Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Eierlegen der verlobten Seejungfer.
ein größeres Mal bei beiden Geschlechtern haben. Die schlanken, dünnen Larven athmen nach
der letzten Häntung, also im Nymphenzustande nur durch lange und breite Schwanzkiemen,
haben keine Nebenangen, dünne, siebengliedrige Fühler zwischen den Netzaugen und eine sehr lange,
schmale Maske, welche in der Ruhelage bis zu den Hinterhüften reicht. Von den gleich langen
Leibesringeln tragen die fünf vorletzten kurze, gerade Seitenstacheln, sowie das Ende zwischen den
drei Flossen fünf kurze Schwanzspitzen. Jm Mai und Juni fliegt in Deutschland nicht selten die
verlobte Seejungfer (L. sponsa, Agrion foreipula Charpentier's). Der smaragdgrüne
Körper mißt 15 bis 16 Linien und wird beim ausgefärbten Männchen auf dem Thoraxrücken
nebst Brust, und auf den beiden Wurzel- und Endgliedern des Hinterleibes von lichtgrauem Reif
überzogen, eine fast weiße Randader am braunen oder schwarzen Flügelmale und zwei gleich große
und spitze Zähne am Jnnenrande der Haftzangen gehören noch weiter zu den Erkennungszeichen
des Männchens. Das Eierlegen dieser Art beobachtete von Siebold an einem mit Binsen (Scirpus
lacustris
) bewachsenen Teiche, und ich konnte mir nicht versagen, dasselbe durch eine Abbildung:
"Eierlegende Schlankjungfer" zu veranschaulichen. Jst die Begattung, wie oben berichtet, erfolgt,
so läßt das Männchen sein Weibchen nicht los, wie es andere thun, sondern hält es am Nacken
mit seinen zangenförmigen Raifen fest und führt es mit sich umher. Beide fliegen in dieser Ver-
bindung mit ausgestreckten Leibern umher, setzen sich auf diese und jene Wasserpflanze und scheinen
in ihren Handlungen von einem Willen beseelt zu sein. Am häufigsten läßt sich das Männchen
an jenen Binsen und zwar meist an der Spitze nieder und die Beobachtungen bezogen sich zunächst
auf die näher stehenden, außerhalb des Wassers befindlichen Pflanzen. Hatte sich ein Männchen
auf einer niedergelassen, so krümmte alsbald das Weibchen, welches hinter ihm in der Entfernung
Platz griff, welche ihm der männliche, gerade ausgestreckte Hinterleib vorschrieb, den seinigen
bogenförmig, die Spitze desselben hinter seinen Füßen einsetzend, schob den säbelförmigen Legbohrer
aus den beiden seitlichen Hornscheiden hervor und drückte ihn in die Oberhaut der Binse ein.
Kaum war dieses geschehen, so kroch es einige Schritte an der Binse herab, arbeitete von Neuem
mit seinem Legapparate und fuhr in dieser Weise fort, bis es, das Männchen natürlich mit sich
ziehend, am Grunde der Binse angelangt war. Dann flogen beide davon, um an einer andern
dasselbe Geschäft von oben bis unten aufs Neue zu beginnen. Die in dieser Weise bearbeiteten
Stengel ließen Reihen weißgelber Fleckchen erkennen; von oben nach unten war durch die Ver-
wundung ein Streifchen Oberhaut abgetrennt, aber mit dem konveren Theile des Legapparats,
nachdem derselbe herausgezogen war, wieder angedrückt worden. Fast hinter jeder dieser Wunden
lag in der hinter ihr befindlichen, geräumigen Luftzelle der Binse ein Ei und zwar mit seinem
spitzeren, dunkelbraunen Ende in den innern Theil der Hautspalte eingeklemmt; das etwas dickere,
abgerundete Ende des fast cylindrischen, sonst blaßgelb gefärbten Eies, ragte in die Zelle hinein.
Diese hatte, wenn die Eier schon längere Zeit darin staken, eine krankhafte, braune Farbe ange-
nommen. Manchmal fand sich hinter einer solchen Verwundung kein Ei; es war in diesem Falle
wahrscheinlich dem Weibchen keine Zeit zum Ablegen desselben gelassen worden; denn das Männchen
zeigt nicht immer gleiche Ausdauer, um ihm bis unten zu folgen, sondern fliegt manchmal auf,
noch ehe der ganze Weg zurückgelegt ist. Als die Blicke des aufmerksamen Beobachters weiter
schweiften, gewahrten sie auch Pärchen auf Binsen, die aus dem Wasser hervorragten. Sie ließen
sich durch dieses nicht abhalten, ihren gewohnten Weg bis zum Grunde der Pflanze fortzusetzen,
sondern verschwanden beide unter der Wasserfläche, legten aber vorher ihre vier Flügel dicht zu-
sammen. Hatte sich das Weibchen unter das Wasser begeben, so rückte das Männchen schnell nach
und jenes begann sein Geschäft nicht eher wieder, als bis auch dieses ganz von Wasser umgeben
war; hier bog es seinen Hinterleib aber gerade so sprenkelartig vom Stengel der Binse ab, wie
das Weibchen, so daß alle unter Wasser befindlichen Pärchen, deren von Siebold eine große Anzahl
beobachtete, mit ihren Leibern einen doppelten Bogen bildeten. Außerdem gewährten sie einen
überraschenden Anblick durch ihren Silberglanz, indem an ihren Leibern, den Beinen und Flügeln

Taschenberg, wirbellose Thiere. (Brehm, Thierleben. VI.) 29

Eierlegen der verlobten Seejungfer.
ein größeres Mal bei beiden Geſchlechtern haben. Die ſchlanken, dünnen Larven athmen nach
der letzten Häntung, alſo im Nymphenzuſtande nur durch lange und breite Schwanzkiemen,
haben keine Nebenangen, dünne, ſiebengliedrige Fühler zwiſchen den Netzaugen und eine ſehr lange,
ſchmale Maske, welche in der Ruhelage bis zu den Hinterhüften reicht. Von den gleich langen
Leibesringeln tragen die fünf vorletzten kurze, gerade Seitenſtacheln, ſowie das Ende zwiſchen den
drei Floſſen fünf kurze Schwanzſpitzen. Jm Mai und Juni fliegt in Deutſchland nicht ſelten die
verlobte Seejungfer (L. sponsa, Agrion foreipula Charpentier’s). Der ſmaragdgrüne
Körper mißt 15 bis 16 Linien und wird beim ausgefärbten Männchen auf dem Thoraxrücken
nebſt Bruſt, und auf den beiden Wurzel- und Endgliedern des Hinterleibes von lichtgrauem Reif
überzogen, eine faſt weiße Randader am braunen oder ſchwarzen Flügelmale und zwei gleich große
und ſpitze Zähne am Jnnenrande der Haftzangen gehören noch weiter zu den Erkennungszeichen
des Männchens. Das Eierlegen dieſer Art beobachtete von Siebold an einem mit Binſen (Scirpus
lacustris
) bewachſenen Teiche, und ich konnte mir nicht verſagen, daſſelbe durch eine Abbildung:
„Eierlegende Schlankjungfer“ zu veranſchaulichen. Jſt die Begattung, wie oben berichtet, erfolgt,
ſo läßt das Männchen ſein Weibchen nicht los, wie es andere thun, ſondern hält es am Nacken
mit ſeinen zangenförmigen Raifen feſt und führt es mit ſich umher. Beide fliegen in dieſer Ver-
bindung mit ausgeſtreckten Leibern umher, ſetzen ſich auf dieſe und jene Waſſerpflanze und ſcheinen
in ihren Handlungen von einem Willen beſeelt zu ſein. Am häufigſten läßt ſich das Männchen
an jenen Binſen und zwar meiſt an der Spitze nieder und die Beobachtungen bezogen ſich zunächſt
auf die näher ſtehenden, außerhalb des Waſſers befindlichen Pflanzen. Hatte ſich ein Männchen
auf einer niedergelaſſen, ſo krümmte alsbald das Weibchen, welches hinter ihm in der Entfernung
Platz griff, welche ihm der männliche, gerade ausgeſtreckte Hinterleib vorſchrieb, den ſeinigen
bogenförmig, die Spitze deſſelben hinter ſeinen Füßen einſetzend, ſchob den ſäbelförmigen Legbohrer
aus den beiden ſeitlichen Hornſcheiden hervor und drückte ihn in die Oberhaut der Binſe ein.
Kaum war dieſes geſchehen, ſo kroch es einige Schritte an der Binſe herab, arbeitete von Neuem
mit ſeinem Legapparate und fuhr in dieſer Weiſe fort, bis es, das Männchen natürlich mit ſich
ziehend, am Grunde der Binſe angelangt war. Dann flogen beide davon, um an einer andern
daſſelbe Geſchäft von oben bis unten aufs Neue zu beginnen. Die in dieſer Weiſe bearbeiteten
Stengel ließen Reihen weißgelber Fleckchen erkennen; von oben nach unten war durch die Ver-
wundung ein Streifchen Oberhaut abgetrennt, aber mit dem konveren Theile des Legapparats,
nachdem derſelbe herausgezogen war, wieder angedrückt worden. Faſt hinter jeder dieſer Wunden
lag in der hinter ihr befindlichen, geräumigen Luftzelle der Binſe ein Ei und zwar mit ſeinem
ſpitzeren, dunkelbraunen Ende in den innern Theil der Hautſpalte eingeklemmt; das etwas dickere,
abgerundete Ende des faſt cylindriſchen, ſonſt blaßgelb gefärbten Eies, ragte in die Zelle hinein.
Dieſe hatte, wenn die Eier ſchon längere Zeit darin ſtaken, eine krankhafte, braune Farbe ange-
nommen. Manchmal fand ſich hinter einer ſolchen Verwundung kein Ei; es war in dieſem Falle
wahrſcheinlich dem Weibchen keine Zeit zum Ablegen deſſelben gelaſſen worden; denn das Männchen
zeigt nicht immer gleiche Ausdauer, um ihm bis unten zu folgen, ſondern fliegt manchmal auf,
noch ehe der ganze Weg zurückgelegt iſt. Als die Blicke des aufmerkſamen Beobachters weiter
ſchweiften, gewahrten ſie auch Pärchen auf Binſen, die aus dem Waſſer hervorragten. Sie ließen
ſich durch dieſes nicht abhalten, ihren gewohnten Weg bis zum Grunde der Pflanze fortzuſetzen,
ſondern verſchwanden beide unter der Waſſerfläche, legten aber vorher ihre vier Flügel dicht zu-
ſammen. Hatte ſich das Weibchen unter das Waſſer begeben, ſo rückte das Männchen ſchnell nach
und jenes begann ſein Geſchäft nicht eher wieder, als bis auch dieſes ganz von Waſſer umgeben
war; hier bog es ſeinen Hinterleib aber gerade ſo ſprenkelartig vom Stengel der Binſe ab, wie
das Weibchen, ſo daß alle unter Waſſer befindlichen Pärchen, deren von Siebold eine große Anzahl
beobachtete, mit ihren Leibern einen doppelten Bogen bildeten. Außerdem gewährten ſie einen
überraſchenden Anblick durch ihren Silberglanz, indem an ihren Leibern, den Beinen und Flügeln

Taſchenberg, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben. VI.) 29
<TEI>
  <text>
    <body>
      <floatingText>
        <body>
          <div n="1">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0479" n="449"/><fw place="top" type="header">Eierlegen der verlobten Seejungfer.</fw><lb/>
ein größeres Mal bei <hi rendition="#g">beiden</hi> Ge&#x017F;chlechtern haben. Die &#x017F;chlanken, dünnen Larven athmen nach<lb/>
der letzten Häntung, al&#x017F;o im Nymphenzu&#x017F;tande nur durch lange und breite Schwanzkiemen,<lb/>
haben keine Nebenangen, dünne, &#x017F;iebengliedrige Fühler zwi&#x017F;chen den Netzaugen und eine &#x017F;ehr lange,<lb/>
&#x017F;chmale Maske, welche in der Ruhelage bis zu den Hinterhüften reicht. Von den gleich langen<lb/>
Leibesringeln tragen die fünf vorletzten kurze, gerade Seiten&#x017F;tacheln, &#x017F;owie das Ende zwi&#x017F;chen den<lb/>
drei Flo&#x017F;&#x017F;en fünf kurze Schwanz&#x017F;pitzen. Jm Mai und Juni fliegt in Deut&#x017F;chland nicht &#x017F;elten die<lb/><hi rendition="#g">verlobte Seejungfer</hi> (<hi rendition="#aq">L. sponsa, Agrion foreipula</hi> <hi rendition="#g">Charpentier&#x2019;s</hi>). Der &#x017F;maragdgrüne<lb/>
Körper mißt 15 bis 16 Linien und wird beim ausgefärbten Männchen auf dem Thoraxrücken<lb/>
neb&#x017F;t Bru&#x017F;t, und auf den beiden Wurzel- und Endgliedern des Hinterleibes von lichtgrauem Reif<lb/>
überzogen, eine fa&#x017F;t weiße Randader am braunen oder &#x017F;chwarzen Flügelmale und zwei gleich große<lb/>
und &#x017F;pitze Zähne am Jnnenrande der Haftzangen gehören noch weiter zu den Erkennungszeichen<lb/>
des Männchens. Das Eierlegen die&#x017F;er Art beobachtete <hi rendition="#g">von Siebold</hi> an einem mit Bin&#x017F;en (<hi rendition="#aq">Scirpus<lb/>
lacustris</hi>) bewach&#x017F;enen Teiche, und ich konnte mir nicht ver&#x017F;agen, da&#x017F;&#x017F;elbe durch eine Abbildung:<lb/>
&#x201E;Eierlegende Schlankjungfer&#x201C; zu veran&#x017F;chaulichen. J&#x017F;t die Begattung, wie oben berichtet, erfolgt,<lb/>
&#x017F;o läßt das Männchen &#x017F;ein Weibchen nicht los, wie es andere thun, &#x017F;ondern hält es am Nacken<lb/>
mit &#x017F;einen zangenförmigen Raifen fe&#x017F;t und führt es mit &#x017F;ich umher. Beide fliegen in die&#x017F;er Ver-<lb/>
bindung mit ausge&#x017F;treckten Leibern umher, &#x017F;etzen &#x017F;ich auf die&#x017F;e und jene Wa&#x017F;&#x017F;erpflanze und &#x017F;cheinen<lb/>
in ihren Handlungen von <hi rendition="#g">einem</hi> Willen be&#x017F;eelt zu &#x017F;ein. Am häufig&#x017F;ten läßt &#x017F;ich das Männchen<lb/>
an jenen Bin&#x017F;en und zwar mei&#x017F;t an der Spitze nieder und die Beobachtungen bezogen &#x017F;ich zunäch&#x017F;t<lb/>
auf die näher &#x017F;tehenden, außerhalb des Wa&#x017F;&#x017F;ers befindlichen Pflanzen. Hatte &#x017F;ich ein Männchen<lb/>
auf einer niedergela&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o krümmte alsbald das Weibchen, welches hinter ihm in der Entfernung<lb/>
Platz griff, welche ihm der männliche, gerade ausge&#x017F;treckte Hinterleib vor&#x017F;chrieb, den &#x017F;einigen<lb/>
bogenförmig, die Spitze de&#x017F;&#x017F;elben hinter &#x017F;einen Füßen ein&#x017F;etzend, &#x017F;chob den &#x017F;äbelförmigen Legbohrer<lb/>
aus den beiden &#x017F;eitlichen Horn&#x017F;cheiden hervor und drückte ihn in die Oberhaut der Bin&#x017F;e ein.<lb/>
Kaum war die&#x017F;es ge&#x017F;chehen, &#x017F;o kroch es einige Schritte an der Bin&#x017F;e herab, arbeitete von Neuem<lb/>
mit &#x017F;einem Legapparate und fuhr in die&#x017F;er Wei&#x017F;e fort, bis es, das Männchen natürlich mit &#x017F;ich<lb/>
ziehend, am Grunde der Bin&#x017F;e angelangt war. Dann flogen beide davon, um an einer andern<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe Ge&#x017F;chäft von oben bis unten aufs Neue zu beginnen. Die in die&#x017F;er Wei&#x017F;e bearbeiteten<lb/>
Stengel ließen Reihen weißgelber Fleckchen erkennen; von oben nach unten war durch die Ver-<lb/>
wundung ein Streifchen Oberhaut abgetrennt, aber mit dem konveren Theile des Legapparats,<lb/>
nachdem der&#x017F;elbe herausgezogen war, wieder angedrückt worden. Fa&#x017F;t hinter jeder die&#x017F;er Wunden<lb/>
lag in der hinter ihr befindlichen, geräumigen Luftzelle der Bin&#x017F;e ein Ei und zwar mit &#x017F;einem<lb/>
&#x017F;pitzeren, dunkelbraunen Ende in den innern Theil der Haut&#x017F;palte eingeklemmt; das etwas dickere,<lb/>
abgerundete Ende des fa&#x017F;t cylindri&#x017F;chen, &#x017F;on&#x017F;t blaßgelb gefärbten Eies, ragte in die Zelle hinein.<lb/>
Die&#x017F;e hatte, wenn die Eier &#x017F;chon längere Zeit darin &#x017F;taken, eine krankhafte, braune Farbe ange-<lb/>
nommen. Manchmal fand &#x017F;ich hinter einer &#x017F;olchen Verwundung kein Ei; es war in die&#x017F;em Falle<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich dem Weibchen keine Zeit zum Ablegen de&#x017F;&#x017F;elben gela&#x017F;&#x017F;en worden; denn das Männchen<lb/>
zeigt nicht immer gleiche Ausdauer, um ihm bis unten zu folgen, &#x017F;ondern fliegt manchmal auf,<lb/>
noch ehe der ganze Weg zurückgelegt i&#x017F;t. Als die Blicke des aufmerk&#x017F;amen Beobachters weiter<lb/>
&#x017F;chweiften, gewahrten &#x017F;ie auch Pärchen auf Bin&#x017F;en, die aus dem Wa&#x017F;&#x017F;er hervorragten. Sie ließen<lb/>
&#x017F;ich durch die&#x017F;es nicht abhalten, ihren gewohnten Weg bis zum Grunde der Pflanze fortzu&#x017F;etzen,<lb/>
&#x017F;ondern ver&#x017F;chwanden beide unter der Wa&#x017F;&#x017F;erfläche, legten aber vorher ihre vier Flügel dicht zu-<lb/>
&#x017F;ammen. Hatte &#x017F;ich das Weibchen unter das Wa&#x017F;&#x017F;er begeben, &#x017F;o rückte das Männchen &#x017F;chnell nach<lb/>
und jenes begann &#x017F;ein Ge&#x017F;chäft nicht eher wieder, als bis auch die&#x017F;es ganz von Wa&#x017F;&#x017F;er umgeben<lb/>
war; hier bog es &#x017F;einen Hinterleib aber gerade &#x017F;o &#x017F;prenkelartig vom Stengel der Bin&#x017F;e ab, wie<lb/>
das Weibchen, &#x017F;o daß alle unter Wa&#x017F;&#x017F;er befindlichen Pärchen, deren <hi rendition="#g">von Siebold</hi> eine große Anzahl<lb/>
beobachtete, mit ihren Leibern einen doppelten Bogen bildeten. Außerdem gewährten &#x017F;ie einen<lb/>
überra&#x017F;chenden Anblick durch ihren Silberglanz, indem an ihren Leibern, den Beinen und Flügeln<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Ta&#x017F;chenberg,</hi> wirbello&#x017F;e Thiere. (<hi rendition="#g">Brehm,</hi> Thierleben. <hi rendition="#aq">VI.</hi>) 29</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </body>
      </floatingText>
    </body>
  </text>
</TEI>
[449/0479] Eierlegen der verlobten Seejungfer. ein größeres Mal bei beiden Geſchlechtern haben. Die ſchlanken, dünnen Larven athmen nach der letzten Häntung, alſo im Nymphenzuſtande nur durch lange und breite Schwanzkiemen, haben keine Nebenangen, dünne, ſiebengliedrige Fühler zwiſchen den Netzaugen und eine ſehr lange, ſchmale Maske, welche in der Ruhelage bis zu den Hinterhüften reicht. Von den gleich langen Leibesringeln tragen die fünf vorletzten kurze, gerade Seitenſtacheln, ſowie das Ende zwiſchen den drei Floſſen fünf kurze Schwanzſpitzen. Jm Mai und Juni fliegt in Deutſchland nicht ſelten die verlobte Seejungfer (L. sponsa, Agrion foreipula Charpentier’s). Der ſmaragdgrüne Körper mißt 15 bis 16 Linien und wird beim ausgefärbten Männchen auf dem Thoraxrücken nebſt Bruſt, und auf den beiden Wurzel- und Endgliedern des Hinterleibes von lichtgrauem Reif überzogen, eine faſt weiße Randader am braunen oder ſchwarzen Flügelmale und zwei gleich große und ſpitze Zähne am Jnnenrande der Haftzangen gehören noch weiter zu den Erkennungszeichen des Männchens. Das Eierlegen dieſer Art beobachtete von Siebold an einem mit Binſen (Scirpus lacustris) bewachſenen Teiche, und ich konnte mir nicht verſagen, daſſelbe durch eine Abbildung: „Eierlegende Schlankjungfer“ zu veranſchaulichen. Jſt die Begattung, wie oben berichtet, erfolgt, ſo läßt das Männchen ſein Weibchen nicht los, wie es andere thun, ſondern hält es am Nacken mit ſeinen zangenförmigen Raifen feſt und führt es mit ſich umher. Beide fliegen in dieſer Ver- bindung mit ausgeſtreckten Leibern umher, ſetzen ſich auf dieſe und jene Waſſerpflanze und ſcheinen in ihren Handlungen von einem Willen beſeelt zu ſein. Am häufigſten läßt ſich das Männchen an jenen Binſen und zwar meiſt an der Spitze nieder und die Beobachtungen bezogen ſich zunächſt auf die näher ſtehenden, außerhalb des Waſſers befindlichen Pflanzen. Hatte ſich ein Männchen auf einer niedergelaſſen, ſo krümmte alsbald das Weibchen, welches hinter ihm in der Entfernung Platz griff, welche ihm der männliche, gerade ausgeſtreckte Hinterleib vorſchrieb, den ſeinigen bogenförmig, die Spitze deſſelben hinter ſeinen Füßen einſetzend, ſchob den ſäbelförmigen Legbohrer aus den beiden ſeitlichen Hornſcheiden hervor und drückte ihn in die Oberhaut der Binſe ein. Kaum war dieſes geſchehen, ſo kroch es einige Schritte an der Binſe herab, arbeitete von Neuem mit ſeinem Legapparate und fuhr in dieſer Weiſe fort, bis es, das Männchen natürlich mit ſich ziehend, am Grunde der Binſe angelangt war. Dann flogen beide davon, um an einer andern daſſelbe Geſchäft von oben bis unten aufs Neue zu beginnen. Die in dieſer Weiſe bearbeiteten Stengel ließen Reihen weißgelber Fleckchen erkennen; von oben nach unten war durch die Ver- wundung ein Streifchen Oberhaut abgetrennt, aber mit dem konveren Theile des Legapparats, nachdem derſelbe herausgezogen war, wieder angedrückt worden. Faſt hinter jeder dieſer Wunden lag in der hinter ihr befindlichen, geräumigen Luftzelle der Binſe ein Ei und zwar mit ſeinem ſpitzeren, dunkelbraunen Ende in den innern Theil der Hautſpalte eingeklemmt; das etwas dickere, abgerundete Ende des faſt cylindriſchen, ſonſt blaßgelb gefärbten Eies, ragte in die Zelle hinein. Dieſe hatte, wenn die Eier ſchon längere Zeit darin ſtaken, eine krankhafte, braune Farbe ange- nommen. Manchmal fand ſich hinter einer ſolchen Verwundung kein Ei; es war in dieſem Falle wahrſcheinlich dem Weibchen keine Zeit zum Ablegen deſſelben gelaſſen worden; denn das Männchen zeigt nicht immer gleiche Ausdauer, um ihm bis unten zu folgen, ſondern fliegt manchmal auf, noch ehe der ganze Weg zurückgelegt iſt. Als die Blicke des aufmerkſamen Beobachters weiter ſchweiften, gewahrten ſie auch Pärchen auf Binſen, die aus dem Waſſer hervorragten. Sie ließen ſich durch dieſes nicht abhalten, ihren gewohnten Weg bis zum Grunde der Pflanze fortzuſetzen, ſondern verſchwanden beide unter der Waſſerfläche, legten aber vorher ihre vier Flügel dicht zu- ſammen. Hatte ſich das Weibchen unter das Waſſer begeben, ſo rückte das Männchen ſchnell nach und jenes begann ſein Geſchäft nicht eher wieder, als bis auch dieſes ganz von Waſſer umgeben war; hier bog es ſeinen Hinterleib aber gerade ſo ſprenkelartig vom Stengel der Binſe ab, wie das Weibchen, ſo daß alle unter Waſſer befindlichen Pärchen, deren von Siebold eine große Anzahl beobachtete, mit ihren Leibern einen doppelten Bogen bildeten. Außerdem gewährten ſie einen überraſchenden Anblick durch ihren Silberglanz, indem an ihren Leibern, den Beinen und Flügeln Taſchenberg, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben. VI.) 29

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/479
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/479>, abgerufen am 24.11.2024.