Was den innern Bau anlangt, so sei nur in der Kürze noch Folgendes bemerkt. Ueber dem Schlunde liegt das aus zwei Nervenknoten verschmolzene Hauptganglion, welches Fäden nach den Augen und Kieferfühlern entsendet. Das Bauchmark besteht aus vier Knoten, welche die übrigen Gliedmaßen versorgen und zwei größere Fäden nach dem Hinterleibe abgeben, die sich um Eingeweide, Geschlechtstheile und Athemwerkzeuge ausbreiten. Diese letzteren bestehen, wie bereits erwähnt, aus meist zwei aber auch vier Lungensäckchen, die sich am Grunde des Bauches durch gleichviele mit je einem Deckel verschließbare Querspalten öffnen. Außerdem besitzen aber die meisten Spinnen mehr oder weniger entwickelte Luftröhren, welche sich aus einem Hauptstamme büschelförmig ausbreiten und an der nämlichen Körperstelle oder mehr nach oben oder vor den Spinnwarzen nach außen münden. Das Rückengefäß, welches man inmitten eines blattartigen Feldes oben auf dem Hinterleibe bei manchen Spinnen durchscheinen sieht, beginnt am Aufange dieses, sendet einen Hauptstamm nach dem Vorderleibe, mehrere feinere Röhren beiderseits nach den Lungensäcken, drei größere auf jeder Seite nach der Leber und läuft nach hinten in ein ein- faches Rohr aus. Die Verdauungswerkzeuge beginnen mit einem oben hornigen Schlunde, dem ein Saugmagen folgt; hinter diesem theilt sich die Speiseröhre in zwei Aeste, die sich, nach vorn umwendend, in einen ringförmigen Magen vereinigen. Von dem Magen geht ein kurzer Fortsatz nach vorn aus, während vier lange, gewundene Schläuche, seitwärts bis zum Ursprunge der Beine reichend, sich hier nach unten umwenden und durch feine Verbindungsröhren wieder zusammen- treten, nach hinten zwei blindsackartige Fortsätze entsendend. Durch den Hinterleib läuft ein ein- facher Darm, umgeben von den zahlreichen Lappen und Läppchen einer braunen Leber, die ihre Ausscheidungen in jenen ergießt. Unter den Leberläppchen verzweigen sich harnabsondernde Röhren, welche unmittelbar vor dem After in den Blindsack münden.
Als von Jnsekten jeglicher Art lebende Raubthiere können die Spinnen so wenig, wie andere Räuber gesellig verkehren, sondern müssen sich vereinzeln und unter Umständen einander bekriegen. Livingstone fand zwar in Südafrika eine Art in zahlreicher Gesellschaft und ihre Nester in so bedeutender Menge beisammen, daß das Gespinnst einen Baumstamm, oder die Zweige einer Hecke vollkommen unsichtbar machte. Auch Darwin erzählt von einer großen, schwarzen Kreuzspinne mit rubinrothen Flecken auf dem Rücken, welche in bedeutender Anzahl nahe bei St. Fe Bajada in den La Platastaaten gesellig lebe, indem sie, wie alle Kreuzspinnen ihr Nest senkrecht baue, in einer Entsernung von etwa zwei Fuß eine zweite das ihrige u. s. w., aber alle dasselbe an gewisse gemeinsame Fäden von großer Länge anlegen. Auf diese Weise fand Darwin die Spitzen einiger großen Gebüsche von ihren vereinigten Netzen umgeben und konnte dabei seine Verwunderung über dieses, von Spinnen nicht zu erwartende freundnachbarliche Beisammensein nicht unterdrücken. Wenn man indessen bedenkt, daß in jenen an Jnsekten reichen Gegenden die Spinnen auch bei engerem Zusammenwohnen vor dem Hungertode gesichert sind, und daß sich bei uns zu Lande an günstigen Stellen die Nester anderer Arten bisweilen auch sehr anhäufen, so braucht in dieser Erscheinung noch nicht einmal eine Ausnahme von der neidischen Spinnennatur erkannt zu werden. Die Spinne gehört zu den armen Webern, und arbeitet wie diese, um sich den Lebensunterhalt zu erwerben, muß aber mit dem Rohmaterial sparsam zu Werke gehen, weil dieses ihr bei reich- licher Kost reichlich, bei kärglicher nur sehr sparsam zufließt und der Faden, der einmal aus dem Leibe heraus ist, nicht wieder in denselben zurückgezogen werden kann. Manchmal möchte es zwar so scheinen, wenn sie nämlich an einem Faden in die Höhe klettert, und dieser dabei immer kürzer wird, allein sie wickelt ihn nur auf und nimmt ihn an den Beinen mit sich fort. Wie von den verschiedenen Wespen eine jede die Baukunst in anderer Weise betreibt, so und noch weit mehr gehen die Spinnen in Bezug auf ihre Webereien auseinander. Die Einen, wie die all- bekannte Kreuzspinne, fertigen ein Rad, die Andern, wie die gemeine Hausspinne, dichtere Gewebe, noch Andere Röhren, Säcke etc. an, und man hat ihnen hiernach Namen wie Rad-, Nest-, Sack-, Röhrenspinnen u. a. beigelegt. Reben solchen Spinnen gibt es aber zahlreiche andere, welche gar
Die Spinnenthiere. Echte Spinnen.
Was den innern Bau anlangt, ſo ſei nur in der Kürze noch Folgendes bemerkt. Ueber dem Schlunde liegt das aus zwei Nervenknoten verſchmolzene Hauptganglion, welches Fäden nach den Augen und Kieferfühlern entſendet. Das Bauchmark beſteht aus vier Knoten, welche die übrigen Gliedmaßen verſorgen und zwei größere Fäden nach dem Hinterleibe abgeben, die ſich um Eingeweide, Geſchlechtstheile und Athemwerkzeuge ausbreiten. Dieſe letzteren beſtehen, wie bereits erwähnt, aus meiſt zwei aber auch vier Lungenſäckchen, die ſich am Grunde des Bauches durch gleichviele mit je einem Deckel verſchließbare Querſpalten öffnen. Außerdem beſitzen aber die meiſten Spinnen mehr oder weniger entwickelte Luftröhren, welche ſich aus einem Hauptſtamme büſchelförmig ausbreiten und an der nämlichen Körperſtelle oder mehr nach oben oder vor den Spinnwarzen nach außen münden. Das Rückengefäß, welches man inmitten eines blattartigen Feldes oben auf dem Hinterleibe bei manchen Spinnen durchſcheinen ſieht, beginnt am Aufange dieſes, ſendet einen Hauptſtamm nach dem Vorderleibe, mehrere feinere Röhren beiderſeits nach den Lungenſäcken, drei größere auf jeder Seite nach der Leber und läuft nach hinten in ein ein- faches Rohr aus. Die Verdauungswerkzeuge beginnen mit einem oben hornigen Schlunde, dem ein Saugmagen folgt; hinter dieſem theilt ſich die Speiſeröhre in zwei Aeſte, die ſich, nach vorn umwendend, in einen ringförmigen Magen vereinigen. Von dem Magen geht ein kurzer Fortſatz nach vorn aus, während vier lange, gewundene Schläuche, ſeitwärts bis zum Urſprunge der Beine reichend, ſich hier nach unten umwenden und durch feine Verbindungsröhren wieder zuſammen- treten, nach hinten zwei blindſackartige Fortſätze entſendend. Durch den Hinterleib läuft ein ein- facher Darm, umgeben von den zahlreichen Lappen und Läppchen einer braunen Leber, die ihre Ausſcheidungen in jenen ergießt. Unter den Leberläppchen verzweigen ſich harnabſondernde Röhren, welche unmittelbar vor dem After in den Blindſack münden.
Als von Jnſekten jeglicher Art lebende Raubthiere können die Spinnen ſo wenig, wie andere Räuber geſellig verkehren, ſondern müſſen ſich vereinzeln und unter Umſtänden einander bekriegen. Livingſtone fand zwar in Südafrika eine Art in zahlreicher Geſellſchaft und ihre Neſter in ſo bedeutender Menge beiſammen, daß das Geſpinnſt einen Baumſtamm, oder die Zweige einer Hecke vollkommen unſichtbar machte. Auch Darwin erzählt von einer großen, ſchwarzen Kreuzſpinne mit rubinrothen Flecken auf dem Rücken, welche in bedeutender Anzahl nahe bei St. Fe Bajada in den La Plataſtaaten geſellig lebe, indem ſie, wie alle Kreuzſpinnen ihr Neſt ſenkrecht baue, in einer Entſernung von etwa zwei Fuß eine zweite das ihrige u. ſ. w., aber alle daſſelbe an gewiſſe gemeinſame Fäden von großer Länge anlegen. Auf dieſe Weiſe fand Darwin die Spitzen einiger großen Gebüſche von ihren vereinigten Netzen umgeben und konnte dabei ſeine Verwunderung über dieſes, von Spinnen nicht zu erwartende freundnachbarliche Beiſammenſein nicht unterdrücken. Wenn man indeſſen bedenkt, daß in jenen an Jnſekten reichen Gegenden die Spinnen auch bei engerem Zuſammenwohnen vor dem Hungertode geſichert ſind, und daß ſich bei uns zu Lande an günſtigen Stellen die Neſter anderer Arten bisweilen auch ſehr anhäufen, ſo braucht in dieſer Erſcheinung noch nicht einmal eine Ausnahme von der neidiſchen Spinnennatur erkannt zu werden. Die Spinne gehört zu den armen Webern, und arbeitet wie dieſe, um ſich den Lebensunterhalt zu erwerben, muß aber mit dem Rohmaterial ſparſam zu Werke gehen, weil dieſes ihr bei reich- licher Koſt reichlich, bei kärglicher nur ſehr ſparſam zufließt und der Faden, der einmal aus dem Leibe heraus iſt, nicht wieder in denſelben zurückgezogen werden kann. Manchmal möchte es zwar ſo ſcheinen, wenn ſie nämlich an einem Faden in die Höhe klettert, und dieſer dabei immer kürzer wird, allein ſie wickelt ihn nur auf und nimmt ihn an den Beinen mit ſich fort. Wie von den verſchiedenen Wespen eine jede die Baukunſt in anderer Weiſe betreibt, ſo und noch weit mehr gehen die Spinnen in Bezug auf ihre Webereien auseinander. Die Einen, wie die all- bekannte Kreuzſpinne, fertigen ein Rad, die Andern, wie die gemeine Hausſpinne, dichtere Gewebe, noch Andere Röhren, Säcke ꝛc. an, und man hat ihnen hiernach Namen wie Rad-, Neſt-, Sack-, Röhrenſpinnen u. a. beigelegt. Reben ſolchen Spinnen gibt es aber zahlreiche andere, welche gar
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[570/0606]
Die Spinnenthiere. Echte Spinnen.
Was den innern Bau anlangt, ſo ſei nur in der Kürze noch Folgendes bemerkt. Ueber dem
Schlunde liegt das aus zwei Nervenknoten verſchmolzene Hauptganglion, welches Fäden nach den
Augen und Kieferfühlern entſendet. Das Bauchmark beſteht aus vier Knoten, welche die übrigen
Gliedmaßen verſorgen und zwei größere Fäden nach dem Hinterleibe abgeben, die ſich um
Eingeweide, Geſchlechtstheile und Athemwerkzeuge ausbreiten. Dieſe letzteren beſtehen, wie bereits
erwähnt, aus meiſt zwei aber auch vier Lungenſäckchen, die ſich am Grunde des Bauches durch
gleichviele mit je einem Deckel verſchließbare Querſpalten öffnen. Außerdem beſitzen aber die
meiſten Spinnen mehr oder weniger entwickelte Luftröhren, welche ſich aus einem Hauptſtamme
büſchelförmig ausbreiten und an der nämlichen Körperſtelle oder mehr nach oben oder vor den
Spinnwarzen nach außen münden. Das Rückengefäß, welches man inmitten eines blattartigen
Feldes oben auf dem Hinterleibe bei manchen Spinnen durchſcheinen ſieht, beginnt am Aufange
dieſes, ſendet einen Hauptſtamm nach dem Vorderleibe, mehrere feinere Röhren beiderſeits nach
den Lungenſäcken, drei größere auf jeder Seite nach der Leber und läuft nach hinten in ein ein-
faches Rohr aus. Die Verdauungswerkzeuge beginnen mit einem oben hornigen Schlunde, dem
ein Saugmagen folgt; hinter dieſem theilt ſich die Speiſeröhre in zwei Aeſte, die ſich, nach vorn
umwendend, in einen ringförmigen Magen vereinigen. Von dem Magen geht ein kurzer Fortſatz
nach vorn aus, während vier lange, gewundene Schläuche, ſeitwärts bis zum Urſprunge der
Beine reichend, ſich hier nach unten umwenden und durch feine Verbindungsröhren wieder zuſammen-
treten, nach hinten zwei blindſackartige Fortſätze entſendend. Durch den Hinterleib läuft ein ein-
facher Darm, umgeben von den zahlreichen Lappen und Läppchen einer braunen Leber, die ihre
Ausſcheidungen in jenen ergießt. Unter den Leberläppchen verzweigen ſich harnabſondernde Röhren,
welche unmittelbar vor dem After in den Blindſack münden.
Als von Jnſekten jeglicher Art lebende Raubthiere können die Spinnen ſo wenig, wie andere
Räuber geſellig verkehren, ſondern müſſen ſich vereinzeln und unter Umſtänden einander bekriegen.
Livingſtone fand zwar in Südafrika eine Art in zahlreicher Geſellſchaft und ihre Neſter in ſo
bedeutender Menge beiſammen, daß das Geſpinnſt einen Baumſtamm, oder die Zweige einer Hecke
vollkommen unſichtbar machte. Auch Darwin erzählt von einer großen, ſchwarzen Kreuzſpinne
mit rubinrothen Flecken auf dem Rücken, welche in bedeutender Anzahl nahe bei St. Fe Bajada
in den La Plataſtaaten geſellig lebe, indem ſie, wie alle Kreuzſpinnen ihr Neſt ſenkrecht baue,
in einer Entſernung von etwa zwei Fuß eine zweite das ihrige u. ſ. w., aber alle daſſelbe an
gewiſſe gemeinſame Fäden von großer Länge anlegen. Auf dieſe Weiſe fand Darwin die Spitzen
einiger großen Gebüſche von ihren vereinigten Netzen umgeben und konnte dabei ſeine Verwunderung
über dieſes, von Spinnen nicht zu erwartende freundnachbarliche Beiſammenſein nicht unterdrücken.
Wenn man indeſſen bedenkt, daß in jenen an Jnſekten reichen Gegenden die Spinnen auch bei
engerem Zuſammenwohnen vor dem Hungertode geſichert ſind, und daß ſich bei uns zu Lande an
günſtigen Stellen die Neſter anderer Arten bisweilen auch ſehr anhäufen, ſo braucht in dieſer
Erſcheinung noch nicht einmal eine Ausnahme von der neidiſchen Spinnennatur erkannt zu werden.
Die Spinne gehört zu den armen Webern, und arbeitet wie dieſe, um ſich den Lebensunterhalt
zu erwerben, muß aber mit dem Rohmaterial ſparſam zu Werke gehen, weil dieſes ihr bei reich-
licher Koſt reichlich, bei kärglicher nur ſehr ſparſam zufließt und der Faden, der einmal aus dem
Leibe heraus iſt, nicht wieder in denſelben zurückgezogen werden kann. Manchmal möchte es
zwar ſo ſcheinen, wenn ſie nämlich an einem Faden in die Höhe klettert, und dieſer dabei immer
kürzer wird, allein ſie wickelt ihn nur auf und nimmt ihn an den Beinen mit ſich fort. Wie
von den verſchiedenen Wespen eine jede die Baukunſt in anderer Weiſe betreibt, ſo und noch weit
mehr gehen die Spinnen in Bezug auf ihre Webereien auseinander. Die Einen, wie die all-
bekannte Kreuzſpinne, fertigen ein Rad, die Andern, wie die gemeine Hausſpinne, dichtere Gewebe,
noch Andere Röhren, Säcke ꝛc. an, und man hat ihnen hiernach Namen wie Rad-, Neſt-, Sack-,
Röhrenſpinnen u. a. beigelegt. Reben ſolchen Spinnen gibt es aber zahlreiche andere, welche gar
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 570. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/606>, abgerufen am 24.11.2024.
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