"Der Betrieb dieses Jndustriezweiges beschränkt sich auf zwei beisammen liegende Plätze dicht bei der Stadt Tetsing in dem nördlichen Theile von Tchekiang. Während der Monate Mai oder Juni werden in Körben große Quantitäten Muscheln (Anodonta plicata) aus dem See Tai-hon in der Provinz Kiang-hon gesammelt und die größten Exemplare davon ausgewählt. Da sie gewöhnlich durch die Reise etwas leiden, gönnt man ihnen, ehe man sie um der menschlichen Eitelkeit willen quält, einige Tage in Bambuskörbchen, welche in das Wasser getaucht werden, Ruhe. Man bringt alsdann in die geöffnete Muschel Körner oder Matrizen, welche in Form und Stoff verschieden sind. Die gewöhnlichen bestehen aus einer Pilleumasse, welche mit dem Safte der Früchte des Kampferbaumes befeuchtet wird. Die Formen, die am besten den Perl- mutterüberzug annehmen, werden aus Canton eingeführt und scheinen aus der Schale der See- perlenmuschel, Avicula margaritifera, gemacht zu sein; unregelmäßige Stückchen dieser Muschel werden in einem eifernen Gefäße so lange mit Sand gerieben, bis sie glatt und rund geworden sind. Eine andere Gattung besteht in kleinen Figürchen, meist Buddha in sitzender Stellung oder auch zuweilen in Bilderchen von Fischen. Diese sind aus Blei, das auf einem hölzernen Brettchen, auf welchem sich die Figürchen befinden, dünn ausgeschlagen wird. Das Einbringen dieser Formen geschieht mit vieler Behutsamkeit. Die Muschel wird vorsichtig mit einem Spatel aus Perlenmutter geöffnet und der unbefestigte Theil des Muschelthieres an einer Seite mit einer eisernen Sonde frei gemacht. Die fremden Körperchen, Figürchen, Pillen u. s. w. werden dann mit der Spitze eines vorne gespaltenen Bambusröhrchens eingeschoben und in zwei gleich weit entfernten Reihen auf den Mantel oder die freie Seite des Thieres gelegt. Jst auf der einen Seite eine hinlängliche Menge angebracht, so wird dieselbe Manipulation auf der gegenüberliegenden wiederholt. Gepeinigt durch die fremden Körper, drückt das Thier sich krampfhaft an die Schalen und dadurch bleiben die Formen auf ihrem Platze. Hierauf legt man die Muscheln eine nach der andern in Kanäle, Becken oder Teiche in 5 bis 6 Zoll Abständen von einander und in einer Tiefe von 2 bis 5 Fuß unter Wasser, zuweilen 50,000 Stück. Wenn man einige Tage nach Einbringung der Formen das Thier wieder herausgenommen hat, so sieht man die Formen durch eine häutige Ausscheidung an die Muscheln befestigt, später ist dieses Häutchen mit Kalkstoff durchdrungen und endlich haben sich rings um den Kern Schichten von Perlmutter gebildet. Jm November, nach anderem Berichte erst nach 10 Monaten, ja selbst erst nach drei Jahren werden die Muscheln mit der Hand geöffnet, das Thier herausgeschnitten und die Perlen mit einem scharfen Messer losgetrennt. Besteht der Kern der Perlen aus Perlmutter, dann wird derselbe nicht weggenommen; sind es aber Erd- und Metallformen, so entfernt man sie, gießt geschmolzenes Harz in die Höhlungen und schließt die Oeffnung mit einem Stückchen Perlmutter künstlich zu. Jn diesem Zustande sehen sie mehr halbrunden Perlhütchen gleich, die an Glanz und Schönheit den soliden Perlen wenig nachgeben, und können zu einem Preise verkauft werden, der es Jedem möglich macht, sich welche anzuschaffen. Juweliere setzen sie in Kopfschmuck, Arm- bänder und anderen Frauenschmuck. Die Perlmutterüberzüge, welche sich über Buddhaformen gebildet haben, werden als Amulette an den Mützen der Kinder befestigt. Man sagt, daß 5000 Familien in den Dörfern Tschang-kwan und Siao-Tschaugugan sich mit diesem Jndustriezweige beschäftigen. Diejenigen, welche mit der Behandlung der Muschelthiere nicht gut umzugehen wissen, verlieren wohl 10 bis 15% durch den Tod, Andere jedoch, welche diese Fertigkeit besitzen, oft während der ganzen Saison kein einziges". So weit, mit noch einigen Zusätzen, Mac Gowan.
Den Werth dieser chinesischen Methode hat von Heßling an unserer Flußperlenmuschel geprüft. Es wurden gleichfalls fremde Körper, theils runde, aus Alabaster, Elfenbein gedrehte Kügelchen, sowie kleine halbrunde Glasperlen zwischen Mantel und Schale der Thiere behutsam eingebracht und dieselben sowohl in das kalkhaltige fließende Wasser im Aquarium des Münchener physiologischen Jnstitutes als auch in ihre ursprünglichen Bäche zurückgelegt. Die fremden Körper der im kalkreichen Wasser gelegenen Thiere waren nach einem Jahre mit einer ziemlich dicken, fein
Europäiſche und chineſiſche Perlenmuſchel.
„Der Betrieb dieſes Jnduſtriezweiges beſchränkt ſich auf zwei beiſammen liegende Plätze dicht bei der Stadt Tetſing in dem nördlichen Theile von Tchekiang. Während der Monate Mai oder Juni werden in Körben große Quantitäten Muſcheln (Anodonta plicata) aus dem See Tai-hon in der Provinz Kiang-hon geſammelt und die größten Exemplare davon ausgewählt. Da ſie gewöhnlich durch die Reiſe etwas leiden, gönnt man ihnen, ehe man ſie um der menſchlichen Eitelkeit willen quält, einige Tage in Bambuskörbchen, welche in das Waſſer getaucht werden, Ruhe. Man bringt alsdann in die geöffnete Muſchel Körner oder Matrizen, welche in Form und Stoff verſchieden ſind. Die gewöhnlichen beſtehen aus einer Pilleumaſſe, welche mit dem Safte der Früchte des Kampferbaumes befeuchtet wird. Die Formen, die am beſten den Perl- mutterüberzug annehmen, werden aus Canton eingeführt und ſcheinen aus der Schale der See- perlenmuſchel, Avicula margaritifera, gemacht zu ſein; unregelmäßige Stückchen dieſer Muſchel werden in einem eifernen Gefäße ſo lange mit Sand gerieben, bis ſie glatt und rund geworden ſind. Eine andere Gattung beſteht in kleinen Figürchen, meiſt Buddha in ſitzender Stellung oder auch zuweilen in Bilderchen von Fiſchen. Dieſe ſind aus Blei, das auf einem hölzernen Brettchen, auf welchem ſich die Figürchen befinden, dünn ausgeſchlagen wird. Das Einbringen dieſer Formen geſchieht mit vieler Behutſamkeit. Die Muſchel wird vorſichtig mit einem Spatel aus Perlenmutter geöffnet und der unbefeſtigte Theil des Muſchelthieres an einer Seite mit einer eiſernen Sonde frei gemacht. Die fremden Körperchen, Figürchen, Pillen u. ſ. w. werden dann mit der Spitze eines vorne geſpaltenen Bambusröhrchens eingeſchoben und in zwei gleich weit entfernten Reihen auf den Mantel oder die freie Seite des Thieres gelegt. Jſt auf der einen Seite eine hinlängliche Menge angebracht, ſo wird dieſelbe Manipulation auf der gegenüberliegenden wiederholt. Gepeinigt durch die fremden Körper, drückt das Thier ſich krampfhaft an die Schalen und dadurch bleiben die Formen auf ihrem Platze. Hierauf legt man die Muſcheln eine nach der andern in Kanäle, Becken oder Teiche in 5 bis 6 Zoll Abſtänden von einander und in einer Tiefe von 2 bis 5 Fuß unter Waſſer, zuweilen 50,000 Stück. Wenn man einige Tage nach Einbringung der Formen das Thier wieder herausgenommen hat, ſo ſieht man die Formen durch eine häutige Ausſcheidung an die Muſcheln befeſtigt, ſpäter iſt dieſes Häutchen mit Kalkſtoff durchdrungen und endlich haben ſich rings um den Kern Schichten von Perlmutter gebildet. Jm November, nach anderem Berichte erſt nach 10 Monaten, ja ſelbſt erſt nach drei Jahren werden die Muſcheln mit der Hand geöffnet, das Thier herausgeſchnitten und die Perlen mit einem ſcharfen Meſſer losgetrennt. Beſteht der Kern der Perlen aus Perlmutter, dann wird derſelbe nicht weggenommen; ſind es aber Erd- und Metallformen, ſo entfernt man ſie, gießt geſchmolzenes Harz in die Höhlungen und ſchließt die Oeffnung mit einem Stückchen Perlmutter künſtlich zu. Jn dieſem Zuſtande ſehen ſie mehr halbrunden Perlhütchen gleich, die an Glanz und Schönheit den ſoliden Perlen wenig nachgeben, und können zu einem Preiſe verkauft werden, der es Jedem möglich macht, ſich welche anzuſchaffen. Juweliere ſetzen ſie in Kopfſchmuck, Arm- bänder und anderen Frauenſchmuck. Die Perlmutterüberzüge, welche ſich über Buddhaformen gebildet haben, werden als Amulette an den Mützen der Kinder befeſtigt. Man ſagt, daß 5000 Familien in den Dörfern Tſchang-kwan und Siao-Tſchaugugan ſich mit dieſem Jnduſtriezweige beſchäftigen. Diejenigen, welche mit der Behandlung der Muſchelthiere nicht gut umzugehen wiſſen, verlieren wohl 10 bis 15% durch den Tod, Andere jedoch, welche dieſe Fertigkeit beſitzen, oft während der ganzen Saiſon kein einziges“. So weit, mit noch einigen Zuſätzen, Mac Gowan.
Den Werth dieſer chineſiſchen Methode hat von Heßling an unſerer Flußperlenmuſchel geprüft. Es wurden gleichfalls fremde Körper, theils runde, aus Alabaſter, Elfenbein gedrehte Kügelchen, ſowie kleine halbrunde Glasperlen zwiſchen Mantel und Schale der Thiere behutſam eingebracht und dieſelben ſowohl in das kalkhaltige fließende Waſſer im Aquarium des Münchener phyſiologiſchen Jnſtitutes als auch in ihre urſprünglichen Bäche zurückgelegt. Die fremden Körper der im kalkreichen Waſſer gelegenen Thiere waren nach einem Jahre mit einer ziemlich dicken, fein
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Europäiſche und chineſiſche Perlenmuſchel.
„Der Betrieb dieſes Jnduſtriezweiges beſchränkt ſich auf zwei beiſammen liegende Plätze dicht
bei der Stadt Tetſing in dem nördlichen Theile von Tchekiang. Während der Monate Mai oder
Juni werden in Körben große Quantitäten Muſcheln (Anodonta plicata) aus dem See Tai-hon
in der Provinz Kiang-hon geſammelt und die größten Exemplare davon ausgewählt. Da ſie
gewöhnlich durch die Reiſe etwas leiden, gönnt man ihnen, ehe man ſie um der menſchlichen
Eitelkeit willen quält, einige Tage in Bambuskörbchen, welche in das Waſſer getaucht werden,
Ruhe. Man bringt alsdann in die geöffnete Muſchel Körner oder Matrizen, welche in Form
und Stoff verſchieden ſind. Die gewöhnlichen beſtehen aus einer Pilleumaſſe, welche mit dem
Safte der Früchte des Kampferbaumes befeuchtet wird. Die Formen, die am beſten den Perl-
mutterüberzug annehmen, werden aus Canton eingeführt und ſcheinen aus der Schale der See-
perlenmuſchel, Avicula margaritifera, gemacht zu ſein; unregelmäßige Stückchen dieſer Muſchel
werden in einem eifernen Gefäße ſo lange mit Sand gerieben, bis ſie glatt und rund geworden
ſind. Eine andere Gattung beſteht in kleinen Figürchen, meiſt Buddha in ſitzender Stellung
oder auch zuweilen in Bilderchen von Fiſchen. Dieſe ſind aus Blei, das auf einem hölzernen
Brettchen, auf welchem ſich die Figürchen befinden, dünn ausgeſchlagen wird. Das Einbringen
dieſer Formen geſchieht mit vieler Behutſamkeit. Die Muſchel wird vorſichtig mit einem Spatel
aus Perlenmutter geöffnet und der unbefeſtigte Theil des Muſchelthieres an einer Seite mit einer
eiſernen Sonde frei gemacht. Die fremden Körperchen, Figürchen, Pillen u. ſ. w. werden dann
mit der Spitze eines vorne geſpaltenen Bambusröhrchens eingeſchoben und in zwei gleich weit
entfernten Reihen auf den Mantel oder die freie Seite des Thieres gelegt. Jſt auf der einen
Seite eine hinlängliche Menge angebracht, ſo wird dieſelbe Manipulation auf der gegenüberliegenden
wiederholt. Gepeinigt durch die fremden Körper, drückt das Thier ſich krampfhaft an die Schalen
und dadurch bleiben die Formen auf ihrem Platze. Hierauf legt man die Muſcheln eine nach
der andern in Kanäle, Becken oder Teiche in 5 bis 6 Zoll Abſtänden von einander und in einer
Tiefe von 2 bis 5 Fuß unter Waſſer, zuweilen 50,000 Stück. Wenn man einige Tage nach
Einbringung der Formen das Thier wieder herausgenommen hat, ſo ſieht man die Formen durch
eine häutige Ausſcheidung an die Muſcheln befeſtigt, ſpäter iſt dieſes Häutchen mit Kalkſtoff
durchdrungen und endlich haben ſich rings um den Kern Schichten von Perlmutter gebildet.
Jm November, nach anderem Berichte erſt nach 10 Monaten, ja ſelbſt erſt nach drei Jahren
werden die Muſcheln mit der Hand geöffnet, das Thier herausgeſchnitten und die Perlen mit
einem ſcharfen Meſſer losgetrennt. Beſteht der Kern der Perlen aus Perlmutter, dann wird
derſelbe nicht weggenommen; ſind es aber Erd- und Metallformen, ſo entfernt man ſie, gießt
geſchmolzenes Harz in die Höhlungen und ſchließt die Oeffnung mit einem Stückchen Perlmutter
künſtlich zu. Jn dieſem Zuſtande ſehen ſie mehr halbrunden Perlhütchen gleich, die an Glanz
und Schönheit den ſoliden Perlen wenig nachgeben, und können zu einem Preiſe verkauft werden,
der es Jedem möglich macht, ſich welche anzuſchaffen. Juweliere ſetzen ſie in Kopfſchmuck, Arm-
bänder und anderen Frauenſchmuck. Die Perlmutterüberzüge, welche ſich über Buddhaformen
gebildet haben, werden als Amulette an den Mützen der Kinder befeſtigt. Man ſagt, daß 5000
Familien in den Dörfern Tſchang-kwan und Siao-Tſchaugugan ſich mit dieſem Jnduſtriezweige
beſchäftigen. Diejenigen, welche mit der Behandlung der Muſchelthiere nicht gut umzugehen
wiſſen, verlieren wohl 10 bis 15% durch den Tod, Andere jedoch, welche dieſe Fertigkeit beſitzen,
oft während der ganzen Saiſon kein einziges“. So weit, mit noch einigen Zuſätzen, Mac Gowan.
Den Werth dieſer chineſiſchen Methode hat von Heßling an unſerer Flußperlenmuſchel
geprüft. Es wurden gleichfalls fremde Körper, theils runde, aus Alabaſter, Elfenbein gedrehte
Kügelchen, ſowie kleine halbrunde Glasperlen zwiſchen Mantel und Schale der Thiere behutſam
eingebracht und dieſelben ſowohl in das kalkhaltige fließende Waſſer im Aquarium des Münchener
phyſiologiſchen Jnſtitutes als auch in ihre urſprünglichen Bäche zurückgelegt. Die fremden Körper
der im kalkreichen Waſſer gelegenen Thiere waren nach einem Jahre mit einer ziemlich dicken, fein
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 909. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/957>, abgerufen am 23.11.2024.
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