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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Rantenfleckige, gestriemte Köcherfliege.
man die Larven auch unter den Namen: Kärder, Sprocke, Sprockwürmer, Hülsen-
würmer.
Die oben abgebildete baut ihr Futteral aus sehr verschiedenen Stoffen, bald aus
feinen, quergelegten Grashälmchen, daß es wie ein Jgel aussieht, bald aus dickeren Halmen, wie
es die Abbildung (d) vorführt, bald aus längeren, der Länge nach geordneten Halmen, endlich
auch aus Spänen von Holz oder Rinde, die sehr unordentlich durch einander gemengt sind. Als
Einwohner aller dieser Gehäuse stellt sich die grünliche, vorn, so weit die sechs Beine reichen,
dunkle Larve (c) dar, welche, gleich allen andern, hinten mit zwei Hornhaken zum Festhalten ihres
Hänschens versehen ist. Sie hält sich in der Nähe von Schilf auf und zwar nahe der Oberfläche
des Wassers. Ende April, oder erst im Mai spinnt sie sich an Wassergewächsen an, verschließt
die Wohnung und wird zu einer gestreckten, sehr beweglichen Puppe (e), aus welcher nach 14 Tagen
die Fliege zum Vorschein kommt.

Die Larve der gestriemten Köcherfliege (Phryganea striata), einer in Deutschland
nirgends seltenen Wassermotte, ist im April erwachsen. Sie trägt am ersten Bauchringe fünf
Warzen, welche sich erheben und einsinken können; nimmt man sie aus dem Wasser, so werden
diese Warzen durch eine von ihnen abgesonderte Feuchtigkeit naß. Auf allen andern Ringen bemerkt
man zwei Büschel fleischiger Fäden, welche federbuschartig aufgerichtet werden können und zum
Athmen dienen. Freiwillig verläßt diese Larve so wenig, wie ein anderer Sprockwurm, ihr Gehäuse;
will man sie heraushaben, ohne dieses und sie selbst zu verletzen, so muß man sie allmälig und
behutsam von hinten mit einem Nadelknopfe vorschieben. Sie läßt sich auf diese Weise mit Wider-
streben heraustreiben, kriecht aber sogleich mit dem Kopfe voran wieder hinein und kehrt sich sodann
um, wenn man sie gewähren läßt. Bringt man sie nackt in ein Glas mit Wasser, auf welchem
allerlei leichte Körper, welche sie zum Banen eines Häuschens verwenden könnte, umherschwimmen,
so bewegt sie sich stundenlang unter denselben umher, ohne sie zu verwenden, wählt man aber
Stückchen alter Gehäuse, Splitter und andere Pflanzentheile, welche, von Wasser durchdrungen,
zu Boden sinken, so macht sie sich sogleich daran, setzt sich auf eines der längsten Stückchen,
schneidet von den Spänen oder Blättern Theilchen ab, heftet sie hinten an die Seiten des Grund-
stücks fast senkrecht, läßt andere nachfolgen, bis ein Kreis und mit ihm der Anfang des Futterales
fertig ist, welches nach und nach wächst und die Länge der Larve bekommt. Anfangs finden sich
noch Lücken, welche allmälig ausgefüllt werden und verschwinden. Erst dann, wenn Alles von
außen nach Wunsch geschlossen erscheint, wird das Jnnere mit einer zarten Seidenwand aus-
tapezirt. Die Seide aber, zum Aneinanderheften der äußeren Bekleidung und der inneren Tapete
kommt, wie bei den Schmetterlingsraupen, aus den Spinndrüfen, welche in der Unterlippe zwischen
den walzenförmigen Unterkiefern ihren Ausgang finden und die kräftigen Kinnbacken am hornigen
Kopfe zerlegen die Baumaterialien, wo es nöthig wird.

Vor der Verpuppung heftet die Larve ihr Gehäuse an einen Stein oder eine Wasserpflanze
und verschließt dann die beiden Enden mit einer Art Gitter aus Seidenschnüren, damit das zum
Athmen nöthige Wasser frei durchdringen, aber kein feindliches Raubinsekt an die wehrlose Puppe
gelangen könne. Da man schon im März dergleichen vergitterte Gehäuse findet, so scheinen
einzelne Puppen zu überwintern, was der Regel nach von der Larve gilt, welche sich meist im
Juli einspinnt. Die gelblichweiße Puppe hat einen schwarzen Seitenstreifen an den vier letzten
Gliedern, auf dem Rücken die Kiemenfäden und am Ende zwei Fleischzäpfchen. Am kleinen Kopfe
fallen die großen schwarzen Augen, vorn eine Art von Schnabel und darüber ein Haarbüschel
auf. Den Schnabel bilden zwei sich kreuzende Haken von brauner Farbe unter der vorspringenden
fleischigen Oberlippe; sie stellen, wie es scheint, den Oberkiefer dar und dienen wohl zum Durchbrechen
des Gitters, denn beim Ausschlüpfen der Fliege bleiben sie zurück. Diese hat ungefähr die Größe
der vorigen abgebildeten Art, als Genosse der heutigen Gattung Phryganea dicht anliegend
behaarte und kurz gewimperte Flügel, fast nackte Kiefertaster und Nebenaugen, 2, 3, 4 Sporen
an den Schienbeinen, von dem vordersten Paare an gerechnet, und den hinteren Ast des Kubitus

Taschenberg, wirbellose Thiere. (Brehm, Thierleben. VI.) 28

Rantenfleckige, geſtriemte Köcherfliege.
man die Larven auch unter den Namen: Kärder, Sprocke, Sprockwürmer, Hülſen-
würmer.
Die oben abgebildete baut ihr Futteral aus ſehr verſchiedenen Stoffen, bald aus
feinen, quergelegten Grashälmchen, daß es wie ein Jgel ausſieht, bald aus dickeren Halmen, wie
es die Abbildung (d) vorführt, bald aus längeren, der Länge nach geordneten Halmen, endlich
auch aus Spänen von Holz oder Rinde, die ſehr unordentlich durch einander gemengt ſind. Als
Einwohner aller dieſer Gehäuſe ſtellt ſich die grünliche, vorn, ſo weit die ſechs Beine reichen,
dunkle Larve (c) dar, welche, gleich allen andern, hinten mit zwei Hornhaken zum Feſthalten ihres
Hänschens verſehen iſt. Sie hält ſich in der Nähe von Schilf auf und zwar nahe der Oberfläche
des Waſſers. Ende April, oder erſt im Mai ſpinnt ſie ſich an Waſſergewächſen an, verſchließt
die Wohnung und wird zu einer geſtreckten, ſehr beweglichen Puppe (e), aus welcher nach 14 Tagen
die Fliege zum Vorſchein kommt.

Die Larve der geſtriemten Köcherfliege (Phryganea striata), einer in Deutſchland
nirgends ſeltenen Waſſermotte, iſt im April erwachſen. Sie trägt am erſten Bauchringe fünf
Warzen, welche ſich erheben und einſinken können; nimmt man ſie aus dem Waſſer, ſo werden
dieſe Warzen durch eine von ihnen abgeſonderte Feuchtigkeit naß. Auf allen andern Ringen bemerkt
man zwei Büſchel fleiſchiger Fäden, welche federbuſchartig aufgerichtet werden können und zum
Athmen dienen. Freiwillig verläßt dieſe Larve ſo wenig, wie ein anderer Sprockwurm, ihr Gehäuſe;
will man ſie heraushaben, ohne dieſes und ſie ſelbſt zu verletzen, ſo muß man ſie allmälig und
behutſam von hinten mit einem Nadelknopfe vorſchieben. Sie läßt ſich auf dieſe Weiſe mit Wider-
ſtreben heraustreiben, kriecht aber ſogleich mit dem Kopfe voran wieder hinein und kehrt ſich ſodann
um, wenn man ſie gewähren läßt. Bringt man ſie nackt in ein Glas mit Waſſer, auf welchem
allerlei leichte Körper, welche ſie zum Banen eines Häuschens verwenden könnte, umherſchwimmen,
ſo bewegt ſie ſich ſtundenlang unter denſelben umher, ohne ſie zu verwenden, wählt man aber
Stückchen alter Gehäuſe, Splitter und andere Pflanzentheile, welche, von Waſſer durchdrungen,
zu Boden ſinken, ſo macht ſie ſich ſogleich daran, ſetzt ſich auf eines der längſten Stückchen,
ſchneidet von den Spänen oder Blättern Theilchen ab, heftet ſie hinten an die Seiten des Grund-
ſtücks faſt ſenkrecht, läßt andere nachfolgen, bis ein Kreis und mit ihm der Anfang des Futterales
fertig iſt, welches nach und nach wächſt und die Länge der Larve bekommt. Anfangs finden ſich
noch Lücken, welche allmälig ausgefüllt werden und verſchwinden. Erſt dann, wenn Alles von
außen nach Wunſch geſchloſſen erſcheint, wird das Jnnere mit einer zarten Seidenwand aus-
tapezirt. Die Seide aber, zum Aneinanderheften der äußeren Bekleidung und der inneren Tapete
kommt, wie bei den Schmetterlingsraupen, aus den Spinndrüfen, welche in der Unterlippe zwiſchen
den walzenförmigen Unterkiefern ihren Ausgang finden und die kräftigen Kinnbacken am hornigen
Kopfe zerlegen die Baumaterialien, wo es nöthig wird.

Vor der Verpuppung heftet die Larve ihr Gehäuſe an einen Stein oder eine Waſſerpflanze
und verſchließt dann die beiden Enden mit einer Art Gitter aus Seidenſchnüren, damit das zum
Athmen nöthige Waſſer frei durchdringen, aber kein feindliches Raubinſekt an die wehrloſe Puppe
gelangen könne. Da man ſchon im März dergleichen vergitterte Gehäuſe findet, ſo ſcheinen
einzelne Puppen zu überwintern, was der Regel nach von der Larve gilt, welche ſich meiſt im
Juli einſpinnt. Die gelblichweiße Puppe hat einen ſchwarzen Seitenſtreifen an den vier letzten
Gliedern, auf dem Rücken die Kiemenfäden und am Ende zwei Fleiſchzäpfchen. Am kleinen Kopfe
fallen die großen ſchwarzen Augen, vorn eine Art von Schnabel und darüber ein Haarbüſchel
auf. Den Schnabel bilden zwei ſich kreuzende Haken von brauner Farbe unter der vorſpringenden
fleiſchigen Oberlippe; ſie ſtellen, wie es ſcheint, den Oberkiefer dar und dienen wohl zum Durchbrechen
des Gitters, denn beim Ausſchlüpfen der Fliege bleiben ſie zurück. Dieſe hat ungefähr die Größe
der vorigen abgebildeten Art, als Genoſſe der heutigen Gattung Phryganea dicht anliegend
behaarte und kurz gewimperte Flügel, faſt nackte Kiefertaſter und Nebenaugen, 2, 3, 4 Sporen
an den Schienbeinen, von dem vorderſten Paare an gerechnet, und den hinteren Aſt des Kubitus

Taſchenberg, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben. VI.) 28
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[433/0461] Rantenfleckige, geſtriemte Köcherfliege. man die Larven auch unter den Namen: Kärder, Sprocke, Sprockwürmer, Hülſen- würmer. Die oben abgebildete baut ihr Futteral aus ſehr verſchiedenen Stoffen, bald aus feinen, quergelegten Grashälmchen, daß es wie ein Jgel ausſieht, bald aus dickeren Halmen, wie es die Abbildung (d) vorführt, bald aus längeren, der Länge nach geordneten Halmen, endlich auch aus Spänen von Holz oder Rinde, die ſehr unordentlich durch einander gemengt ſind. Als Einwohner aller dieſer Gehäuſe ſtellt ſich die grünliche, vorn, ſo weit die ſechs Beine reichen, dunkle Larve (c) dar, welche, gleich allen andern, hinten mit zwei Hornhaken zum Feſthalten ihres Hänschens verſehen iſt. Sie hält ſich in der Nähe von Schilf auf und zwar nahe der Oberfläche des Waſſers. Ende April, oder erſt im Mai ſpinnt ſie ſich an Waſſergewächſen an, verſchließt die Wohnung und wird zu einer geſtreckten, ſehr beweglichen Puppe (e), aus welcher nach 14 Tagen die Fliege zum Vorſchein kommt. Die Larve der geſtriemten Köcherfliege (Phryganea striata), einer in Deutſchland nirgends ſeltenen Waſſermotte, iſt im April erwachſen. Sie trägt am erſten Bauchringe fünf Warzen, welche ſich erheben und einſinken können; nimmt man ſie aus dem Waſſer, ſo werden dieſe Warzen durch eine von ihnen abgeſonderte Feuchtigkeit naß. Auf allen andern Ringen bemerkt man zwei Büſchel fleiſchiger Fäden, welche federbuſchartig aufgerichtet werden können und zum Athmen dienen. Freiwillig verläßt dieſe Larve ſo wenig, wie ein anderer Sprockwurm, ihr Gehäuſe; will man ſie heraushaben, ohne dieſes und ſie ſelbſt zu verletzen, ſo muß man ſie allmälig und behutſam von hinten mit einem Nadelknopfe vorſchieben. Sie läßt ſich auf dieſe Weiſe mit Wider- ſtreben heraustreiben, kriecht aber ſogleich mit dem Kopfe voran wieder hinein und kehrt ſich ſodann um, wenn man ſie gewähren läßt. Bringt man ſie nackt in ein Glas mit Waſſer, auf welchem allerlei leichte Körper, welche ſie zum Banen eines Häuschens verwenden könnte, umherſchwimmen, ſo bewegt ſie ſich ſtundenlang unter denſelben umher, ohne ſie zu verwenden, wählt man aber Stückchen alter Gehäuſe, Splitter und andere Pflanzentheile, welche, von Waſſer durchdrungen, zu Boden ſinken, ſo macht ſie ſich ſogleich daran, ſetzt ſich auf eines der längſten Stückchen, ſchneidet von den Spänen oder Blättern Theilchen ab, heftet ſie hinten an die Seiten des Grund- ſtücks faſt ſenkrecht, läßt andere nachfolgen, bis ein Kreis und mit ihm der Anfang des Futterales fertig iſt, welches nach und nach wächſt und die Länge der Larve bekommt. Anfangs finden ſich noch Lücken, welche allmälig ausgefüllt werden und verſchwinden. Erſt dann, wenn Alles von außen nach Wunſch geſchloſſen erſcheint, wird das Jnnere mit einer zarten Seidenwand aus- tapezirt. Die Seide aber, zum Aneinanderheften der äußeren Bekleidung und der inneren Tapete kommt, wie bei den Schmetterlingsraupen, aus den Spinndrüfen, welche in der Unterlippe zwiſchen den walzenförmigen Unterkiefern ihren Ausgang finden und die kräftigen Kinnbacken am hornigen Kopfe zerlegen die Baumaterialien, wo es nöthig wird. Vor der Verpuppung heftet die Larve ihr Gehäuſe an einen Stein oder eine Waſſerpflanze und verſchließt dann die beiden Enden mit einer Art Gitter aus Seidenſchnüren, damit das zum Athmen nöthige Waſſer frei durchdringen, aber kein feindliches Raubinſekt an die wehrloſe Puppe gelangen könne. Da man ſchon im März dergleichen vergitterte Gehäuſe findet, ſo ſcheinen einzelne Puppen zu überwintern, was der Regel nach von der Larve gilt, welche ſich meiſt im Juli einſpinnt. Die gelblichweiße Puppe hat einen ſchwarzen Seitenſtreifen an den vier letzten Gliedern, auf dem Rücken die Kiemenfäden und am Ende zwei Fleiſchzäpfchen. Am kleinen Kopfe fallen die großen ſchwarzen Augen, vorn eine Art von Schnabel und darüber ein Haarbüſchel auf. Den Schnabel bilden zwei ſich kreuzende Haken von brauner Farbe unter der vorſpringenden fleiſchigen Oberlippe; ſie ſtellen, wie es ſcheint, den Oberkiefer dar und dienen wohl zum Durchbrechen des Gitters, denn beim Ausſchlüpfen der Fliege bleiben ſie zurück. Dieſe hat ungefähr die Größe der vorigen abgebildeten Art, als Genoſſe der heutigen Gattung Phryganea dicht anliegend behaarte und kurz gewimperte Flügel, faſt nackte Kiefertaſter und Nebenaugen, 2, 3, 4 Sporen an den Schienbeinen, von dem vorderſten Paare an gerechnet, und den hinteren Aſt des Kubitus Taſchenberg, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben. VI.) 28

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/461>, abgerufen am 23.11.2024.