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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Käfer. Blatthörner.
sich sehr ähnlichen Thiere oft sehr genau und auf subtile Merkmale angesehen sein wollen, um sie
von einander unterscheiden zu können. Hauptsächlich kommt es dabei auf die Mundtheile, die Form
der Hüften, die Bildung des letzten Hinterleibssegments in erster, auf das Schildchen, die äußeren
Zähne der Schienen, die Geschlechtsunterschiede, die Bildung der unter sich immer gleichen Fuß-
klauen und so mancherlei Anderes in zweiter Linie an, und darum läßt sich, ohne sehr weitläufig
zu werden, keine allgemeine Schilderung vorausschicken, höchstens noch bemerken, daß die letzten
drei, mehr runden Luftlöcher in ihrer Lage von den vorderen in sofern wenig abweichen, als sie
nahe am obereu Rande der betreffenden Bauchringe liegen, nicht merklich nach unten rücken.
Europa ernährt die wenigsten Melolonthiden (94), Afrika die meisten (361), Asien, Nordamerika,
Australien eine gleiche Anzahl (103--121), Südamerika 264.

Der gemeine Maikäfer (Melolontha vulgaris) möge uns die ganze Sippe vergegenwärtigen.
Die beim Männchen sieben-, beim Weibchen kürzere sechsgliederige Fühlerkenle und an der Basis
gezähnte Fußklanen in beiden Geschlechtern unterscheiden die Gattung von den nächst verwandten;
die Art erkennt man an den kreideweißen, dreieckigen Seiteuflecken des Hinterleibes, an dem in

[Abbildung] Der Maikäfer, Melolontha vulgaris.
a
Käfer, b c Puppe, d e Larve, halbwüchsig und ausgewachsen, f Eier, g weibliche,
h männliche Fühler, i der große marmorirte Maikäfer (Gerber) (M. fullo),
k
der Sonnenwendkäfer (Rhizotrogus solstitialis).
einen langen Griffel zuge-
spitzten Pygidium, den rothen
Fühlern, Beinen und Flügel-
decken bei sonst schwarzer
Grundfarbe und an der
mehr oder weniger deut-
lichen weißen Behaarung
des ganzen Körpers, welche
sich bei älteren Exemplaren
allerdings vielfach abgerieben
hat. Eine Abänderung mit
rothem Halsschilde, die
"Rothtürken" unserer Ju-
gend, pflegt nicht selten zu
sein, dagegen gibt es noch
einige andere, meist südliche
Formen, welche der gemeinen
Art sehr nahe stehen, und
eine mit ihr gleichzeitig
fliegende: der M. hippo-
castani.
Man unterscheidet
diesen vom gemeinen Mai-
käfer durch die etwas ge-
ringere Größe, den kürzeren,
allmälig verengten After-
griffel und durch röthliche
Färbung von Kopf und Hals-
schild, welche nur ausnahms-
weise schwarz aussehen.

Wegen ihres gewöhnlichen Erscheinens im Mai hat die in Rede stehende Art ihren Namen
erhalten, damit soll aber nicht behauptet werden, daß sie in keinem anderen Monate fliegen dürfe.
Ein besonders mildes Frühjahr lockt die Käfer schon im April aus der Erde, im umgekehrten Falle
warten sie den Juni ab, und in ihren sogenannten Flugjahren kann man sie bisweilen vom Mai
bis Mitte Juli antreffen. Jm Schaltjahre 1864, einem Maikäferjahr für den größten Theil

Die Käfer. Blatthörner.
ſich ſehr ähnlichen Thiere oft ſehr genau und auf ſubtile Merkmale angeſehen ſein wollen, um ſie
von einander unterſcheiden zu können. Hauptſächlich kommt es dabei auf die Mundtheile, die Form
der Hüften, die Bildung des letzten Hinterleibsſegments in erſter, auf das Schildchen, die äußeren
Zähne der Schienen, die Geſchlechtsunterſchiede, die Bildung der unter ſich immer gleichen Fuß-
klauen und ſo mancherlei Anderes in zweiter Linie an, und darum läßt ſich, ohne ſehr weitläufig
zu werden, keine allgemeine Schilderung vorausſchicken, höchſtens noch bemerken, daß die letzten
drei, mehr runden Luftlöcher in ihrer Lage von den vorderen in ſofern wenig abweichen, als ſie
nahe am obereu Rande der betreffenden Bauchringe liegen, nicht merklich nach unten rücken.
Europa ernährt die wenigſten Melolonthiden (94), Afrika die meiſten (361), Aſien, Nordamerika,
Auſtralien eine gleiche Anzahl (103—121), Südamerika 264.

Der gemeine Maikäfer (Melolontha vulgaris) möge uns die ganze Sippe vergegenwärtigen.
Die beim Männchen ſieben-, beim Weibchen kürzere ſechsgliederige Fühlerkenle und an der Baſis
gezähnte Fußklanen in beiden Geſchlechtern unterſcheiden die Gattung von den nächſt verwandten;
die Art erkennt man an den kreideweißen, dreieckigen Seiteuflecken des Hinterleibes, an dem in

[Abbildung] Der Maikäfer, Melolontha vulgaris.
a
Käfer, b c Puppe, d e Larve, halbwüchſig und ausgewachſen, f Eier, g weibliche,
h männliche Fühler, i der große marmorirte Maikäfer (Gerber) (M. fullo),
k
der Sonnenwendkäfer (Rhizotrogus solstitialis).
einen langen Griffel zuge-
ſpitzten Pygidium, den rothen
Fühlern, Beinen und Flügel-
decken bei ſonſt ſchwarzer
Grundfarbe und an der
mehr oder weniger deut-
lichen weißen Behaarung
des ganzen Körpers, welche
ſich bei älteren Exemplaren
allerdings vielfach abgerieben
hat. Eine Abänderung mit
rothem Halsſchilde, die
„Rothtürken“ unſerer Ju-
gend, pflegt nicht ſelten zu
ſein, dagegen gibt es noch
einige andere, meiſt ſüdliche
Formen, welche der gemeinen
Art ſehr nahe ſtehen, und
eine mit ihr gleichzeitig
fliegende: der M. hippo-
castani.
Man unterſcheidet
dieſen vom gemeinen Mai-
käfer durch die etwas ge-
ringere Größe, den kürzeren,
allmälig verengten After-
griffel und durch röthliche
Färbung von Kopf und Hals-
ſchild, welche nur ausnahms-
weiſe ſchwarz ausſehen.

Wegen ihres gewöhnlichen Erſcheinens im Mai hat die in Rede ſtehende Art ihren Namen
erhalten, damit ſoll aber nicht behauptet werden, daß ſie in keinem anderen Monate fliegen dürfe.
Ein beſonders mildes Frühjahr lockt die Käfer ſchon im April aus der Erde, im umgekehrten Falle
warten ſie den Juni ab, und in ihren ſogenannten Flugjahren kann man ſie bisweilen vom Mai
bis Mitte Juli antreffen. Jm Schaltjahre 1864, einem Maikäferjahr für den größten Theil

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[72/0090] Die Käfer. Blatthörner. ſich ſehr ähnlichen Thiere oft ſehr genau und auf ſubtile Merkmale angeſehen ſein wollen, um ſie von einander unterſcheiden zu können. Hauptſächlich kommt es dabei auf die Mundtheile, die Form der Hüften, die Bildung des letzten Hinterleibsſegments in erſter, auf das Schildchen, die äußeren Zähne der Schienen, die Geſchlechtsunterſchiede, die Bildung der unter ſich immer gleichen Fuß- klauen und ſo mancherlei Anderes in zweiter Linie an, und darum läßt ſich, ohne ſehr weitläufig zu werden, keine allgemeine Schilderung vorausſchicken, höchſtens noch bemerken, daß die letzten drei, mehr runden Luftlöcher in ihrer Lage von den vorderen in ſofern wenig abweichen, als ſie nahe am obereu Rande der betreffenden Bauchringe liegen, nicht merklich nach unten rücken. Europa ernährt die wenigſten Melolonthiden (94), Afrika die meiſten (361), Aſien, Nordamerika, Auſtralien eine gleiche Anzahl (103—121), Südamerika 264. Der gemeine Maikäfer (Melolontha vulgaris) möge uns die ganze Sippe vergegenwärtigen. Die beim Männchen ſieben-, beim Weibchen kürzere ſechsgliederige Fühlerkenle und an der Baſis gezähnte Fußklanen in beiden Geſchlechtern unterſcheiden die Gattung von den nächſt verwandten; die Art erkennt man an den kreideweißen, dreieckigen Seiteuflecken des Hinterleibes, an dem in [Abbildung Der Maikäfer, Melolontha vulgaris. a Käfer, b c Puppe, d e Larve, halbwüchſig und ausgewachſen, f Eier, g weibliche, h männliche Fühler, i der große marmorirte Maikäfer (Gerber) (M. fullo), k der Sonnenwendkäfer (Rhizotrogus solstitialis).] einen langen Griffel zuge- ſpitzten Pygidium, den rothen Fühlern, Beinen und Flügel- decken bei ſonſt ſchwarzer Grundfarbe und an der mehr oder weniger deut- lichen weißen Behaarung des ganzen Körpers, welche ſich bei älteren Exemplaren allerdings vielfach abgerieben hat. Eine Abänderung mit rothem Halsſchilde, die „Rothtürken“ unſerer Ju- gend, pflegt nicht ſelten zu ſein, dagegen gibt es noch einige andere, meiſt ſüdliche Formen, welche der gemeinen Art ſehr nahe ſtehen, und eine mit ihr gleichzeitig fliegende: der M. hippo- castani. Man unterſcheidet dieſen vom gemeinen Mai- käfer durch die etwas ge- ringere Größe, den kürzeren, allmälig verengten After- griffel und durch röthliche Färbung von Kopf und Hals- ſchild, welche nur ausnahms- weiſe ſchwarz ausſehen. Wegen ihres gewöhnlichen Erſcheinens im Mai hat die in Rede ſtehende Art ihren Namen erhalten, damit ſoll aber nicht behauptet werden, daß ſie in keinem anderen Monate fliegen dürfe. Ein beſonders mildes Frühjahr lockt die Käfer ſchon im April aus der Erde, im umgekehrten Falle warten ſie den Juni ab, und in ihren ſogenannten Flugjahren kann man ſie bisweilen vom Mai bis Mitte Juli antreffen. Jm Schaltjahre 1864, einem Maikäferjahr für den größten Theil

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/90>, abgerufen am 23.11.2024.