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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Staphylinus caesareus Ocypus olens. Oxyporus rufus.
fliegen gern umher, die größeren Arten auch an schönen Sommerabenden. Jhre Nahrung besteht
aus verwesenden Stoffen des Pflanzen- und Thierreiches, aber auch aus lebenden Thieren. Ein-
zelne Gattungen und Arten bieten das bei Käfern höchst seltene Auftreten von einem oder zwei
Nebenaugen auf dem Scheitel, und noch merkwürdiger ist die neuerdings von Schiödte gemachte
Beobachtung vom Lebendiggebären einiger Südamerikaner der Gattungen Spirachtha und Corotoca.

Die Larven der Staphylinen gleichen darum den vollkommenen Jnsekten mehr als andere,
weil diese selbst etwas Larvenähnliches in Folge ihrer kurzen, zu übersehenden Flügeldecken und
des gestreckten Körperbaues an sich haben. Bei den wenigen, die man kennt, sind vier- bis fünf-
gliederige Fühler, ein bis sechs Punktangen jederseits, kurze fünfgliederige, in eine Kralle auslaufende
Füße, und zwei gegliederte Griffel am Hinterleibsende, dessen After als Nachschieber heraustreten
kann, vorgefunden worden. Die der größeren Arten gehen anderen Larven nach und lassen sich
mit Fleisch füttern, wenn man sie erziehen will.

Nach dem Gesagten wird es schlechterdings unmöglich, auch nur annähernd einen Ueberblick
über die Familie zu geben, sondern wir müssen uns mit wenigen Arten begnügen und führen
darum unseren Lesern in Bild und Wort vor einen der gemeinsten und größeren,

[Abbildung] Staphylinus cae-
surous.
der sich vorzugsweise in Wäldern findet und hier wieder unter ähnlichen Verhältnissen
wie die Calosomen. Obschon der Staphylinus caesareus sich zwischen dem dürren
Laube aufzuhalten pflegt, habe ich ihn doch an Stellen, die er stark bevölkert, auch
von Eichenbüschen geklopft, wo er entschieden auf Raub ausgeht. Jch ertappte ihn
zwar nie bei der That, eben weil ich auf andere Dinge achtete und ihm gar
keine Aufmerksamkeit weiter schenkte, indeß dürfte dieser eben erwähnte Umstand
und die Erfahrungen Bouche's, welcher mehrere Larven anderer Arten mit
Fleisch erzog, dafür sprechen, daß die Kurzflügler nicht ausschließlich von faulenden
Stoffen sich nähren, wie von Manchen behauptet wird. Die kleineren, welche die Majorität in
der Familie bilden, mögen es thun, die größeren Arten sind Räuber, so gut wie die großen
Blattwespen, welche dadurch vielmehr ihren Familiencharakter verleugnen als eine Staphyline.
Unsere Art trägt sich schwarz, an Kopf und Thorax erzgrün, Fühler, die behaarten Beine und
Flügeldecken braunroth, die hellen Flecke am Hinterleibe und die lichten Stellen am Prothorax
entstehen durch goldgelbe Haare. Diese Art wird mit dem noch gemeineren St. erythropterus
häufig verwechselt, unterscheidet sich aber entschieden von ihm durch den goldigen Hinterrand des
Halsschildes und kräftigere Form; bei dem zuletzt genannten bleibt das Halsschild einfarbig schwarz.
Als Charakter der ganzen Gattung, die noch mehrere stattliche, stark behaarte Arten aufzuweisen
hat, beachte man die geraden, am Vorderrande der Stirn entspringenden Fühler, die kräftigen,
sichelförmig gebogenen und heraustretenden Kinnbacken, den zweilappigen Unterkiefer mit faden-
förmigen, die Lappen weit überragenden Tastern, die häutige, ausgerandete Zunge mit lederartigen,
schmalen, etwas längeren Nebenzungen, den gerundet viereckigen Kopf, so breit, oder etwas breiter
als das hinten gerundete, vorn geradabgestutzte Halsschild, mit welchem er durch eine zapfenartige
Verengung dieses in Verbindung steht, die an der Spitze abgerundeten oder schräg nach innen
abgestutzten Flügeldecken, die erweiterten Hüften der vordersten, sowie endlich die von einander
abstehenden der mittelsten Beine.

Der Ocypus olens von mattschwarzer Farbe, gleicher Körpergestalt, aber etwas breiter, gehört
zu den wenigen heimischen Arten, welche über einen Zoll lang werden. Die Gattung unterscheidet
sich von der vorigen nur durch die einander sehr nahestehenden Hüften der Mittelbeine.

Grimmig nimmt sich aus durch seine gewaltigen, übereinandergreifenden, ungezähnten Freß-
zaugen der in Bovisten lebende Oxyporus rufus, an welchem wir noch allerlei Eigenthümlichkeiten
wahrnehmen können. Die keuleuförmigen Fühler stehen auf einem langen Wurzelgliede, erreichen
trotzdem aber nicht Kopfeslänge. Den Unterkiefer setzen zwei bebartete Laden zusammen, eine

Staphylinus caesareus Ocypus olens. Oxyporus rufus.
fliegen gern umher, die größeren Arten auch an ſchönen Sommerabenden. Jhre Nahrung beſteht
aus verweſenden Stoffen des Pflanzen- und Thierreiches, aber auch aus lebenden Thieren. Ein-
zelne Gattungen und Arten bieten das bei Käfern höchſt ſeltene Auftreten von einem oder zwei
Nebenaugen auf dem Scheitel, und noch merkwürdiger iſt die neuerdings von Schiödte gemachte
Beobachtung vom Lebendiggebären einiger Südamerikaner der Gattungen Spirachtha und Corotoca.

Die Larven der Staphylinen gleichen darum den vollkommenen Jnſekten mehr als andere,
weil dieſe ſelbſt etwas Larvenähnliches in Folge ihrer kurzen, zu überſehenden Flügeldecken und
des geſtreckten Körperbaues an ſich haben. Bei den wenigen, die man kennt, ſind vier- bis fünf-
gliederige Fühler, ein bis ſechs Punktangen jederſeits, kurze fünfgliederige, in eine Kralle auslaufende
Füße, und zwei gegliederte Griffel am Hinterleibsende, deſſen After als Nachſchieber heraustreten
kann, vorgefunden worden. Die der größeren Arten gehen anderen Larven nach und laſſen ſich
mit Fleiſch füttern, wenn man ſie erziehen will.

Nach dem Geſagten wird es ſchlechterdings unmöglich, auch nur annähernd einen Ueberblick
über die Familie zu geben, ſondern wir müſſen uns mit wenigen Arten begnügen und führen
darum unſeren Leſern in Bild und Wort vor einen der gemeinſten und größeren,

[Abbildung] Staphylinus cae-
surous.
der ſich vorzugsweiſe in Wäldern findet und hier wieder unter ähnlichen Verhältniſſen
wie die Caloſomen. Obſchon der Staphylinus caesareus ſich zwiſchen dem dürren
Laube aufzuhalten pflegt, habe ich ihn doch an Stellen, die er ſtark bevölkert, auch
von Eichenbüſchen geklopft, wo er entſchieden auf Raub ausgeht. Jch ertappte ihn
zwar nie bei der That, eben weil ich auf andere Dinge achtete und ihm gar
keine Aufmerkſamkeit weiter ſchenkte, indeß dürfte dieſer eben erwähnte Umſtand
und die Erfahrungen Bouché’s, welcher mehrere Larven anderer Arten mit
Fleiſch erzog, dafür ſprechen, daß die Kurzflügler nicht ausſchließlich von faulenden
Stoffen ſich nähren, wie von Manchen behauptet wird. Die kleineren, welche die Majorität in
der Familie bilden, mögen es thun, die größeren Arten ſind Räuber, ſo gut wie die großen
Blattwespen, welche dadurch vielmehr ihren Familiencharakter verleugnen als eine Staphyline.
Unſere Art trägt ſich ſchwarz, an Kopf und Thorax erzgrün, Fühler, die behaarten Beine und
Flügeldecken braunroth, die hellen Flecke am Hinterleibe und die lichten Stellen am Prothorax
entſtehen durch goldgelbe Haare. Dieſe Art wird mit dem noch gemeineren St. erythropterus
häufig verwechſelt, unterſcheidet ſich aber entſchieden von ihm durch den goldigen Hinterrand des
Halsſchildes und kräftigere Form; bei dem zuletzt genannten bleibt das Halsſchild einfarbig ſchwarz.
Als Charakter der ganzen Gattung, die noch mehrere ſtattliche, ſtark behaarte Arten aufzuweiſen
hat, beachte man die geraden, am Vorderrande der Stirn entſpringenden Fühler, die kräftigen,
ſichelförmig gebogenen und heraustretenden Kinnbacken, den zweilappigen Unterkiefer mit faden-
förmigen, die Lappen weit überragenden Taſtern, die häutige, ausgerandete Zunge mit lederartigen,
ſchmalen, etwas längeren Nebenzungen, den gerundet viereckigen Kopf, ſo breit, oder etwas breiter
als das hinten gerundete, vorn geradabgeſtutzte Halsſchild, mit welchem er durch eine zapfenartige
Verengung dieſes in Verbindung ſteht, die an der Spitze abgerundeten oder ſchräg nach innen
abgeſtutzten Flügeldecken, die erweiterten Hüften der vorderſten, ſowie endlich die von einander
abſtehenden der mittelſten Beine.

Der Ocypus olens von mattſchwarzer Farbe, gleicher Körpergeſtalt, aber etwas breiter, gehört
zu den wenigen heimiſchen Arten, welche über einen Zoll lang werden. Die Gattung unterſcheidet
ſich von der vorigen nur durch die einander ſehr naheſtehenden Hüften der Mittelbeine.

Grimmig nimmt ſich aus durch ſeine gewaltigen, übereinandergreifenden, ungezähnten Freß-
zaugen der in Boviſten lebende Oxyporus rufus, an welchem wir noch allerlei Eigenthümlichkeiten
wahrnehmen können. Die keuleuförmigen Fühler ſtehen auf einem langen Wurzelgliede, erreichen
trotzdem aber nicht Kopfeslänge. Den Unterkiefer ſetzen zwei bebartete Laden zuſammen, eine

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[53/0067] Staphylinus caesareus Ocypus olens. Oxyporus rufus. fliegen gern umher, die größeren Arten auch an ſchönen Sommerabenden. Jhre Nahrung beſteht aus verweſenden Stoffen des Pflanzen- und Thierreiches, aber auch aus lebenden Thieren. Ein- zelne Gattungen und Arten bieten das bei Käfern höchſt ſeltene Auftreten von einem oder zwei Nebenaugen auf dem Scheitel, und noch merkwürdiger iſt die neuerdings von Schiödte gemachte Beobachtung vom Lebendiggebären einiger Südamerikaner der Gattungen Spirachtha und Corotoca. Die Larven der Staphylinen gleichen darum den vollkommenen Jnſekten mehr als andere, weil dieſe ſelbſt etwas Larvenähnliches in Folge ihrer kurzen, zu überſehenden Flügeldecken und des geſtreckten Körperbaues an ſich haben. Bei den wenigen, die man kennt, ſind vier- bis fünf- gliederige Fühler, ein bis ſechs Punktangen jederſeits, kurze fünfgliederige, in eine Kralle auslaufende Füße, und zwei gegliederte Griffel am Hinterleibsende, deſſen After als Nachſchieber heraustreten kann, vorgefunden worden. Die der größeren Arten gehen anderen Larven nach und laſſen ſich mit Fleiſch füttern, wenn man ſie erziehen will. Nach dem Geſagten wird es ſchlechterdings unmöglich, auch nur annähernd einen Ueberblick über die Familie zu geben, ſondern wir müſſen uns mit wenigen Arten begnügen und führen darum unſeren Leſern in Bild und Wort vor einen der gemeinſten und größeren, [Abbildung Staphylinus cae- surous.] der ſich vorzugsweiſe in Wäldern findet und hier wieder unter ähnlichen Verhältniſſen wie die Caloſomen. Obſchon der Staphylinus caesareus ſich zwiſchen dem dürren Laube aufzuhalten pflegt, habe ich ihn doch an Stellen, die er ſtark bevölkert, auch von Eichenbüſchen geklopft, wo er entſchieden auf Raub ausgeht. Jch ertappte ihn zwar nie bei der That, eben weil ich auf andere Dinge achtete und ihm gar keine Aufmerkſamkeit weiter ſchenkte, indeß dürfte dieſer eben erwähnte Umſtand und die Erfahrungen Bouché’s, welcher mehrere Larven anderer Arten mit Fleiſch erzog, dafür ſprechen, daß die Kurzflügler nicht ausſchließlich von faulenden Stoffen ſich nähren, wie von Manchen behauptet wird. Die kleineren, welche die Majorität in der Familie bilden, mögen es thun, die größeren Arten ſind Räuber, ſo gut wie die großen Blattwespen, welche dadurch vielmehr ihren Familiencharakter verleugnen als eine Staphyline. Unſere Art trägt ſich ſchwarz, an Kopf und Thorax erzgrün, Fühler, die behaarten Beine und Flügeldecken braunroth, die hellen Flecke am Hinterleibe und die lichten Stellen am Prothorax entſtehen durch goldgelbe Haare. Dieſe Art wird mit dem noch gemeineren St. erythropterus häufig verwechſelt, unterſcheidet ſich aber entſchieden von ihm durch den goldigen Hinterrand des Halsſchildes und kräftigere Form; bei dem zuletzt genannten bleibt das Halsſchild einfarbig ſchwarz. Als Charakter der ganzen Gattung, die noch mehrere ſtattliche, ſtark behaarte Arten aufzuweiſen hat, beachte man die geraden, am Vorderrande der Stirn entſpringenden Fühler, die kräftigen, ſichelförmig gebogenen und heraustretenden Kinnbacken, den zweilappigen Unterkiefer mit faden- förmigen, die Lappen weit überragenden Taſtern, die häutige, ausgerandete Zunge mit lederartigen, ſchmalen, etwas längeren Nebenzungen, den gerundet viereckigen Kopf, ſo breit, oder etwas breiter als das hinten gerundete, vorn geradabgeſtutzte Halsſchild, mit welchem er durch eine zapfenartige Verengung dieſes in Verbindung ſteht, die an der Spitze abgerundeten oder ſchräg nach innen abgeſtutzten Flügeldecken, die erweiterten Hüften der vorderſten, ſowie endlich die von einander abſtehenden der mittelſten Beine. Der Ocypus olens von mattſchwarzer Farbe, gleicher Körpergeſtalt, aber etwas breiter, gehört zu den wenigen heimiſchen Arten, welche über einen Zoll lang werden. Die Gattung unterſcheidet ſich von der vorigen nur durch die einander ſehr naheſtehenden Hüften der Mittelbeine. Grimmig nimmt ſich aus durch ſeine gewaltigen, übereinandergreifenden, ungezähnten Freß- zaugen der in Boviſten lebende Oxyporus rufus, an welchem wir noch allerlei Eigenthümlichkeiten wahrnehmen können. Die keuleuförmigen Fühler ſtehen auf einem langen Wurzelgliede, erreichen trotzdem aber nicht Kopfeslänge. Den Unterkiefer ſetzen zwei bebartete Laden zuſammen, eine

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/67>, abgerufen am 23.11.2024.