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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Zerstörungen durch Termiten. Schreckliche, magere, kriegerische, gelbhalsige Termite.
von Termitengängen bedeckt und schnell durch Rost angegriffen. -- Bory de St. Vincent fand
auf Jsle de France in den Forsten der Jnsel, an den Stämmen der Bäume große Nester aus
Thonmasse, welche, seiner Meinung nach, dem Termes destructor angehörten, dort "Karia"
genannt. Diese Termite zerstört oft die schönsten Bäume und Balken in kurzer Zeit, so daß ein
Beamter, um einen bedeutenden Holzdefekt in den königlichen Magazinen zu decken, ihren Verlust
durch Termiten in Rechnung stellte, worauf ihm der Minister eine Kiste mit Feilen zusandte,
damit er den Karias die Zähne abseile, weil das Gouvernement ferner nicht gesonnen sei, derartige
Verwüstungen zu dulden. Nicht blos betrügerische Beamte, sondern auch die Eingebornen jener
Länder, wo die Termiten vorkommen, machen sie sich zu Nutze, indem sie dieselben verspeisen.
Man fängt sie zur Schwärmzeit, hält Gras-
[Abbildung] Die schreckliche Termite (Termes dirus).
a
Männchen. b Soldat. c Kopf und Thorax des Männchen. d Königin
von der magern Termite (T. obesus).
Kriegerische Termite (Termes bellicosus).
e
Nymphe. f Erwachsene Arbeiter.
halme in die geöffneten Bauten, an welche
sich die Soldaten einbeißen und herausziehen
lassen, gräbt Löcher in die Wohnungen der
unterirdischen, in welche sie bei ihren Wan-
derungen durch die sich vielfach kreuzenden
Gänge fallen müssen, oder sucht ihrer sonst
wie habhaft zu werden. Jn verschiedenen
Distrikten Javas verkauft man sie auf dem
Markte unter dem Namen "Laron", auch
sucht man die Nester auf, um die junge
Brut den Hausvögeln als nährende Lecker-
bissen darzureichen. Daß sie zahlreichen Thie-
ren zur Nahrung dienen, wurde oben er-
wähnt, und es mag hier nur noch daran
erinnert sein, daß unter den Säugethieren
die Gürtelthiere und Ameisenfresser von ihnen
mehr als von den Thieren leben, nach welchen
man die letzteren sonderbarer Weise benannt
hat. Hierdurch, so wie in ihrer Eigenschaft
als eifrige Zerstörer faulender Pflanzenüber-
reste bilden die Termiten ein wichtiges Glied
im Haushalte der Natur, wenn sie auch, wie
so manche andere, dem "Herrn der Schöpfung",
dem ihnen gegenüber so ohnmächtigen Men-
schen nicht gefallen mögen.

Die nahe an hundert Arten von Ter-
miten, welche Hagen nach einem oder dem
andern der Stände beschrieben hat -- voll-
ständig kennt man bis jetzt noch sehr wenige --
zerfallen in vier leicht zu unterscheidende Gattungen. Bei zweien kommen Haftklappen zwischen den
Krallen und Adern im Saumfelde der Flügel vor; von ihnen hat Calotermes Nebenaugen,
Termopsis dagegen keine. Hiervon unterscheidet sich Hodotermes durch den Mangel der Haft-
lappen und die bei weitem artenreichste (58) Gattung Termes erkennt man an dem Vorhandensein
von Nebenaugen und an dem Mangel der Haftlappen zwischen den Krallen, wie der Adern im
Randfelde der Flügel.

Die gelbhalsige Termite (Calotermes flavicollis), als Bewohnerin der Mittelmeerländer
eine der beiden im südlichen Europa vorkommenden Arten, kennt man nur im Stande des
geflügelten Jmago und der Soldaten, dagegen weder als Arbeiter und Königin, noch in ihrem

Zerſtörungen durch Termiten. Schreckliche, magere, kriegeriſche, gelbhalſige Termite.
von Termitengängen bedeckt und ſchnell durch Roſt angegriffen. — Bory de St. Vincent fand
auf Jsle de France in den Forſten der Jnſel, an den Stämmen der Bäume große Neſter aus
Thonmaſſe, welche, ſeiner Meinung nach, dem Termes destructor angehörten, dort „Karia“
genannt. Dieſe Termite zerſtört oft die ſchönſten Bäume und Balken in kurzer Zeit, ſo daß ein
Beamter, um einen bedeutenden Holzdefekt in den königlichen Magazinen zu decken, ihren Verluſt
durch Termiten in Rechnung ſtellte, worauf ihm der Miniſter eine Kiſte mit Feilen zuſandte,
damit er den Karias die Zähne abſeile, weil das Gouvernement ferner nicht geſonnen ſei, derartige
Verwüſtungen zu dulden. Nicht blos betrügeriſche Beamte, ſondern auch die Eingebornen jener
Länder, wo die Termiten vorkommen, machen ſie ſich zu Nutze, indem ſie dieſelben verſpeiſen.
Man fängt ſie zur Schwärmzeit, hält Gras-
[Abbildung] Die ſchreckliche Termite (Termes dirus).
a
Männchen. b Soldat. c Kopf und Thorax des Männchen. d Königin
von der magern Termite (T. obesus).
Kriegeriſche Termite (Termes bellicosus).
e
Nymphe. f Erwachſene Arbeiter.
halme in die geöffneten Bauten, an welche
ſich die Soldaten einbeißen und herausziehen
laſſen, gräbt Löcher in die Wohnungen der
unterirdiſchen, in welche ſie bei ihren Wan-
derungen durch die ſich vielfach kreuzenden
Gänge fallen müſſen, oder ſucht ihrer ſonſt
wie habhaft zu werden. Jn verſchiedenen
Diſtrikten Javas verkauft man ſie auf dem
Markte unter dem Namen „Laron“, auch
ſucht man die Neſter auf, um die junge
Brut den Hausvögeln als nährende Lecker-
biſſen darzureichen. Daß ſie zahlreichen Thie-
ren zur Nahrung dienen, wurde oben er-
wähnt, und es mag hier nur noch daran
erinnert ſein, daß unter den Säugethieren
die Gürtelthiere und Ameiſenfreſſer von ihnen
mehr als von den Thieren leben, nach welchen
man die letzteren ſonderbarer Weiſe benannt
hat. Hierdurch, ſo wie in ihrer Eigenſchaft
als eifrige Zerſtörer faulender Pflanzenüber-
reſte bilden die Termiten ein wichtiges Glied
im Haushalte der Natur, wenn ſie auch, wie
ſo manche andere, dem „Herrn der Schöpfung“,
dem ihnen gegenüber ſo ohnmächtigen Men-
ſchen nicht gefallen mögen.

Die nahe an hundert Arten von Ter-
miten, welche Hagen nach einem oder dem
andern der Stände beſchrieben hat — voll-
ſtändig kennt man bis jetzt noch ſehr wenige —
zerfallen in vier leicht zu unterſcheidende Gattungen. Bei zweien kommen Haftklappen zwiſchen den
Krallen und Adern im Saumfelde der Flügel vor; von ihnen hat Calotermes Nebenaugen,
Termopsis dagegen keine. Hiervon unterſcheidet ſich Hodotermes durch den Mangel der Haft-
lappen und die bei weitem artenreichſte (58) Gattung Termes erkennt man an dem Vorhandenſein
von Nebenaugen und an dem Mangel der Haftlappen zwiſchen den Krallen, wie der Adern im
Randfelde der Flügel.

Die gelbhalſige Termite (Calotermes flavicollis), als Bewohnerin der Mittelmeerländer
eine der beiden im ſüdlichen Europa vorkommenden Arten, kennt man nur im Stande des
geflügelten Jmago und der Soldaten, dagegen weder als Arbeiter und Königin, noch in ihrem

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[463/0493] Zerſtörungen durch Termiten. Schreckliche, magere, kriegeriſche, gelbhalſige Termite. von Termitengängen bedeckt und ſchnell durch Roſt angegriffen. — Bory de St. Vincent fand auf Jsle de France in den Forſten der Jnſel, an den Stämmen der Bäume große Neſter aus Thonmaſſe, welche, ſeiner Meinung nach, dem Termes destructor angehörten, dort „Karia“ genannt. Dieſe Termite zerſtört oft die ſchönſten Bäume und Balken in kurzer Zeit, ſo daß ein Beamter, um einen bedeutenden Holzdefekt in den königlichen Magazinen zu decken, ihren Verluſt durch Termiten in Rechnung ſtellte, worauf ihm der Miniſter eine Kiſte mit Feilen zuſandte, damit er den Karias die Zähne abſeile, weil das Gouvernement ferner nicht geſonnen ſei, derartige Verwüſtungen zu dulden. Nicht blos betrügeriſche Beamte, ſondern auch die Eingebornen jener Länder, wo die Termiten vorkommen, machen ſie ſich zu Nutze, indem ſie dieſelben verſpeiſen. Man fängt ſie zur Schwärmzeit, hält Gras- [Abbildung Die ſchreckliche Termite (Termes dirus). a Männchen. b Soldat. c Kopf und Thorax des Männchen. d Königin von der magern Termite (T. obesus). Kriegeriſche Termite (Termes bellicosus). e Nymphe. f Erwachſene Arbeiter.] halme in die geöffneten Bauten, an welche ſich die Soldaten einbeißen und herausziehen laſſen, gräbt Löcher in die Wohnungen der unterirdiſchen, in welche ſie bei ihren Wan- derungen durch die ſich vielfach kreuzenden Gänge fallen müſſen, oder ſucht ihrer ſonſt wie habhaft zu werden. Jn verſchiedenen Diſtrikten Javas verkauft man ſie auf dem Markte unter dem Namen „Laron“, auch ſucht man die Neſter auf, um die junge Brut den Hausvögeln als nährende Lecker- biſſen darzureichen. Daß ſie zahlreichen Thie- ren zur Nahrung dienen, wurde oben er- wähnt, und es mag hier nur noch daran erinnert ſein, daß unter den Säugethieren die Gürtelthiere und Ameiſenfreſſer von ihnen mehr als von den Thieren leben, nach welchen man die letzteren ſonderbarer Weiſe benannt hat. Hierdurch, ſo wie in ihrer Eigenſchaft als eifrige Zerſtörer faulender Pflanzenüber- reſte bilden die Termiten ein wichtiges Glied im Haushalte der Natur, wenn ſie auch, wie ſo manche andere, dem „Herrn der Schöpfung“, dem ihnen gegenüber ſo ohnmächtigen Men- ſchen nicht gefallen mögen. Die nahe an hundert Arten von Ter- miten, welche Hagen nach einem oder dem andern der Stände beſchrieben hat — voll- ſtändig kennt man bis jetzt noch ſehr wenige — zerfallen in vier leicht zu unterſcheidende Gattungen. Bei zweien kommen Haftklappen zwiſchen den Krallen und Adern im Saumfelde der Flügel vor; von ihnen hat Calotermes Nebenaugen, Termopsis dagegen keine. Hiervon unterſcheidet ſich Hodotermes durch den Mangel der Haft- lappen und die bei weitem artenreichſte (58) Gattung Termes erkennt man an dem Vorhandenſein von Nebenaugen und an dem Mangel der Haftlappen zwiſchen den Krallen, wie der Adern im Randfelde der Flügel. Die gelbhalſige Termite (Calotermes flavicollis), als Bewohnerin der Mittelmeerländer eine der beiden im ſüdlichen Europa vorkommenden Arten, kennt man nur im Stande des geflügelten Jmago und der Soldaten, dagegen weder als Arbeiter und Königin, noch in ihrem

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/493>, abgerufen am 23.11.2024.