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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Violetrother Holzbock. Amerikanische Waldlaus.
der Augenlider und Lippen am liebsten zum Ansaugen zu wählen scheinen. Die letzte Häutung,
der Uebergang zur Geschlechtsreife erfolgt während der Nacht und konnte daher von Pagenstecher
trotz aller Bemühungen nicht beobachtet werden.

Auf der letzten Altersstufe tritt nun zu den beiden, von der Leere oder Füllung des Darms
bedingten, auch schon den frühern Stufen eigenen Formverschiedenheiten noch die des Geschlechts,
indem das Männchen, welches man nie angeschwollen gesehen hat, ein anderes Aussehen darbietet,
wie das nüchterne und wie das wohlgenährte Weibchen. Bei ihm (c) wird fast der ganze Rücken
von einer glänzend pechbraunen, etwas behaarten und punktgrubigen Platte bedeckt, die über die
Hälfte länger ist, als die des Weibchens, und die Bauchseite zeigt Querleisten zwischen der
Geschlechts- und Afteröffnung; überdies unterscheidet es ein bedeutend kürzerer Rüssel vom Weibchen.
Mir scheint der gerandete Holzbock (Ixodes marginalis) Hahn's, welchen man hie und da
abgebildet findet, eben nur das Männchen der gemeinen Art zu sein. Das Weibchen (d) hat ein
gerundetes, nach vorn etwas verengtes Rückenschild, welches den größten Theil des Leibes frei und
dehnbar läßt. Vollgesogen hat es die Gestalt von Fig. e und f und eine vom Weiß durch das
Fleischrothe bis zu Braun übergehende Färbung. Jn dieser Form fiel das Thier von je am meisten
auf. Man findet die gemeine Hundszecke in beiden Geschlechtern und im nüchternen Zustande
frei schwärmend, aber bemüht, sich irgend einem Thiere oder dem Menschen anzusetzen, das Weibchen,
um sich hier zu mästen, das Männchen, um sich mit diesem zu paaren. Ein erwachsenes Weibchen
erreicht an einem Hunde in neun Tagen, bei entsprechender Breite, die Länge von 11 Millimeter
und wird so elastisch, daß es beim Herabfallen auf den Boden wie ein Gummiball in die Höhe
springt und keinen Schaden erleidet. Seine Farbe pflegt am Hunde eine mit Fettglanz verbundene
steingraue zu sein. Obgleich sich die Zecke unter günstigen Umständen schnell entwickelt, so wird
sie doch durch ihre Lebensart zu längerem Fasten verurtheilt und auf diese Weise ihre Lebens-
dauer durchschnittlich auf die Zeit vom Mai bis Oktober ausgedehnt.

Der violetrothe Holzbock (Ixodes reduvius), welche von Hahn in der beigegebenen Weise
abgebildet und von einigen Schriftstellern mit dem vorigen verwechselt wird, lebt ganz in derselben
Weise, ist aber meiner Ansicht nach gewiß davon verschieden. Jch
besitze mehrere Exemplare, welche ich mit kärglich genährten Weibchen
der vorigen Art freischwärmend eingesammelt habe. Das ganze Thier
ist roth, an dem größeren Rückenschilde und den Beinen stellenweise
wie mit weißlichem Reife bedeckt und am dunkleren, vom Schilde frei-
gelassenen Theile in der angegebenen Art gezeichnet. Diese Zecke soll
sich vorzugsweise an Schafen, aber auch an Hunden, besonders Jagd-
hunden und Rindern finden.

Zecken von ähnlicher Gestalt und Größe, meist aber bunter von
Farbe, besonders in verschiedenen Tinten roth mit lichteren oder auch
dunkleren Zeichnungen, leben sehr zahlreich im südlichen Amerika und
andern heißen Ländern, unterscheiden sich aber wesentlich von unseren

[Abbildung] Der violetrothe Holzbock
(Ixodes reduvius).
heimischen Holzböcken dadurch, daß sie etwa in der Mitte der Schildseite in einer seichten Aus-
buchtung als einen lichten, matten Punkt erscheinende Augen tragen. Koch vereinigte die zahl-
reichen Arten unter dem Gattungsnamen Amblyomma und gibt als Kennzeichen für das Weibchen
einen fast einfarbigen, dehnbaren Leibestheil, aber ein mit weißem oder gelbem Schmelz bedecktes
und dabei dunkelfarbiges Rückenschild an. Dahin gehört u. a. die amerikanische Waldlaus
(A. americanum), welche den volksthümlichen Namen "Nigua, Tigua, Pique" nach zu schließen,
vielfach mit dem Sandfloh verwechselt worden zu sein scheint, eine der gemeinsten und bekanntesten
Zecken Amerikas ist und nach Art unserer Holzböcke Menschen und Thiere plagt und namentlich
den Pferden in der Weichengegend viel Schmerzen verursacht; diese lassen sich die Quälgeister
daher gern von den Hühnern ablesen. Die 1 bis 11/4 Linie messende Zecke ist kurz eiförmig im

Taschenberg und Schmidt, wirbellose Thiere. (Brehm, Thierleben VI.) 39

Violetrother Holzbock. Amerikaniſche Waldlaus.
der Augenlider und Lippen am liebſten zum Anſaugen zu wählen ſcheinen. Die letzte Häutung,
der Uebergang zur Geſchlechtsreife erfolgt während der Nacht und konnte daher von Pagenſtecher
trotz aller Bemühungen nicht beobachtet werden.

Auf der letzten Altersſtufe tritt nun zu den beiden, von der Leere oder Füllung des Darms
bedingten, auch ſchon den frühern Stufen eigenen Formverſchiedenheiten noch die des Geſchlechts,
indem das Männchen, welches man nie angeſchwollen geſehen hat, ein anderes Ausſehen darbietet,
wie das nüchterne und wie das wohlgenährte Weibchen. Bei ihm (c) wird faſt der ganze Rücken
von einer glänzend pechbraunen, etwas behaarten und punktgrubigen Platte bedeckt, die über die
Hälfte länger iſt, als die des Weibchens, und die Bauchſeite zeigt Querleiſten zwiſchen der
Geſchlechts- und Afteröffnung; überdies unterſcheidet es ein bedeutend kürzerer Rüſſel vom Weibchen.
Mir ſcheint der gerandete Holzbock (Ixodes marginalis) Hahn’s, welchen man hie und da
abgebildet findet, eben nur das Männchen der gemeinen Art zu ſein. Das Weibchen (d) hat ein
gerundetes, nach vorn etwas verengtes Rückenſchild, welches den größten Theil des Leibes frei und
dehnbar läßt. Vollgeſogen hat es die Geſtalt von Fig. e und f und eine vom Weiß durch das
Fleiſchrothe bis zu Braun übergehende Färbung. Jn dieſer Form fiel das Thier von je am meiſten
auf. Man findet die gemeine Hundszecke in beiden Geſchlechtern und im nüchternen Zuſtande
frei ſchwärmend, aber bemüht, ſich irgend einem Thiere oder dem Menſchen anzuſetzen, das Weibchen,
um ſich hier zu mäſten, das Männchen, um ſich mit dieſem zu paaren. Ein erwachſenes Weibchen
erreicht an einem Hunde in neun Tagen, bei entſprechender Breite, die Länge von 11 Millimeter
und wird ſo elaſtiſch, daß es beim Herabfallen auf den Boden wie ein Gummiball in die Höhe
ſpringt und keinen Schaden erleidet. Seine Farbe pflegt am Hunde eine mit Fettglanz verbundene
ſteingraue zu ſein. Obgleich ſich die Zecke unter günſtigen Umſtänden ſchnell entwickelt, ſo wird
ſie doch durch ihre Lebensart zu längerem Faſten verurtheilt und auf dieſe Weiſe ihre Lebens-
dauer durchſchnittlich auf die Zeit vom Mai bis Oktober ausgedehnt.

Der violetrothe Holzbock (Ixodes reduvius), welche von Hahn in der beigegebenen Weiſe
abgebildet und von einigen Schriftſtellern mit dem vorigen verwechſelt wird, lebt ganz in derſelben
Weiſe, iſt aber meiner Anſicht nach gewiß davon verſchieden. Jch
beſitze mehrere Exemplare, welche ich mit kärglich genährten Weibchen
der vorigen Art freiſchwärmend eingeſammelt habe. Das ganze Thier
iſt roth, an dem größeren Rückenſchilde und den Beinen ſtellenweiſe
wie mit weißlichem Reife bedeckt und am dunkleren, vom Schilde frei-
gelaſſenen Theile in der angegebenen Art gezeichnet. Dieſe Zecke ſoll
ſich vorzugsweiſe an Schafen, aber auch an Hunden, beſonders Jagd-
hunden und Rindern finden.

Zecken von ähnlicher Geſtalt und Größe, meiſt aber bunter von
Farbe, beſonders in verſchiedenen Tinten roth mit lichteren oder auch
dunkleren Zeichnungen, leben ſehr zahlreich im ſüdlichen Amerika und
andern heißen Ländern, unterſcheiden ſich aber weſentlich von unſeren

[Abbildung] Der violetrothe Holzbock
(Ixodes reduvius).
heimiſchen Holzböcken dadurch, daß ſie etwa in der Mitte der Schildſeite in einer ſeichten Aus-
buchtung als einen lichten, matten Punkt erſcheinende Augen tragen. Koch vereinigte die zahl-
reichen Arten unter dem Gattungsnamen Amblyomma und gibt als Kennzeichen für das Weibchen
einen faſt einfarbigen, dehnbaren Leibestheil, aber ein mit weißem oder gelbem Schmelz bedecktes
und dabei dunkelfarbiges Rückenſchild an. Dahin gehört u. a. die amerikaniſche Waldlaus
(A. americanum), welche den volksthümlichen Namen „Nigua, Tigua, Pique“ nach zu ſchließen,
vielfach mit dem Sandfloh verwechſelt worden zu ſein ſcheint, eine der gemeinſten und bekannteſten
Zecken Amerikas iſt und nach Art unſerer Holzböcke Menſchen und Thiere plagt und namentlich
den Pferden in der Weichengegend viel Schmerzen verurſacht; dieſe laſſen ſich die Quälgeiſter
daher gern von den Hühnern ableſen. Die 1 bis 1¼ Linie meſſende Zecke iſt kurz eiförmig im

Taſchenberg und Schmidt, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben VI.) 39
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[609/0647] Violetrother Holzbock. Amerikaniſche Waldlaus. der Augenlider und Lippen am liebſten zum Anſaugen zu wählen ſcheinen. Die letzte Häutung, der Uebergang zur Geſchlechtsreife erfolgt während der Nacht und konnte daher von Pagenſtecher trotz aller Bemühungen nicht beobachtet werden. Auf der letzten Altersſtufe tritt nun zu den beiden, von der Leere oder Füllung des Darms bedingten, auch ſchon den frühern Stufen eigenen Formverſchiedenheiten noch die des Geſchlechts, indem das Männchen, welches man nie angeſchwollen geſehen hat, ein anderes Ausſehen darbietet, wie das nüchterne und wie das wohlgenährte Weibchen. Bei ihm (c) wird faſt der ganze Rücken von einer glänzend pechbraunen, etwas behaarten und punktgrubigen Platte bedeckt, die über die Hälfte länger iſt, als die des Weibchens, und die Bauchſeite zeigt Querleiſten zwiſchen der Geſchlechts- und Afteröffnung; überdies unterſcheidet es ein bedeutend kürzerer Rüſſel vom Weibchen. Mir ſcheint der gerandete Holzbock (Ixodes marginalis) Hahn’s, welchen man hie und da abgebildet findet, eben nur das Männchen der gemeinen Art zu ſein. Das Weibchen (d) hat ein gerundetes, nach vorn etwas verengtes Rückenſchild, welches den größten Theil des Leibes frei und dehnbar läßt. Vollgeſogen hat es die Geſtalt von Fig. e und f und eine vom Weiß durch das Fleiſchrothe bis zu Braun übergehende Färbung. Jn dieſer Form fiel das Thier von je am meiſten auf. Man findet die gemeine Hundszecke in beiden Geſchlechtern und im nüchternen Zuſtande frei ſchwärmend, aber bemüht, ſich irgend einem Thiere oder dem Menſchen anzuſetzen, das Weibchen, um ſich hier zu mäſten, das Männchen, um ſich mit dieſem zu paaren. Ein erwachſenes Weibchen erreicht an einem Hunde in neun Tagen, bei entſprechender Breite, die Länge von 11 Millimeter und wird ſo elaſtiſch, daß es beim Herabfallen auf den Boden wie ein Gummiball in die Höhe ſpringt und keinen Schaden erleidet. Seine Farbe pflegt am Hunde eine mit Fettglanz verbundene ſteingraue zu ſein. Obgleich ſich die Zecke unter günſtigen Umſtänden ſchnell entwickelt, ſo wird ſie doch durch ihre Lebensart zu längerem Faſten verurtheilt und auf dieſe Weiſe ihre Lebens- dauer durchſchnittlich auf die Zeit vom Mai bis Oktober ausgedehnt. Der violetrothe Holzbock (Ixodes reduvius), welche von Hahn in der beigegebenen Weiſe abgebildet und von einigen Schriftſtellern mit dem vorigen verwechſelt wird, lebt ganz in derſelben Weiſe, iſt aber meiner Anſicht nach gewiß davon verſchieden. Jch beſitze mehrere Exemplare, welche ich mit kärglich genährten Weibchen der vorigen Art freiſchwärmend eingeſammelt habe. Das ganze Thier iſt roth, an dem größeren Rückenſchilde und den Beinen ſtellenweiſe wie mit weißlichem Reife bedeckt und am dunkleren, vom Schilde frei- gelaſſenen Theile in der angegebenen Art gezeichnet. Dieſe Zecke ſoll ſich vorzugsweiſe an Schafen, aber auch an Hunden, beſonders Jagd- hunden und Rindern finden. Zecken von ähnlicher Geſtalt und Größe, meiſt aber bunter von Farbe, beſonders in verſchiedenen Tinten roth mit lichteren oder auch dunkleren Zeichnungen, leben ſehr zahlreich im ſüdlichen Amerika und andern heißen Ländern, unterſcheiden ſich aber weſentlich von unſeren [Abbildung Der violetrothe Holzbock (Ixodes reduvius).] heimiſchen Holzböcken dadurch, daß ſie etwa in der Mitte der Schildſeite in einer ſeichten Aus- buchtung als einen lichten, matten Punkt erſcheinende Augen tragen. Koch vereinigte die zahl- reichen Arten unter dem Gattungsnamen Amblyomma und gibt als Kennzeichen für das Weibchen einen faſt einfarbigen, dehnbaren Leibestheil, aber ein mit weißem oder gelbem Schmelz bedecktes und dabei dunkelfarbiges Rückenſchild an. Dahin gehört u. a. die amerikaniſche Waldlaus (A. americanum), welche den volksthümlichen Namen „Nigua, Tigua, Pique“ nach zu ſchließen, vielfach mit dem Sandfloh verwechſelt worden zu ſein ſcheint, eine der gemeinſten und bekannteſten Zecken Amerikas iſt und nach Art unſerer Holzböcke Menſchen und Thiere plagt und namentlich den Pferden in der Weichengegend viel Schmerzen verurſacht; dieſe laſſen ſich die Quälgeiſter daher gern von den Hühnern ableſen. Die 1 bis 1¼ Linie meſſende Zecke iſt kurz eiförmig im Taſchenberg und Schmidt, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben VI.) 39

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 609. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/647>, abgerufen am 24.11.2024.