Das befruchtete Weibchen legt die Eier an die Nasenlöcher der Schafe. Die daraus hervor- schlüpfenden Lärvchen arbeiten sich in der Nase in die Höhe bis zur Stirnhöhle und ernähren sich vom Schleim, dessen Absonderung durch sie vermehrt wird; man findet selten mehr als sieben bis acht dieser sogenannten "Grübler" in der Nase eines Schafs und zwar von verschiedener Größe. Zwei Hornhaken vorn dienen ihnen zum Festhalten. Nach ungefähr neun Monaten sind sie erwachsen, dann lassen sie sich herausnießen, gehen senk- recht in die Erde und verwandeln sich in eine Tonnenpuppe (c), welche sieben bis acht Wochen zu ihrer Entwickelung gebraucht. Daß die Drehkrankheit der Schafe nicht von den Grüblern herrühre, wie man früher meinte, ist schon längst
[Abbildung]
Nasenbreme des Schafes (Oestrus ovis). a Fliege. b Larve (vergrößert). c Puppe von der Bauchseite.
erkannt worden. -- Jn gleicher Weise lebt die Larve von O. maculatus in der Nasenhöhle des Büffels und Kameles, die der Pharyngomyia picta in der Nase und Nachenhöhle des Edelhirsches, die der Cephenomyia rufibarbis desgleichen, die der C. stimulator beim Rehe, der C. trompe im Renthiere.
Um schließlich auch einen Bewohner von Dasselbeulen vorzuführen, wurde die Rindsbies- fliege, Hautbreme des Rinds (Hypoderma bovis) gewählt. Das Thier ist schwarz, an Schienen und Füßen rothgelb, der Körper dicht behaart, am zweiten und dritten Hinterleibsringe schwarz, an der Spitze gelb, sonst weiß oder grauweiß; auf dem Rückenschilde treten einige stumpfe Längsleisten deutlich hervor.
[Abbildung]
Hautbreme des Rindes(Hypoderma boris). a Fliege. b Larve (beide vergrößert). c Tonnenpuppe.
Diese, wie die ver- wandten Arten, schwärmen lebhaft und auf hochgelegenen Punkten umher. Die Weib- chen legen ihre Eier, wie alle übrigen, an die Haut oder die Haare der Wohn- thiere, nicht in dieselbe. Die ausgeschlüpfte Larve, mit Bohrzeug vorn ausge- rüstet, arbeitet sich stoßweise in das Zellgewebe der Unterhaut. Erst mit der Zeit entsteht die nach außen geöffnete, eiternde Dasselbenle in der Oberhaut. Die reife Made (b) verläßt früh zwischen sechs und acht Uhr die Beule, bleibt auf der Erde liegen und wird zur Tonnenpuppe (c), welche je nach den Umständen vier bis sieben Wochen zu ihrer Entwickelung bedarf. -- Ebenso leben die Larven von H. Diana und Actaeon, jene am Reh, diese am Hirsche, H. tarandi in den Dassel- beulen der Renthiere. Auf die eine oder andere Weise werden die genannten Thiere heimgesucht, selbst Nashörner und Elefanten sollen von ihnen nicht verschont bleiben. Die Oestriden verbreiten sich somit auf der ganzen Erde, nur in Neuholland hat man ihr Vorkommen noch nicht nachgewiesen.
Die Zweiflügter. Fliegen.
Das befruchtete Weibchen legt die Eier an die Naſenlöcher der Schafe. Die daraus hervor- ſchlüpfenden Lärvchen arbeiten ſich in der Naſe in die Höhe bis zur Stirnhöhle und ernähren ſich vom Schleim, deſſen Abſonderung durch ſie vermehrt wird; man findet ſelten mehr als ſieben bis acht dieſer ſogenannten „Grübler“ in der Naſe eines Schafs und zwar von verſchiedener Größe. Zwei Hornhaken vorn dienen ihnen zum Feſthalten. Nach ungefähr neun Monaten ſind ſie erwachſen, dann laſſen ſie ſich herausnießen, gehen ſenk- recht in die Erde und verwandeln ſich in eine Tonnenpuppe (c), welche ſieben bis acht Wochen zu ihrer Entwickelung gebraucht. Daß die Drehkrankheit der Schafe nicht von den Grüblern herrühre, wie man früher meinte, iſt ſchon längſt
[Abbildung]
Naſenbreme des Schafes (Oestrus ovis). a Fliege. b Larve (vergrößert). c Puppe von der Bauchſeite.
erkannt worden. — Jn gleicher Weiſe lebt die Larve von O. maculatus in der Naſenhöhle des Büffels und Kameles, die der Pharyngomyia picta in der Naſe und Nachenhöhle des Edelhirſches, die der Cephenomyia rufibarbis desgleichen, die der C. stimulator beim Rehe, der C. trompe im Renthiere.
Um ſchließlich auch einen Bewohner von Daſſelbeulen vorzuführen, wurde die Rindsbies- fliege, Hautbreme des Rinds (Hypoderma bovis) gewählt. Das Thier iſt ſchwarz, an Schienen und Füßen rothgelb, der Körper dicht behaart, am zweiten und dritten Hinterleibsringe ſchwarz, an der Spitze gelb, ſonſt weiß oder grauweiß; auf dem Rückenſchilde treten einige ſtumpfe Längsleiſten deutlich hervor.
[Abbildung]
Hautbreme des Rindes(Hypoderma boris). a Fliege. b Larve (beide vergrößert). c Tonnenpuppe.
Dieſe, wie die ver- wandten Arten, ſchwärmen lebhaft und auf hochgelegenen Punkten umher. Die Weib- chen legen ihre Eier, wie alle übrigen, an die Haut oder die Haare der Wohn- thiere, nicht in dieſelbe. Die ausgeſchlüpfte Larve, mit Bohrzeug vorn ausge- rüſtet, arbeitet ſich ſtoßweiſe in das Zellgewebe der Unterhaut. Erſt mit der Zeit entſteht die nach außen geöffnete, eiternde Daſſelbenle in der Oberhaut. Die reife Made (b) verläßt früh zwiſchen ſechs und acht Uhr die Beule, bleibt auf der Erde liegen und wird zur Tonnenpuppe (c), welche je nach den Umſtänden vier bis ſieben Wochen zu ihrer Entwickelung bedarf. — Ebenſo leben die Larven von H. Diana und Actaeon, jene am Reh, dieſe am Hirſche, H. tarandi in den Daſſel- beulen der Renthiere. Auf die eine oder andere Weiſe werden die genannten Thiere heimgeſucht, ſelbſt Nashörner und Elefanten ſollen von ihnen nicht verſchont bleiben. Die Oeſtriden verbreiten ſich ſomit auf der ganzen Erde, nur in Neuholland hat man ihr Vorkommen noch nicht nachgewieſen.
<TEI><text><body><floatingText><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0432"n="406"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Die Zweiflügter. Fliegen.</hi></fw><lb/>
Das befruchtete Weibchen legt die Eier an die Naſenlöcher der Schafe. Die daraus hervor-<lb/>ſchlüpfenden Lärvchen arbeiten ſich in der Naſe in die Höhe bis zur Stirnhöhle und ernähren ſich<lb/>
vom Schleim, deſſen Abſonderung<lb/>
durch ſie vermehrt wird; man findet<lb/>ſelten mehr als ſieben bis acht dieſer<lb/>ſogenannten „Grübler“ in der Naſe<lb/>
eines Schafs und zwar von verſchiedener<lb/>
Größe. Zwei Hornhaken vorn dienen<lb/>
ihnen zum Feſthalten. Nach ungefähr<lb/>
neun Monaten ſind ſie erwachſen, dann<lb/>
laſſen ſie ſich herausnießen, gehen ſenk-<lb/>
recht in die Erde und verwandeln ſich<lb/>
in eine Tonnenpuppe (<hirendition="#aq">c</hi>), welche ſieben<lb/>
bis acht Wochen zu ihrer Entwickelung<lb/>
gebraucht. Daß die Drehkrankheit der<lb/>
Schafe nicht von den Grüblern herrühre,<lb/>
wie man früher meinte, iſt ſchon längſt<lb/><figure><head><hirendition="#c"><hirendition="#g">Naſenbreme des Schafes</hi> (<hirendition="#aq">Oestrus ovis).<lb/>
a</hi> Fliege. <hirendition="#aq">b</hi> Larve (vergrößert). <hirendition="#aq">c</hi> Puppe von der Bauchſeite.</hi></head></figure><lb/>
erkannt worden. — Jn gleicher Weiſe lebt die Larve von <hirendition="#aq">O. maculatus</hi> in der Naſenhöhle des<lb/>
Büffels und Kameles, die der <hirendition="#aq">Pharyngomyia picta</hi> in der Naſe und Nachenhöhle des Edelhirſches,<lb/>
die der <hirendition="#aq">Cephenomyia rufibarbis</hi> desgleichen, die der <hirendition="#aq">C. stimulator</hi> beim Rehe, der <hirendition="#aq">C. trompe</hi> im<lb/>
Renthiere.</p><lb/><p>Um ſchließlich auch einen Bewohner von Daſſelbeulen vorzuführen, wurde die <hirendition="#g">Rindsbies-<lb/>
fliege, Hautbreme des Rinds</hi> (<hirendition="#aq">Hypoderma bovis</hi>) gewählt. Das Thier iſt ſchwarz, an<lb/>
Schienen und Füßen rothgelb, der Körper dicht behaart, am zweiten und dritten Hinterleibsringe<lb/>ſchwarz, an der Spitze gelb,<lb/>ſonſt weiß oder grauweiß;<lb/>
auf dem Rückenſchilde treten<lb/>
einige ſtumpfe Längsleiſten<lb/>
deutlich hervor.</p><lb/><figure><head><hirendition="#c"><hirendition="#g">Hautbreme des Rindes</hi><hirendition="#aq">(Hypoderma boris).<lb/>
a</hi> Fliege. <hirendition="#aq">b</hi> Larve (beide vergrößert). <hirendition="#aq">c</hi> Tonnenpuppe.</hi></head></figure><lb/><p>Dieſe, wie die ver-<lb/>
wandten Arten, ſchwärmen<lb/>
lebhaft und auf hochgelegenen<lb/>
Punkten umher. Die Weib-<lb/>
chen legen ihre Eier, wie<lb/>
alle übrigen, an die Haut<lb/>
oder die Haare der Wohn-<lb/>
thiere, nicht in dieſelbe.<lb/>
Die ausgeſchlüpfte Larve,<lb/>
mit Bohrzeug vorn ausge-<lb/>
rüſtet, arbeitet ſich ſtoßweiſe in das Zellgewebe der Unterhaut. Erſt mit der Zeit entſteht die nach<lb/>
außen geöffnete, eiternde Daſſelbenle in der Oberhaut. Die reife Made (<hirendition="#aq">b</hi>) verläßt früh zwiſchen<lb/>ſechs und acht Uhr die Beule, bleibt auf der Erde liegen und wird zur Tonnenpuppe (<hirendition="#aq">c</hi>), welche<lb/>
je nach den Umſtänden vier bis ſieben Wochen zu ihrer Entwickelung bedarf. — Ebenſo leben die<lb/>
Larven von <hirendition="#aq">H. Diana</hi> und <hirendition="#aq">Actaeon,</hi> jene am Reh, dieſe am Hirſche, <hirendition="#aq">H. tarandi</hi> in den Daſſel-<lb/>
beulen der Renthiere. Auf die eine oder andere Weiſe werden die genannten Thiere heimgeſucht,<lb/>ſelbſt Nashörner und Elefanten ſollen von ihnen nicht verſchont bleiben. Die Oeſtriden verbreiten<lb/>ſich ſomit auf der ganzen Erde, nur in Neuholland hat man ihr Vorkommen noch nicht nachgewieſen.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></div></div></body></floatingText></body></text></TEI>
[406/0432]
Die Zweiflügter. Fliegen.
Das befruchtete Weibchen legt die Eier an die Naſenlöcher der Schafe. Die daraus hervor-
ſchlüpfenden Lärvchen arbeiten ſich in der Naſe in die Höhe bis zur Stirnhöhle und ernähren ſich
vom Schleim, deſſen Abſonderung
durch ſie vermehrt wird; man findet
ſelten mehr als ſieben bis acht dieſer
ſogenannten „Grübler“ in der Naſe
eines Schafs und zwar von verſchiedener
Größe. Zwei Hornhaken vorn dienen
ihnen zum Feſthalten. Nach ungefähr
neun Monaten ſind ſie erwachſen, dann
laſſen ſie ſich herausnießen, gehen ſenk-
recht in die Erde und verwandeln ſich
in eine Tonnenpuppe (c), welche ſieben
bis acht Wochen zu ihrer Entwickelung
gebraucht. Daß die Drehkrankheit der
Schafe nicht von den Grüblern herrühre,
wie man früher meinte, iſt ſchon längſt
[Abbildung Naſenbreme des Schafes (Oestrus ovis).
a Fliege. b Larve (vergrößert). c Puppe von der Bauchſeite.]
erkannt worden. — Jn gleicher Weiſe lebt die Larve von O. maculatus in der Naſenhöhle des
Büffels und Kameles, die der Pharyngomyia picta in der Naſe und Nachenhöhle des Edelhirſches,
die der Cephenomyia rufibarbis desgleichen, die der C. stimulator beim Rehe, der C. trompe im
Renthiere.
Um ſchließlich auch einen Bewohner von Daſſelbeulen vorzuführen, wurde die Rindsbies-
fliege, Hautbreme des Rinds (Hypoderma bovis) gewählt. Das Thier iſt ſchwarz, an
Schienen und Füßen rothgelb, der Körper dicht behaart, am zweiten und dritten Hinterleibsringe
ſchwarz, an der Spitze gelb,
ſonſt weiß oder grauweiß;
auf dem Rückenſchilde treten
einige ſtumpfe Längsleiſten
deutlich hervor.
[Abbildung Hautbreme des Rindes (Hypoderma boris).
a Fliege. b Larve (beide vergrößert). c Tonnenpuppe.]
Dieſe, wie die ver-
wandten Arten, ſchwärmen
lebhaft und auf hochgelegenen
Punkten umher. Die Weib-
chen legen ihre Eier, wie
alle übrigen, an die Haut
oder die Haare der Wohn-
thiere, nicht in dieſelbe.
Die ausgeſchlüpfte Larve,
mit Bohrzeug vorn ausge-
rüſtet, arbeitet ſich ſtoßweiſe in das Zellgewebe der Unterhaut. Erſt mit der Zeit entſteht die nach
außen geöffnete, eiternde Daſſelbenle in der Oberhaut. Die reife Made (b) verläßt früh zwiſchen
ſechs und acht Uhr die Beule, bleibt auf der Erde liegen und wird zur Tonnenpuppe (c), welche
je nach den Umſtänden vier bis ſieben Wochen zu ihrer Entwickelung bedarf. — Ebenſo leben die
Larven von H. Diana und Actaeon, jene am Reh, dieſe am Hirſche, H. tarandi in den Daſſel-
beulen der Renthiere. Auf die eine oder andere Weiſe werden die genannten Thiere heimgeſucht,
ſelbſt Nashörner und Elefanten ſollen von ihnen nicht verſchont bleiben. Die Oeſtriden verbreiten
ſich ſomit auf der ganzen Erde, nur in Neuholland hat man ihr Vorkommen noch nicht nachgewieſen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/432>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.