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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Borstenwürmer. Clymenien. Chätopteren. Kopfkiemer.
sich des durch seinen Leib gegangenen Sandes zu entledigen. Diese Häufchen werden zu Verräthern
des Wurmes, indem sie das eine Ende seines Ganges bezeichnen. Derselbe biegt sich sehr tief in die
Erde, und bei der geringsten Erschütterung versenkt sich in ihm der Sandwurm mit außerordentlicher
Geschicklichkeit. Man muß also mit der Hacke zwischen die beiden Oeffnungen der Röhre möglichst
tief eingehen und wirft den Sand häufig vergeblich auf. Aus seinem Versteck herausgenommen,
bewegt sich der Sandwurm sehr langsam. Er sondert dann eine reichliche, die ihn berührende Hand
grüngelblich befleckende Flüssigkeit ab. Setzt man ihn auf Sand, so beginnt er sogleich, sich einzugraben.

Eine ähnliche, obwohl nicht tief eingreifende Verschiedenheit der Körperregionen, wie die
Sandwürmer, zeigt auch die Familie der Clymenien, zu welcher Arenia gehört, eine Gattung,
deren Körper nicht, wie bei den meisten anderen drei, sondern nur zwei Abschnitte zeigt. Der
vordere, schmuzig röthlich gefärbte Theil verändert durch Einschnürungen und Kontraktionen vielfach
seine Form. Der hintere, lange Körpertheil ist gelblich roth. Quatrefages, welcher dieses Thier
an der französischen Küste beobachtete, erzählt, daß er es sehr häufig in einem so ausgewaschenen,
reinen Sande gefunden, daß die Möglichkeit einer Ernährung gar nicht vorhanden zu sein schien.

[Abbildung] Arenia fragilis.
Der ganze Darmkanal war mit solchem feinen Sande angefüllt, wodurch die schon an sich große Zer-
brechlichkeit des Körpers noch erhöht wurde. Es war kein einziges Exemplar ganz zu erhalten.

Die eben geschilderten Thiere mit ihren Familien passen schon deshalb systematisch nicht mehr
recht zu den frei lebenden Rückenkiemern, weil ihr Körper verschiedene Abschnitte erkennen läßt,
indessen brauchen wir uns keinen Vorwurf zu machen, da die hier maßgebenden Fachmänner selbst
noch nicht mit dem Arrangement im Reinen sind. Auch hier geht die Natur in unmerklichen
Uebergängen weiter, und alle unsere Abtheilungsmacherei ist ein Nothbehelf zur Erleichterung der
Uebersicht und des Gedächtnisses.

Jndem wir somit zu der Gruppe derjenigen Familien gelangen -- leider genöthigt, sowohl
in der einen wie in der anderen Gruppe zahlreiche Bestandtheile ganz mit Stillschweigen zu über-
gehen -- welche man Tubicolae, Röhrenwürmer, röhrenbewohnende Kopfkiemer nennt,
schalten wir vor diesen eigentlichen Röhrenwürmern wenigstens eine der ganz abweichenden Formen
ein, die Chätopteren (Chaetopterida). Sie besteht aus der einzigen Gattung Chaetopterus, dessen
Körper drei ganz verschiedene Regionen zeigt. Der Vordertheil läßt sich mit dem ebenfalls
eigenthümlich gestalteten Vordertheil der unten zu berührenden Sabellen vergleichen. Der Kopf
bildet einen am Rücken ausgerandeten Trichter. Dann folgen neun Segmente mit flachen,
verlängerten Fußstummeln, welche auf dem oberen Rande ein Bündel brauner Borsten tragen.
Höchst auffallend ist die Umbildung der fünf, den Mitteltheil des Körpers zusammensetzenden
Segmente. Vom ersten derselben erstrecken sich die Fußstummel gleich einem Paar platter Fühler
weit über den Vorderkörper, während die unteren Aeste dieser Füße zu einer auf der Bauch-

Borſtenwürmer. Clymenien. Chätopteren. Kopfkiemer.
ſich des durch ſeinen Leib gegangenen Sandes zu entledigen. Dieſe Häufchen werden zu Verräthern
des Wurmes, indem ſie das eine Ende ſeines Ganges bezeichnen. Derſelbe biegt ſich ſehr tief in die
Erde, und bei der geringſten Erſchütterung verſenkt ſich in ihm der Sandwurm mit außerordentlicher
Geſchicklichkeit. Man muß alſo mit der Hacke zwiſchen die beiden Oeffnungen der Röhre möglichſt
tief eingehen und wirft den Sand häufig vergeblich auf. Aus ſeinem Verſteck herausgenommen,
bewegt ſich der Sandwurm ſehr langſam. Er ſondert dann eine reichliche, die ihn berührende Hand
grüngelblich befleckende Flüſſigkeit ab. Setzt man ihn auf Sand, ſo beginnt er ſogleich, ſich einzugraben.

Eine ähnliche, obwohl nicht tief eingreifende Verſchiedenheit der Körperregionen, wie die
Sandwürmer, zeigt auch die Familie der Clymenien, zu welcher Arenia gehört, eine Gattung,
deren Körper nicht, wie bei den meiſten anderen drei, ſondern nur zwei Abſchnitte zeigt. Der
vordere, ſchmuzig röthlich gefärbte Theil verändert durch Einſchnürungen und Kontraktionen vielfach
ſeine Form. Der hintere, lange Körpertheil iſt gelblich roth. Quatrefages, welcher dieſes Thier
an der franzöſiſchen Küſte beobachtete, erzählt, daß er es ſehr häufig in einem ſo ausgewaſchenen,
reinen Sande gefunden, daß die Möglichkeit einer Ernährung gar nicht vorhanden zu ſein ſchien.

[Abbildung] Arenia fragilis.
Der ganze Darmkanal war mit ſolchem feinen Sande angefüllt, wodurch die ſchon an ſich große Zer-
brechlichkeit des Körpers noch erhöht wurde. Es war kein einziges Exemplar ganz zu erhalten.

Die eben geſchilderten Thiere mit ihren Familien paſſen ſchon deshalb ſyſtematiſch nicht mehr
recht zu den frei lebenden Rückenkiemern, weil ihr Körper verſchiedene Abſchnitte erkennen läßt,
indeſſen brauchen wir uns keinen Vorwurf zu machen, da die hier maßgebenden Fachmänner ſelbſt
noch nicht mit dem Arrangement im Reinen ſind. Auch hier geht die Natur in unmerklichen
Uebergängen weiter, und alle unſere Abtheilungsmacherei iſt ein Nothbehelf zur Erleichterung der
Ueberſicht und des Gedächtniſſes.

Jndem wir ſomit zu der Gruppe derjenigen Familien gelangen — leider genöthigt, ſowohl
in der einen wie in der anderen Gruppe zahlreiche Beſtandtheile ganz mit Stillſchweigen zu über-
gehen — welche man Tubicolae, Röhrenwürmer, röhrenbewohnende Kopfkiemer nennt,
ſchalten wir vor dieſen eigentlichen Röhrenwürmern wenigſtens eine der ganz abweichenden Formen
ein, die Chätopteren (Chaetopterida). Sie beſteht aus der einzigen Gattung Chaetopterus, deſſen
Körper drei ganz verſchiedene Regionen zeigt. Der Vordertheil läßt ſich mit dem ebenfalls
eigenthümlich geſtalteten Vordertheil der unten zu berührenden Sabellen vergleichen. Der Kopf
bildet einen am Rücken ausgerandeten Trichter. Dann folgen neun Segmente mit flachen,
verlängerten Fußſtummeln, welche auf dem oberen Rande ein Bündel brauner Borſten tragen.
Höchſt auffallend iſt die Umbildung der fünf, den Mitteltheil des Körpers zuſammenſetzenden
Segmente. Vom erſten derſelben erſtrecken ſich die Fußſtummel gleich einem Paar platter Fühler
weit über den Vorderkörper, während die unteren Aeſte dieſer Füße zu einer auf der Bauch-

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[686/0730] Borſtenwürmer. Clymenien. Chätopteren. Kopfkiemer. ſich des durch ſeinen Leib gegangenen Sandes zu entledigen. Dieſe Häufchen werden zu Verräthern des Wurmes, indem ſie das eine Ende ſeines Ganges bezeichnen. Derſelbe biegt ſich ſehr tief in die Erde, und bei der geringſten Erſchütterung verſenkt ſich in ihm der Sandwurm mit außerordentlicher Geſchicklichkeit. Man muß alſo mit der Hacke zwiſchen die beiden Oeffnungen der Röhre möglichſt tief eingehen und wirft den Sand häufig vergeblich auf. Aus ſeinem Verſteck herausgenommen, bewegt ſich der Sandwurm ſehr langſam. Er ſondert dann eine reichliche, die ihn berührende Hand grüngelblich befleckende Flüſſigkeit ab. Setzt man ihn auf Sand, ſo beginnt er ſogleich, ſich einzugraben. Eine ähnliche, obwohl nicht tief eingreifende Verſchiedenheit der Körperregionen, wie die Sandwürmer, zeigt auch die Familie der Clymenien, zu welcher Arenia gehört, eine Gattung, deren Körper nicht, wie bei den meiſten anderen drei, ſondern nur zwei Abſchnitte zeigt. Der vordere, ſchmuzig röthlich gefärbte Theil verändert durch Einſchnürungen und Kontraktionen vielfach ſeine Form. Der hintere, lange Körpertheil iſt gelblich roth. Quatrefages, welcher dieſes Thier an der franzöſiſchen Küſte beobachtete, erzählt, daß er es ſehr häufig in einem ſo ausgewaſchenen, reinen Sande gefunden, daß die Möglichkeit einer Ernährung gar nicht vorhanden zu ſein ſchien. [Abbildung Arenia fragilis.] Der ganze Darmkanal war mit ſolchem feinen Sande angefüllt, wodurch die ſchon an ſich große Zer- brechlichkeit des Körpers noch erhöht wurde. Es war kein einziges Exemplar ganz zu erhalten. Die eben geſchilderten Thiere mit ihren Familien paſſen ſchon deshalb ſyſtematiſch nicht mehr recht zu den frei lebenden Rückenkiemern, weil ihr Körper verſchiedene Abſchnitte erkennen läßt, indeſſen brauchen wir uns keinen Vorwurf zu machen, da die hier maßgebenden Fachmänner ſelbſt noch nicht mit dem Arrangement im Reinen ſind. Auch hier geht die Natur in unmerklichen Uebergängen weiter, und alle unſere Abtheilungsmacherei iſt ein Nothbehelf zur Erleichterung der Ueberſicht und des Gedächtniſſes. Jndem wir ſomit zu der Gruppe derjenigen Familien gelangen — leider genöthigt, ſowohl in der einen wie in der anderen Gruppe zahlreiche Beſtandtheile ganz mit Stillſchweigen zu über- gehen — welche man Tubicolae, Röhrenwürmer, röhrenbewohnende Kopfkiemer nennt, ſchalten wir vor dieſen eigentlichen Röhrenwürmern wenigſtens eine der ganz abweichenden Formen ein, die Chätopteren (Chaetopterida). Sie beſteht aus der einzigen Gattung Chaetopterus, deſſen Körper drei ganz verſchiedene Regionen zeigt. Der Vordertheil läßt ſich mit dem ebenfalls eigenthümlich geſtalteten Vordertheil der unten zu berührenden Sabellen vergleichen. Der Kopf bildet einen am Rücken ausgerandeten Trichter. Dann folgen neun Segmente mit flachen, verlängerten Fußſtummeln, welche auf dem oberen Rande ein Bündel brauner Borſten tragen. Höchſt auffallend iſt die Umbildung der fünf, den Mitteltheil des Körpers zuſammenſetzenden Segmente. Vom erſten derſelben erſtrecken ſich die Fußſtummel gleich einem Paar platter Fühler weit über den Vorderkörper, während die unteren Aeſte dieſer Füße zu einer auf der Bauch-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 686. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/730>, abgerufen am 24.11.2024.