Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Getreide-Verwüster.
in Gesellschaften bis zu neun Stück, mit dem Vorderende nach unten gewendet, zwischen Halm und
Blattscheide, entweder unten gleich über dem Wurzelstocke oder dicht über einem der beiden untersten
Knoten am Roggen oder Weizen. Mit der Zeit nimmt sie in Folge von reichlicher Fettentwickelung
eine mehr eiförmige Gestalt an, zieht sich im Jnnern von der Körperhaut etwas zurück, und diese
wird zu einer allmälig sich bräunenden Hülle, zu einem Tonnenpüppchen (Fig. 4), wie es eigentlich
nur einer Fliege zukommt. Jn diesem Zustande erfolgt die Ueberwinterung. Ungefähr 14 Tage
vor dem Erscheinen der Fliege findet sich darin die eigentliche Puppe (Fig. 2.) Die beiden seitlichen,
unteren Hörnchen am Kopfe sind die für die Gallmücken in dieser Form und Lage charakteristischen
Athmungsröhren, die beiden oberen nur Borsten. Die Mücke selbst muß man in ihren beiden
Geschlechtern besonders betrachten, um sie gründlich kennen lernen zu können. Das weit häufigere
Weibchen (1) ändert in seiner Länge, von der Stirn bis zur vorgestreckten Legröhre gemessen,
zwischen 1 1/5 und 1 2/3 Linien ab. Der Körper ist vorherrschend sammetschwarz, fast der ganze Bauch,
mit Ausschluß eines beinahe quadratischen schwarzen Fleckes auf jedem der sechs mittleren Glieder,
die Gelenkeinschnitte des Rückens und eine Mittellinie desselben blutroth; eben diese Farbe kommt
in der Regel der Fühlerwurzel und den Schulterbeulen zu, dies Alles im lebenden Zustande, nach
dem Tode gehen wenigstens am Hinterleibe durch Eintrocknen die meisten rothen Stellen verloren.
Kurze schwarze Haare bedecken überdies den Körper, röthlichgelbe die Fühler, und die Flügel
erscheinen durch Härchen, welche ihre Ober- und Unterseite decken, grau getrübt. Außer zwei
größeren Grundgliedern setzen 14 bis 16 kurzgestielte, in der Regel fünfzehn kugelige die Geisel
zusammen. Von den vier Tastergliedern wird jedes folgende etwas länger, als das vorhergehende,
und eine lebhaft zitternde Bewegung macht sie leicht kenntlich; zwischen ihnen tritt der kurze, gelbe
Rüssel hervor, der sich aber auch in die Mundhöhle zurückzieht. Der neunringelige Hinterleib
verengt sich vom sechsten Ringe allmälig nach hinten und läuft in eine äußerst bewegliche Legröhre
aus. Zwischen den kohlschwarzen Krallen der sehr langen Beine bemerkt man nur ein scheiben-
förmiges Haftläppchen. Jn den Zipfeln hinter den Mittelbeinen erblicken wir die blaßbraunen
Schwinger. Beim Männchen beträgt die Körperlänge ziemlich beständig 1 1/3 Linie, das Schwarz
erscheint weniger sammetartig, sondern zieht mehr ins Braune, das Roth ist schmuziger und lichter,
die Körperbehaarung länger und nur an den Flügeln schwarz, sonst röthlichgelb. Die Fühlergeisel
setzen regelrecht sechzehn Glieder zusammen, fünfzehn oder siebzehn ausnahmsweise. Der auffälligste
Unterschied der Geschlechter besteht in der Form des Hinterleibes, welchen unsere Abbildung gleich-
falls vom Männchen vergegenwärtigt. Am sehr verkürzten, gelbbraunen nennten Gliede sitzt die
dunkelrothe Haftzange. -- Mit der zweiten Hälfte des April beginnt die Schwärmzeit und dauert
etwa fünf Wochen, womit aber nicht gesagt sein soll, daß die Mücke so lange lebe, sondern nur,
daß sie während dieser Zeit auskriecht; die Lebensdauer der einzelnen, welche Regen und Kälte
nicht vertragen kann, umfaßt nur wenige Tage. Gleich nach dem Ausschlüpfen, an einem warmen
und windstillen Tage erfolgt die Paarung, und das Weibchen legt seine Eier ohne merkliche Unter-
brechung hintereinander fort, etwas mehr als achtzig und weniger als hundert, einzeln oder paar-
weise zwischen zwei Längsnerven eines Blattes. So wie die Larve die Eischale verlassen hat, was
nach wenigen Tagen geschieht, gleitet sie am Blatte hinab und gelangt hinter dessen Scheide, wo
sie sich für immer festsetzt. War es Wintergetreide, an welches die Eier gelegt wurden, so wird
sie am ersten oder zweiten Knoten von unten sitzen, dagegen unmittelbar über dem Wurzelstock,
wenn das Weibchen Sommersaaten zu seinem Brutplatze erwählte. Jn beiden Fällen gelingt es
ihr für gewöhnlich nicht, die Pflanze zu tödten; dieselbe gedeiht, ihr Halm ist aber an der Lager-
stätte der Larve durch deren Saugen so beschädigt, daß er die Aehre später nicht zu tragen, zum
Theil auch nicht vollständig zu ernähren vermag und durch den Wind leicht umgeknickt wird.
Bis gegen den 20. Juni sind die meisten Maden erwachsen, die älteren bereits in Tonnenpüppchen
verwandelt, aus welchen im September oder schon Ende August die Sommergeneration entsteht.
Die jungen Saatpflänzchen, an denen die Maden der zweiten oder Wintergeneration leben, welche

25*

Getreide-Verwüſter.
in Geſellſchaften bis zu neun Stück, mit dem Vorderende nach unten gewendet, zwiſchen Halm und
Blattſcheide, entweder unten gleich über dem Wurzelſtocke oder dicht über einem der beiden unterſten
Knoten am Roggen oder Weizen. Mit der Zeit nimmt ſie in Folge von reichlicher Fettentwickelung
eine mehr eiförmige Geſtalt an, zieht ſich im Jnnern von der Körperhaut etwas zurück, und dieſe
wird zu einer allmälig ſich bräunenden Hülle, zu einem Tonnenpüppchen (Fig. 4), wie es eigentlich
nur einer Fliege zukommt. Jn dieſem Zuſtande erfolgt die Ueberwinterung. Ungefähr 14 Tage
vor dem Erſcheinen der Fliege findet ſich darin die eigentliche Puppe (Fig. 2.) Die beiden ſeitlichen,
unteren Hörnchen am Kopfe ſind die für die Gallmücken in dieſer Form und Lage charakteriſtiſchen
Athmungsröhren, die beiden oberen nur Borſten. Die Mücke ſelbſt muß man in ihren beiden
Geſchlechtern beſonders betrachten, um ſie gründlich kennen lernen zu können. Das weit häufigere
Weibchen (1) ändert in ſeiner Länge, von der Stirn bis zur vorgeſtreckten Legröhre gemeſſen,
zwiſchen 1⅕ und 1⅔ Linien ab. Der Körper iſt vorherrſchend ſammetſchwarz, faſt der ganze Bauch,
mit Ausſchluß eines beinahe quadratiſchen ſchwarzen Fleckes auf jedem der ſechs mittleren Glieder,
die Gelenkeinſchnitte des Rückens und eine Mittellinie deſſelben blutroth; eben dieſe Farbe kommt
in der Regel der Fühlerwurzel und den Schulterbeulen zu, dies Alles im lebenden Zuſtande, nach
dem Tode gehen wenigſtens am Hinterleibe durch Eintrocknen die meiſten rothen Stellen verloren.
Kurze ſchwarze Haare bedecken überdies den Körper, röthlichgelbe die Fühler, und die Flügel
erſcheinen durch Härchen, welche ihre Ober- und Unterſeite decken, grau getrübt. Außer zwei
größeren Grundgliedern ſetzen 14 bis 16 kurzgeſtielte, in der Regel fünfzehn kugelige die Geiſel
zuſammen. Von den vier Taſtergliedern wird jedes folgende etwas länger, als das vorhergehende,
und eine lebhaft zitternde Bewegung macht ſie leicht kenntlich; zwiſchen ihnen tritt der kurze, gelbe
Rüſſel hervor, der ſich aber auch in die Mundhöhle zurückzieht. Der neunringelige Hinterleib
verengt ſich vom ſechſten Ringe allmälig nach hinten und läuft in eine äußerſt bewegliche Legröhre
aus. Zwiſchen den kohlſchwarzen Krallen der ſehr langen Beine bemerkt man nur ein ſcheiben-
förmiges Haftläppchen. Jn den Zipfeln hinter den Mittelbeinen erblicken wir die blaßbraunen
Schwinger. Beim Männchen beträgt die Körperlänge ziemlich beſtändig 1⅓ Linie, das Schwarz
erſcheint weniger ſammetartig, ſondern zieht mehr ins Braune, das Roth iſt ſchmuziger und lichter,
die Körperbehaarung länger und nur an den Flügeln ſchwarz, ſonſt röthlichgelb. Die Fühlergeiſel
ſetzen regelrecht ſechzehn Glieder zuſammen, fünfzehn oder ſiebzehn ausnahmsweiſe. Der auffälligſte
Unterſchied der Geſchlechter beſteht in der Form des Hinterleibes, welchen unſere Abbildung gleich-
falls vom Männchen vergegenwärtigt. Am ſehr verkürzten, gelbbraunen nennten Gliede ſitzt die
dunkelrothe Haftzange. — Mit der zweiten Hälfte des April beginnt die Schwärmzeit und dauert
etwa fünf Wochen, womit aber nicht geſagt ſein ſoll, daß die Mücke ſo lange lebe, ſondern nur,
daß ſie während dieſer Zeit auskriecht; die Lebensdauer der einzelnen, welche Regen und Kälte
nicht vertragen kann, umfaßt nur wenige Tage. Gleich nach dem Ausſchlüpfen, an einem warmen
und windſtillen Tage erfolgt die Paarung, und das Weibchen legt ſeine Eier ohne merkliche Unter-
brechung hintereinander fort, etwas mehr als achtzig und weniger als hundert, einzeln oder paar-
weiſe zwiſchen zwei Längsnerven eines Blattes. So wie die Larve die Eiſchale verlaſſen hat, was
nach wenigen Tagen geſchieht, gleitet ſie am Blatte hinab und gelangt hinter deſſen Scheide, wo
ſie ſich für immer feſtſetzt. War es Wintergetreide, an welches die Eier gelegt wurden, ſo wird
ſie am erſten oder zweiten Knoten von unten ſitzen, dagegen unmittelbar über dem Wurzelſtock,
wenn das Weibchen Sommerſaaten zu ſeinem Brutplatze erwählte. Jn beiden Fällen gelingt es
ihr für gewöhnlich nicht, die Pflanze zu tödten; dieſelbe gedeiht, ihr Halm iſt aber an der Lager-
ſtätte der Larve durch deren Saugen ſo beſchädigt, daß er die Aehre ſpäter nicht zu tragen, zum
Theil auch nicht vollſtändig zu ernähren vermag und durch den Wind leicht umgeknickt wird.
Bis gegen den 20. Juni ſind die meiſten Maden erwachſen, die älteren bereits in Tonnenpüppchen
verwandelt, aus welchen im September oder ſchon Ende Auguſt die Sommergeneration entſteht.
Die jungen Saatpflänzchen, an denen die Maden der zweiten oder Wintergeneration leben, welche

25*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <floatingText>
        <body>
          <div n="1">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0411" n="387"/><fw place="top" type="header">Getreide-Verwü&#x017F;ter.</fw><lb/>
in Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften bis zu neun Stück, mit dem Vorderende nach unten gewendet, zwi&#x017F;chen Halm und<lb/>
Blatt&#x017F;cheide, entweder unten gleich über dem Wurzel&#x017F;tocke oder dicht über einem der beiden unter&#x017F;ten<lb/>
Knoten am Roggen oder Weizen. Mit der Zeit nimmt &#x017F;ie in Folge von reichlicher Fettentwickelung<lb/>
eine mehr eiförmige Ge&#x017F;talt an, zieht &#x017F;ich im Jnnern von der Körperhaut etwas zurück, und die&#x017F;e<lb/>
wird zu einer allmälig &#x017F;ich bräunenden Hülle, zu einem Tonnenpüppchen (Fig. 4), wie es eigentlich<lb/>
nur einer Fliege zukommt. Jn die&#x017F;em Zu&#x017F;tande erfolgt die Ueberwinterung. Ungefähr 14 Tage<lb/>
vor dem Er&#x017F;cheinen der Fliege findet &#x017F;ich darin die eigentliche Puppe (Fig. 2.) Die beiden &#x017F;eitlichen,<lb/><hi rendition="#g">unteren</hi> Hörnchen am Kopfe &#x017F;ind die für die Gallmücken in die&#x017F;er Form und Lage charakteri&#x017F;ti&#x017F;chen<lb/>
Athmungsröhren, die beiden oberen nur Bor&#x017F;ten. Die Mücke &#x017F;elb&#x017F;t muß man in ihren beiden<lb/>
Ge&#x017F;chlechtern be&#x017F;onders betrachten, um &#x017F;ie gründlich kennen lernen zu können. Das weit häufigere<lb/>
Weibchen (1) ändert in &#x017F;einer Länge, von der Stirn bis zur vorge&#x017F;treckten Legröhre geme&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
zwi&#x017F;chen 1&#x2155; und 1&#x2154; Linien ab. Der Körper i&#x017F;t vorherr&#x017F;chend &#x017F;ammet&#x017F;chwarz, fa&#x017F;t der ganze Bauch,<lb/>
mit Aus&#x017F;chluß eines beinahe quadrati&#x017F;chen &#x017F;chwarzen Fleckes auf jedem der &#x017F;echs mittleren Glieder,<lb/>
die Gelenkein&#x017F;chnitte des Rückens und eine Mittellinie de&#x017F;&#x017F;elben blutroth; eben die&#x017F;e Farbe kommt<lb/>
in der Regel der Fühlerwurzel und den Schulterbeulen zu, dies Alles im lebenden Zu&#x017F;tande, nach<lb/>
dem Tode gehen wenig&#x017F;tens am Hinterleibe durch Eintrocknen die mei&#x017F;ten rothen Stellen verloren.<lb/>
Kurze &#x017F;chwarze Haare bedecken überdies den Körper, röthlichgelbe die Fühler, und die Flügel<lb/>
er&#x017F;cheinen durch Härchen, welche ihre Ober- und Unter&#x017F;eite decken, grau getrübt. Außer zwei<lb/>
größeren Grundgliedern &#x017F;etzen 14 bis 16 kurzge&#x017F;tielte, in der Regel fünfzehn kugelige die Gei&#x017F;el<lb/>
zu&#x017F;ammen. Von den vier Ta&#x017F;tergliedern wird jedes folgende etwas länger, als das vorhergehende,<lb/>
und eine lebhaft zitternde Bewegung macht &#x017F;ie leicht kenntlich; zwi&#x017F;chen ihnen tritt der kurze, gelbe<lb/>&#x017F;&#x017F;el hervor, der &#x017F;ich aber auch in die Mundhöhle zurückzieht. Der neunringelige Hinterleib<lb/>
verengt &#x017F;ich vom &#x017F;ech&#x017F;ten Ringe allmälig nach hinten und läuft in eine äußer&#x017F;t bewegliche Legröhre<lb/>
aus. Zwi&#x017F;chen den kohl&#x017F;chwarzen Krallen der &#x017F;ehr langen Beine bemerkt man nur <hi rendition="#g">ein</hi> &#x017F;cheiben-<lb/>
förmiges Haftläppchen. Jn den Zipfeln hinter den Mittelbeinen erblicken wir die blaßbraunen<lb/>
Schwinger. Beim Männchen beträgt die Körperlänge ziemlich be&#x017F;tändig 1&#x2153; Linie, das Schwarz<lb/>
er&#x017F;cheint weniger &#x017F;ammetartig, &#x017F;ondern zieht mehr ins Braune, das Roth i&#x017F;t &#x017F;chmuziger und lichter,<lb/>
die Körperbehaarung länger und nur an den Flügeln &#x017F;chwarz, &#x017F;on&#x017F;t röthlichgelb. Die Fühlergei&#x017F;el<lb/>
&#x017F;etzen regelrecht &#x017F;echzehn Glieder zu&#x017F;ammen, fünfzehn oder &#x017F;iebzehn ausnahmswei&#x017F;e. Der auffällig&#x017F;te<lb/>
Unter&#x017F;chied der Ge&#x017F;chlechter be&#x017F;teht in der Form des Hinterleibes, welchen un&#x017F;ere Abbildung gleich-<lb/>
falls vom Männchen vergegenwärtigt. Am &#x017F;ehr verkürzten, gelbbraunen nennten Gliede &#x017F;itzt die<lb/>
dunkelrothe Haftzange. &#x2014; Mit der zweiten Hälfte des April beginnt die Schwärmzeit und dauert<lb/>
etwa fünf Wochen, womit aber nicht ge&#x017F;agt &#x017F;ein &#x017F;oll, daß die Mücke &#x017F;o lange lebe, &#x017F;ondern nur,<lb/>
daß &#x017F;ie während die&#x017F;er Zeit auskriecht; die Lebensdauer der einzelnen, welche Regen und Kälte<lb/>
nicht vertragen kann, umfaßt nur wenige Tage. Gleich nach dem Aus&#x017F;chlüpfen, an einem warmen<lb/>
und wind&#x017F;tillen Tage erfolgt die Paarung, und das Weibchen legt &#x017F;eine Eier ohne merkliche Unter-<lb/>
brechung hintereinander fort, etwas mehr als achtzig und weniger als hundert, einzeln oder paar-<lb/>
wei&#x017F;e zwi&#x017F;chen zwei Längsnerven eines Blattes. So wie die Larve die Ei&#x017F;chale verla&#x017F;&#x017F;en hat, was<lb/>
nach wenigen Tagen ge&#x017F;chieht, gleitet &#x017F;ie am Blatte hinab und gelangt hinter de&#x017F;&#x017F;en Scheide, wo<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich für immer fe&#x017F;t&#x017F;etzt. War es Wintergetreide, an welches die Eier gelegt wurden, &#x017F;o wird<lb/>
&#x017F;ie am er&#x017F;ten oder zweiten Knoten von unten &#x017F;itzen, dagegen unmittelbar über dem Wurzel&#x017F;tock,<lb/>
wenn das Weibchen Sommer&#x017F;aaten zu &#x017F;einem Brutplatze erwählte. Jn beiden Fällen gelingt es<lb/>
ihr für gewöhnlich nicht, die Pflanze zu tödten; die&#x017F;elbe gedeiht, ihr Halm i&#x017F;t aber an der Lager-<lb/>
&#x017F;tätte der Larve durch deren Saugen &#x017F;o be&#x017F;chädigt, daß er die Aehre &#x017F;päter nicht zu tragen, zum<lb/>
Theil auch nicht voll&#x017F;tändig zu ernähren vermag und durch den Wind leicht umgeknickt wird.<lb/>
Bis gegen den 20. Juni &#x017F;ind die mei&#x017F;ten Maden erwach&#x017F;en, die älteren bereits in Tonnenpüppchen<lb/>
verwandelt, aus welchen im September oder &#x017F;chon Ende Augu&#x017F;t die Sommergeneration ent&#x017F;teht.<lb/>
Die jungen Saatpflänzchen, an denen die Maden der zweiten oder Wintergeneration leben, welche<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">25*</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </body>
      </floatingText>
    </body>
  </text>
</TEI>
[387/0411] Getreide-Verwüſter. in Geſellſchaften bis zu neun Stück, mit dem Vorderende nach unten gewendet, zwiſchen Halm und Blattſcheide, entweder unten gleich über dem Wurzelſtocke oder dicht über einem der beiden unterſten Knoten am Roggen oder Weizen. Mit der Zeit nimmt ſie in Folge von reichlicher Fettentwickelung eine mehr eiförmige Geſtalt an, zieht ſich im Jnnern von der Körperhaut etwas zurück, und dieſe wird zu einer allmälig ſich bräunenden Hülle, zu einem Tonnenpüppchen (Fig. 4), wie es eigentlich nur einer Fliege zukommt. Jn dieſem Zuſtande erfolgt die Ueberwinterung. Ungefähr 14 Tage vor dem Erſcheinen der Fliege findet ſich darin die eigentliche Puppe (Fig. 2.) Die beiden ſeitlichen, unteren Hörnchen am Kopfe ſind die für die Gallmücken in dieſer Form und Lage charakteriſtiſchen Athmungsröhren, die beiden oberen nur Borſten. Die Mücke ſelbſt muß man in ihren beiden Geſchlechtern beſonders betrachten, um ſie gründlich kennen lernen zu können. Das weit häufigere Weibchen (1) ändert in ſeiner Länge, von der Stirn bis zur vorgeſtreckten Legröhre gemeſſen, zwiſchen 1⅕ und 1⅔ Linien ab. Der Körper iſt vorherrſchend ſammetſchwarz, faſt der ganze Bauch, mit Ausſchluß eines beinahe quadratiſchen ſchwarzen Fleckes auf jedem der ſechs mittleren Glieder, die Gelenkeinſchnitte des Rückens und eine Mittellinie deſſelben blutroth; eben dieſe Farbe kommt in der Regel der Fühlerwurzel und den Schulterbeulen zu, dies Alles im lebenden Zuſtande, nach dem Tode gehen wenigſtens am Hinterleibe durch Eintrocknen die meiſten rothen Stellen verloren. Kurze ſchwarze Haare bedecken überdies den Körper, röthlichgelbe die Fühler, und die Flügel erſcheinen durch Härchen, welche ihre Ober- und Unterſeite decken, grau getrübt. Außer zwei größeren Grundgliedern ſetzen 14 bis 16 kurzgeſtielte, in der Regel fünfzehn kugelige die Geiſel zuſammen. Von den vier Taſtergliedern wird jedes folgende etwas länger, als das vorhergehende, und eine lebhaft zitternde Bewegung macht ſie leicht kenntlich; zwiſchen ihnen tritt der kurze, gelbe Rüſſel hervor, der ſich aber auch in die Mundhöhle zurückzieht. Der neunringelige Hinterleib verengt ſich vom ſechſten Ringe allmälig nach hinten und läuft in eine äußerſt bewegliche Legröhre aus. Zwiſchen den kohlſchwarzen Krallen der ſehr langen Beine bemerkt man nur ein ſcheiben- förmiges Haftläppchen. Jn den Zipfeln hinter den Mittelbeinen erblicken wir die blaßbraunen Schwinger. Beim Männchen beträgt die Körperlänge ziemlich beſtändig 1⅓ Linie, das Schwarz erſcheint weniger ſammetartig, ſondern zieht mehr ins Braune, das Roth iſt ſchmuziger und lichter, die Körperbehaarung länger und nur an den Flügeln ſchwarz, ſonſt röthlichgelb. Die Fühlergeiſel ſetzen regelrecht ſechzehn Glieder zuſammen, fünfzehn oder ſiebzehn ausnahmsweiſe. Der auffälligſte Unterſchied der Geſchlechter beſteht in der Form des Hinterleibes, welchen unſere Abbildung gleich- falls vom Männchen vergegenwärtigt. Am ſehr verkürzten, gelbbraunen nennten Gliede ſitzt die dunkelrothe Haftzange. — Mit der zweiten Hälfte des April beginnt die Schwärmzeit und dauert etwa fünf Wochen, womit aber nicht geſagt ſein ſoll, daß die Mücke ſo lange lebe, ſondern nur, daß ſie während dieſer Zeit auskriecht; die Lebensdauer der einzelnen, welche Regen und Kälte nicht vertragen kann, umfaßt nur wenige Tage. Gleich nach dem Ausſchlüpfen, an einem warmen und windſtillen Tage erfolgt die Paarung, und das Weibchen legt ſeine Eier ohne merkliche Unter- brechung hintereinander fort, etwas mehr als achtzig und weniger als hundert, einzeln oder paar- weiſe zwiſchen zwei Längsnerven eines Blattes. So wie die Larve die Eiſchale verlaſſen hat, was nach wenigen Tagen geſchieht, gleitet ſie am Blatte hinab und gelangt hinter deſſen Scheide, wo ſie ſich für immer feſtſetzt. War es Wintergetreide, an welches die Eier gelegt wurden, ſo wird ſie am erſten oder zweiten Knoten von unten ſitzen, dagegen unmittelbar über dem Wurzelſtock, wenn das Weibchen Sommerſaaten zu ſeinem Brutplatze erwählte. Jn beiden Fällen gelingt es ihr für gewöhnlich nicht, die Pflanze zu tödten; dieſelbe gedeiht, ihr Halm iſt aber an der Lager- ſtätte der Larve durch deren Saugen ſo beſchädigt, daß er die Aehre ſpäter nicht zu tragen, zum Theil auch nicht vollſtändig zu ernähren vermag und durch den Wind leicht umgeknickt wird. Bis gegen den 20. Juni ſind die meiſten Maden erwachſen, die älteren bereits in Tonnenpüppchen verwandelt, aus welchen im September oder ſchon Ende Auguſt die Sommergeneration entſteht. Die jungen Saatpflänzchen, an denen die Maden der zweiten oder Wintergeneration leben, welche 25*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/411
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/411>, abgerufen am 23.11.2024.