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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Hummelartige und durchscheinende Volucelle. Schlammfliege.
ungemein ähnlich sehen; überdies macht sie eine geschlossene Randzelle und eine lange, herab-
hängende, sehr lang gefiederte Rückenborste an der Wurzel des dritten Fühlergliedes, welche
beim Weibchen etwas kräftiger und länger behaart ist, als beim Männchen, leicht kenntlich. Die
Thiere zeigen sich scheu und flüchtig. Ziemlich geräuschlos fliegen sie von Strauch zu Strauch, um
deren Blüthen auf ihren Honiggehalt zu erforschen. Manchmal aber bemerkt man, wie sie, stark
summend, ähnliche Schwenkungen in der Luft ausführen, wie die Bremsen, und ich möchte dies
Gebahren für wilde Tänze zur Feier ihrer Hochzeiten halten, welche sie an recht sonnigen Tagen
veranstalten. -- Schon Degeer und Reaumur fanden in Hummel- und Wespennestern die
Maden von Volucella und zwar zweier Arten: V. bombylans und plumata. Erichson, im Besitz
von Uebergangsformen, zweifelte bereits die Artrechte beider an und hielt die letztere nur für eine
Abänderung der ersteren, zumal beide von Boje aus einem und demselben Neste der Steinhummel
erzogen worden waren. Nehmen wir hinzu, daß Zeller Ende Mai, Anfangs Juni die vermeint-
lichen Arten in Copula fing und zwar Männchen von bombylans vereint mit Weibchen von
plumata und umgekehrt: so dürfen wir nicht daran zweifeln, daß ihr Unterschied kein specifischer,
und der erstere der beiden Namen als der ältere Linne'sche allein beizubehalten sei. Das statt-
liche Thier wird leicht erkannt an dem dicht pelzig behaarten Körper, wodurch es einer Hummel
ähnlich und dem Eier legenden Weibchen der Zugang zu deren Nestern nicht verwehrt wird. Der
Körper ist entweder schwarz, Gesicht und Stirn wachsgelb und die letzte Hälfte des Hinterleibes
gelbbraun, fuchsroth behaart, oder das Rückenschild ist gelb behaart, in der Mitte schwarz, das
Schildchen gelb in der Grundfarbe; der Hinterleib hat an der Wurzel gelbe Seitenflecke, gelbe
Behaarung, und die letzten, gelben Leibesringe sind noch lichter, fast weißlich behaart (plumata);
durch den Flügel zieht von der Vorderrandsmitte eine abgekürzte, dunkle Binde und auch die
Querader vor der Spitze besäumen dunklere Schatten: die Länge beträgt 61/2 bis 71/2 Linie. Von
gleicher Größe und noch viel gemeiner ist die durchscheinende Volucella (V. pellucens).
kenntlich an der weißen Wurzel des nackten Hinterleibes und der gelben der dunkelfleckigen Flügel.

Die zahlreichen Eristalis-Arten unterscheiden sich im Wesentlichen von Volucella dadurch,
daß die kleine Querader hinter der Mitte der Mittelzelle mündet, schief auf ihr steht und die
dritte Längsader sich sehr tief nach dem Junenrande hin einsenkt; wie dort ist auch hier die Randzelle
geschlossen. Die Fühlerborste bleibt bei den Einen nackt, bei den Anderen versieht sie sich mit
kurzen Fiederhaaren. Die Schlammfliege (E. tenax) findet sich im ersten Frühjahre und
gehört zu den letzten der Jnsekten, welche vor dem
Winterschlase der Natur die vereinzelten Blümchen
besuchen; am 6. Oktober, dem schon einige Nacht-
fröste vorangegangen waren, fand ich eine eben aus-
geschlüpfte Fliege mit noch unentwickelten Flügeln.
Wer es nicht besser versteht, hält sie für eine Drohne,
so ähnlich ist sie ihr in Größe, Gestalt und dem
Summen, wenn man sie anfaßt, doch ergibt sich
ihre Fliegennatur bei einem flüchtigen Blicke aus
dem Vorhandensein von nur zwei Flügeln, und deren
Bau läßt sie sofort als eine Eristalis erkennen,
eine nackte Art mit nackter Fühlerborste auf dem
Rücken des fast kreisrunden Endgliedes. Wie bei

[Abbildung] Die Schlammfliege (Erlstalls lenax), nebst Larve,
welche zur Verpuppung fortkriecht.
allen Gattungsgenossen überzieht die Augen ein feines schwarzes Haarkleid, welches sicher nur mit
der Lupe entdeckt wird; den übrigen Kopf mit Ausschluß einer glänzend schwarzen Gesichtsstrieme
decken braungelbe Härchen, ebenso das Bruststück. Der dunkelbraune, fünfgliedrige Hinterleib
hat an seinen vorderen Gliedern mehr oder weniger deutliche gelbliche Seitenflecke und ist nach
außen, besonders aber am etwas hohlen Bauche ebenfalls behaart. Die Hinterschenkel, wenig

Taschenberg, wirbellose Thiere. (Brehm, Thierleben. VI.) 26

Hummelartige und durchſcheinende Volucelle. Schlammfliege.
ungemein ähnlich ſehen; überdies macht ſie eine geſchloſſene Randzelle und eine lange, herab-
hängende, ſehr lang gefiederte Rückenborſte an der Wurzel des dritten Fühlergliedes, welche
beim Weibchen etwas kräftiger und länger behaart iſt, als beim Männchen, leicht kenntlich. Die
Thiere zeigen ſich ſcheu und flüchtig. Ziemlich geräuſchlos fliegen ſie von Strauch zu Strauch, um
deren Blüthen auf ihren Honiggehalt zu erforſchen. Manchmal aber bemerkt man, wie ſie, ſtark
ſummend, ähnliche Schwenkungen in der Luft ausführen, wie die Bremſen, und ich möchte dies
Gebahren für wilde Tänze zur Feier ihrer Hochzeiten halten, welche ſie an recht ſonnigen Tagen
veranſtalten. — Schon Degeer und Réaumur fanden in Hummel- und Wespenneſtern die
Maden von Volucella und zwar zweier Arten: V. bombylans und plumata. Erichſon, im Beſitz
von Uebergangsformen, zweifelte bereits die Artrechte beider an und hielt die letztere nur für eine
Abänderung der erſteren, zumal beide von Boje aus einem und demſelben Neſte der Steinhummel
erzogen worden waren. Nehmen wir hinzu, daß Zeller Ende Mai, Anfangs Juni die vermeint-
lichen Arten in Copula fing und zwar Männchen von bombylans vereint mit Weibchen von
plumata und umgekehrt: ſo dürfen wir nicht daran zweifeln, daß ihr Unterſchied kein ſpecifiſcher,
und der erſtere der beiden Namen als der ältere Linné’ſche allein beizubehalten ſei. Das ſtatt-
liche Thier wird leicht erkannt an dem dicht pelzig behaarten Körper, wodurch es einer Hummel
ähnlich und dem Eier legenden Weibchen der Zugang zu deren Neſtern nicht verwehrt wird. Der
Körper iſt entweder ſchwarz, Geſicht und Stirn wachsgelb und die letzte Hälfte des Hinterleibes
gelbbraun, fuchsroth behaart, oder das Rückenſchild iſt gelb behaart, in der Mitte ſchwarz, das
Schildchen gelb in der Grundfarbe; der Hinterleib hat an der Wurzel gelbe Seitenflecke, gelbe
Behaarung, und die letzten, gelben Leibesringe ſind noch lichter, faſt weißlich behaart (plumata);
durch den Flügel zieht von der Vorderrandsmitte eine abgekürzte, dunkle Binde und auch die
Querader vor der Spitze beſäumen dunklere Schatten: die Länge beträgt 6½ bis 7½ Linie. Von
gleicher Größe und noch viel gemeiner iſt die durchſcheinende Volucella (V. pellucens).
kenntlich an der weißen Wurzel des nackten Hinterleibes und der gelben der dunkelfleckigen Flügel.

Die zahlreichen Eristalis-Arten unterſcheiden ſich im Weſentlichen von Volucella dadurch,
daß die kleine Querader hinter der Mitte der Mittelzelle mündet, ſchief auf ihr ſteht und die
dritte Längsader ſich ſehr tief nach dem Junenrande hin einſenkt; wie dort iſt auch hier die Randzelle
geſchloſſen. Die Fühlerborſte bleibt bei den Einen nackt, bei den Anderen verſieht ſie ſich mit
kurzen Fiederhaaren. Die Schlammfliege (E. tenax) findet ſich im erſten Frühjahre und
gehört zu den letzten der Jnſekten, welche vor dem
Winterſchlaſe der Natur die vereinzelten Blümchen
beſuchen; am 6. Oktober, dem ſchon einige Nacht-
fröſte vorangegangen waren, fand ich eine eben aus-
geſchlüpfte Fliege mit noch unentwickelten Flügeln.
Wer es nicht beſſer verſteht, hält ſie für eine Drohne,
ſo ähnlich iſt ſie ihr in Größe, Geſtalt und dem
Summen, wenn man ſie anfaßt, doch ergibt ſich
ihre Fliegennatur bei einem flüchtigen Blicke aus
dem Vorhandenſein von nur zwei Flügeln, und deren
Bau läßt ſie ſofort als eine Eriſtalis erkennen,
eine nackte Art mit nackter Fühlerborſte auf dem
Rücken des faſt kreisrunden Endgliedes. Wie bei

[Abbildung] Die Schlammfliege (Erlstalls lenax), nebſt Larve,
welche zur Verpuppung fortkriecht.
allen Gattungsgenoſſen überzieht die Augen ein feines ſchwarzes Haarkleid, welches ſicher nur mit
der Lupe entdeckt wird; den übrigen Kopf mit Ausſchluß einer glänzend ſchwarzen Geſichtsſtrieme
decken braungelbe Härchen, ebenſo das Bruſtſtück. Der dunkelbraune, fünfgliedrige Hinterleib
hat an ſeinen vorderen Gliedern mehr oder weniger deutliche gelbliche Seitenflecke und iſt nach
außen, beſonders aber am etwas hohlen Bauche ebenfalls behaart. Die Hinterſchenkel, wenig

Taſchenberg, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben. VI.) 26
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[401/0427] Hummelartige und durchſcheinende Volucelle. Schlammfliege. ungemein ähnlich ſehen; überdies macht ſie eine geſchloſſene Randzelle und eine lange, herab- hängende, ſehr lang gefiederte Rückenborſte an der Wurzel des dritten Fühlergliedes, welche beim Weibchen etwas kräftiger und länger behaart iſt, als beim Männchen, leicht kenntlich. Die Thiere zeigen ſich ſcheu und flüchtig. Ziemlich geräuſchlos fliegen ſie von Strauch zu Strauch, um deren Blüthen auf ihren Honiggehalt zu erforſchen. Manchmal aber bemerkt man, wie ſie, ſtark ſummend, ähnliche Schwenkungen in der Luft ausführen, wie die Bremſen, und ich möchte dies Gebahren für wilde Tänze zur Feier ihrer Hochzeiten halten, welche ſie an recht ſonnigen Tagen veranſtalten. — Schon Degeer und Réaumur fanden in Hummel- und Wespenneſtern die Maden von Volucella und zwar zweier Arten: V. bombylans und plumata. Erichſon, im Beſitz von Uebergangsformen, zweifelte bereits die Artrechte beider an und hielt die letztere nur für eine Abänderung der erſteren, zumal beide von Boje aus einem und demſelben Neſte der Steinhummel erzogen worden waren. Nehmen wir hinzu, daß Zeller Ende Mai, Anfangs Juni die vermeint- lichen Arten in Copula fing und zwar Männchen von bombylans vereint mit Weibchen von plumata und umgekehrt: ſo dürfen wir nicht daran zweifeln, daß ihr Unterſchied kein ſpecifiſcher, und der erſtere der beiden Namen als der ältere Linné’ſche allein beizubehalten ſei. Das ſtatt- liche Thier wird leicht erkannt an dem dicht pelzig behaarten Körper, wodurch es einer Hummel ähnlich und dem Eier legenden Weibchen der Zugang zu deren Neſtern nicht verwehrt wird. Der Körper iſt entweder ſchwarz, Geſicht und Stirn wachsgelb und die letzte Hälfte des Hinterleibes gelbbraun, fuchsroth behaart, oder das Rückenſchild iſt gelb behaart, in der Mitte ſchwarz, das Schildchen gelb in der Grundfarbe; der Hinterleib hat an der Wurzel gelbe Seitenflecke, gelbe Behaarung, und die letzten, gelben Leibesringe ſind noch lichter, faſt weißlich behaart (plumata); durch den Flügel zieht von der Vorderrandsmitte eine abgekürzte, dunkle Binde und auch die Querader vor der Spitze beſäumen dunklere Schatten: die Länge beträgt 6½ bis 7½ Linie. Von gleicher Größe und noch viel gemeiner iſt die durchſcheinende Volucella (V. pellucens). kenntlich an der weißen Wurzel des nackten Hinterleibes und der gelben der dunkelfleckigen Flügel. Die zahlreichen Eristalis-Arten unterſcheiden ſich im Weſentlichen von Volucella dadurch, daß die kleine Querader hinter der Mitte der Mittelzelle mündet, ſchief auf ihr ſteht und die dritte Längsader ſich ſehr tief nach dem Junenrande hin einſenkt; wie dort iſt auch hier die Randzelle geſchloſſen. Die Fühlerborſte bleibt bei den Einen nackt, bei den Anderen verſieht ſie ſich mit kurzen Fiederhaaren. Die Schlammfliege (E. tenax) findet ſich im erſten Frühjahre und gehört zu den letzten der Jnſekten, welche vor dem Winterſchlaſe der Natur die vereinzelten Blümchen beſuchen; am 6. Oktober, dem ſchon einige Nacht- fröſte vorangegangen waren, fand ich eine eben aus- geſchlüpfte Fliege mit noch unentwickelten Flügeln. Wer es nicht beſſer verſteht, hält ſie für eine Drohne, ſo ähnlich iſt ſie ihr in Größe, Geſtalt und dem Summen, wenn man ſie anfaßt, doch ergibt ſich ihre Fliegennatur bei einem flüchtigen Blicke aus dem Vorhandenſein von nur zwei Flügeln, und deren Bau läßt ſie ſofort als eine Eriſtalis erkennen, eine nackte Art mit nackter Fühlerborſte auf dem Rücken des faſt kreisrunden Endgliedes. Wie bei [Abbildung Die Schlammfliege (Erlstalls lenax), nebſt Larve, welche zur Verpuppung fortkriecht.] allen Gattungsgenoſſen überzieht die Augen ein feines ſchwarzes Haarkleid, welches ſicher nur mit der Lupe entdeckt wird; den übrigen Kopf mit Ausſchluß einer glänzend ſchwarzen Geſichtsſtrieme decken braungelbe Härchen, ebenſo das Bruſtſtück. Der dunkelbraune, fünfgliedrige Hinterleib hat an ſeinen vorderen Gliedern mehr oder weniger deutliche gelbliche Seitenflecke und iſt nach außen, beſonders aber am etwas hohlen Bauche ebenfalls behaart. Die Hinterſchenkel, wenig Taſchenberg, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben. VI.) 26

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/427>, abgerufen am 24.11.2024.