ob die verderblichen Fliegenlarven gerade die hier besprochenen Arten sind, da es noch sehr viele andere gibt, welche ganz ebenso leben. Erwiesen ist z. B., daß die Maden von Sarcophaga latifrons aus Ohrgeschwüren herausgeschnitten worden sind, und in einem andern Falle waren es mit großer Wahrscheinlichkeit dieselben, welche den innern Augenwinkel eines Knaben, der im Freien eingeschlafen war, in einer Weise verletzt hatten, daß er die Sehkraft verlor. Unter allen Umständen geht aus den angeführten Beispielen hervor, wie gefährlich es ist, während der warmen Jahreszeit im Freien zu schlafen, da die von Seiten an sich harmloser Geschöpfe uns drohenden Gefahren größere Bedeutung haben, als wir zu glauben geneigt sind.
Vor Zeiten hat es nicht an Leuten gefehlt, welche behaupteten, dergleichen Maden entständen von selbst an faulenden Gegenständen und die, einen Todten aufzehrenden, sogenannten "Leichen- würmer" seien nichts weiter als die sichtlichen Zeichen seines sündlichen Lebens. Heut zu Tage glaubt kein vernünftiger Mensch solchen Unsinn mehr, sondern weiß, daß diese oder andere Fliegen ihre Eier an den Leichnam absetzten, wenn es auch Niemand mit ansah.
Je nach den Umständen: günstiger Witterung und nahrhafter reichlicher Kost, sind die Maden in 8 bis 14 Tagen erwachsen. Neuerdings hat Leuckart die interessante Beobachtung an denen der Schmeißfliege und der schönen großen Goldfliege (M. caesarea) gemacht, welche schon bei den Oestriden und den bald zu erwähnenden Pupiparen angestellt worden waren, daß während ihres Wachsthums Veränderungen an den Mundtheilen und Stigmen vorgehen und in dieser Hinsicht drei Stufen anzunehmen seien, deren erste 12, deren zweite 36 Stunden und deren dritte von da bis zur Verwandlung danert. Behufs dieser gehen sie auseinander und suchen, wenn es sein kann, die Erde auf; sie bringen die Verpuppung auch ohne diese fertig, aber nach großer Unruhe und merklichem Unbehagen. Nach durchschnittlich 14 Tagen hat sich im Tönnchen die Fliege so weit entwickelt, daß sie durch Aufblähen ihres Kopfes dasselbe sprengt und daraus hervorkommt, was stets am Tage, nie des Abends oder Nachts geschieht. Es versteht sich von selbst, daß die im Spätherbst erst erwachsenen Maden als Puppen überwintern, und sodann geht weiter aus dem Gesagten hervor, daß bei mehreren Generationen im Jahre das Fliegenvolk zu einer unermeßlichen Zahl heranwachsen müßte, wenn Thiere und Menschen ihm nicht auffässig wären.
Jm Spätsommer pflegt sich noch eine andere Art von Fliegen in den Zimmern einzustellen, besonders wenn Viehställe nicht fern sind, welche von ihrer blutsangenden Eigenschaft den Namen Stechfliege, Wadenstecher (Stomoxys caleitraus) erhalten hat. Die graue Fliege gleicht in Körpertracht und Färbung ungemein der kaum größeren Stubenfliege, von welcher sie sich jedoch durch den wagrecht aus dem Maule vorstehenden Stechrüssel leicht unterscheidet; überdieß trägt sie eine gekämmte, will sagen, nur an der Oberseite gefiederte Fühlerborste und hat auf dem Rückenschild drei breit weißliche, an der Naht unterbrochene Striemen. Die kegelförmige, hinten abgerundete Larve ist milchweiß, glatt und glänzend, vorn zweitheilig; die ungleichen Haken des strahlenartig gerunzelten Mundes sehen trotzdem bei ihrer großen Nachbarschaft wie nur einer aus. Am Prothorax erscheint der ringförmig aufgetriebene Vorderrand scharf, die gelben, muschel- förmigen Stigmenträger zerfallen in je sechs kenlenförmige Theile, die des halbkugelförmigen Aftersegments bilden ziemlich große, schwarzbraun eingefaßte kreisrunde Flächen, auf welchen je drei Luftlöcher im Dreieck stehen. Das beschriebene Thier ist vier Linien lang und lebt im Sommer und Herbst gesellschaftlich mit den Stubenfliegenmaden im warmen Pferdemiste, entwickelt sich aber langsamer als diese. Die Puppe ist blaß rothbraun, fein in die Quere gestrichelt, und die vordersten Luftlöcher der künftigen Fliege erscheinen, wie bei allen Musciden, am Hinterrande des vierten Leibesringes als kegelförmige, nach vorn gerichtete Hörnchen, während die hintersten da liegen, wo sie die Made hat. Die Puppenruhe dauert vier bis sechs Wochen.
Die wenigen, näher besprochenen Musciden treten nebst ihren nächsten Verwandten in den Hintergrund gegen das große Heer der Blumenfliegen (Anthomyiden), welche in ihrem äußern
Stechfliege. Blumenfliege.
ob die verderblichen Fliegenlarven gerade die hier beſprochenen Arten ſind, da es noch ſehr viele andere gibt, welche ganz ebenſo leben. Erwieſen iſt z. B., daß die Maden von Sarcophaga latifrons aus Ohrgeſchwüren herausgeſchnitten worden ſind, und in einem andern Falle waren es mit großer Wahrſcheinlichkeit dieſelben, welche den innern Augenwinkel eines Knaben, der im Freien eingeſchlafen war, in einer Weiſe verletzt hatten, daß er die Sehkraft verlor. Unter allen Umſtänden geht aus den angeführten Beiſpielen hervor, wie gefährlich es iſt, während der warmen Jahreszeit im Freien zu ſchlafen, da die von Seiten an ſich harmloſer Geſchöpfe uns drohenden Gefahren größere Bedeutung haben, als wir zu glauben geneigt ſind.
Vor Zeiten hat es nicht an Leuten gefehlt, welche behaupteten, dergleichen Maden entſtänden von ſelbſt an faulenden Gegenſtänden und die, einen Todten aufzehrenden, ſogenannten „Leichen- würmer“ ſeien nichts weiter als die ſichtlichen Zeichen ſeines ſündlichen Lebens. Heut zu Tage glaubt kein vernünftiger Menſch ſolchen Unſinn mehr, ſondern weiß, daß dieſe oder andere Fliegen ihre Eier an den Leichnam abſetzten, wenn es auch Niemand mit anſah.
Je nach den Umſtänden: günſtiger Witterung und nahrhafter reichlicher Koſt, ſind die Maden in 8 bis 14 Tagen erwachſen. Neuerdings hat Leuckart die intereſſante Beobachtung an denen der Schmeißfliege und der ſchönen großen Goldfliege (M. caesarea) gemacht, welche ſchon bei den Oeſtriden und den bald zu erwähnenden Pupiparen angeſtellt worden waren, daß während ihres Wachsthums Veränderungen an den Mundtheilen und Stigmen vorgehen und in dieſer Hinſicht drei Stufen anzunehmen ſeien, deren erſte 12, deren zweite 36 Stunden und deren dritte von da bis zur Verwandlung danert. Behufs dieſer gehen ſie auseinander und ſuchen, wenn es ſein kann, die Erde auf; ſie bringen die Verpuppung auch ohne dieſe fertig, aber nach großer Unruhe und merklichem Unbehagen. Nach durchſchnittlich 14 Tagen hat ſich im Tönnchen die Fliege ſo weit entwickelt, daß ſie durch Aufblähen ihres Kopfes daſſelbe ſprengt und daraus hervorkommt, was ſtets am Tage, nie des Abends oder Nachts geſchieht. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß die im Spätherbſt erſt erwachſenen Maden als Puppen überwintern, und ſodann geht weiter aus dem Geſagten hervor, daß bei mehreren Generationen im Jahre das Fliegenvolk zu einer unermeßlichen Zahl heranwachſen müßte, wenn Thiere und Menſchen ihm nicht auffäſſig wären.
Jm Spätſommer pflegt ſich noch eine andere Art von Fliegen in den Zimmern einzuſtellen, beſonders wenn Viehſtälle nicht fern ſind, welche von ihrer blutſangenden Eigenſchaft den Namen Stechfliege, Wadenſtecher (Stomoxys caleitraus) erhalten hat. Die graue Fliege gleicht in Körpertracht und Färbung ungemein der kaum größeren Stubenfliege, von welcher ſie ſich jedoch durch den wagrecht aus dem Maule vorſtehenden Stechrüſſel leicht unterſcheidet; überdieß trägt ſie eine gekämmte, will ſagen, nur an der Oberſeite gefiederte Fühlerborſte und hat auf dem Rückenſchild drei breit weißliche, an der Naht unterbrochene Striemen. Die kegelförmige, hinten abgerundete Larve iſt milchweiß, glatt und glänzend, vorn zweitheilig; die ungleichen Haken des ſtrahlenartig gerunzelten Mundes ſehen trotzdem bei ihrer großen Nachbarſchaft wie nur einer aus. Am Prothorax erſcheint der ringförmig aufgetriebene Vorderrand ſcharf, die gelben, muſchel- förmigen Stigmenträger zerfallen in je ſechs kenlenförmige Theile, die des halbkugelförmigen Afterſegments bilden ziemlich große, ſchwarzbraun eingefaßte kreisrunde Flächen, auf welchen je drei Luftlöcher im Dreieck ſtehen. Das beſchriebene Thier iſt vier Linien lang und lebt im Sommer und Herbſt geſellſchaftlich mit den Stubenfliegenmaden im warmen Pferdemiſte, entwickelt ſich aber langſamer als dieſe. Die Puppe iſt blaß rothbraun, fein in die Quere geſtrichelt, und die vorderſten Luftlöcher der künftigen Fliege erſcheinen, wie bei allen Musciden, am Hinterrande des vierten Leibesringes als kegelförmige, nach vorn gerichtete Hörnchen, während die hinterſten da liegen, wo ſie die Made hat. Die Puppenruhe dauert vier bis ſechs Wochen.
Die wenigen, näher beſprochenen Musciden treten nebſt ihren nächſten Verwandten in den Hintergrund gegen das große Heer der Blumenfliegen (Anthomyiden), welche in ihrem äußern
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Stechfliege. Blumenfliege.
ob die verderblichen Fliegenlarven gerade die hier beſprochenen Arten ſind, da es noch ſehr viele
andere gibt, welche ganz ebenſo leben. Erwieſen iſt z. B., daß die Maden von Sarcophaga
latifrons aus Ohrgeſchwüren herausgeſchnitten worden ſind, und in einem andern Falle waren es
mit großer Wahrſcheinlichkeit dieſelben, welche den innern Augenwinkel eines Knaben, der im
Freien eingeſchlafen war, in einer Weiſe verletzt hatten, daß er die Sehkraft verlor. Unter allen
Umſtänden geht aus den angeführten Beiſpielen hervor, wie gefährlich es iſt, während der warmen
Jahreszeit im Freien zu ſchlafen, da die von Seiten an ſich harmloſer Geſchöpfe uns drohenden
Gefahren größere Bedeutung haben, als wir zu glauben geneigt ſind.
Vor Zeiten hat es nicht an Leuten gefehlt, welche behaupteten, dergleichen Maden entſtänden
von ſelbſt an faulenden Gegenſtänden und die, einen Todten aufzehrenden, ſogenannten „Leichen-
würmer“ ſeien nichts weiter als die ſichtlichen Zeichen ſeines ſündlichen Lebens. Heut zu Tage
glaubt kein vernünftiger Menſch ſolchen Unſinn mehr, ſondern weiß, daß dieſe oder andere Fliegen
ihre Eier an den Leichnam abſetzten, wenn es auch Niemand mit anſah.
Je nach den Umſtänden: günſtiger Witterung und nahrhafter reichlicher Koſt, ſind die Maden
in 8 bis 14 Tagen erwachſen. Neuerdings hat Leuckart die intereſſante Beobachtung an denen
der Schmeißfliege und der ſchönen großen Goldfliege (M. caesarea) gemacht, welche ſchon bei den
Oeſtriden und den bald zu erwähnenden Pupiparen angeſtellt worden waren, daß während ihres
Wachsthums Veränderungen an den Mundtheilen und Stigmen vorgehen und in dieſer Hinſicht
drei Stufen anzunehmen ſeien, deren erſte 12, deren zweite 36 Stunden und deren dritte von da
bis zur Verwandlung danert. Behufs dieſer gehen ſie auseinander und ſuchen, wenn es ſein kann,
die Erde auf; ſie bringen die Verpuppung auch ohne dieſe fertig, aber nach großer Unruhe und
merklichem Unbehagen. Nach durchſchnittlich 14 Tagen hat ſich im Tönnchen die Fliege ſo weit
entwickelt, daß ſie durch Aufblähen ihres Kopfes daſſelbe ſprengt und daraus hervorkommt, was
ſtets am Tage, nie des Abends oder Nachts geſchieht. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß die im
Spätherbſt erſt erwachſenen Maden als Puppen überwintern, und ſodann geht weiter aus dem
Geſagten hervor, daß bei mehreren Generationen im Jahre das Fliegenvolk zu einer unermeßlichen
Zahl heranwachſen müßte, wenn Thiere und Menſchen ihm nicht auffäſſig wären.
Jm Spätſommer pflegt ſich noch eine andere Art von Fliegen in den Zimmern einzuſtellen,
beſonders wenn Viehſtälle nicht fern ſind, welche von ihrer blutſangenden Eigenſchaft den Namen
Stechfliege, Wadenſtecher (Stomoxys caleitraus) erhalten hat. Die graue Fliege gleicht in
Körpertracht und Färbung ungemein der kaum größeren Stubenfliege, von welcher ſie ſich jedoch
durch den wagrecht aus dem Maule vorſtehenden Stechrüſſel leicht unterſcheidet; überdieß
trägt ſie eine gekämmte, will ſagen, nur an der Oberſeite gefiederte Fühlerborſte und hat auf
dem Rückenſchild drei breit weißliche, an der Naht unterbrochene Striemen. Die kegelförmige,
hinten abgerundete Larve iſt milchweiß, glatt und glänzend, vorn zweitheilig; die ungleichen Haken
des ſtrahlenartig gerunzelten Mundes ſehen trotzdem bei ihrer großen Nachbarſchaft wie nur einer
aus. Am Prothorax erſcheint der ringförmig aufgetriebene Vorderrand ſcharf, die gelben, muſchel-
förmigen Stigmenträger zerfallen in je ſechs kenlenförmige Theile, die des halbkugelförmigen
Afterſegments bilden ziemlich große, ſchwarzbraun eingefaßte kreisrunde Flächen, auf welchen je
drei Luftlöcher im Dreieck ſtehen. Das beſchriebene Thier iſt vier Linien lang und lebt im Sommer
und Herbſt geſellſchaftlich mit den Stubenfliegenmaden im warmen Pferdemiſte, entwickelt ſich aber
langſamer als dieſe. Die Puppe iſt blaß rothbraun, fein in die Quere geſtrichelt, und die vorderſten
Luftlöcher der künftigen Fliege erſcheinen, wie bei allen Musciden, am Hinterrande des vierten
Leibesringes als kegelförmige, nach vorn gerichtete Hörnchen, während die hinterſten da liegen, wo
ſie die Made hat. Die Puppenruhe dauert vier bis ſechs Wochen.
Die wenigen, näher beſprochenen Musciden treten nebſt ihren nächſten Verwandten in den
Hintergrund gegen das große Heer der Blumenfliegen (Anthomyiden), welche in ihrem äußern
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/437>, abgerufen am 24.11.2024.
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