Meso- und Metasternum einen gemeinsamen, bei unserer Art flach gedrückten und vorn stark gefurchten Kiel bilden, welcher sich in Form einer scharfen Spitze über die Hinterhüften hinaus erstreckt. Außerdem erhebt sich hier der Bauch zu einem ziemlich starken Mittelkiele. Die längs- riefigen, dadurch nach der Spitze hin etwas gerippten, in den Zwischenräumen, und zwar einer um den anderen punktirten Flügeldecken laufen an der Naht in ein feines Zähnchen aus. Der glänzende, grünlich pechschwarze Käfer lebt in stehenden und fließenden Gewässern; ich habe ihn hier bei Frühjahrsüberschwemmungen der Saale vorherrschend am Rande von davon betroffenen Wiesen gefangen, und manchmal überzieht ihn eine nicht ganz wieder zu beseitigende Schmutz- schicht. Jnteressant gestalten sich einige Verhältnisse in der inneren Organisation des Thieres. Eine bedeutend große, äußerst dünnhäutige, ballonartige Tracheenblase auf der Grenze von Thorar und Hinterleib ist neben den übrigen sehr zahlreichen Ausdehnungen der Tracheen geeignet, eine beträchtliche Menge Luft in den Körper aufzunehmen und zugleich als Schwimmblase zu dienen. Auch der Darmkanal, welcher dem der pflanzenfressenden Lamellikornen gleicht, nämlich ein langes, dünnes, in allen seinen Theilen gleichförmig gebildetes Rohr darstellt, weicht wesentlich von dem der anderen Wasserkäfer ab und weist auf Pflanzenkost hin; diese dürfte aber, wie bei jenen, auch nur aus den Säften anderer Wasserinsekten bestehen.
Jm April sorgt das befruchtete Weibchen durch Ablegen der Eier für Nachkommenschaft, hält aber dabei ein Verfahren ein, welches wohl werth ist, etwas näher beleuchtet zu werden, weil es schwerlich bei einem anderen Käfer, der nicht zur nächsten Verwandtschaft gehört, wieder vorkommt. Es legt sich an der Oberfläche des Wassers auf den Rücken unter dem schwimmenden Blatte einer Pflanze, welches es mit den Vorderbeinen an seinen Bauch drückt. Aus vier Röhren, von denen zwei länger aus dem Hinterleibe heraustreten als die anderen, fließen weißliche Fäden, die durch Hin- und Herbewegungen zu einem Gespinust sich vereinigen, welches mit der Zeit -- es kann dreiviertel Stunde dauern -- den ganzen Bauch des Thieres überzieht. Jst dieses fertig, so kehrt sich der Käfer um, dasselbe auf den Rücken nehmend, und fertigt eine zweite Platte, welche mit der ersten an den Seiten zusammengeheftet wird, und schließlich steckt er mit dem Hinterleibe in einem vorn offenen Sacke. Diesen füllt er von hinten her mit seinen Eierreihen und rückt in dem Maaße aus demselben heraus, als sich jene hinten mehren, bis endlich das Säckchen gefüllt ist und die Hinterleibsspitze herausschlüpft. Jetzt faßt er die Ränder mit den Hinterbeinen, spinnt Faden an Faden, bis die Oeffnung immer enger wird und einen etwas wulstigen Saum bekommt. Darauf zieht er Fäden querüber auf und ab und vollendet den Schluß wie mit einem Deckel. Auf diesen Deckel wird noch eine Spitze gesetzt, die Fäden fließen von unten nach oben und wieder zurück von da nach unten, und indem die folgenden immer länger werden, thürmt sich die Spitze auf und wird zu einem etwas gekrümmten Hörnchen. Jn vier bis fünf Stunden, nachdem hier und da noch etwas nachgebessert wurde, ist das Werk vollendet und schaukelt, ein kleiner Nachen von eigenthümlicher Gestalt, nun auf der Wasserfläche zwischen den Blättern der Pflanzen. Wird er durch unsanftere Bewegungen der Wellen umgestürzt, richtet er sich sogleich wieder auf, mit dem schlauchartigen Ende nach oben, in Folge des Gesetzes der Schwere; denn hinten liegen die Eier, im vorderen Theile befindet sich Luft. Man findet diese eiförmigen Eicocons manchmal durch anhaftende Pflanzentheilchen sehr unkenntlich gemacht. Nach sechszehn bis achtzehn Tagen schlüpfen die Lärvchen aus, bleiben aber noch einige Zeit in ihrer gemeinsamen Wiege, wie man meint, bis nach der ersten Häutung. Da sich aber weder die Eischalen noch diese Häute in einem dann am Deckel geöffneten Cocon vorfinden, müssen dieselben von den Larven aufgezehrt worden sein, wie das lockere Gewebe, welches den inneren Nestraum noch ausfüllte. Jm freien Wasser entwickeln sie die gleiche Raubnatur, wie die Larven der Schwimmkäfer und wachsen, ihrer Gefräßigkeit entsprechend, schnell. Zum Unterschied von jenen saugen sie aber die Beute nicht mit den Kinnbacken aus, sondern zwischen ihnen und der Stirn -- eine Oberlippe fehlt -- liegt die sehr feine Oeffnung der Speiseröhre. Durch einen schwarzen, stinkenden Saft, den sie aus dem
Die Käfer. Waſſerkäfer.
Meſo- und Metaſternum einen gemeinſamen, bei unſerer Art flach gedrückten und vorn ſtark gefurchten Kiel bilden, welcher ſich in Form einer ſcharfen Spitze über die Hinterhüften hinaus erſtreckt. Außerdem erhebt ſich hier der Bauch zu einem ziemlich ſtarken Mittelkiele. Die längs- riefigen, dadurch nach der Spitze hin etwas gerippten, in den Zwiſchenräumen, und zwar einer um den anderen punktirten Flügeldecken laufen an der Naht in ein feines Zähnchen aus. Der glänzende, grünlich pechſchwarze Käfer lebt in ſtehenden und fließenden Gewäſſern; ich habe ihn hier bei Frühjahrsüberſchwemmungen der Saale vorherrſchend am Rande von davon betroffenen Wieſen gefangen, und manchmal überzieht ihn eine nicht ganz wieder zu beſeitigende Schmutz- ſchicht. Jntereſſant geſtalten ſich einige Verhältniſſe in der inneren Organiſation des Thieres. Eine bedeutend große, äußerſt dünnhäutige, ballonartige Tracheenblaſe auf der Grenze von Thorar und Hinterleib iſt neben den übrigen ſehr zahlreichen Ausdehnungen der Tracheen geeignet, eine beträchtliche Menge Luft in den Körper aufzunehmen und zugleich als Schwimmblaſe zu dienen. Auch der Darmkanal, welcher dem der pflanzenfreſſenden Lamellikornen gleicht, nämlich ein langes, dünnes, in allen ſeinen Theilen gleichförmig gebildetes Rohr darſtellt, weicht weſentlich von dem der anderen Waſſerkäfer ab und weiſt auf Pflanzenkoſt hin; dieſe dürfte aber, wie bei jenen, auch nur aus den Säften anderer Waſſerinſekten beſtehen.
Jm April ſorgt das befruchtete Weibchen durch Ablegen der Eier für Nachkommenſchaft, hält aber dabei ein Verfahren ein, welches wohl werth iſt, etwas näher beleuchtet zu werden, weil es ſchwerlich bei einem anderen Käfer, der nicht zur nächſten Verwandtſchaft gehört, wieder vorkommt. Es legt ſich an der Oberfläche des Waſſers auf den Rücken unter dem ſchwimmenden Blatte einer Pflanze, welches es mit den Vorderbeinen an ſeinen Bauch drückt. Aus vier Röhren, von denen zwei länger aus dem Hinterleibe heraustreten als die anderen, fließen weißliche Fäden, die durch Hin- und Herbewegungen zu einem Geſpinuſt ſich vereinigen, welches mit der Zeit — es kann dreiviertel Stunde dauern — den ganzen Bauch des Thieres überzieht. Jſt dieſes fertig, ſo kehrt ſich der Käfer um, daſſelbe auf den Rücken nehmend, und fertigt eine zweite Platte, welche mit der erſten an den Seiten zuſammengeheftet wird, und ſchließlich ſteckt er mit dem Hinterleibe in einem vorn offenen Sacke. Dieſen füllt er von hinten her mit ſeinen Eierreihen und rückt in dem Maaße aus demſelben heraus, als ſich jene hinten mehren, bis endlich das Säckchen gefüllt iſt und die Hinterleibsſpitze herausſchlüpft. Jetzt faßt er die Ränder mit den Hinterbeinen, ſpinnt Faden an Faden, bis die Oeffnung immer enger wird und einen etwas wulſtigen Saum bekommt. Darauf zieht er Fäden querüber auf und ab und vollendet den Schluß wie mit einem Deckel. Auf dieſen Deckel wird noch eine Spitze geſetzt, die Fäden fließen von unten nach oben und wieder zurück von da nach unten, und indem die folgenden immer länger werden, thürmt ſich die Spitze auf und wird zu einem etwas gekrümmten Hörnchen. Jn vier bis fünf Stunden, nachdem hier und da noch etwas nachgebeſſert wurde, iſt das Werk vollendet und ſchaukelt, ein kleiner Nachen von eigenthümlicher Geſtalt, nun auf der Waſſerfläche zwiſchen den Blättern der Pflanzen. Wird er durch unſanftere Bewegungen der Wellen umgeſtürzt, richtet er ſich ſogleich wieder auf, mit dem ſchlauchartigen Ende nach oben, in Folge des Geſetzes der Schwere; denn hinten liegen die Eier, im vorderen Theile befindet ſich Luft. Man findet dieſe eiförmigen Eicocons manchmal durch anhaftende Pflanzentheilchen ſehr unkenntlich gemacht. Nach ſechszehn bis achtzehn Tagen ſchlüpfen die Lärvchen aus, bleiben aber noch einige Zeit in ihrer gemeinſamen Wiege, wie man meint, bis nach der erſten Häutung. Da ſich aber weder die Eiſchalen noch dieſe Häute in einem dann am Deckel geöffneten Cocon vorfinden, müſſen dieſelben von den Larven aufgezehrt worden ſein, wie das lockere Gewebe, welches den inneren Neſtraum noch ausfüllte. Jm freien Waſſer entwickeln ſie die gleiche Raubnatur, wie die Larven der Schwimmkäfer und wachſen, ihrer Gefräßigkeit entſprechend, ſchnell. Zum Unterſchied von jenen ſaugen ſie aber die Beute nicht mit den Kinnbacken aus, ſondern zwiſchen ihnen und der Stirn — eine Oberlippe fehlt — liegt die ſehr feine Oeffnung der Speiſeröhre. Durch einen ſchwarzen, ſtinkenden Saft, den ſie aus dem
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[50/0064]
Die Käfer. Waſſerkäfer.
Meſo- und Metaſternum einen gemeinſamen, bei unſerer Art flach gedrückten und vorn ſtark
gefurchten Kiel bilden, welcher ſich in Form einer ſcharfen Spitze über die Hinterhüften hinaus
erſtreckt. Außerdem erhebt ſich hier der Bauch zu einem ziemlich ſtarken Mittelkiele. Die längs-
riefigen, dadurch nach der Spitze hin etwas gerippten, in den Zwiſchenräumen, und zwar einer
um den anderen punktirten Flügeldecken laufen an der Naht in ein feines Zähnchen aus. Der
glänzende, grünlich pechſchwarze Käfer lebt in ſtehenden und fließenden Gewäſſern; ich habe ihn
hier bei Frühjahrsüberſchwemmungen der Saale vorherrſchend am Rande von davon betroffenen
Wieſen gefangen, und manchmal überzieht ihn eine nicht ganz wieder zu beſeitigende Schmutz-
ſchicht. Jntereſſant geſtalten ſich einige Verhältniſſe in der inneren Organiſation des Thieres.
Eine bedeutend große, äußerſt dünnhäutige, ballonartige Tracheenblaſe auf der Grenze von Thorar
und Hinterleib iſt neben den übrigen ſehr zahlreichen Ausdehnungen der Tracheen geeignet, eine
beträchtliche Menge Luft in den Körper aufzunehmen und zugleich als Schwimmblaſe zu dienen.
Auch der Darmkanal, welcher dem der pflanzenfreſſenden Lamellikornen gleicht, nämlich ein langes,
dünnes, in allen ſeinen Theilen gleichförmig gebildetes Rohr darſtellt, weicht weſentlich von dem
der anderen Waſſerkäfer ab und weiſt auf Pflanzenkoſt hin; dieſe dürfte aber, wie bei jenen, auch
nur aus den Säften anderer Waſſerinſekten beſtehen.
Jm April ſorgt das befruchtete Weibchen durch Ablegen der Eier für Nachkommenſchaft, hält
aber dabei ein Verfahren ein, welches wohl werth iſt, etwas näher beleuchtet zu werden, weil es
ſchwerlich bei einem anderen Käfer, der nicht zur nächſten Verwandtſchaft gehört, wieder vorkommt.
Es legt ſich an der Oberfläche des Waſſers auf den Rücken unter dem ſchwimmenden Blatte einer
Pflanze, welches es mit den Vorderbeinen an ſeinen Bauch drückt. Aus vier Röhren, von denen
zwei länger aus dem Hinterleibe heraustreten als die anderen, fließen weißliche Fäden, die durch
Hin- und Herbewegungen zu einem Geſpinuſt ſich vereinigen, welches mit der Zeit — es kann
dreiviertel Stunde dauern — den ganzen Bauch des Thieres überzieht. Jſt dieſes fertig, ſo kehrt
ſich der Käfer um, daſſelbe auf den Rücken nehmend, und fertigt eine zweite Platte, welche mit
der erſten an den Seiten zuſammengeheftet wird, und ſchließlich ſteckt er mit dem Hinterleibe in
einem vorn offenen Sacke. Dieſen füllt er von hinten her mit ſeinen Eierreihen und rückt in dem
Maaße aus demſelben heraus, als ſich jene hinten mehren, bis endlich das Säckchen gefüllt iſt
und die Hinterleibsſpitze herausſchlüpft. Jetzt faßt er die Ränder mit den Hinterbeinen, ſpinnt
Faden an Faden, bis die Oeffnung immer enger wird und einen etwas wulſtigen Saum bekommt.
Darauf zieht er Fäden querüber auf und ab und vollendet den Schluß wie mit einem Deckel.
Auf dieſen Deckel wird noch eine Spitze geſetzt, die Fäden fließen von unten nach oben und wieder
zurück von da nach unten, und indem die folgenden immer länger werden, thürmt ſich die Spitze
auf und wird zu einem etwas gekrümmten Hörnchen. Jn vier bis fünf Stunden, nachdem hier
und da noch etwas nachgebeſſert wurde, iſt das Werk vollendet und ſchaukelt, ein kleiner Nachen
von eigenthümlicher Geſtalt, nun auf der Waſſerfläche zwiſchen den Blättern der Pflanzen. Wird
er durch unſanftere Bewegungen der Wellen umgeſtürzt, richtet er ſich ſogleich wieder auf, mit
dem ſchlauchartigen Ende nach oben, in Folge des Geſetzes der Schwere; denn hinten liegen die
Eier, im vorderen Theile befindet ſich Luft. Man findet dieſe eiförmigen Eicocons manchmal
durch anhaftende Pflanzentheilchen ſehr unkenntlich gemacht. Nach ſechszehn bis achtzehn Tagen
ſchlüpfen die Lärvchen aus, bleiben aber noch einige Zeit in ihrer gemeinſamen Wiege, wie man
meint, bis nach der erſten Häutung. Da ſich aber weder die Eiſchalen noch dieſe Häute in einem
dann am Deckel geöffneten Cocon vorfinden, müſſen dieſelben von den Larven aufgezehrt worden
ſein, wie das lockere Gewebe, welches den inneren Neſtraum noch ausfüllte. Jm freien Waſſer
entwickeln ſie die gleiche Raubnatur, wie die Larven der Schwimmkäfer und wachſen, ihrer
Gefräßigkeit entſprechend, ſchnell. Zum Unterſchied von jenen ſaugen ſie aber die Beute nicht
mit den Kinnbacken aus, ſondern zwiſchen ihnen und der Stirn — eine Oberlippe fehlt — liegt
die ſehr feine Oeffnung der Speiſeröhre. Durch einen ſchwarzen, ſtinkenden Saft, den ſie aus dem
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/64>, abgerufen am 23.11.2024.
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