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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Tausendfüßler. Rollthiere.
Kreis, sondern eine Ellipse dar, indem sich der Rückentheil seitwärts in eine Rundung nach unten
umbiegt, ehe er an der Einlenkungsstelle der zarten, von oben nicht sichtbaren Beinchen aufhört.
Die Augen liegen in zwei Gruppen zu dreien an der Stirn, und die Saugröhre ist hier kürzer
als bei den übrigen ausländischen Familiengliedern, mit denen die genannte Art das Vermögen
gemein hat, zwischen den Leibesringen eine milchige Flüssigkeit hervortreten zu lassen.

Bei der Schwierigkeit, die Thierchen in der Gefangenschaft lebend zu erhalten, hat es hier so
wenig wie anderwärts gelingen wollen, die Entwickelung vom Eie an vollständig zu beobachten.
Waga, welcher sich darum bemühete, fand eines Tages in dem, mehrere Judividuen verschiedener
Größe bergenden Glase ein Weibchen, welches spiralförmig um ein Häuflein sehr kleiner, lichter
Eierchen gewickelt dalag. Dieselben hingen nur lose zusammen, theilten sich bei der Berührung in
mehrere Partien und nur die an der Kehle des Thieres liegenden, von seinem Körper bedeckten
verblieben in dessen Bereiche. Acht Tage später (7. Juni) traf Waga das Mutterthier noch in
derselben Stellung an, aber die Eier waren fast alle zerstreut und beliefen sich ungefähr auf
50 Stück. Unter dem Mikroskope ließen sich an einzelnen nur dunklere Schatten unterscheiden,
aber schon nach drei Tagen wurde mit unbewassnetem Auge erkannt, wie sich einige der Eier in
zwei Theile auflösten. Zwischen den Schalen eines solchen ward ein weißer, flacher, fast zu einem
Kreise zusammengerollter Körper sichtbar, welcher den Eindruck machte, als wäre er an einer Stelle
seines Umkreises ausgeschnitten, etwa wie ein keimendes Samenkörnchen einer hülsenfrüchtigen
Pflanze. Er erwies sich alsbald als ein schuppenartiges, fast so breites wie langes, gebogenes
Wesen mit sechs Beinen und mit Fühlhörnern; auch ließen sich die Anfänge der Augen und einige
kurze Härchen als Bedeckung des halb durchsichtigen, fünfgliedrigen Körpers erkennen. Auf dieser
Altersstufe bewegte das Thierchen unaufhörlich seine Fühler, konnte aber seine Beinchen, deren
hinterste unbeweglich waren, noch nicht ordentlich gebrauchen und sich, wenn es auf dem Rücken
lag, nicht umdrehen. Am 25. Juni fanden sich noch geschlossene und eben gelegte Eier, sechs-
und achtfüßige Saugasseln in dem Glase vor, da dieses aber zufällig in die Sonne gerieth und
derselben auf längere Zeit ausgesetzt blieb, so starben sämmtliche Thiere ab und weitere Beobach-
tungen wurden unmöglich.



Die bisher betrachteten Tausendfüßler besitzen wenig Anziehungskraft und wissen durch das
Schlangen- oder Wurmartige in ihrer äußern Erscheinung dem Beschauer mehr oder weniger
Zurückhaltung einzuflößen, was weniger von ihrer letzten, noch mit einigen Worten zu besprechenden
Familie der Rollthiere (Glomerina) gilt. Man denke sich eins jener Gürtelthiere, welche sich
zusammenkugeln, aber ohne Schwanz und vortretende Schnauze, dafür mit zahlreicheren Beinen
und in der einem Kerbthiere dem Rückgratthiere gegenüber zukommenden Kleinheit und Zartheit
des Körpers, und man hat ein Bild von diesen sonderbaren Geschöpfen. Von oben her sind sie
hoch gewölbt und hartschalig, auf der Bauchseite flach ausgehöhlt, weich und vielfüßig, beinahe
ganz so gebaut, wie die Rollasseln (Armadillo) unter den Krebsen, und doch lassen sich diese
aus mehr als einem Grunde, besonders wegen der vier Fühler, der geringeren Anzahl der Beine,
der griffelförmigen Anhängsel am Leibesende, nicht mit den in Rede stehenden vereinigen. Unsere
Rollthiere also, nicht Rollasseln, wenn einer Verwechselung vorgebeugt werden soll, bestehen
außer dem nach unten gewendeten Kopfe, aus zwölf, auch aus dreizehn Ringen, deren zweiter und
letzter länger, deren erster schmäler und kleiner als alle übrigen dazwischenliegenden ist, und die
sich alle nach den Seiten hin geschweift verschmälern. Wenn sich die Thiere in Gefahr befinden,
rollen sie sich zu einer Kugel zusammen, wobei das letzte Segment mit seinem Hinterrande über den
Vorderrand des großen zweiten übergreift und an den Seiten Alles so genau in und auf einander
paßt, daß nirgends eine Oeffnung bleibt, sondern die ganze Oberfläche des Körpers einen kugel-

Die Tauſendfüßler. Rollthiere.
Kreis, ſondern eine Ellipſe dar, indem ſich der Rückentheil ſeitwärts in eine Rundung nach unten
umbiegt, ehe er an der Einlenkungsſtelle der zarten, von oben nicht ſichtbaren Beinchen aufhört.
Die Augen liegen in zwei Gruppen zu dreien an der Stirn, und die Saugröhre iſt hier kürzer
als bei den übrigen ausländiſchen Familiengliedern, mit denen die genannte Art das Vermögen
gemein hat, zwiſchen den Leibesringen eine milchige Flüſſigkeit hervortreten zu laſſen.

Bei der Schwierigkeit, die Thierchen in der Gefangenſchaft lebend zu erhalten, hat es hier ſo
wenig wie anderwärts gelingen wollen, die Entwickelung vom Eie an vollſtändig zu beobachten.
Waga, welcher ſich darum bemühete, fand eines Tages in dem, mehrere Judividuen verſchiedener
Größe bergenden Glaſe ein Weibchen, welches ſpiralförmig um ein Häuflein ſehr kleiner, lichter
Eierchen gewickelt dalag. Dieſelben hingen nur loſe zuſammen, theilten ſich bei der Berührung in
mehrere Partien und nur die an der Kehle des Thieres liegenden, von ſeinem Körper bedeckten
verblieben in deſſen Bereiche. Acht Tage ſpäter (7. Juni) traf Waga das Mutterthier noch in
derſelben Stellung an, aber die Eier waren faſt alle zerſtreut und beliefen ſich ungefähr auf
50 Stück. Unter dem Mikroſkope ließen ſich an einzelnen nur dunklere Schatten unterſcheiden,
aber ſchon nach drei Tagen wurde mit unbewaſſnetem Auge erkannt, wie ſich einige der Eier in
zwei Theile auflöſten. Zwiſchen den Schalen eines ſolchen ward ein weißer, flacher, faſt zu einem
Kreiſe zuſammengerollter Körper ſichtbar, welcher den Eindruck machte, als wäre er an einer Stelle
ſeines Umkreiſes ausgeſchnitten, etwa wie ein keimendes Samenkörnchen einer hülſenfrüchtigen
Pflanze. Er erwies ſich alsbald als ein ſchuppenartiges, faſt ſo breites wie langes, gebogenes
Weſen mit ſechs Beinen und mit Fühlhörnern; auch ließen ſich die Anfänge der Augen und einige
kurze Härchen als Bedeckung des halb durchſichtigen, fünfgliedrigen Körpers erkennen. Auf dieſer
Altersſtufe bewegte das Thierchen unaufhörlich ſeine Fühler, konnte aber ſeine Beinchen, deren
hinterſte unbeweglich waren, noch nicht ordentlich gebrauchen und ſich, wenn es auf dem Rücken
lag, nicht umdrehen. Am 25. Juni fanden ſich noch geſchloſſene und eben gelegte Eier, ſechs-
und achtfüßige Saugaſſeln in dem Glaſe vor, da dieſes aber zufällig in die Sonne gerieth und
derſelben auf längere Zeit ausgeſetzt blieb, ſo ſtarben ſämmtliche Thiere ab und weitere Beobach-
tungen wurden unmöglich.



Die bisher betrachteten Tauſendfüßler beſitzen wenig Anziehungskraft und wiſſen durch das
Schlangen- oder Wurmartige in ihrer äußern Erſcheinung dem Beſchauer mehr oder weniger
Zurückhaltung einzuflößen, was weniger von ihrer letzten, noch mit einigen Worten zu beſprechenden
Familie der Rollthiere (Glomerina) gilt. Man denke ſich eins jener Gürtelthiere, welche ſich
zuſammenkugeln, aber ohne Schwanz und vortretende Schnauze, dafür mit zahlreicheren Beinen
und in der einem Kerbthiere dem Rückgratthiere gegenüber zukommenden Kleinheit und Zartheit
des Körpers, und man hat ein Bild von dieſen ſonderbaren Geſchöpfen. Von oben her ſind ſie
hoch gewölbt und hartſchalig, auf der Bauchſeite flach ausgehöhlt, weich und vielfüßig, beinahe
ganz ſo gebaut, wie die Rollaſſeln (Armadillo) unter den Krebſen, und doch laſſen ſich dieſe
aus mehr als einem Grunde, beſonders wegen der vier Fühler, der geringeren Anzahl der Beine,
der griffelförmigen Anhängſel am Leibesende, nicht mit den in Rede ſtehenden vereinigen. Unſere
Rollthiere alſo, nicht Rollaſſeln, wenn einer Verwechſelung vorgebeugt werden ſoll, beſtehen
außer dem nach unten gewendeten Kopfe, aus zwölf, auch aus dreizehn Ringen, deren zweiter und
letzter länger, deren erſter ſchmäler und kleiner als alle übrigen dazwiſchenliegenden iſt, und die
ſich alle nach den Seiten hin geſchweift verſchmälern. Wenn ſich die Thiere in Gefahr befinden,
rollen ſie ſich zu einer Kugel zuſammen, wobei das letzte Segment mit ſeinem Hinterrande über den
Vorderrand des großen zweiten übergreift und an den Seiten Alles ſo genau in und auf einander
paßt, daß nirgends eine Oeffnung bleibt, ſondern die ganze Oberfläche des Körpers einen kugel-

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[552/0588] Die Tauſendfüßler. Rollthiere. Kreis, ſondern eine Ellipſe dar, indem ſich der Rückentheil ſeitwärts in eine Rundung nach unten umbiegt, ehe er an der Einlenkungsſtelle der zarten, von oben nicht ſichtbaren Beinchen aufhört. Die Augen liegen in zwei Gruppen zu dreien an der Stirn, und die Saugröhre iſt hier kürzer als bei den übrigen ausländiſchen Familiengliedern, mit denen die genannte Art das Vermögen gemein hat, zwiſchen den Leibesringen eine milchige Flüſſigkeit hervortreten zu laſſen. Bei der Schwierigkeit, die Thierchen in der Gefangenſchaft lebend zu erhalten, hat es hier ſo wenig wie anderwärts gelingen wollen, die Entwickelung vom Eie an vollſtändig zu beobachten. Waga, welcher ſich darum bemühete, fand eines Tages in dem, mehrere Judividuen verſchiedener Größe bergenden Glaſe ein Weibchen, welches ſpiralförmig um ein Häuflein ſehr kleiner, lichter Eierchen gewickelt dalag. Dieſelben hingen nur loſe zuſammen, theilten ſich bei der Berührung in mehrere Partien und nur die an der Kehle des Thieres liegenden, von ſeinem Körper bedeckten verblieben in deſſen Bereiche. Acht Tage ſpäter (7. Juni) traf Waga das Mutterthier noch in derſelben Stellung an, aber die Eier waren faſt alle zerſtreut und beliefen ſich ungefähr auf 50 Stück. Unter dem Mikroſkope ließen ſich an einzelnen nur dunklere Schatten unterſcheiden, aber ſchon nach drei Tagen wurde mit unbewaſſnetem Auge erkannt, wie ſich einige der Eier in zwei Theile auflöſten. Zwiſchen den Schalen eines ſolchen ward ein weißer, flacher, faſt zu einem Kreiſe zuſammengerollter Körper ſichtbar, welcher den Eindruck machte, als wäre er an einer Stelle ſeines Umkreiſes ausgeſchnitten, etwa wie ein keimendes Samenkörnchen einer hülſenfrüchtigen Pflanze. Er erwies ſich alsbald als ein ſchuppenartiges, faſt ſo breites wie langes, gebogenes Weſen mit ſechs Beinen und mit Fühlhörnern; auch ließen ſich die Anfänge der Augen und einige kurze Härchen als Bedeckung des halb durchſichtigen, fünfgliedrigen Körpers erkennen. Auf dieſer Altersſtufe bewegte das Thierchen unaufhörlich ſeine Fühler, konnte aber ſeine Beinchen, deren hinterſte unbeweglich waren, noch nicht ordentlich gebrauchen und ſich, wenn es auf dem Rücken lag, nicht umdrehen. Am 25. Juni fanden ſich noch geſchloſſene und eben gelegte Eier, ſechs- und achtfüßige Saugaſſeln in dem Glaſe vor, da dieſes aber zufällig in die Sonne gerieth und derſelben auf längere Zeit ausgeſetzt blieb, ſo ſtarben ſämmtliche Thiere ab und weitere Beobach- tungen wurden unmöglich. Die bisher betrachteten Tauſendfüßler beſitzen wenig Anziehungskraft und wiſſen durch das Schlangen- oder Wurmartige in ihrer äußern Erſcheinung dem Beſchauer mehr oder weniger Zurückhaltung einzuflößen, was weniger von ihrer letzten, noch mit einigen Worten zu beſprechenden Familie der Rollthiere (Glomerina) gilt. Man denke ſich eins jener Gürtelthiere, welche ſich zuſammenkugeln, aber ohne Schwanz und vortretende Schnauze, dafür mit zahlreicheren Beinen und in der einem Kerbthiere dem Rückgratthiere gegenüber zukommenden Kleinheit und Zartheit des Körpers, und man hat ein Bild von dieſen ſonderbaren Geſchöpfen. Von oben her ſind ſie hoch gewölbt und hartſchalig, auf der Bauchſeite flach ausgehöhlt, weich und vielfüßig, beinahe ganz ſo gebaut, wie die Rollaſſeln (Armadillo) unter den Krebſen, und doch laſſen ſich dieſe aus mehr als einem Grunde, beſonders wegen der vier Fühler, der geringeren Anzahl der Beine, der griffelförmigen Anhängſel am Leibesende, nicht mit den in Rede ſtehenden vereinigen. Unſere Rollthiere alſo, nicht Rollaſſeln, wenn einer Verwechſelung vorgebeugt werden ſoll, beſtehen außer dem nach unten gewendeten Kopfe, aus zwölf, auch aus dreizehn Ringen, deren zweiter und letzter länger, deren erſter ſchmäler und kleiner als alle übrigen dazwiſchenliegenden iſt, und die ſich alle nach den Seiten hin geſchweift verſchmälern. Wenn ſich die Thiere in Gefahr befinden, rollen ſie ſich zu einer Kugel zuſammen, wobei das letzte Segment mit ſeinem Hinterrande über den Vorderrand des großen zweiten übergreift und an den Seiten Alles ſo genau in und auf einander paßt, daß nirgends eine Oeffnung bleibt, ſondern die ganze Oberfläche des Körpers einen kugel-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/588>, abgerufen am 23.11.2024.