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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Venus. Cyclas. Saxicava. Klaffmuschel u. a.
wechselnde Anzahl von Embryonen, die allerjüngsten enthalten deren immer nur einen oder zwei,
die ausgebildeten Bruttaschen dagegen gewöhnlich bis zu sieben. Außerdem ist hervorzuheben,
daß man in den kleinen Säcken immer nur Embryonen gleicher Entwicklung findet, während die
ausgewachsenen Taschen immer mit einer Brut von verschiedener Reise erfüllt sind. Diese That-
sache ist damit zu erklären, daß die einzelnen aneinander gelegenen Säcke mit der Zeit verwachsen.
Jn den ersten Phasen der Entwicklung bewegen sich die jungen Cycladen lebhaft in den Brut-
taschen, indem sie durch die Thätigkeit ihrer Flimmerhaare in dem flüssigen Jnhalte derselben umher-
schwimmen. Später, wenn die Thiere größer und schwerer werden, tritt für sie eine Ruhezeit
ein, die durch die Ausbildung des Mantels und der Schalen, wie auch durch wichtige innere
Bildungsprocesse ausgefüllt wird. -- Was die Nahrung der Embryonen während ihres Aufenthalts
in den Bruttaschen anbetrifft, so besteht diese aus denselben Schleimhautzellen, durch die sie um-
wuchert sind. Die Cycladen verhalten sich in dieser Hinsicht abweichend von den bekannten übrigen
Lamellibranchiaten, die während des Aufenthalts in den Kiemen ihrer Mutter sämmtlich ihre
Eihüllen behalten und sich von dem darin enthaltenen Eiweiß nähren", mithin sich ähnlich wie
jene Schnecken (Purpura, Buccinunf, Nerita) verhalten, wo einzelne sich entwickelnde Junge sich
auf Kosten der nicht zur Entwicklung kommenden Eier mästen.

Die ebenfalls im süßen Wasser lebende Gattung Pisidium, die Erbsenmuschel, unterscheidet
sich von Cyclas durch ihre ganz kurzen und verwachsenen Siphonen und die mehr ungleichseitige
schiefe Gestalt des Gehäuses. Die hierher gehörigen Arten sind durchschnittlich viel kleiner.



Die Familie der Steinbohrer hat in unseren Meeren eine Reihe von Vertretern, am
häufigsten die Saxicava rugosa. Alle Saricaven haben den Mantel vorn so weit gespalten, daß
der kleine, kegelförmige und mit einem Bart versehene Fuß bequem hindurch gelangen kann. Hinten
ist er in zwei ziemlich lange, fast ganz mit einander verwachsene Röhren verlängert, von denen
die Athemröhre länger als die Afterröhre. Das Gehäus ist nicht selten, und namentlich bei unserer
Saxicava rugosa etwas unregelmäßig, eigentlich gleichschalig, ungleichseitig, vorn und am Bauchrand
etwas klaffend, länglich eiförmig, mit einer sehr dünnen, aber auffallenden Oberhaut überzogen. Es
sind meist kleine, einen halben bis einen Zoll lange Thiere, welche theils in Steinen in selbstgebohrten
Löchern, theils auch bloß eingeklemmt in Spalten und zwischen Balanen oder auch zwischen den
Wurzeln verschiedener Tange und Algen leben. Sie bohren nämlich gleich den Pholaden, zu
denen wir bald kommen, nur in den weicheren Gesteinen und behelfen sich, wo sie diese nicht
sinden, wie z. B. überall an der dalmatinischen Küste mit bloßen Schlupfwinkeln oder schon
vorhandenen, zum Theil mit Schlamm ausgefüllten Höhlen. So scheint es mir wenigstens nach
dem, was ich selbst gesehen. Gosse gibt jedoch ausdrücklich an, daß an der englischen Küste
lange Strecken eines Kalksteins, welcher härter sei als der von den Pholaden zerfressene, durch
tausend und aber tausend Saricaven durchlöchert sei. Von den gefärbten Enden der Siphonen,
welche etwas über den Stein herausragen und bei der Berührung einen Wasserstrahl ausspritzen,
um schnell zu verschwinden, werden sie von den Fischern Rothnasen genannt. Wenn ihre Bohr-
gänge auf einander treffen, so durchschneiden auch die Thiere einander. Herausgenommen aus
den Höhlen leben sie ziemlich lange im Aquarium.

Mit Mya, der Klaffmuschel, treten wir zu einer anderen Familie, deren Kennzeichen so
ziemlich mit denjenigen dieser Gattung zusammenfallen. Das Thier hat einen fast vollkommen
geschlossenen Mantel, welcher vorn eine kleine Spalte zum Durchtritt des kleinen, kegelförmigen
Fußes läßt und sich hinten in zwei lange dicke, vollständig mit einander verwachsene Röhren ver-
längert. Dieser also scheinbar einfache Sipho hat einen starken Oberhautüberzug. Die Lippen-

Venus. Cyclas. Saxicava. Klaffmuſchel u. a.
wechſelnde Anzahl von Embryonen, die allerjüngſten enthalten deren immer nur einen oder zwei,
die ausgebildeten Bruttaſchen dagegen gewöhnlich bis zu ſieben. Außerdem iſt hervorzuheben,
daß man in den kleinen Säcken immer nur Embryonen gleicher Entwicklung findet, während die
ausgewachſenen Taſchen immer mit einer Brut von verſchiedener Reiſe erfüllt ſind. Dieſe That-
ſache iſt damit zu erklären, daß die einzelnen aneinander gelegenen Säcke mit der Zeit verwachſen.
Jn den erſten Phaſen der Entwicklung bewegen ſich die jungen Cycladen lebhaft in den Brut-
taſchen, indem ſie durch die Thätigkeit ihrer Flimmerhaare in dem flüſſigen Jnhalte derſelben umher-
ſchwimmen. Später, wenn die Thiere größer und ſchwerer werden, tritt für ſie eine Ruhezeit
ein, die durch die Ausbildung des Mantels und der Schalen, wie auch durch wichtige innere
Bildungsproceſſe ausgefüllt wird. — Was die Nahrung der Embryonen während ihres Aufenthalts
in den Bruttaſchen anbetrifft, ſo beſteht dieſe aus denſelben Schleimhautzellen, durch die ſie um-
wuchert ſind. Die Cycladen verhalten ſich in dieſer Hinſicht abweichend von den bekannten übrigen
Lamellibranchiaten, die während des Aufenthalts in den Kiemen ihrer Mutter ſämmtlich ihre
Eihüllen behalten und ſich von dem darin enthaltenen Eiweiß nähren“, mithin ſich ähnlich wie
jene Schnecken (Purpura, Buccinunf, Nerita) verhalten, wo einzelne ſich entwickelnde Junge ſich
auf Koſten der nicht zur Entwicklung kommenden Eier mäſten.

Die ebenfalls im ſüßen Waſſer lebende Gattung Pisidium, die Erbſenmuſchel, unterſcheidet
ſich von Cyclas durch ihre ganz kurzen und verwachſenen Siphonen und die mehr ungleichſeitige
ſchiefe Geſtalt des Gehäuſes. Die hierher gehörigen Arten ſind durchſchnittlich viel kleiner.



Die Familie der Steinbohrer hat in unſeren Meeren eine Reihe von Vertretern, am
häufigſten die Saxicava rugosa. Alle Saricaven haben den Mantel vorn ſo weit geſpalten, daß
der kleine, kegelförmige und mit einem Bart verſehene Fuß bequem hindurch gelangen kann. Hinten
iſt er in zwei ziemlich lange, faſt ganz mit einander verwachſene Röhren verlängert, von denen
die Athemröhre länger als die Afterröhre. Das Gehäus iſt nicht ſelten, und namentlich bei unſerer
Saxicava rugosa etwas unregelmäßig, eigentlich gleichſchalig, ungleichſeitig, vorn und am Bauchrand
etwas klaffend, länglich eiförmig, mit einer ſehr dünnen, aber auffallenden Oberhaut überzogen. Es
ſind meiſt kleine, einen halben bis einen Zoll lange Thiere, welche theils in Steinen in ſelbſtgebohrten
Löchern, theils auch bloß eingeklemmt in Spalten und zwiſchen Balanen oder auch zwiſchen den
Wurzeln verſchiedener Tange und Algen leben. Sie bohren nämlich gleich den Pholaden, zu
denen wir bald kommen, nur in den weicheren Geſteinen und behelfen ſich, wo ſie dieſe nicht
ſinden, wie z. B. überall an der dalmatiniſchen Küſte mit bloßen Schlupfwinkeln oder ſchon
vorhandenen, zum Theil mit Schlamm ausgefüllten Höhlen. So ſcheint es mir wenigſtens nach
dem, was ich ſelbſt geſehen. Goſſe gibt jedoch ausdrücklich an, daß an der engliſchen Küſte
lange Strecken eines Kalkſteins, welcher härter ſei als der von den Pholaden zerfreſſene, durch
tauſend und aber tauſend Saricaven durchlöchert ſei. Von den gefärbten Enden der Siphonen,
welche etwas über den Stein herausragen und bei der Berührung einen Waſſerſtrahl ausſpritzen,
um ſchnell zu verſchwinden, werden ſie von den Fiſchern Rothnaſen genannt. Wenn ihre Bohr-
gänge auf einander treffen, ſo durchſchneiden auch die Thiere einander. Herausgenommen aus
den Höhlen leben ſie ziemlich lange im Aquarium.

Mit Mya, der Klaffmuſchel, treten wir zu einer anderen Familie, deren Kennzeichen ſo
ziemlich mit denjenigen dieſer Gattung zuſammenfallen. Das Thier hat einen faſt vollkommen
geſchloſſenen Mantel, welcher vorn eine kleine Spalte zum Durchtritt des kleinen, kegelförmigen
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[921/0969] Venus. Cyclas. Saxicava. Klaffmuſchel u. a. wechſelnde Anzahl von Embryonen, die allerjüngſten enthalten deren immer nur einen oder zwei, die ausgebildeten Bruttaſchen dagegen gewöhnlich bis zu ſieben. Außerdem iſt hervorzuheben, daß man in den kleinen Säcken immer nur Embryonen gleicher Entwicklung findet, während die ausgewachſenen Taſchen immer mit einer Brut von verſchiedener Reiſe erfüllt ſind. Dieſe That- ſache iſt damit zu erklären, daß die einzelnen aneinander gelegenen Säcke mit der Zeit verwachſen. Jn den erſten Phaſen der Entwicklung bewegen ſich die jungen Cycladen lebhaft in den Brut- taſchen, indem ſie durch die Thätigkeit ihrer Flimmerhaare in dem flüſſigen Jnhalte derſelben umher- ſchwimmen. Später, wenn die Thiere größer und ſchwerer werden, tritt für ſie eine Ruhezeit ein, die durch die Ausbildung des Mantels und der Schalen, wie auch durch wichtige innere Bildungsproceſſe ausgefüllt wird. — Was die Nahrung der Embryonen während ihres Aufenthalts in den Bruttaſchen anbetrifft, ſo beſteht dieſe aus denſelben Schleimhautzellen, durch die ſie um- wuchert ſind. Die Cycladen verhalten ſich in dieſer Hinſicht abweichend von den bekannten übrigen Lamellibranchiaten, die während des Aufenthalts in den Kiemen ihrer Mutter ſämmtlich ihre Eihüllen behalten und ſich von dem darin enthaltenen Eiweiß nähren“, mithin ſich ähnlich wie jene Schnecken (Purpura, Buccinunf, Nerita) verhalten, wo einzelne ſich entwickelnde Junge ſich auf Koſten der nicht zur Entwicklung kommenden Eier mäſten. Die ebenfalls im ſüßen Waſſer lebende Gattung Pisidium, die Erbſenmuſchel, unterſcheidet ſich von Cyclas durch ihre ganz kurzen und verwachſenen Siphonen und die mehr ungleichſeitige ſchiefe Geſtalt des Gehäuſes. Die hierher gehörigen Arten ſind durchſchnittlich viel kleiner. Die Familie der Steinbohrer hat in unſeren Meeren eine Reihe von Vertretern, am häufigſten die Saxicava rugosa. Alle Saricaven haben den Mantel vorn ſo weit geſpalten, daß der kleine, kegelförmige und mit einem Bart verſehene Fuß bequem hindurch gelangen kann. Hinten iſt er in zwei ziemlich lange, faſt ganz mit einander verwachſene Röhren verlängert, von denen die Athemröhre länger als die Afterröhre. Das Gehäus iſt nicht ſelten, und namentlich bei unſerer Saxicava rugosa etwas unregelmäßig, eigentlich gleichſchalig, ungleichſeitig, vorn und am Bauchrand etwas klaffend, länglich eiförmig, mit einer ſehr dünnen, aber auffallenden Oberhaut überzogen. Es ſind meiſt kleine, einen halben bis einen Zoll lange Thiere, welche theils in Steinen in ſelbſtgebohrten Löchern, theils auch bloß eingeklemmt in Spalten und zwiſchen Balanen oder auch zwiſchen den Wurzeln verſchiedener Tange und Algen leben. Sie bohren nämlich gleich den Pholaden, zu denen wir bald kommen, nur in den weicheren Geſteinen und behelfen ſich, wo ſie dieſe nicht ſinden, wie z. B. überall an der dalmatiniſchen Küſte mit bloßen Schlupfwinkeln oder ſchon vorhandenen, zum Theil mit Schlamm ausgefüllten Höhlen. So ſcheint es mir wenigſtens nach dem, was ich ſelbſt geſehen. Goſſe gibt jedoch ausdrücklich an, daß an der engliſchen Küſte lange Strecken eines Kalkſteins, welcher härter ſei als der von den Pholaden zerfreſſene, durch tauſend und aber tauſend Saricaven durchlöchert ſei. Von den gefärbten Enden der Siphonen, welche etwas über den Stein herausragen und bei der Berührung einen Waſſerſtrahl ausſpritzen, um ſchnell zu verſchwinden, werden ſie von den Fiſchern Rothnaſen genannt. Wenn ihre Bohr- gänge auf einander treffen, ſo durchſchneiden auch die Thiere einander. Herausgenommen aus den Höhlen leben ſie ziemlich lange im Aquarium. Mit Mya, der Klaffmuſchel, treten wir zu einer anderen Familie, deren Kennzeichen ſo ziemlich mit denjenigen dieſer Gattung zuſammenfallen. Das Thier hat einen faſt vollkommen geſchloſſenen Mantel, welcher vorn eine kleine Spalte zum Durchtritt des kleinen, kegelförmigen Fußes läßt und ſich hinten in zwei lange dicke, vollſtändig mit einander verwachſene Röhren ver- längert. Dieſer alſo ſcheinbar einfache Sipho hat einen ſtarken Oberhautüberzug. Die Lippen-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 921. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/969>, abgerufen am 23.11.2024.