Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.Larven der Wasserjungfern. zweiten Leibesringes sitzt. Die Umschlingung ist fest und innig, daß sie zunächst so leicht nicht gelöstwerden kann. Da beim Männchen die Ausgänge der Hoden im neunten Hinterleibssegmente liegen, so muß das zweite vor der Paarung von dort her erst die Samenflüssigkeit beziehen und sich damit anfüllen. Nach der Paarung läßt bei den meisten Arten das Männchen sein Weibchen wieder frei und dieses tanzt entweder in aufrechter Stellung über dem Wasser oder schneidet mit seiner kurzen Legröhre Wasserpflanzen an, um seine Eier unterzubringen. Die Larven der Libellen leben im Wasser und sind in Seen, Teichen und Sümpfen wie fließenden Gewässern für das übrige sich dort aufhaltende Geschmeiß dasselbe, was die Haifische den Meerbewohnern: gefürchtete, unersätt- liche Räuber. Obschon in den allgemeinen Körperumrissen dem vollkommenen Kerf zu vergleichen, weichen sie doch, abgesehen von den kleineren Augen, längeren Fühlern und dem gedrungeneren Leibe, in zwei Punkten, den Mundtheilen und Athmungswerkzeugen, wesentlich von ihnen ab. Die Unterlippe hat sich zu einem Raubarme, der sogenannten Maske umgestaltet, wie die nächste Abbildung (b, c, d) wahrnehmen läßt. Beim Vergleich mit dem Arme bildet der schmale Wurzeltheil, der in der Ruhe hinter der Kehle anliegt, den Oberarm, der breitere, dreieckige, durch ein Charniergelenk damit verbundene den in der Ruhelage dem ersten angedrückten, unter ihm liegenden Unterarm, und die zum Ergreifen der Veute bestimmte Zange die Hand. Weil das Ganze aber an der Stelle der Unterlippe steht, so müssen sich seine Theile auch auf dieses Organ deuten lassen. Der Oberarm wäre das Kinn, der Unterarm entspräche der Zunge und die am Jnnenrande oder an der Spitze gezähnten beiden Hälften der äußeren, mit den Tastern verwach- senen Laden dem Kiefer. Wenn diese letzteren sich flach ausbreiten, so daß der ganze Apparat in der Ruhelage blos von unten her den Mund schließt, und von oben unsichtbar bleibt, so heißt die Maske eine flache, wie in unserer Abbildung; ihr entgegen steht die Helmmaske, bei welcher die beiden Endhaken mit ihren Zähnen in einander greifen, sich wölben und in der Ruhe den Mund nicht bloß von unten, sondern auch seitlich und oben bedecken, wie bei den Gattungen Libellula, Cordulia, Epitheca. Wenn die Larve auf Raub ausgeht, so schnellt sie ihre Maske vor, greift damit weit aus und erfaßt mit den Zangen die Beute; indem sie jetzt ihren Fangarm wieder einzieht, führt sie jene nach dem Munde, wo sie mit den Kinnbacken schnell zerkleinert und nachher verschluckt wird. Als Wasserbewohner athmen die Larven durch Kiemen. Bei den einen erscheinen diese äußerlich als drei am Hinterleibsende sitzende, länglichrunde Blättchen und heißen Schwanzkiemen; bei den andern (größeren Arten) bleiben sie äußerlich unsichtbar und werden von der Stelle, an der sie angebracht sind, als Darmkiemen bezeichnet. Jn den Wänden des Mastdarms nämlich, welchen zwei dünnere Athmenröhren seiner ganzen Länge nach durchziehen, verlieren sich die beiden Hauptstämme der Tracheen und verzweigen sich in zahlreiche, quere Haut- falten mit feinen Aesten. Am After stehen drei dreikantige, stachelförmige Klappen (s. Fig. a), welche mittelst eines starken Muskelapparats das Wasser durch denselben ein und wieder heraus- lassen, und es werden auf diese Weise nicht nur die Tracheenkiemen fortwährend vom Wasser um- spült, sondern auch gleichzeitig rhythmische Schwimmbewegungen hervorgebracht. Hagen unterscheidet sechs verschiedene Grundformen der reisen Larven (Nymphen), von denen hier nur die der weiter unten zu besprechenden Gattungen Berücksichtigung finden können. Wenn die Larven nach mehr- maligen Häutungen und mindestens einjähriger Lebenszeit Flügelstumpfe erhalten haben und somit zur Nymphe herangereift sind, so scheinen sie darum ihrem Wasserleben noch nicht zu entsagen, sondern als solche noch 10 oder 11 Monde demselben treu zu bleiben; zuverlässige Beobachtungen über die Dauer des Larven- und Puppenstandes fehlen noch, und bei den kleineren Arten dürften sich die Verhältnisse vielleicht anders gestalten als bei den großen dickköpfigen. Jst die Puppe aber geneigt, das bisherige Leben im Wasser mit dem vollkommneren Leben in der Luft zu vertauschen, so kriecht sie einige Fuß an einer Wasserpflanze, einem im Wasser stehenden Pfahle empor, kehrt in ihrer innern Unruhe oder vielleicht durch die Witterung bestimmt, unter Umständen nochmals zurück; hat sie sich aber einmal außerhalb des Wassers festgesetzt, so ist der Augenblick ihrer Erlösung Larven der Waſſerjungfern. zweiten Leibesringes ſitzt. Die Umſchlingung iſt feſt und innig, daß ſie zunächſt ſo leicht nicht gelöſtwerden kann. Da beim Männchen die Ausgänge der Hoden im neunten Hinterleibsſegmente liegen, ſo muß das zweite vor der Paarung von dort her erſt die Samenflüſſigkeit beziehen und ſich damit anfüllen. Nach der Paarung läßt bei den meiſten Arten das Männchen ſein Weibchen wieder frei und dieſes tanzt entweder in aufrechter Stellung über dem Waſſer oder ſchneidet mit ſeiner kurzen Legröhre Waſſerpflanzen an, um ſeine Eier unterzubringen. Die Larven der Libellen leben im Waſſer und ſind in Seen, Teichen und Sümpfen wie fließenden Gewäſſern für das übrige ſich dort aufhaltende Geſchmeiß daſſelbe, was die Haifiſche den Meerbewohnern: gefürchtete, unerſätt- liche Räuber. Obſchon in den allgemeinen Körperumriſſen dem vollkommenen Kerf zu vergleichen, weichen ſie doch, abgeſehen von den kleineren Augen, längeren Fühlern und dem gedrungeneren Leibe, in zwei Punkten, den Mundtheilen und Athmungswerkzeugen, weſentlich von ihnen ab. Die Unterlippe hat ſich zu einem Raubarme, der ſogenannten Maske umgeſtaltet, wie die nächſte Abbildung (b, c, d) wahrnehmen läßt. Beim Vergleich mit dem Arme bildet der ſchmale Wurzeltheil, der in der Ruhe hinter der Kehle anliegt, den Oberarm, der breitere, dreieckige, durch ein Charniergelenk damit verbundene den in der Ruhelage dem erſten angedrückten, unter ihm liegenden Unterarm, und die zum Ergreifen der Veute beſtimmte Zange die Hand. Weil das Ganze aber an der Stelle der Unterlippe ſteht, ſo müſſen ſich ſeine Theile auch auf dieſes Organ deuten laſſen. Der Oberarm wäre das Kinn, der Unterarm entſpräche der Zunge und die am Jnnenrande oder an der Spitze gezähnten beiden Hälften der äußeren, mit den Taſtern verwach- ſenen Laden dem Kiefer. Wenn dieſe letzteren ſich flach ausbreiten, ſo daß der ganze Apparat in der Ruhelage blos von unten her den Mund ſchließt, und von oben unſichtbar bleibt, ſo heißt die Maske eine flache, wie in unſerer Abbildung; ihr entgegen ſteht die Helmmaske, bei welcher die beiden Endhaken mit ihren Zähnen in einander greifen, ſich wölben und in der Ruhe den Mund nicht bloß von unten, ſondern auch ſeitlich und oben bedecken, wie bei den Gattungen Libellula, Cordulia, Epitheca. Wenn die Larve auf Raub ausgeht, ſo ſchnellt ſie ihre Maske vor, greift damit weit aus und erfaßt mit den Zangen die Beute; indem ſie jetzt ihren Fangarm wieder einzieht, führt ſie jene nach dem Munde, wo ſie mit den Kinnbacken ſchnell zerkleinert und nachher verſchluckt wird. Als Waſſerbewohner athmen die Larven durch Kiemen. Bei den einen erſcheinen dieſe äußerlich als drei am Hinterleibsende ſitzende, länglichrunde Blättchen und heißen Schwanzkiemen; bei den andern (größeren Arten) bleiben ſie äußerlich unſichtbar und werden von der Stelle, an der ſie angebracht ſind, als Darmkiemen bezeichnet. Jn den Wänden des Maſtdarms nämlich, welchen zwei dünnere Athmenröhren ſeiner ganzen Länge nach durchziehen, verlieren ſich die beiden Hauptſtämme der Tracheen und verzweigen ſich in zahlreiche, quere Haut- falten mit feinen Aeſten. Am After ſtehen drei dreikantige, ſtachelförmige Klappen (ſ. Fig. a), welche mittelſt eines ſtarken Muskelapparats das Waſſer durch denſelben ein und wieder heraus- laſſen, und es werden auf dieſe Weiſe nicht nur die Tracheenkiemen fortwährend vom Waſſer um- ſpült, ſondern auch gleichzeitig rhythmiſche Schwimmbewegungen hervorgebracht. Hagen unterſcheidet ſechs verſchiedene Grundformen der reiſen Larven (Nymphen), von denen hier nur die der weiter unten zu beſprechenden Gattungen Berückſichtigung finden können. Wenn die Larven nach mehr- maligen Häutungen und mindeſtens einjähriger Lebenszeit Flügelſtumpfe erhalten haben und ſomit zur Nymphe herangereift ſind, ſo ſcheinen ſie darum ihrem Waſſerleben noch nicht zu entſagen, ſondern als ſolche noch 10 oder 11 Monde demſelben treu zu bleiben; zuverläſſige Beobachtungen über die Dauer des Larven- und Puppenſtandes fehlen noch, und bei den kleineren Arten dürften ſich die Verhältniſſe vielleicht anders geſtalten als bei den großen dickköpfigen. Jſt die Puppe aber geneigt, das bisherige Leben im Waſſer mit dem vollkommneren Leben in der Luft zu vertauſchen, ſo kriecht ſie einige Fuß an einer Waſſerpflanze, einem im Waſſer ſtehenden Pfahle empor, kehrt in ihrer innern Unruhe oder vielleicht durch die Witterung beſtimmt, unter Umſtänden nochmals zurück; hat ſie ſich aber einmal außerhalb des Waſſers feſtgeſetzt, ſo iſt der Augenblick ihrer Erlöſung <TEI> <text> <body> <floatingText> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0475" n="447"/><fw place="top" type="header">Larven der Waſſerjungfern.</fw><lb/> zweiten Leibesringes ſitzt. Die Umſchlingung iſt feſt und innig, daß ſie zunächſt ſo leicht nicht gelöſt<lb/> werden kann. Da beim Männchen die Ausgänge der Hoden im neunten Hinterleibsſegmente liegen,<lb/> ſo muß das zweite vor der Paarung von dort her erſt die Samenflüſſigkeit beziehen und ſich damit<lb/> anfüllen. 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Larven der Waſſerjungfern.
zweiten Leibesringes ſitzt. Die Umſchlingung iſt feſt und innig, daß ſie zunächſt ſo leicht nicht gelöſt
werden kann. Da beim Männchen die Ausgänge der Hoden im neunten Hinterleibsſegmente liegen,
ſo muß das zweite vor der Paarung von dort her erſt die Samenflüſſigkeit beziehen und ſich damit
anfüllen. Nach der Paarung läßt bei den meiſten Arten das Männchen ſein Weibchen wieder frei
und dieſes tanzt entweder in aufrechter Stellung über dem Waſſer oder ſchneidet mit ſeiner kurzen
Legröhre Waſſerpflanzen an, um ſeine Eier unterzubringen. Die Larven der Libellen leben im
Waſſer und ſind in Seen, Teichen und Sümpfen wie fließenden Gewäſſern für das übrige ſich
dort aufhaltende Geſchmeiß daſſelbe, was die Haifiſche den Meerbewohnern: gefürchtete, unerſätt-
liche Räuber. Obſchon in den allgemeinen Körperumriſſen dem vollkommenen Kerf zu vergleichen,
weichen ſie doch, abgeſehen von den kleineren Augen, längeren Fühlern und dem gedrungeneren
Leibe, in zwei Punkten, den Mundtheilen und Athmungswerkzeugen, weſentlich von ihnen ab.
Die Unterlippe hat ſich zu einem Raubarme, der ſogenannten Maske umgeſtaltet, wie die nächſte
Abbildung (b, c, d) wahrnehmen läßt. Beim Vergleich mit dem Arme bildet der ſchmale
Wurzeltheil, der in der Ruhe hinter der Kehle anliegt, den Oberarm, der breitere, dreieckige, durch
ein Charniergelenk damit verbundene den in der Ruhelage dem erſten angedrückten, unter ihm
liegenden Unterarm, und die zum Ergreifen der Veute beſtimmte Zange die Hand. Weil das
Ganze aber an der Stelle der Unterlippe ſteht, ſo müſſen ſich ſeine Theile auch auf dieſes Organ
deuten laſſen. Der Oberarm wäre das Kinn, der Unterarm entſpräche der Zunge und die am
Jnnenrande oder an der Spitze gezähnten beiden Hälften der äußeren, mit den Taſtern verwach-
ſenen Laden dem Kiefer. Wenn dieſe letzteren ſich flach ausbreiten, ſo daß der ganze Apparat
in der Ruhelage blos von unten her den Mund ſchließt, und von oben unſichtbar bleibt, ſo heißt
die Maske eine flache, wie in unſerer Abbildung; ihr entgegen ſteht die Helmmaske, bei
welcher die beiden Endhaken mit ihren Zähnen in einander greifen, ſich wölben und in der Ruhe
den Mund nicht bloß von unten, ſondern auch ſeitlich und oben bedecken, wie bei den Gattungen
Libellula, Cordulia, Epitheca. Wenn die Larve auf Raub ausgeht, ſo ſchnellt ſie ihre Maske
vor, greift damit weit aus und erfaßt mit den Zangen die Beute; indem ſie jetzt ihren Fangarm
wieder einzieht, führt ſie jene nach dem Munde, wo ſie mit den Kinnbacken ſchnell zerkleinert
und nachher verſchluckt wird. Als Waſſerbewohner athmen die Larven durch Kiemen. Bei den
einen erſcheinen dieſe äußerlich als drei am Hinterleibsende ſitzende, länglichrunde Blättchen und
heißen Schwanzkiemen; bei den andern (größeren Arten) bleiben ſie äußerlich unſichtbar und
werden von der Stelle, an der ſie angebracht ſind, als Darmkiemen bezeichnet. Jn den Wänden
des Maſtdarms nämlich, welchen zwei dünnere Athmenröhren ſeiner ganzen Länge nach durchziehen,
verlieren ſich die beiden Hauptſtämme der Tracheen und verzweigen ſich in zahlreiche, quere Haut-
falten mit feinen Aeſten. Am After ſtehen drei dreikantige, ſtachelförmige Klappen (ſ. Fig. a),
welche mittelſt eines ſtarken Muskelapparats das Waſſer durch denſelben ein und wieder heraus-
laſſen, und es werden auf dieſe Weiſe nicht nur die Tracheenkiemen fortwährend vom Waſſer um-
ſpült, ſondern auch gleichzeitig rhythmiſche Schwimmbewegungen hervorgebracht. Hagen unterſcheidet
ſechs verſchiedene Grundformen der reiſen Larven (Nymphen), von denen hier nur die der weiter
unten zu beſprechenden Gattungen Berückſichtigung finden können. Wenn die Larven nach mehr-
maligen Häutungen und mindeſtens einjähriger Lebenszeit Flügelſtumpfe erhalten haben und ſomit
zur Nymphe herangereift ſind, ſo ſcheinen ſie darum ihrem Waſſerleben noch nicht zu entſagen,
ſondern als ſolche noch 10 oder 11 Monde demſelben treu zu bleiben; zuverläſſige Beobachtungen
über die Dauer des Larven- und Puppenſtandes fehlen noch, und bei den kleineren Arten dürften
ſich die Verhältniſſe vielleicht anders geſtalten als bei den großen dickköpfigen. Jſt die Puppe aber
geneigt, das bisherige Leben im Waſſer mit dem vollkommneren Leben in der Luft zu vertauſchen,
ſo kriecht ſie einige Fuß an einer Waſſerpflanze, einem im Waſſer ſtehenden Pfahle empor, kehrt in
ihrer innern Unruhe oder vielleicht durch die Witterung beſtimmt, unter Umſtänden nochmals zurück;
hat ſie ſich aber einmal außerhalb des Waſſers feſtgeſetzt, ſo iſt der Augenblick ihrer Erlöſung
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