Phthiriasis, führe ich nur dem Namen nach auf, da mir das Thier, wie seine Wirkungen durchaus noch nicht spruchreif zu sein scheinen.
Die Filzlaus (Phthirius inguinalis oder P. pubis) unterscheidet sich wesentlich in der Körper- form und darin von Pediculus, daß an den Vorderbeinen nur ein Fußglied sitzt. Das eine halbe Linie lange und beinahe ebenso breite, weißliche Thier hat einen
[Abbildung]
Die Filzlaus(Phthirius inguinalis).
kaum vom quadratischen Hinterleibe zu unterscheidenden Thorax und zwischen den Abschnitten jenes seitlich vorstehende, behaarte Fleischzapfen. Das wider- liche Thier legt sich mit gespreizten Beinen platt dem Körper auf, bohrt sich tief mit seinem Kopfe ein und verursacht ein sehr empfindliches Fressen; es lebt mit Ausnahme des Hauptes an allen stärker behaarten Körper- theilen. Man vertreibt es durch Einreiben mit Quecksilbersalbe; Tabaks- jauche soll ihm ebenso nachtheilig sein und ist darum zweckmäßiger zu verwenden, weil sie die Haut des menschlichen Körpers nicht angreift.
Wenn von dem eben besprochenen Ungeziefer durchaus nichts Jnteressantes mitgetheilt werden konnte und ihr Schmarotzerthum zu dem gemeinsten gehört, welches es geben kann, gar keine Verwandlung und Formveränderung sie als Kerfe immerhin merkwürdig macht: so bietet die folgende Familie der Scharlach- oder Schildläuse(Coccina) des Sonderbaren genug; dasselbe erreicht aber in der gänzlichen Verschiedenheit zwischen Männchen und Weibchen bei einer und derselben Art nicht nur in der äußern Gestalt, sondern auch in der Entstehungsweise, seinen Höhepunkt. Die Weibchen, um mit diesen zu beginnen, bilden sich aus beweglichen Larven, an denen sich Fühler, jedoch auf der Unterseite des Kopfes, ein Schnabel und sechs Beine mit zwei- oder drei- gliedrigen Füßen und einer oder zwei Krallen unterscheiden lassen. Jhr Körper ist schildförmig und durch Einschnürungen gegliedert, natürlich ohne jegliche Spur von Flügeln. Der äußerliche Schnabel, aus drei Gliedern zusammengesetzt, und nicht einstülpbar, wie bei den vorigen, birgt in seinem Jnnern ebenfalls vier Borsten. Diese entspringen am Kopfe, steigen tief in den Körper hinein, bilden hier eine Schlinge und kehren zum Kopfe zurück. Durch solche Einrichtung, die sich auch in der folgenden Familie wiederfindet, und an eine ähnliche Vorkehrung am Legbohrer gewisser Aderflügler erinnert, lassen sich die Borsten ungemein verlängern und tief in die Pflanze einstechen, von deren Säften allein die in Rede stehenden Kerfe leben. Die Fühler sind schnur- oder fadenförmig, und nehmen bei den Häutungen allmälig an Gliederzahl zu, ohne eben lang zu werden. Wenn Augen vorkommen, sind sie einfach. Die Larven laufen in der ersten Zeit behend an der Futterpflanze umher, um ein geeignetes Plätzchen zu finden, an welchem sie sich festsaugen und an welchem sie späterhin -- sterben. Haben sie es gefunden, so fangen sie an zu wachsen und unförmlich zu werden; Flügel bekommen sie aber nie. Nach der Begattung schwellen sie mehr und mehr an, zeigen auf der Oberfläche keine Gliederung mehr und auch Ver- wachsungen an der Unterseite, wo die früher unterscheidbaren Fühler und Beine undeutlich werden. Jetzt legen sie in einen zähen, weißen Filz die zahlreichen Eier unter sich ab, bleiben nach dem Tode als schützendes Schild über ihnen sitzen oder lösen sich in seltenen Fällen davon ab. Wenn jenes Seidenpolster äußerlich sichtbar wird, der Körperrand mithin der Futterpflanze nicht mehr aufsitzt, so kann man annehmen, daß die Mutterthiere bereits todt sind. Ehe die dem Eie entschlüpften Jungen ihre Wiege verlassen, haben sie sich schon einmal gehäutet. So viel im Allgemeinen vom Weibchen. Ganz anders gestalten sich die Verhältnisse beim männlichen Geschlecht. Anfangs eine Larve, wie jenes, nur schlanker und kleiner, saugt sich das Männchen auch fest und wird größer, fertigt aber einen Cocon oder schwitzt ihn aus seiner Oberfläche aus,
Kopf-, Kleider-, Filzlaus.
Phthiriaſis, führe ich nur dem Namen nach auf, da mir das Thier, wie ſeine Wirkungen durchaus noch nicht ſpruchreif zu ſein ſcheinen.
Die Filzlaus (Phthirius inguinalis oder P. pubis) unterſcheidet ſich weſentlich in der Körper- form und darin von Pediculus, daß an den Vorderbeinen nur ein Fußglied ſitzt. Das eine halbe Linie lange und beinahe ebenſo breite, weißliche Thier hat einen
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Die Filzlaus(Phthirius inguinalis).
kaum vom quadratiſchen Hinterleibe zu unterſcheidenden Thorax und zwiſchen den Abſchnitten jenes ſeitlich vorſtehende, behaarte Fleiſchzapfen. Das wider- liche Thier legt ſich mit geſpreizten Beinen platt dem Körper auf, bohrt ſich tief mit ſeinem Kopfe ein und verurſacht ein ſehr empfindliches Freſſen; es lebt mit Ausnahme des Hauptes an allen ſtärker behaarten Körper- theilen. Man vertreibt es durch Einreiben mit Queckſilberſalbe; Tabaks- jauche ſoll ihm ebenſo nachtheilig ſein und iſt darum zweckmäßiger zu verwenden, weil ſie die Haut des menſchlichen Körpers nicht angreift.
Wenn von dem eben beſprochenen Ungeziefer durchaus nichts Jntereſſantes mitgetheilt werden konnte und ihr Schmarotzerthum zu dem gemeinſten gehört, welches es geben kann, gar keine Verwandlung und Formveränderung ſie als Kerfe immerhin merkwürdig macht: ſo bietet die folgende Familie der Scharlach- oder Schildläuſe(Coccina) des Sonderbaren genug; daſſelbe erreicht aber in der gänzlichen Verſchiedenheit zwiſchen Männchen und Weibchen bei einer und derſelben Art nicht nur in der äußern Geſtalt, ſondern auch in der Entſtehungsweiſe, ſeinen Höhepunkt. Die Weibchen, um mit dieſen zu beginnen, bilden ſich aus beweglichen Larven, an denen ſich Fühler, jedoch auf der Unterſeite des Kopfes, ein Schnabel und ſechs Beine mit zwei- oder drei- gliedrigen Füßen und einer oder zwei Krallen unterſcheiden laſſen. Jhr Körper iſt ſchildförmig und durch Einſchnürungen gegliedert, natürlich ohne jegliche Spur von Flügeln. Der äußerliche Schnabel, aus drei Gliedern zuſammengeſetzt, und nicht einſtülpbar, wie bei den vorigen, birgt in ſeinem Jnnern ebenfalls vier Borſten. Dieſe entſpringen am Kopfe, ſteigen tief in den Körper hinein, bilden hier eine Schlinge und kehren zum Kopfe zurück. Durch ſolche Einrichtung, die ſich auch in der folgenden Familie wiederfindet, und an eine ähnliche Vorkehrung am Legbohrer gewiſſer Aderflügler erinnert, laſſen ſich die Borſten ungemein verlängern und tief in die Pflanze einſtechen, von deren Säften allein die in Rede ſtehenden Kerfe leben. Die Fühler ſind ſchnur- oder fadenförmig, und nehmen bei den Häutungen allmälig an Gliederzahl zu, ohne eben lang zu werden. Wenn Augen vorkommen, ſind ſie einfach. Die Larven laufen in der erſten Zeit behend an der Futterpflanze umher, um ein geeignetes Plätzchen zu finden, an welchem ſie ſich feſtſaugen und an welchem ſie ſpäterhin — ſterben. Haben ſie es gefunden, ſo fangen ſie an zu wachſen und unförmlich zu werden; Flügel bekommen ſie aber nie. Nach der Begattung ſchwellen ſie mehr und mehr an, zeigen auf der Oberfläche keine Gliederung mehr und auch Ver- wachſungen an der Unterſeite, wo die früher unterſcheidbaren Fühler und Beine undeutlich werden. Jetzt legen ſie in einen zähen, weißen Filz die zahlreichen Eier unter ſich ab, bleiben nach dem Tode als ſchützendes Schild über ihnen ſitzen oder löſen ſich in ſeltenen Fällen davon ab. Wenn jenes Seidenpolſter äußerlich ſichtbar wird, der Körperrand mithin der Futterpflanze nicht mehr aufſitzt, ſo kann man annehmen, daß die Mutterthiere bereits todt ſind. Ehe die dem Eie entſchlüpften Jungen ihre Wiege verlaſſen, haben ſie ſich ſchon einmal gehäutet. So viel im Allgemeinen vom Weibchen. Ganz anders geſtalten ſich die Verhältniſſe beim männlichen Geſchlecht. Anfangs eine Larve, wie jenes, nur ſchlanker und kleiner, ſaugt ſich das Männchen auch feſt und wird größer, fertigt aber einen Cocon oder ſchwitzt ihn aus ſeiner Oberfläche aus,
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Kopf-, Kleider-, Filzlaus.
Phthiriaſis, führe ich nur dem Namen nach auf, da mir das Thier, wie ſeine Wirkungen
durchaus noch nicht ſpruchreif zu ſein ſcheinen.
Die Filzlaus (Phthirius inguinalis oder P. pubis) unterſcheidet ſich weſentlich in der Körper-
form und darin von Pediculus, daß an den Vorderbeinen nur ein Fußglied ſitzt. Das eine
halbe Linie lange und beinahe ebenſo breite, weißliche Thier hat einen
[Abbildung Die Filzlaus (Phthirius
inguinalis).]
kaum vom quadratiſchen Hinterleibe zu unterſcheidenden Thorax und zwiſchen
den Abſchnitten jenes ſeitlich vorſtehende, behaarte Fleiſchzapfen. Das wider-
liche Thier legt ſich mit geſpreizten Beinen platt dem Körper auf, bohrt
ſich tief mit ſeinem Kopfe ein und verurſacht ein ſehr empfindliches Freſſen;
es lebt mit Ausnahme des Hauptes an allen ſtärker behaarten Körper-
theilen. Man vertreibt es durch Einreiben mit Queckſilberſalbe; Tabaks-
jauche ſoll ihm ebenſo nachtheilig ſein und iſt darum zweckmäßiger zu verwenden, weil ſie die Haut
des menſchlichen Körpers nicht angreift.
Wenn von dem eben beſprochenen Ungeziefer durchaus nichts Jntereſſantes mitgetheilt werden
konnte und ihr Schmarotzerthum zu dem gemeinſten gehört, welches es geben kann, gar keine
Verwandlung und Formveränderung ſie als Kerfe immerhin merkwürdig macht: ſo bietet die
folgende Familie der Scharlach- oder Schildläuſe (Coccina) des Sonderbaren genug; daſſelbe
erreicht aber in der gänzlichen Verſchiedenheit zwiſchen Männchen und Weibchen bei einer und derſelben
Art nicht nur in der äußern Geſtalt, ſondern auch in der Entſtehungsweiſe, ſeinen Höhepunkt.
Die Weibchen, um mit dieſen zu beginnen, bilden ſich aus beweglichen Larven, an denen ſich
Fühler, jedoch auf der Unterſeite des Kopfes, ein Schnabel und ſechs Beine mit zwei- oder drei-
gliedrigen Füßen und einer oder zwei Krallen unterſcheiden laſſen. Jhr Körper iſt ſchildförmig
und durch Einſchnürungen gegliedert, natürlich ohne jegliche Spur von Flügeln. Der äußerliche
Schnabel, aus drei Gliedern zuſammengeſetzt, und nicht einſtülpbar, wie bei den vorigen, birgt
in ſeinem Jnnern ebenfalls vier Borſten. Dieſe entſpringen am Kopfe, ſteigen tief in den Körper
hinein, bilden hier eine Schlinge und kehren zum Kopfe zurück. Durch ſolche Einrichtung, die
ſich auch in der folgenden Familie wiederfindet, und an eine ähnliche Vorkehrung am Legbohrer
gewiſſer Aderflügler erinnert, laſſen ſich die Borſten ungemein verlängern und tief in die Pflanze
einſtechen, von deren Säften allein die in Rede ſtehenden Kerfe leben. Die Fühler ſind ſchnur-
oder fadenförmig, und nehmen bei den Häutungen allmälig an Gliederzahl zu, ohne eben lang
zu werden. Wenn Augen vorkommen, ſind ſie einfach. Die Larven laufen in der erſten
Zeit behend an der Futterpflanze umher, um ein geeignetes Plätzchen zu finden, an welchem ſie
ſich feſtſaugen und an welchem ſie ſpäterhin — ſterben. Haben ſie es gefunden, ſo fangen ſie
an zu wachſen und unförmlich zu werden; Flügel bekommen ſie aber nie. Nach der Begattung
ſchwellen ſie mehr und mehr an, zeigen auf der Oberfläche keine Gliederung mehr und auch Ver-
wachſungen an der Unterſeite, wo die früher unterſcheidbaren Fühler und Beine undeutlich werden.
Jetzt legen ſie in einen zähen, weißen Filz die zahlreichen Eier unter ſich ab, bleiben nach dem
Tode als ſchützendes Schild über ihnen ſitzen oder löſen ſich in ſeltenen Fällen davon ab. Wenn
jenes Seidenpolſter äußerlich ſichtbar wird, der Körperrand mithin der Futterpflanze nicht mehr
aufſitzt, ſo kann man annehmen, daß die Mutterthiere bereits todt ſind. Ehe die dem Eie
entſchlüpften Jungen ihre Wiege verlaſſen, haben ſie ſich ſchon einmal gehäutet. So viel im
Allgemeinen vom Weibchen. Ganz anders geſtalten ſich die Verhältniſſe beim männlichen
Geſchlecht. Anfangs eine Larve, wie jenes, nur ſchlanker und kleiner, ſaugt ſich das Männchen
auch feſt und wird größer, fertigt aber einen Cocon oder ſchwitzt ihn aus ſeiner Oberfläche aus,
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/537>, abgerufen am 27.11.2024.
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