Unterkiefer genannt. Fig. d, e und f sind die sogenannten Hilfskiefer oder Kieferfüße, ihrer Entstehung und Lage nach Beine, welche aber nicht im Dienste der Ortsbewegung sind, sondern mit den beiden Unterkieferpaaren zum Festhalten, Betasten und Zurechtlegen der Nahrung ver- wendet werden, während die Oberkiefer die vorläufige Zerkleinerung der Nahrung vornehmen. Jch sage die vorläufige, indem die weitere Zerlegung, das eigentliche Zerbeißen durch die sonderbaren Magenzähne (s. unten) geschieht.
Auf die Hilfskiefer folgen fünf Paar Beine, von denen die drei vorderen mit Scheeren endigen. Erwägt man, daß bei den Jnsekten die drei Paar Beine der Brust angehören, und daß diesen beim Flußkrebs doch wohl die drei Paar Hilfskiefer entsprechen, so ergibt sich, daß derjenige Abschnitt des Kopfbruststückes, welcher die fünf eigentlichen Gehbeine trägt, nicht der Brust, sondern dem Leibe (abdomen) der Jnsekten verglichen werden muß, und daß folglich der sogenannte Schwanz des Krebses ein neuer, in der Klasse der Jnsekten gar nicht vorhandener Körperabschnitt ist, den wir den Nachleib (postabdomen) nennen. Auch beim Scorpion ist dieser Abschnitt als sogenannter Schwanz vorhanden. Die Ringe des Nachleibes tragen fußartige Anhänge, an und zwischen welchen beim Weibchen die gelegten Eier angeheftet werden. Am letzten Ringe, an dessen Unterseite sich der Darmkanal öffnet, haben diese Anhänge die Form breiter Flossen angenommen. Und so zeigt der Flußkrebs von den Oberkiefern an bis zu diesen Flossen ein und dasselbe Grundorgan in der verschiedenartigsten Form und Verwendung.
Zu den bisher abgehandelten Körperanhängen kommen noch die Kiemen. Sie erscheinen am Grunde der Beine befestigt, wenn man die unten freien Seitenblätter des Panzers abschneidet. Das Wasser tritt neben den Mundwerkzeugen zu ihnen ein und kann nach unten und hinten abfließen, indem durch die fortwährende Bewegung der Hilfskiefertaster für beständige Erneuerung gesorgt ist. Das Wedeln der Taster und der übrigen Theile der Hilfskiefer ersetzt also das "Athemholen" der mit inneren Lungen versehenen höheren Thiere.
Wir gehen nun, mit dem Aeußeren bekannt geworden, auf die Untersuchung der wichtigeren inneren Organe über.
Der Verdauungsapparat beginnt hinter der Mundöffnung mit einer kurzen Speise- röhre, welche in einen geräumigen, mit seiner Wölbung nach dem Rücken gerichteten Magen übergeht. Seine Jnnenfläche ist mit einer Reihe von Hervorragungen, Leisten und Zähnen versehen, die durch besondere Muskeln bewegt werden und wodurch das durch die Oberkiefer angefangene Kaugeschäft fortgesetzt wird. Allbekannt sind die sogenannten Krebsaugen, zwei linsenförmige Kalkbildungen in den Seitentheilen des Magens, welche nach der jährlichen Häutung bei der Wiedererzeugung des Hautpanzers aufgebraucht werden. Vom Magen aus verläuft durch den Hinterleib ein fast gerader, dünner Darm, welchen man mit dem Endstück des Schwanzes leicht ausreißen kann, eine Operation, welche vor dem Sieden der Krebse nie versäumt werden sollte. Die die Galle erzeugende Leber auf beiden Seiten des Magens ist an ihrer grünlichen Farbe und dem faserig-lappigen Bau leicht zu erkennen.
Oeffnet man den Krebs vom Rücken, indem man mit einer guten Scheere den Hautpanzer trennt und den Rückentheil desselben möglichst behutsam und oberflächlich abhebt, so stößt man in der Mitte der Mittellinie auf das weißliche, in mehrere Zipfel ausgehende Herz, von wo aus auch die Hauptgefäße zu verfolgen sind. Wir erinnern daran, daß auch diese Lage mit derjenigen des sogenannten Rückengefäßes der Jnsekten übereinstimmt, was ebenso von der Richtung des Blutkreislaufes gilt. Das weißliche Blut wird aus dem Herzen in den Körper getrieben, kehrt dann zu den Kiemen zurück und gelangt aus diesen ins Herz.
Der Flußkrebs gehört zu denjenigen Mitgliedern seiner Klasse, bei welchen in Ueber- einstimmung mit der gestreckten Gestalt das Nervensystem in Form einer ebenfalls wohl entwickelten Strickleiter vorhanden, wie z. B. auch bei den Garneelen (Palaemon), während bei den Krabben, deren Körperform in ihrer Koncentration einen Gegensatz zu jenen bildet,
Die Krebſe. Allgemeines.
Unterkiefer genannt. Fig. d, e und f ſind die ſogenannten Hilfskiefer oder Kieferfüße, ihrer Entſtehung und Lage nach Beine, welche aber nicht im Dienſte der Ortsbewegung ſind, ſondern mit den beiden Unterkieferpaaren zum Feſthalten, Betaſten und Zurechtlegen der Nahrung ver- wendet werden, während die Oberkiefer die vorläufige Zerkleinerung der Nahrung vornehmen. Jch ſage die vorläufige, indem die weitere Zerlegung, das eigentliche Zerbeißen durch die ſonderbaren Magenzähne (ſ. unten) geſchieht.
Auf die Hilfskiefer folgen fünf Paar Beine, von denen die drei vorderen mit Scheeren endigen. Erwägt man, daß bei den Jnſekten die drei Paar Beine der Bruſt angehören, und daß dieſen beim Flußkrebs doch wohl die drei Paar Hilfskiefer entſprechen, ſo ergibt ſich, daß derjenige Abſchnitt des Kopfbruſtſtückes, welcher die fünf eigentlichen Gehbeine trägt, nicht der Bruſt, ſondern dem Leibe (abdomen) der Jnſekten verglichen werden muß, und daß folglich der ſogenannte Schwanz des Krebſes ein neuer, in der Klaſſe der Jnſekten gar nicht vorhandener Körperabſchnitt iſt, den wir den Nachleib (postabdomen) nennen. Auch beim Scorpion iſt dieſer Abſchnitt als ſogenannter Schwanz vorhanden. Die Ringe des Nachleibes tragen fußartige Anhänge, an und zwiſchen welchen beim Weibchen die gelegten Eier angeheftet werden. Am letzten Ringe, an deſſen Unterſeite ſich der Darmkanal öffnet, haben dieſe Anhänge die Form breiter Floſſen angenommen. Und ſo zeigt der Flußkrebs von den Oberkiefern an bis zu dieſen Floſſen ein und daſſelbe Grundorgan in der verſchiedenartigſten Form und Verwendung.
Zu den bisher abgehandelten Körperanhängen kommen noch die Kiemen. Sie erſcheinen am Grunde der Beine befeſtigt, wenn man die unten freien Seitenblätter des Panzers abſchneidet. Das Waſſer tritt neben den Mundwerkzeugen zu ihnen ein und kann nach unten und hinten abfließen, indem durch die fortwährende Bewegung der Hilfskiefertaſter für beſtändige Erneuerung geſorgt iſt. Das Wedeln der Taſter und der übrigen Theile der Hilfskiefer erſetzt alſo das „Athemholen“ der mit inneren Lungen verſehenen höheren Thiere.
Wir gehen nun, mit dem Aeußeren bekannt geworden, auf die Unterſuchung der wichtigeren inneren Organe über.
Der Verdauungsapparat beginnt hinter der Mundöffnung mit einer kurzen Speiſe- röhre, welche in einen geräumigen, mit ſeiner Wölbung nach dem Rücken gerichteten Magen übergeht. Seine Jnnenfläche iſt mit einer Reihe von Hervorragungen, Leiſten und Zähnen verſehen, die durch beſondere Muskeln bewegt werden und wodurch das durch die Oberkiefer angefangene Kaugeſchäft fortgeſetzt wird. Allbekannt ſind die ſogenannten Krebsaugen, zwei linſenförmige Kalkbildungen in den Seitentheilen des Magens, welche nach der jährlichen Häutung bei der Wiedererzeugung des Hautpanzers aufgebraucht werden. Vom Magen aus verläuft durch den Hinterleib ein faſt gerader, dünner Darm, welchen man mit dem Endſtück des Schwanzes leicht ausreißen kann, eine Operation, welche vor dem Sieden der Krebſe nie verſäumt werden ſollte. Die die Galle erzeugende Leber auf beiden Seiten des Magens iſt an ihrer grünlichen Farbe und dem faſerig-lappigen Bau leicht zu erkennen.
Oeffnet man den Krebs vom Rücken, indem man mit einer guten Scheere den Hautpanzer trennt und den Rückentheil deſſelben möglichſt behutſam und oberflächlich abhebt, ſo ſtößt man in der Mitte der Mittellinie auf das weißliche, in mehrere Zipfel ausgehende Herz, von wo aus auch die Hauptgefäße zu verfolgen ſind. Wir erinnern daran, daß auch dieſe Lage mit derjenigen des ſogenannten Rückengefäßes der Jnſekten übereinſtimmt, was ebenſo von der Richtung des Blutkreislaufes gilt. Das weißliche Blut wird aus dem Herzen in den Körper getrieben, kehrt dann zu den Kiemen zurück und gelangt aus dieſen ins Herz.
Der Flußkrebs gehört zu denjenigen Mitgliedern ſeiner Klaſſe, bei welchen in Ueber- einſtimmung mit der geſtreckten Geſtalt das Nervenſyſtem in Form einer ebenfalls wohl entwickelten Strickleiter vorhanden, wie z. B. auch bei den Garneelen (Palaemon), während bei den Krabben, deren Körperform in ihrer Koncentration einen Gegenſatz zu jenen bildet,
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Die Krebſe. Allgemeines.
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mit den beiden Unterkieferpaaren zum Feſthalten, Betaſten und Zurechtlegen der Nahrung ver-
wendet werden, während die Oberkiefer die vorläufige Zerkleinerung der Nahrung vornehmen. Jch
ſage die vorläufige, indem die weitere Zerlegung, das eigentliche Zerbeißen durch die ſonderbaren
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Auf die Hilfskiefer folgen fünf Paar Beine, von denen die drei vorderen mit Scheeren
endigen. Erwägt man, daß bei den Jnſekten die drei Paar Beine der Bruſt angehören, und
daß dieſen beim Flußkrebs doch wohl die drei Paar Hilfskiefer entſprechen, ſo ergibt ſich, daß
derjenige Abſchnitt des Kopfbruſtſtückes, welcher die fünf eigentlichen Gehbeine trägt, nicht der
Bruſt, ſondern dem Leibe (abdomen) der Jnſekten verglichen werden muß, und daß folglich der
ſogenannte Schwanz des Krebſes ein neuer, in der Klaſſe der Jnſekten gar nicht vorhandener
Körperabſchnitt iſt, den wir den Nachleib (postabdomen) nennen. Auch beim Scorpion iſt
dieſer Abſchnitt als ſogenannter Schwanz vorhanden. Die Ringe des Nachleibes tragen fußartige
Anhänge, an und zwiſchen welchen beim Weibchen die gelegten Eier angeheftet werden. Am
letzten Ringe, an deſſen Unterſeite ſich der Darmkanal öffnet, haben dieſe Anhänge die Form
breiter Floſſen angenommen. Und ſo zeigt der Flußkrebs von den Oberkiefern an bis zu dieſen
Floſſen ein und daſſelbe Grundorgan in der verſchiedenartigſten Form und Verwendung.
Zu den bisher abgehandelten Körperanhängen kommen noch die Kiemen. Sie erſcheinen
am Grunde der Beine befeſtigt, wenn man die unten freien Seitenblätter des Panzers abſchneidet.
Das Waſſer tritt neben den Mundwerkzeugen zu ihnen ein und kann nach unten und hinten
abfließen, indem durch die fortwährende Bewegung der Hilfskiefertaſter für beſtändige Erneuerung
geſorgt iſt. Das Wedeln der Taſter und der übrigen Theile der Hilfskiefer erſetzt alſo das
„Athemholen“ der mit inneren Lungen verſehenen höheren Thiere.
Wir gehen nun, mit dem Aeußeren bekannt geworden, auf die Unterſuchung der wichtigeren
inneren Organe über.
Der Verdauungsapparat beginnt hinter der Mundöffnung mit einer kurzen Speiſe-
röhre, welche in einen geräumigen, mit ſeiner Wölbung nach dem Rücken gerichteten Magen
übergeht. Seine Jnnenfläche iſt mit einer Reihe von Hervorragungen, Leiſten und Zähnen verſehen,
die durch beſondere Muskeln bewegt werden und wodurch das durch die Oberkiefer angefangene
Kaugeſchäft fortgeſetzt wird. Allbekannt ſind die ſogenannten Krebsaugen, zwei linſenförmige
Kalkbildungen in den Seitentheilen des Magens, welche nach der jährlichen Häutung bei der
Wiedererzeugung des Hautpanzers aufgebraucht werden. Vom Magen aus verläuft durch den
Hinterleib ein faſt gerader, dünner Darm, welchen man mit dem Endſtück des Schwanzes leicht
ausreißen kann, eine Operation, welche vor dem Sieden der Krebſe nie verſäumt werden ſollte.
Die die Galle erzeugende Leber auf beiden Seiten des Magens iſt an ihrer grünlichen Farbe
und dem faſerig-lappigen Bau leicht zu erkennen.
Oeffnet man den Krebs vom Rücken, indem man mit einer guten Scheere den Hautpanzer
trennt und den Rückentheil deſſelben möglichſt behutſam und oberflächlich abhebt, ſo ſtößt man in
der Mitte der Mittellinie auf das weißliche, in mehrere Zipfel ausgehende Herz, von wo aus
auch die Hauptgefäße zu verfolgen ſind. Wir erinnern daran, daß auch dieſe Lage mit derjenigen
des ſogenannten Rückengefäßes der Jnſekten übereinſtimmt, was ebenſo von der Richtung des
Blutkreislaufes gilt. Das weißliche Blut wird aus dem Herzen in den Körper getrieben,
kehrt dann zu den Kiemen zurück und gelangt aus dieſen ins Herz.
Der Flußkrebs gehört zu denjenigen Mitgliedern ſeiner Klaſſe, bei welchen in Ueber-
einſtimmung mit der geſtreckten Geſtalt das Nervenſyſtem in Form einer ebenfalls wohl
entwickelten Strickleiter vorhanden, wie z. B. auch bei den Garneelen (Palaemon), während
bei den Krabben, deren Körperform in ihrer Koncentration einen Gegenſatz zu jenen bildet,
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/664>, abgerufen am 24.11.2024.
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