vor etwaigen Angriffen an einer Stoppel mitten im Felde. Gegen Abend ruht sie gern an Baumstämmen. Jch traf einst eine an einem vereinzelten Weidenbüschchen eines Wiesenrandes an, die Krallen nahe bei einander, die Beine steif, die Spitze des Hinterleibes eingezogen und die Flügel platt auf den Rücken gelegt hing sie da, eher einem todten als einem lebenden Wesen gleichend. Jch faßte sie, um mich zu überzeugen, ob noch Leben darin sei. Sofort drang aus der Leibesspitze, den Seiten und den Fußgelenken eine milchige, ekelhafte Flüssigkeit in feinen Tröpfchen heraus, was mich unwillkürlich veranlaßte, die unangenehm werdende Fliege, welche sich im Uebrigen kaum regte, in das Gras zu schlendern, wovon sie keine Notiz weiter nahm. Ohne Gezappel und bissiges Wesen hatte sich der offenbar schlafende Näuber auf diese Weise seines Ruhestörers entledigt. Ueberall auf Buschwerk, auf Wegen, an sandigen Hängen oder Baum- stämmen lungern die Arten nach Beute umher, haschen in sprungartigem Fluge nach ihr oder schmausen bereits davon, dieselbe zwischen den Vorderbeinen haltend. Von der Gefräßigkeit und Spinnennatur dieser Fliegen zeugt die Bemerkung: "das Weibchen hat nach der Begattung das Männchen getödtet und ausgesogen", welche unter einem Pärchen von A. cyanurus in v. Heyden's Sammlung nach Herrn Jännicke's Mittheilung zu lesen ist.
Die Tanzfliegen (Empidae) bilden eine scharf von anderen zwar abgegrenzte, unter sich aber weniger einförmige Familie. Ein fast kugeliger, kleiner, daher vom Brustkasten scharf abgeschnürter Kopf, dessen horniger, spitzer Rüssel wie ein Schnabel nach unten steht, die schlanke Körpergestalt, besonders des Hinterleibes, welcher beim Weibchen spitz, beim Männchen mit verschiedenen auffälligen Organen endigt, die völlige Nacktheit des Körpers und verlängerte Hinter- beine geben theilweise diesen Raubfliegen ein schnakenartiges Ansehen; nur vier Hinterrandszellen, eine gegabelte dritte Längsader und eine meist sehr kurze und geschlossene, immer langgestielte Analzelle kennzeichnen ihre Flügel. Vom ersten Frühjahre an fallen ihre Tänze und Jagden auf, welche sie unter Bäumen, neben Buschwerk oft in Schaaren ausführen. Während jener paaren sie sich, und gar nicht selten sieht man den einen Gatten, wie er ein gewürgtes Jnsekt zwischen den Vorderbeinen hält und gierig daran saugt, schwelgend in dem Doppelgenusse, welcher den Kerfen überhaupt nur für ihre kurze Lebenszeit geboten wird. Da diese Fliegen ihre Beute, welche nur in kleinen Jnsekten besteht, mit den Beinen ergreifen, wie alle echten Raubfliegen, so erfahren diese allerlei Umgestaltungen: man erblickt auffallend verdickte Fußglieder, dicht gefiederte Beschuppung an Schenkeln und Schienen, Krümmungen einzelner Theile, kurz eine Manchfaltigkeit in der Bildung der Beinchen, wie sie bei keiner zweiten Familie wiederkehren dürfte. Manche Arten besuchen auch gern die Blüthen der Syngenesisten (Disteln, Schafgarbe, Flockblumen etc.) und kommen nicht selten, über und über bis zur Unkenntlichkeit mit Blumenstanb bedeckt, daraus hervor. Die Einen erscheinen im ersten Frühlinge, andere erst im Herbst, die Einen tanzen am Tage, andere nach Mückenweise des Abends; die Mehrzahl ist den kälteren Gegenden und dem Gebirge eigen. Die wenigen Larven, welche man erst kennt, zeichnen sich durch sehr starke Einschnürung zwischen den Leibesgliedern aus und leben in der Erde. -- Nach der Verschiedenheit des Flügel- geäders innerhalb der gegebenen Grenzen gliedert sich die Familie in zahlreiche Sippen und diese in eine Menge von Gattungen. Statt aller möge eine unserer größten Arten: die gewürfelte Schnepfenfliege (Empis tessellata), welche neben der ölandischen Habichtsfliege S. 393 sitzt, den Familiencharakter versinnlichen. Sie ist brännlichgrau, auf dem Rückenschilde in drei Striemen schwarz, an der Wurzel der hellbraunen Flügel gelb und schillert auf dem Hinterleibe würfelartig lichter. Beim Männchen läuft der walzige Hinterleib in eine beilförmige Zauge aus, und die Augen stoßen auf dem Scheitel zusammen. Die sechs Linien lange Fliege erscheint im Mai und Juni.
vor etwaigen Angriffen an einer Stoppel mitten im Felde. Gegen Abend ruht ſie gern an Baumſtämmen. Jch traf einſt eine an einem vereinzelten Weidenbüſchchen eines Wieſenrandes an, die Krallen nahe bei einander, die Beine ſteif, die Spitze des Hinterleibes eingezogen und die Flügel platt auf den Rücken gelegt hing ſie da, eher einem todten als einem lebenden Weſen gleichend. Jch faßte ſie, um mich zu überzeugen, ob noch Leben darin ſei. Sofort drang aus der Leibesſpitze, den Seiten und den Fußgelenken eine milchige, ekelhafte Flüſſigkeit in feinen Tröpfchen heraus, was mich unwillkürlich veranlaßte, die unangenehm werdende Fliege, welche ſich im Uebrigen kaum regte, in das Gras zu ſchlendern, wovon ſie keine Notiz weiter nahm. Ohne Gezappel und biſſiges Weſen hatte ſich der offenbar ſchlafende Näuber auf dieſe Weiſe ſeines Ruheſtörers entledigt. Ueberall auf Buſchwerk, auf Wegen, an ſandigen Hängen oder Baum- ſtämmen lungern die Arten nach Beute umher, haſchen in ſprungartigem Fluge nach ihr oder ſchmauſen bereits davon, dieſelbe zwiſchen den Vorderbeinen haltend. Von der Gefräßigkeit und Spinnennatur dieſer Fliegen zeugt die Bemerkung: „das Weibchen hat nach der Begattung das Männchen getödtet und ausgeſogen“, welche unter einem Pärchen von A. cyanurus in v. Heyden’s Sammlung nach Herrn Jännicke’s Mittheilung zu leſen iſt.
Die Tanzfliegen (Empidae) bilden eine ſcharf von anderen zwar abgegrenzte, unter ſich aber weniger einförmige Familie. Ein faſt kugeliger, kleiner, daher vom Bruſtkaſten ſcharf abgeſchnürter Kopf, deſſen horniger, ſpitzer Rüſſel wie ein Schnabel nach unten ſteht, die ſchlanke Körpergeſtalt, beſonders des Hinterleibes, welcher beim Weibchen ſpitz, beim Männchen mit verſchiedenen auffälligen Organen endigt, die völlige Nacktheit des Körpers und verlängerte Hinter- beine geben theilweiſe dieſen Raubfliegen ein ſchnakenartiges Anſehen; nur vier Hinterrandszellen, eine gegabelte dritte Längsader und eine meiſt ſehr kurze und geſchloſſene, immer langgeſtielte Analzelle kennzeichnen ihre Flügel. Vom erſten Frühjahre an fallen ihre Tänze und Jagden auf, welche ſie unter Bäumen, neben Buſchwerk oft in Schaaren ausführen. Während jener paaren ſie ſich, und gar nicht ſelten ſieht man den einen Gatten, wie er ein gewürgtes Jnſekt zwiſchen den Vorderbeinen hält und gierig daran ſaugt, ſchwelgend in dem Doppelgenuſſe, welcher den Kerfen überhaupt nur für ihre kurze Lebenszeit geboten wird. Da dieſe Fliegen ihre Beute, welche nur in kleinen Jnſekten beſteht, mit den Beinen ergreifen, wie alle echten Raubfliegen, ſo erfahren dieſe allerlei Umgeſtaltungen: man erblickt auffallend verdickte Fußglieder, dicht gefiederte Beſchuppung an Schenkeln und Schienen, Krümmungen einzelner Theile, kurz eine Manchfaltigkeit in der Bildung der Beinchen, wie ſie bei keiner zweiten Familie wiederkehren dürfte. Manche Arten beſuchen auch gern die Blüthen der Syngeneſiſten (Diſteln, Schafgarbe, Flockblumen ꝛc.) und kommen nicht ſelten, über und über bis zur Unkenntlichkeit mit Blumenſtanb bedeckt, daraus hervor. Die Einen erſcheinen im erſten Frühlinge, andere erſt im Herbſt, die Einen tanzen am Tage, andere nach Mückenweiſe des Abends; die Mehrzahl iſt den kälteren Gegenden und dem Gebirge eigen. Die wenigen Larven, welche man erſt kennt, zeichnen ſich durch ſehr ſtarke Einſchnürung zwiſchen den Leibesgliedern aus und leben in der Erde. — Nach der Verſchiedenheit des Flügel- geäders innerhalb der gegebenen Grenzen gliedert ſich die Familie in zahlreiche Sippen und dieſe in eine Menge von Gattungen. Statt aller möge eine unſerer größten Arten: die gewürfelte Schnepfenfliege (Empis tessellata), welche neben der ölandiſchen Habichtsfliege S. 393 ſitzt, den Familiencharakter verſinnlichen. Sie iſt brännlichgrau, auf dem Rückenſchilde in drei Striemen ſchwarz, an der Wurzel der hellbraunen Flügel gelb und ſchillert auf dem Hinterleibe würfelartig lichter. Beim Männchen läuft der walzige Hinterleib in eine beilförmige Zauge aus, und die Augen ſtoßen auf dem Scheitel zuſammen. Die ſechs Linien lange Fliege erſcheint im Mai und Juni.
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Horniſſenartige Raubfliege. Gewürfelte Schnepſenfliege.
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Baumſtämmen. Jch traf einſt eine an einem vereinzelten Weidenbüſchchen eines Wieſenrandes an,
die Krallen nahe bei einander, die Beine ſteif, die Spitze des Hinterleibes eingezogen und die
Flügel platt auf den Rücken gelegt hing ſie da, eher einem todten als einem lebenden Weſen
gleichend. Jch faßte ſie, um mich zu überzeugen, ob noch Leben darin ſei. Sofort drang aus
der Leibesſpitze, den Seiten und den Fußgelenken eine milchige, ekelhafte Flüſſigkeit in feinen
Tröpfchen heraus, was mich unwillkürlich veranlaßte, die unangenehm werdende Fliege, welche ſich
im Uebrigen kaum regte, in das Gras zu ſchlendern, wovon ſie keine Notiz weiter nahm. Ohne
Gezappel und biſſiges Weſen hatte ſich der offenbar ſchlafende Näuber auf dieſe Weiſe ſeines
Ruheſtörers entledigt. Ueberall auf Buſchwerk, auf Wegen, an ſandigen Hängen oder Baum-
ſtämmen lungern die Arten nach Beute umher, haſchen in ſprungartigem Fluge nach ihr oder
ſchmauſen bereits davon, dieſelbe zwiſchen den Vorderbeinen haltend. Von der Gefräßigkeit und
Spinnennatur dieſer Fliegen zeugt die Bemerkung: „das Weibchen hat nach der Begattung das
Männchen getödtet und ausgeſogen“, welche unter einem Pärchen von A. cyanurus in v. Heyden’s
Sammlung nach Herrn Jännicke’s Mittheilung zu leſen iſt.
Die Tanzfliegen (Empidae) bilden eine ſcharf von anderen zwar abgegrenzte, unter ſich
aber weniger einförmige Familie. Ein faſt kugeliger, kleiner, daher vom Bruſtkaſten ſcharf
abgeſchnürter Kopf, deſſen horniger, ſpitzer Rüſſel wie ein Schnabel nach unten ſteht, die ſchlanke
Körpergeſtalt, beſonders des Hinterleibes, welcher beim Weibchen ſpitz, beim Männchen mit
verſchiedenen auffälligen Organen endigt, die völlige Nacktheit des Körpers und verlängerte Hinter-
beine geben theilweiſe dieſen Raubfliegen ein ſchnakenartiges Anſehen; nur vier Hinterrandszellen,
eine gegabelte dritte Längsader und eine meiſt ſehr kurze und geſchloſſene, immer langgeſtielte
Analzelle kennzeichnen ihre Flügel. Vom erſten Frühjahre an fallen ihre Tänze und Jagden auf,
welche ſie unter Bäumen, neben Buſchwerk oft in Schaaren ausführen. Während jener paaren
ſie ſich, und gar nicht ſelten ſieht man den einen Gatten, wie er ein gewürgtes Jnſekt zwiſchen
den Vorderbeinen hält und gierig daran ſaugt, ſchwelgend in dem Doppelgenuſſe, welcher den Kerfen
überhaupt nur für ihre kurze Lebenszeit geboten wird. Da dieſe Fliegen ihre Beute, welche nur
in kleinen Jnſekten beſteht, mit den Beinen ergreifen, wie alle echten Raubfliegen, ſo erfahren
dieſe allerlei Umgeſtaltungen: man erblickt auffallend verdickte Fußglieder, dicht gefiederte Beſchuppung
an Schenkeln und Schienen, Krümmungen einzelner Theile, kurz eine Manchfaltigkeit in der
Bildung der Beinchen, wie ſie bei keiner zweiten Familie wiederkehren dürfte. Manche Arten
beſuchen auch gern die Blüthen der Syngeneſiſten (Diſteln, Schafgarbe, Flockblumen ꝛc.) und
kommen nicht ſelten, über und über bis zur Unkenntlichkeit mit Blumenſtanb bedeckt, daraus hervor.
Die Einen erſcheinen im erſten Frühlinge, andere erſt im Herbſt, die Einen tanzen am Tage,
andere nach Mückenweiſe des Abends; die Mehrzahl iſt den kälteren Gegenden und dem Gebirge
eigen. Die wenigen Larven, welche man erſt kennt, zeichnen ſich durch ſehr ſtarke Einſchnürung
zwiſchen den Leibesgliedern aus und leben in der Erde. — Nach der Verſchiedenheit des Flügel-
geäders innerhalb der gegebenen Grenzen gliedert ſich die Familie in zahlreiche Sippen und dieſe
in eine Menge von Gattungen. Statt aller möge eine unſerer größten Arten: die gewürfelte
Schnepfenfliege (Empis tessellata), welche neben der ölandiſchen Habichtsfliege S. 393 ſitzt, den
Familiencharakter verſinnlichen. Sie iſt brännlichgrau, auf dem Rückenſchilde in drei Striemen
ſchwarz, an der Wurzel der hellbraunen Flügel gelb und ſchillert auf dem Hinterleibe würfelartig
lichter. Beim Männchen läuft der walzige Hinterleib in eine beilförmige Zauge aus, und die
Augen ſtoßen auf dem Scheitel zuſammen. Die ſechs Linien lange Fliege erſcheint im Mai und Juni.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/421>, abgerufen am 23.11.2024.
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