalb weniger Jahre
eine Menge von Pfählen an den Brückenpfeilern zu Portpatrik
an der Küste von Ayrshire wesentlich beschädigt oder gänzlich
verdorben, so daß behauptet wird, dieses Thier werde in
Gemeinschaft mit einem gleich verderblichen Kruster, Limnaria
terebrans
(zu den Wasser-Asseln gehörig), bald die völlige
Zerstörung alles Holzes in jenen Pfeilern bewirken. Keine
Holzart scheint fähig, der verhäugnißvollen Bohrkraft dieses
Weichthieres zu widerstehen. Jndisches Tek -- (Tectonia
grandis),
Sissu- und Saul-Holz, eine Sorte, welche dem Tek
nahe steht, aber noch härter ist, werden alle in kurzer Zeit
durchfressen; noch viel leichter werden Eichen und Zedern und
am schnellsten so weiche Hölzer wie Erle und Kiefer durchlöchert."

Es geht schon aus diesen Mittheilungen hervor, daß man
längst von der irrigen Meinung zurückgekommen, es gebe bloß
eine, allmälig über die ganze Welt verschleppte Art Schiffswurm.
Man kann bis jetzt wenigstens 8 bis 10 Arten unterscheiden, welche Linne alle, so weit sie ihm
bekannt waren, als Teredo navalis zusammen faßte. Am besten sind wir durch den Pariser
Zoologen de Quatrefages über die Eigenthümlichkeiten einiger Teredines der europäischen
Küsten unterrichtet, darunter der große Teredo fatalis, welchem die meisten jener oben angeführten
Zerstörungen an den Damm- und Hafenbauten zur Last fallen. Es ist begreiflich, wenn man

Muſcheln. Dimyarier. Röhrenmuſcheln.
fürchterlicher als der Großtürke ſelbſt, den ſie ſich bloß mit Spaten und Schaufeln zu vertilgen
vermeſſen hatten, ſetzten die Holländer eine große Belohnung für Denjenigen aus, der ein Mittel
angeben könnte, um die Angriffe dieſer Thiere abzuwenden. Salben, Firniſſe und giftige
Flüſſigkeiten wurden ſofort hundertweiſe anempfohlen. Es dürfte ſchwer ſein, den Betrag des
[Abbildung] Bohrwurm (Teredo fatalia). Nat. Größe.
Rechts die Larve. Vergrößert.
Schadens zu ſchätzen, welchen dieſe Heimſuchung verurſacht hat,
die nach der Meinung von Sellius (welcher 1733 eine Natur-
geſchichte des Teredo herausgab), da er keine natürliche Ver-
anlaſſung dazu entdecken konnte, von Gott verfügt war, um
den wachſenden Hochmuth der Holländer zu züchtigen. Die
Schriftſteller jener Zeit bezeichnen ihn im Allgemeinen als ſehr
groß, und Dr. Tobias Baſter führt den Teredo als ein
Thier an, welches in jenen Gegenden für viele Millionen
Schaden verurſacht habe. Auch England hat er mit manch-
fachem Unheil heimgeſucht und thut es noch. „Der geſundeſte
und härteſte Eichenſtamm kann dieſen verderblichen Geſchöpfen
nicht widerſtehen; denn ſchon in 4 bis 5 Jahren durchbohren ſie
ihn in ſolchem Grade, daß ſeine Beſeitigung nothwendig wird,
wie das wiederholt auf den Werften von Plymouth vorgekom-
men iſt. Um das daſelbſt verwendete und ihren Angriffen aus-
geſetzte Bauholz zu erhalten, hat man verſucht, die unter Waſſer
ſtehenden Theile deſſelben mit kurzen, breitköpfigen Nägeln zu
beſchlagen, welche im Salzwaſſer bald die ganze Oberfläche mit
einer ſtarken, für den Bohrer des Wurms undurchdringlichen
Roſtrinde überziehen. Und dieſer Verſuch ſcheint von Erfolg
geweſen zu ſein, da der Wurm in den Häfen von Plymouth
und Falmouth, wo er ſonſt häufig geweſen, jetzt ſelten oder
gar nicht mehr zu finden iſt. Aber in anderen Gegenden iſt
er fortwährend geblieben und hat z. B. innerhalb weniger Jahre
eine Menge von Pfählen an den Brückenpfeilern zu Portpatrik
an der Küſte von Ayrſhire weſentlich beſchädigt oder gänzlich
verdorben, ſo daß behauptet wird, dieſes Thier werde in
Gemeinſchaft mit einem gleich verderblichen Kruſter, Limnaria
terebrans
(zu den Waſſer-Aſſeln gehörig), bald die völlige
Zerſtörung alles Holzes in jenen Pfeilern bewirken. Keine
Holzart ſcheint fähig, der verhäugnißvollen Bohrkraft dieſes
Weichthieres zu widerſtehen. Jndiſches Tek — (Tectonia
grandis),
Siſſu- und Saul-Holz, eine Sorte, welche dem Tek
nahe ſteht, aber noch härter iſt, werden alle in kurzer Zeit
durchfreſſen; noch viel leichter werden Eichen und Zedern und
am ſchnellſten ſo weiche Hölzer wie Erle und Kiefer durchlöchert.“

Es geht ſchon aus dieſen Mittheilungen hervor, daß man
längſt von der irrigen Meinung zurückgekommen, es gebe bloß
eine, allmälig über die ganze Welt verſchleppte Art Schiffswurm.
Man kann bis jetzt wenigſtens 8 bis 10 Arten unterſcheiden, welche Linné alle, ſo weit ſie ihm
bekannt waren, als Teredo navalis zuſammen faßte. Am beſten ſind wir durch den Pariſer
Zoologen de Quatrefages über die Eigenthümlichkeiten einiger Teredines der europäiſchen
Küſten unterrichtet, darunter der große Teredo fatalis, welchem die meiſten jener oben angeführten
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[926/0974] Muſcheln. Dimyarier. Röhrenmuſcheln. fürchterlicher als der Großtürke ſelbſt, den ſie ſich bloß mit Spaten und Schaufeln zu vertilgen vermeſſen hatten, ſetzten die Holländer eine große Belohnung für Denjenigen aus, der ein Mittel angeben könnte, um die Angriffe dieſer Thiere abzuwenden. Salben, Firniſſe und giftige Flüſſigkeiten wurden ſofort hundertweiſe anempfohlen. Es dürfte ſchwer ſein, den Betrag des [Abbildung Bohrwurm (Teredo fatalia). Nat. Größe. Rechts die Larve. Vergrößert.] Schadens zu ſchätzen, welchen dieſe Heimſuchung verurſacht hat, die nach der Meinung von Sellius (welcher 1733 eine Natur- geſchichte des Teredo herausgab), da er keine natürliche Ver- anlaſſung dazu entdecken konnte, von Gott verfügt war, um den wachſenden Hochmuth der Holländer zu züchtigen. Die Schriftſteller jener Zeit bezeichnen ihn im Allgemeinen als ſehr groß, und Dr. Tobias Baſter führt den Teredo als ein Thier an, welches in jenen Gegenden für viele Millionen Schaden verurſacht habe. Auch England hat er mit manch- fachem Unheil heimgeſucht und thut es noch. „Der geſundeſte und härteſte Eichenſtamm kann dieſen verderblichen Geſchöpfen nicht widerſtehen; denn ſchon in 4 bis 5 Jahren durchbohren ſie ihn in ſolchem Grade, daß ſeine Beſeitigung nothwendig wird, wie das wiederholt auf den Werften von Plymouth vorgekom- men iſt. Um das daſelbſt verwendete und ihren Angriffen aus- geſetzte Bauholz zu erhalten, hat man verſucht, die unter Waſſer ſtehenden Theile deſſelben mit kurzen, breitköpfigen Nägeln zu beſchlagen, welche im Salzwaſſer bald die ganze Oberfläche mit einer ſtarken, für den Bohrer des Wurms undurchdringlichen Roſtrinde überziehen. Und dieſer Verſuch ſcheint von Erfolg geweſen zu ſein, da der Wurm in den Häfen von Plymouth und Falmouth, wo er ſonſt häufig geweſen, jetzt ſelten oder gar nicht mehr zu finden iſt. Aber in anderen Gegenden iſt er fortwährend geblieben und hat z. B. innerhalb weniger Jahre eine Menge von Pfählen an den Brückenpfeilern zu Portpatrik an der Küſte von Ayrſhire weſentlich beſchädigt oder gänzlich verdorben, ſo daß behauptet wird, dieſes Thier werde in Gemeinſchaft mit einem gleich verderblichen Kruſter, Limnaria terebrans (zu den Waſſer-Aſſeln gehörig), bald die völlige Zerſtörung alles Holzes in jenen Pfeilern bewirken. Keine Holzart ſcheint fähig, der verhäugnißvollen Bohrkraft dieſes Weichthieres zu widerſtehen. Jndiſches Tek — (Tectonia grandis), Siſſu- und Saul-Holz, eine Sorte, welche dem Tek nahe ſteht, aber noch härter iſt, werden alle in kurzer Zeit durchfreſſen; noch viel leichter werden Eichen und Zedern und am ſchnellſten ſo weiche Hölzer wie Erle und Kiefer durchlöchert.“ Es geht ſchon aus dieſen Mittheilungen hervor, daß man längſt von der irrigen Meinung zurückgekommen, es gebe bloß eine, allmälig über die ganze Welt verſchleppte Art Schiffswurm. Man kann bis jetzt wenigſtens 8 bis 10 Arten unterſcheiden, welche Linné alle, ſo weit ſie ihm bekannt waren, als Teredo navalis zuſammen faßte. Am beſten ſind wir durch den Pariſer Zoologen de Quatrefages über die Eigenthümlichkeiten einiger Teredines der europäiſchen Küſten unterrichtet, darunter der große Teredo fatalis, welchem die meiſten jener oben angeführten Zerſtörungen an den Damm- und Hafenbauten zur Laſt fallen. Es iſt begreiflich, wenn man

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 926. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/974>, abgerufen am 23.11.2024.