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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Schnecken. Hinterkiemer. Nacktkiemer.
wo die Thiere ruhig saßen, Eier legend oder sich begattend. Auch in der Gefangenschaft hielten
sie sich sehr gut und fuhren fort in ihren auf reichliche Nachkommenschaft zielenden Beschäftigungen.
Obschon an ihrem natürlichen Aufenthaltsorte die Verstecke suchend, waren sie nicht besonders
lichtschen; sie kamen oft bis an den Rand des Wassers in den Gefäßen, und legten vorzugsweise
dort ihre Eier ab. Berührt man einen Pleurobranchus oder hebt man schnell den Stein auf,
unter dem er sich befindet, so kugelt er sich zusammen und läßt sich fallen. Für den Sammler
ist dieß insofern von Vortheil, als es bei der großen Zartheit des Thieres ganz unmöglich wäre,
es unverletzt von den Steinen und aus deren Spalten herauszunehmen, wenn es, wie so viele
andre Mollusken, sein Heil im festen Ansaugen suchte.

Die Begattungszeit der im Hafen von Mahon beobachteten Pleurobranchen fiel in den Juli
und August und es schien unserem Gewährsmann, als ob jedes Jndividuum mehrere Bänder
Laich absetzte. Es befestigt den Anfang des Bandes an einem seicht liegenden Stein und kriecht
dann um diesen Anfangspunkt spiralig herum, indem es eine schleimige, bandförmige Laichmasse
von sich giebt, die ungefähr einer Uhrfeder gleicht. Das Band ist über 4 bis 5 Linien hoch
und orangegelb.

Das Mittelmeer und südlichere Oceane bergen noch einige dem Pleurobranchus sich auschließende
Deckkiemer, so Pleurobranchaea, welche unter anderem durch die völlige Abwesenheit einer Schale
von Pleurobranchus abweicht, dessen Rückenschild wenigstens ein Schalenrudiment besitzt. Die
durch einen überaus dicken Fuß ausgezeichnete Umbrella hat dagegen den kleinen Mantel von
einer fast ganz ebenen, im Centrum mit einem kleinen schiefen Spitzchen versehenen Schale bedeckt.
Die mehrere Zoll lange Umbrella mediterranea kommt auch im adriatischen Meere bis Lissa
wenigstens vor.



Zahlreicher als die Deckkiemer ist die Unterordnung der Nacktkiemer, Schnecken, welche
zwar als Embryonen und im Larvenzustande mit einer zarten Schale versehen sind, dieselbe aber
in früher Jugend verlieren und im ausgebildeten Zustande ganz nackt sind, ohne irgend ein
inneres Schalenrudiment. Wenn sie überhaupt Kiemen haben, und dieß gilt von der Mehrzahl,
so sind dieselben ganz unbedeckt und erscheinen als quasten-, baum-, blattförmige Anhänge der
Rückenhaut. Wir vertrauen uns nun wieder der Führung von Meyer und Möbius, welche
die Repräsentanten von vier der wichtigsten Familien in Bild und Wort in dem schon oben
benutzten Werke geschildert haben.

Jn der Familie der dorisartigen Nacktkiemer oder Dorididen stehen die feder-
förmigen oder blattförmigen Kiemen um die in der Mitte des Hinterrückens befindliche After-
öffnung herum und bilden trotz dieses prosaischen Mittelpunktes eine lieblich aussehende Rosette.

Die Sippe Doris ist wohl eine der artenreichsten und enthält zugleich die größten Nacktkiemer.
Der Körper ist länglichrund, oben gewölbt. Der Mantel überzieht Rücken und Kopf und greift
über den Fußrand hinweg. Alle Arten besitzen auf dem Vorderrücken Fühler, Rückenfühler genannt,
welche in eigene Höhlen zurückgezogen werden können, auch ist ihre Haut mit eigenthümlichen,
bestimmt geformten Kalkabsonderungen durchwirkt.

Die Tracht der weichwarzigen Sternschnecke, Doris pilosa, ergibt sich aus nachfolgender
Abbildung. Dieser und den beiden anderen bei Kiel lebenden Arten fehlen die Mundfühler. Die
Rückenfühler zeigen eine bei vielen Nacktkiemern vorkommende Eigenthümlichkeit, daß sie mit
schrägen Falten besetzt sind. Den Namen hat man dieser Doris daher gegeben, weil die Rücken-
fläche mit kegelförmigen, ungleich großen Papillen besetzt ist. Bei der gelben Varietät sind die
Papillen die hauptsächlichsten Träger des körnigen, gelben Farbstoffes, während bei einer braunen
Varietät dieselben noch außerdem einen körnigen braunen Farbstoff enthalten. Das bis 15 Linien lange
Thier wurde von den Hamburger Zoologen im Frühling und Herbst auf Tangen und Seegras

Schnecken. Hinterkiemer. Nacktkiemer.
wo die Thiere ruhig ſaßen, Eier legend oder ſich begattend. Auch in der Gefangenſchaft hielten
ſie ſich ſehr gut und fuhren fort in ihren auf reichliche Nachkommenſchaft zielenden Beſchäftigungen.
Obſchon an ihrem natürlichen Aufenthaltsorte die Verſtecke ſuchend, waren ſie nicht beſonders
lichtſchen; ſie kamen oft bis an den Rand des Waſſers in den Gefäßen, und legten vorzugsweiſe
dort ihre Eier ab. Berührt man einen Pleurobranchus oder hebt man ſchnell den Stein auf,
unter dem er ſich befindet, ſo kugelt er ſich zuſammen und läßt ſich fallen. Für den Sammler
iſt dieß inſofern von Vortheil, als es bei der großen Zartheit des Thieres ganz unmöglich wäre,
es unverletzt von den Steinen und aus deren Spalten herauszunehmen, wenn es, wie ſo viele
andre Mollusken, ſein Heil im feſten Anſaugen ſuchte.

Die Begattungszeit der im Hafen von Mahon beobachteten Pleurobranchen fiel in den Juli
und Auguſt und es ſchien unſerem Gewährsmann, als ob jedes Jndividuum mehrere Bänder
Laich abſetzte. Es befeſtigt den Anfang des Bandes an einem ſeicht liegenden Stein und kriecht
dann um dieſen Anfangspunkt ſpiralig herum, indem es eine ſchleimige, bandförmige Laichmaſſe
von ſich giebt, die ungefähr einer Uhrfeder gleicht. Das Band iſt über 4 bis 5 Linien hoch
und orangegelb.

Das Mittelmeer und ſüdlichere Oceane bergen noch einige dem Pleurobranchus ſich auſchließende
Deckkiemer, ſo Pleurobranchaea, welche unter anderem durch die völlige Abweſenheit einer Schale
von Pleurobranchus abweicht, deſſen Rückenſchild wenigſtens ein Schalenrudiment beſitzt. Die
durch einen überaus dicken Fuß ausgezeichnete Umbrella hat dagegen den kleinen Mantel von
einer faſt ganz ebenen, im Centrum mit einem kleinen ſchiefen Spitzchen verſehenen Schale bedeckt.
Die mehrere Zoll lange Umbrella mediterranea kommt auch im adriatiſchen Meere bis Liſſa
wenigſtens vor.



Zahlreicher als die Deckkiemer iſt die Unterordnung der Nacktkiemer, Schnecken, welche
zwar als Embryonen und im Larvenzuſtande mit einer zarten Schale verſehen ſind, dieſelbe aber
in früher Jugend verlieren und im ausgebildeten Zuſtande ganz nackt ſind, ohne irgend ein
inneres Schalenrudiment. Wenn ſie überhaupt Kiemen haben, und dieß gilt von der Mehrzahl,
ſo ſind dieſelben ganz unbedeckt und erſcheinen als quaſten-, baum-, blattförmige Anhänge der
Rückenhaut. Wir vertrauen uns nun wieder der Führung von Meyer und Möbius, welche
die Repräſentanten von vier der wichtigſten Familien in Bild und Wort in dem ſchon oben
benutzten Werke geſchildert haben.

Jn der Familie der dorisartigen Nacktkiemer oder Dorididen ſtehen die feder-
förmigen oder blattförmigen Kiemen um die in der Mitte des Hinterrückens befindliche After-
öffnung herum und bilden trotz dieſes proſaiſchen Mittelpunktes eine lieblich ausſehende Roſette.

Die Sippe Doris iſt wohl eine der artenreichſten und enthält zugleich die größten Nacktkiemer.
Der Körper iſt länglichrund, oben gewölbt. Der Mantel überzieht Rücken und Kopf und greift
über den Fußrand hinweg. Alle Arten beſitzen auf dem Vorderrücken Fühler, Rückenfühler genannt,
welche in eigene Höhlen zurückgezogen werden können, auch iſt ihre Haut mit eigenthümlichen,
beſtimmt geformten Kalkabſonderungen durchwirkt.

Die Tracht der weichwarzigen Sternſchnecke, Doris pilosa, ergibt ſich aus nachfolgender
Abbildung. Dieſer und den beiden anderen bei Kiel lebenden Arten fehlen die Mundfühler. Die
Rückenfühler zeigen eine bei vielen Nacktkiemern vorkommende Eigenthümlichkeit, daß ſie mit
ſchrägen Falten beſetzt ſind. Den Namen hat man dieſer Doris daher gegeben, weil die Rücken-
fläche mit kegelförmigen, ungleich großen Papillen beſetzt iſt. Bei der gelben Varietät ſind die
Papillen die hauptſächlichſten Träger des körnigen, gelben Farbſtoffes, während bei einer braunen
Varietät dieſelben noch außerdem einen körnigen braunen Farbſtoff enthalten. Das bis 15 Linien lange
Thier wurde von den Hamburger Zoologen im Frühling und Herbſt auf Tangen und Seegras

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[866/0914] Schnecken. Hinterkiemer. Nacktkiemer. wo die Thiere ruhig ſaßen, Eier legend oder ſich begattend. Auch in der Gefangenſchaft hielten ſie ſich ſehr gut und fuhren fort in ihren auf reichliche Nachkommenſchaft zielenden Beſchäftigungen. Obſchon an ihrem natürlichen Aufenthaltsorte die Verſtecke ſuchend, waren ſie nicht beſonders lichtſchen; ſie kamen oft bis an den Rand des Waſſers in den Gefäßen, und legten vorzugsweiſe dort ihre Eier ab. Berührt man einen Pleurobranchus oder hebt man ſchnell den Stein auf, unter dem er ſich befindet, ſo kugelt er ſich zuſammen und läßt ſich fallen. Für den Sammler iſt dieß inſofern von Vortheil, als es bei der großen Zartheit des Thieres ganz unmöglich wäre, es unverletzt von den Steinen und aus deren Spalten herauszunehmen, wenn es, wie ſo viele andre Mollusken, ſein Heil im feſten Anſaugen ſuchte. Die Begattungszeit der im Hafen von Mahon beobachteten Pleurobranchen fiel in den Juli und Auguſt und es ſchien unſerem Gewährsmann, als ob jedes Jndividuum mehrere Bänder Laich abſetzte. Es befeſtigt den Anfang des Bandes an einem ſeicht liegenden Stein und kriecht dann um dieſen Anfangspunkt ſpiralig herum, indem es eine ſchleimige, bandförmige Laichmaſſe von ſich giebt, die ungefähr einer Uhrfeder gleicht. Das Band iſt über 4 bis 5 Linien hoch und orangegelb. Das Mittelmeer und ſüdlichere Oceane bergen noch einige dem Pleurobranchus ſich auſchließende Deckkiemer, ſo Pleurobranchaea, welche unter anderem durch die völlige Abweſenheit einer Schale von Pleurobranchus abweicht, deſſen Rückenſchild wenigſtens ein Schalenrudiment beſitzt. Die durch einen überaus dicken Fuß ausgezeichnete Umbrella hat dagegen den kleinen Mantel von einer faſt ganz ebenen, im Centrum mit einem kleinen ſchiefen Spitzchen verſehenen Schale bedeckt. Die mehrere Zoll lange Umbrella mediterranea kommt auch im adriatiſchen Meere bis Liſſa wenigſtens vor. Zahlreicher als die Deckkiemer iſt die Unterordnung der Nacktkiemer, Schnecken, welche zwar als Embryonen und im Larvenzuſtande mit einer zarten Schale verſehen ſind, dieſelbe aber in früher Jugend verlieren und im ausgebildeten Zuſtande ganz nackt ſind, ohne irgend ein inneres Schalenrudiment. Wenn ſie überhaupt Kiemen haben, und dieß gilt von der Mehrzahl, ſo ſind dieſelben ganz unbedeckt und erſcheinen als quaſten-, baum-, blattförmige Anhänge der Rückenhaut. Wir vertrauen uns nun wieder der Führung von Meyer und Möbius, welche die Repräſentanten von vier der wichtigſten Familien in Bild und Wort in dem ſchon oben benutzten Werke geſchildert haben. Jn der Familie der dorisartigen Nacktkiemer oder Dorididen ſtehen die feder- förmigen oder blattförmigen Kiemen um die in der Mitte des Hinterrückens befindliche After- öffnung herum und bilden trotz dieſes proſaiſchen Mittelpunktes eine lieblich ausſehende Roſette. Die Sippe Doris iſt wohl eine der artenreichſten und enthält zugleich die größten Nacktkiemer. Der Körper iſt länglichrund, oben gewölbt. Der Mantel überzieht Rücken und Kopf und greift über den Fußrand hinweg. Alle Arten beſitzen auf dem Vorderrücken Fühler, Rückenfühler genannt, welche in eigene Höhlen zurückgezogen werden können, auch iſt ihre Haut mit eigenthümlichen, beſtimmt geformten Kalkabſonderungen durchwirkt. Die Tracht der weichwarzigen Sternſchnecke, Doris pilosa, ergibt ſich aus nachfolgender Abbildung. Dieſer und den beiden anderen bei Kiel lebenden Arten fehlen die Mundfühler. Die Rückenfühler zeigen eine bei vielen Nacktkiemern vorkommende Eigenthümlichkeit, daß ſie mit ſchrägen Falten beſetzt ſind. Den Namen hat man dieſer Doris daher gegeben, weil die Rücken- fläche mit kegelförmigen, ungleich großen Papillen beſetzt iſt. Bei der gelben Varietät ſind die Papillen die hauptſächlichſten Träger des körnigen, gelben Farbſtoffes, während bei einer braunen Varietät dieſelben noch außerdem einen körnigen braunen Farbſtoff enthalten. Das bis 15 Linien lange Thier wurde von den Hamburger Zoologen im Frühling und Herbſt auf Tangen und Seegras

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 866. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/914>, abgerufen am 24.11.2024.