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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Geradflügler. Termiten.
öffnen sind. "Der ganze, große Distrikt hinter Santarem", so fährt Bates fort, "ist dicht mit
ihren Hügeln bedeckt und alle sind mit einander durch ein System von Straßen verbunden, die
mit demselben Material überwölbt sind, aus welchem die Hügel bestehen. So kann man die
ganze Masse von dieser Art Termiten als eine einzige große Familie betrachten und das erklärt
das System ihres Nestbaues. Es gibt deren von jeder Größe, vom kleinen Klümpchen um die
Basis eines Grasbüschels an bis zu den größten Hügeln und in allen Zwischenstufen ihres Wachs-
thums. Man findet: 1) neue Hügel, in welchen sich nur einige wenige Soldaten und Arbeiter
aufhalten, die die Wurzel der Grasbüschel zerstören, 2) kleine, im Wachsthum begriffene, gleich-
falls nur von wenigen der genannten Kasten bewohnt, 3) wenig Zoll hohe Hügel, die ein paar
Eiklümpchen nebst den unvermeidlichen Arbeitern und Soldaten enthalten, von denen jene sichtlich
aus einem überfüllten Neste, das eine Königin besitzt, herübergebracht worden sind -- Bates
untersuchte eine sehr große Anzahl gerade dieser Hügel --, 4) große Hügel mit zahlreichen Eiern
in verschiedenen Kammern und mit jungen Larven auf allerlei Stufen ihres Wachsthums, jedoch
ohne Königin oder Anzeichen einer königlichen Zelle, 5) sehr kleine Hügel mit einer Anzahl geflügelter
Jmagos, mit einigen Arbeitern und Soldaten, aber ohne Eier, ohne junge Larven, Nymphen
und Königin, 6) beinahe vollständig große Hügel ohne Königin oder Zelle für sie, sondern nur
mit einer Anzahl fast erwachsener Larven und mit ihnen fressender Nymphen, 7) Hügel derselben
Größe mit Nymphen und geflügelten Jmagos, 8) Hügel mit einer Königin nebst dem ihr bei-
gegebenen König in einer geräumigen Zelle nahe dem Mittelpunkt der Basis, aus Material
gebaut, das sich vom übrigen Theile des Hügels unterscheidet. Es ist dick, zähe und lederartig,
während das Uebrige eine körnige, leicht zerreibliche Masse bildet. Solche Hügel sand Bates
stets mit Thieren förmlich vollgestopft: einige damit beschäftigt, die Eier aus der Zelle der Königin
in alle Theile des Nestes, selbst in die Zellen des Gipfels zu schaffen; kürzlich geborene Larven
und andere auf verschiedenen Stufen des Wachsthums waren überall in den Zellen dicht zusammen-
gekeilt, die Köpfe gegen einander gewendet und zum Boden gesenkt, offenbar im Fressen begriffen.
Jn denselben Zellen fanden sich, zusammen fressend, sehr junge schwache Larven, offenbar Arbeiter,
sehr junge und schwache Soldaten, allein an der Kopfform kenntlich, ferner Arbeiter und Soldaten,
mehr erwachsen, sehr dünne, schwache Nymphen, kleiner als die ausgewachsenen Arbeiter und neben
allen diesen auch erwachsene Nymphen." Ein Punkt, den Bates mit genügender Sicherheit fest-
stellen kann, ist der, daß zwischen den jungen Thieren schlechterdings keine Absonderung statt-
findet, woraus folgt, daß kein Theil derselben in verschiedenen Zellen mit verschiedener Nahrung
gefüttert wird. Jn einem Hügel mit einer Königin fanden sich in der Regel außer Soldaten
und Arbeitern nur Eier und junge Larven, einige Male ein paar Nymphen, niemals aber
geflügelte Jmagos, und er kann nicht sagen, ob von einem solchen Hügel je ein Schwarm aus-
gehe. Uebrigens herrscht im Betreff des Jnhaltes der Hügel eine solche Unregelmäßigkeit, und
Nymphen wie Jmagos finden sich mit Larven in denselben Gängen so untermischt, daß die
Bestimmung des Hügels, von welchem der Schwarm ausgeht, ohne Bedeutung sein dürfte.
Nymphen und selbst einige Jmagos und Larven treten unzweifelhaft aus überfüllten Nestern in
neugebaute über und die bedeckten Wege sind nur Verlängerungen der Röhren eines Termitenbaues.

Die Hügel haben nicht immer die bisher erwähnten Formen und stellen auch für Afrika
nicht bloß Heuschober, "Negerdörfer" oder Backöfen vor, mit denen man sie verglichen hat.
Golberry gedenkt eigenthümlicher Nester, welche er in jenem Erdtheile antraf, und mit dem
Termes mordax in Zusammenhang bringt. Auf einer drei bis vier Fuß hohen cylindrischen Unter-
lage ruhte ein kegelförmiges allseitig mehrere Zoll weit überstehendes Dach. Lichtenstein
erzählt von "pilzförmigen" Termitennestern, die wahrscheinlich den eben erwähnten gleich kommen.
Burmeister vergleicht die Nester, welche er auf seiner Reise von Rio de Janeiro nach Lagoa-
Santa antraf, mit Riesenkartoffeln, in der Färbung einem Granitblocke ähnlich. Epp wurde
an Grabdenkmäler erinnert, als er auf Banka den Termitenwohnungen begegnete, und Leichardt

Die Geradflügler. Termiten.
öffnen ſind. „Der ganze, große Diſtrikt hinter Santarem“, ſo fährt Bates fort, „iſt dicht mit
ihren Hügeln bedeckt und alle ſind mit einander durch ein Syſtem von Straßen verbunden, die
mit demſelben Material überwölbt ſind, aus welchem die Hügel beſtehen. So kann man die
ganze Maſſe von dieſer Art Termiten als eine einzige große Familie betrachten und das erklärt
das Syſtem ihres Neſtbaues. Es gibt deren von jeder Größe, vom kleinen Klümpchen um die
Baſis eines Grasbüſchels an bis zu den größten Hügeln und in allen Zwiſchenſtufen ihres Wachs-
thums. Man findet: 1) neue Hügel, in welchen ſich nur einige wenige Soldaten und Arbeiter
aufhalten, die die Wurzel der Grasbüſchel zerſtören, 2) kleine, im Wachsthum begriffene, gleich-
falls nur von wenigen der genannten Kaſten bewohnt, 3) wenig Zoll hohe Hügel, die ein paar
Eiklümpchen nebſt den unvermeidlichen Arbeitern und Soldaten enthalten, von denen jene ſichtlich
aus einem überfüllten Neſte, das eine Königin beſitzt, herübergebracht worden ſind — Bates
unterſuchte eine ſehr große Anzahl gerade dieſer Hügel —, 4) große Hügel mit zahlreichen Eiern
in verſchiedenen Kammern und mit jungen Larven auf allerlei Stufen ihres Wachsthums, jedoch
ohne Königin oder Anzeichen einer königlichen Zelle, 5) ſehr kleine Hügel mit einer Anzahl geflügelter
Jmagos, mit einigen Arbeitern und Soldaten, aber ohne Eier, ohne junge Larven, Nymphen
und Königin, 6) beinahe vollſtändig große Hügel ohne Königin oder Zelle für ſie, ſondern nur
mit einer Anzahl faſt erwachſener Larven und mit ihnen freſſender Nymphen, 7) Hügel derſelben
Größe mit Nymphen und geflügelten Jmagos, 8) Hügel mit einer Königin nebſt dem ihr bei-
gegebenen König in einer geräumigen Zelle nahe dem Mittelpunkt der Baſis, aus Material
gebaut, das ſich vom übrigen Theile des Hügels unterſcheidet. Es iſt dick, zähe und lederartig,
während das Uebrige eine körnige, leicht zerreibliche Maſſe bildet. Solche Hügel ſand Bates
ſtets mit Thieren förmlich vollgeſtopft: einige damit beſchäftigt, die Eier aus der Zelle der Königin
in alle Theile des Neſtes, ſelbſt in die Zellen des Gipfels zu ſchaffen; kürzlich geborene Larven
und andere auf verſchiedenen Stufen des Wachsthums waren überall in den Zellen dicht zuſammen-
gekeilt, die Köpfe gegen einander gewendet und zum Boden geſenkt, offenbar im Freſſen begriffen.
Jn denſelben Zellen fanden ſich, zuſammen freſſend, ſehr junge ſchwache Larven, offenbar Arbeiter,
ſehr junge und ſchwache Soldaten, allein an der Kopfform kenntlich, ferner Arbeiter und Soldaten,
mehr erwachſen, ſehr dünne, ſchwache Nymphen, kleiner als die ausgewachſenen Arbeiter und neben
allen dieſen auch erwachſene Nymphen.“ Ein Punkt, den Bates mit genügender Sicherheit feſt-
ſtellen kann, iſt der, daß zwiſchen den jungen Thieren ſchlechterdings keine Abſonderung ſtatt-
findet, woraus folgt, daß kein Theil derſelben in verſchiedenen Zellen mit verſchiedener Nahrung
gefüttert wird. Jn einem Hügel mit einer Königin fanden ſich in der Regel außer Soldaten
und Arbeitern nur Eier und junge Larven, einige Male ein paar Nymphen, niemals aber
geflügelte Jmagos, und er kann nicht ſagen, ob von einem ſolchen Hügel je ein Schwarm aus-
gehe. Uebrigens herrſcht im Betreff des Jnhaltes der Hügel eine ſolche Unregelmäßigkeit, und
Nymphen wie Jmagos finden ſich mit Larven in denſelben Gängen ſo untermiſcht, daß die
Beſtimmung des Hügels, von welchem der Schwarm ausgeht, ohne Bedeutung ſein dürfte.
Nymphen und ſelbſt einige Jmagos und Larven treten unzweifelhaft aus überfüllten Neſtern in
neugebaute über und die bedeckten Wege ſind nur Verlängerungen der Röhren eines Termitenbaues.

Die Hügel haben nicht immer die bisher erwähnten Formen und ſtellen auch für Afrika
nicht bloß Heuſchober, „Negerdörfer“ oder Backöfen vor, mit denen man ſie verglichen hat.
Golberry gedenkt eigenthümlicher Neſter, welche er in jenem Erdtheile antraf, und mit dem
Termes mordax in Zuſammenhang bringt. Auf einer drei bis vier Fuß hohen cylindriſchen Unter-
lage ruhte ein kegelförmiges allſeitig mehrere Zoll weit überſtehendes Dach. Lichtenſtein
erzählt von „pilzförmigen“ Termitenneſtern, die wahrſcheinlich den eben erwähnten gleich kommen.
Burmeiſter vergleicht die Neſter, welche er auf ſeiner Reiſe von Rio de Janeiro nach Lagoa-
Santa antraf, mit Rieſenkartoffeln, in der Färbung einem Granitblocke ähnlich. Epp wurde
an Grabdenkmäler erinnert, als er auf Banka den Termitenwohnungen begegnete, und Leichardt

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[460/0490] Die Geradflügler. Termiten. öffnen ſind. „Der ganze, große Diſtrikt hinter Santarem“, ſo fährt Bates fort, „iſt dicht mit ihren Hügeln bedeckt und alle ſind mit einander durch ein Syſtem von Straßen verbunden, die mit demſelben Material überwölbt ſind, aus welchem die Hügel beſtehen. So kann man die ganze Maſſe von dieſer Art Termiten als eine einzige große Familie betrachten und das erklärt das Syſtem ihres Neſtbaues. Es gibt deren von jeder Größe, vom kleinen Klümpchen um die Baſis eines Grasbüſchels an bis zu den größten Hügeln und in allen Zwiſchenſtufen ihres Wachs- thums. Man findet: 1) neue Hügel, in welchen ſich nur einige wenige Soldaten und Arbeiter aufhalten, die die Wurzel der Grasbüſchel zerſtören, 2) kleine, im Wachsthum begriffene, gleich- falls nur von wenigen der genannten Kaſten bewohnt, 3) wenig Zoll hohe Hügel, die ein paar Eiklümpchen nebſt den unvermeidlichen Arbeitern und Soldaten enthalten, von denen jene ſichtlich aus einem überfüllten Neſte, das eine Königin beſitzt, herübergebracht worden ſind — Bates unterſuchte eine ſehr große Anzahl gerade dieſer Hügel —, 4) große Hügel mit zahlreichen Eiern in verſchiedenen Kammern und mit jungen Larven auf allerlei Stufen ihres Wachsthums, jedoch ohne Königin oder Anzeichen einer königlichen Zelle, 5) ſehr kleine Hügel mit einer Anzahl geflügelter Jmagos, mit einigen Arbeitern und Soldaten, aber ohne Eier, ohne junge Larven, Nymphen und Königin, 6) beinahe vollſtändig große Hügel ohne Königin oder Zelle für ſie, ſondern nur mit einer Anzahl faſt erwachſener Larven und mit ihnen freſſender Nymphen, 7) Hügel derſelben Größe mit Nymphen und geflügelten Jmagos, 8) Hügel mit einer Königin nebſt dem ihr bei- gegebenen König in einer geräumigen Zelle nahe dem Mittelpunkt der Baſis, aus Material gebaut, das ſich vom übrigen Theile des Hügels unterſcheidet. Es iſt dick, zähe und lederartig, während das Uebrige eine körnige, leicht zerreibliche Maſſe bildet. Solche Hügel ſand Bates ſtets mit Thieren förmlich vollgeſtopft: einige damit beſchäftigt, die Eier aus der Zelle der Königin in alle Theile des Neſtes, ſelbſt in die Zellen des Gipfels zu ſchaffen; kürzlich geborene Larven und andere auf verſchiedenen Stufen des Wachsthums waren überall in den Zellen dicht zuſammen- gekeilt, die Köpfe gegen einander gewendet und zum Boden geſenkt, offenbar im Freſſen begriffen. Jn denſelben Zellen fanden ſich, zuſammen freſſend, ſehr junge ſchwache Larven, offenbar Arbeiter, ſehr junge und ſchwache Soldaten, allein an der Kopfform kenntlich, ferner Arbeiter und Soldaten, mehr erwachſen, ſehr dünne, ſchwache Nymphen, kleiner als die ausgewachſenen Arbeiter und neben allen dieſen auch erwachſene Nymphen.“ Ein Punkt, den Bates mit genügender Sicherheit feſt- ſtellen kann, iſt der, daß zwiſchen den jungen Thieren ſchlechterdings keine Abſonderung ſtatt- findet, woraus folgt, daß kein Theil derſelben in verſchiedenen Zellen mit verſchiedener Nahrung gefüttert wird. Jn einem Hügel mit einer Königin fanden ſich in der Regel außer Soldaten und Arbeitern nur Eier und junge Larven, einige Male ein paar Nymphen, niemals aber geflügelte Jmagos, und er kann nicht ſagen, ob von einem ſolchen Hügel je ein Schwarm aus- gehe. Uebrigens herrſcht im Betreff des Jnhaltes der Hügel eine ſolche Unregelmäßigkeit, und Nymphen wie Jmagos finden ſich mit Larven in denſelben Gängen ſo untermiſcht, daß die Beſtimmung des Hügels, von welchem der Schwarm ausgeht, ohne Bedeutung ſein dürfte. Nymphen und ſelbſt einige Jmagos und Larven treten unzweifelhaft aus überfüllten Neſtern in neugebaute über und die bedeckten Wege ſind nur Verlängerungen der Röhren eines Termitenbaues. Die Hügel haben nicht immer die bisher erwähnten Formen und ſtellen auch für Afrika nicht bloß Heuſchober, „Negerdörfer“ oder Backöfen vor, mit denen man ſie verglichen hat. Golberry gedenkt eigenthümlicher Neſter, welche er in jenem Erdtheile antraf, und mit dem Termes mordax in Zuſammenhang bringt. Auf einer drei bis vier Fuß hohen cylindriſchen Unter- lage ruhte ein kegelförmiges allſeitig mehrere Zoll weit überſtehendes Dach. Lichtenſtein erzählt von „pilzförmigen“ Termitenneſtern, die wahrſcheinlich den eben erwähnten gleich kommen. Burmeiſter vergleicht die Neſter, welche er auf ſeiner Reiſe von Rio de Janeiro nach Lagoa- Santa antraf, mit Rieſenkartoffeln, in der Färbung einem Granitblocke ähnlich. Epp wurde an Grabdenkmäler erinnert, als er auf Banka den Termitenwohnungen begegnete, und Leichardt

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/490>, abgerufen am 23.11.2024.