Rückenborste genannt, an der Spitze oder in ihrer nächsten Nähe. Ob sie diese oder jene Stelle einnimmt, ob sie einsach oder gegliedert, nackt oder behaart und befiedert ist, dies alles wird wohl beachtet, um darauf Unterschiede ganzer Gattungen zu begründen. Zwischen den beiden eben bezeichneten Fühlerformen steht noch eine dritte in der Mitte, welche jedoch zu der letzteren gezählt zu werden pflegt. Jn manchen Fällen nämlich erscheint das dritte Glied geringelt, oder statt der Borste hat es einen Griffel, einen andern als borstenartigen Fortsatz, welcher gleichfalls geringelt sein kann. Nie kommen jedoch bei dieser Bildung mehr als sechs Glieder zusammen.
Die sußlosen Larven (Maden) der Zweiflügler halten sich im Wasser, in der Erde, in verwesenden thierischen oder pflanzlichen Stoffen, in lebenden Pflanzen, deren Zersetzung sie befördern, ja auch als Parasiten in anderen Larven oder an warmblutigen Thieren auf, können überall aber ihre Nahrung nur im flüssigen Zustande durch Saugen aufnehmen und hänten sich meist während ihres Wachsthums nicht. Ganz abgesehen vom Aufenthaltsorte finden zwischen ihnen zwei wesentliche Unterschiede statt. Die mehr entwickelten derselben lassen einen hornigen Kopf mit zwar stummelhaften, aber doch in der Anlage vorhandenen Mundtheilen: Ober- und Unterlippe, Ober- und Unterkiefer, Fühler und auch wohl Augen in größerer oder geringerer Vollständigkeit erkennen. Eigentliche Füße fehlen ihnen, statt derselben finden sich aber Stachel- haare oder behorstete Warzen, welche beim Fortkriechen gute Dienste leisten, die Jnhaber derselben genau genommen aber nicht über den Madenstand erheben. Bei der zweiten, bedeutend zahl- reicheren Reihe läßt sich gar kein Kopf unterscheiden, sondern nur ein spitzes Ende auf der einen, ein stumpfes, meist abgestutztes auf der entgegengesetzten Seite. Jenes, in die nachfolgenden Körpertheile zurückziehbar, bleibt durchaus fleischig, wie der übrige Körper, oder zwei senkrecht gegen einander wirkende, dunkle Hornhaken stellen die Mundtheile dar. Dieselben dienen zum Los- lösen der Nahrungstheile und zum Anhalten beim Fortkriechen. Bei derartigen Maden finden sich am gestutzten und dickeren Körperende auf zapfenartigen Erhöhungen oder Warzen, den sogenannten Stigmenträgern, zwei seitliche Luftlöcher, zwei andere, meist sehr versteckte hat man vorn an den Seiten des zweiten Segments zu suchen. Diese Unterschiede greifen tiefer ein bei der Ver- wandlung, indem die ersteren ihre Larvenhaut abwersen und zu gemeiselten Puppen werden, welche die einzelnen Theile des vollkommenen Jnsekts deutlich erkennen lassen, die letzteren dagegen die Haut nicht abstreifen, sich in ihr zurückziehen und jene sich zu dem sogenannten Tonnen- püppchen oder Tönnchen erhärtet, welches durch Hervorragungen die Stellen andeutet, wo bei der Larve die Stigmenträger saßen. Während alle außerhalb des Wassers ruhen, bewegen sich die im Wasser lebenden Mückenpuppen in ähnlicher Weise, wie ihre Larven. Die eben erörterten Unterschiede zwischen Larven und Puppen lassen im Allgemeinen einen Schluß auf das vollkommene Jnsekt ziehen. Aus den gemeiselten oder Mumienpuppen werden Langhörner oder Mücken, aus den Tönnchen Fliegen oder Kurzhörner, jedoch nicht ausnahmslos.
Die Zahl der Fliegen läßt sich bei der noch sehr unvollkommenen Kenntniß der außer- europäischen kaum schätzen, doch dürfte sie die der Hymenopteren nicht erreichen. Der heiße Erd- gürtel enthält keine Familie ausschließlich, sondern die Verbreitung derselben scheint eine allgemeinere zu sein als bei anderen Jnsekten. Zweiflügler kommen gleichfalls schon in den früheren Schöpfungs- perioden vor, in den älteren Schichten vereinzelt und nicht hinreichend kenntlich, dagegen zahlreich und schön erhalten im Tertiärgebirge mit überwiegenden Mücken. Von den etwa 850 bisher im Bernstein aufgefundenen Arten sind 656 sicher bestimmt.
So manchfaltig sich auch ihre Verhältnisse in Größe, Körperbildung und Lebensweise gestalten mögen, so lassen sich doch die Mücken oder Schnaken (Tipulariae) leicht an dem langgestreckten, bei den kleineren Arten ungemein zarten Körper, an den sehr langen, fadenförmigen Beinen, welche kaum die leiseste Berührung vertragen können, ohne auszufallen, an den langen Taster- gliedern und den vielgliederigen, oft außerordentlich zierlichen Fühlern erkennen. Die Zahl ihrer
Allgemeines. Larven. Puppen.
Rückenborſte genannt, an der Spitze oder in ihrer nächſten Nähe. Ob ſie dieſe oder jene Stelle einnimmt, ob ſie einſach oder gegliedert, nackt oder behaart und befiedert iſt, dies alles wird wohl beachtet, um darauf Unterſchiede ganzer Gattungen zu begründen. Zwiſchen den beiden eben bezeichneten Fühlerformen ſteht noch eine dritte in der Mitte, welche jedoch zu der letzteren gezählt zu werden pflegt. Jn manchen Fällen nämlich erſcheint das dritte Glied geringelt, oder ſtatt der Borſte hat es einen Griffel, einen andern als borſtenartigen Fortſatz, welcher gleichfalls geringelt ſein kann. Nie kommen jedoch bei dieſer Bildung mehr als ſechs Glieder zuſammen.
Die ſußloſen Larven (Maden) der Zweiflügler halten ſich im Waſſer, in der Erde, in verweſenden thieriſchen oder pflanzlichen Stoffen, in lebenden Pflanzen, deren Zerſetzung ſie befördern, ja auch als Paraſiten in anderen Larven oder an warmblutigen Thieren auf, können überall aber ihre Nahrung nur im flüſſigen Zuſtande durch Saugen aufnehmen und hänten ſich meiſt während ihres Wachsthums nicht. Ganz abgeſehen vom Aufenthaltsorte finden zwiſchen ihnen zwei weſentliche Unterſchiede ſtatt. Die mehr entwickelten derſelben laſſen einen hornigen Kopf mit zwar ſtummelhaften, aber doch in der Anlage vorhandenen Mundtheilen: Ober- und Unterlippe, Ober- und Unterkiefer, Fühler und auch wohl Augen in größerer oder geringerer Vollſtändigkeit erkennen. Eigentliche Füße fehlen ihnen, ſtatt derſelben finden ſich aber Stachel- haare oder behorſtete Warzen, welche beim Fortkriechen gute Dienſte leiſten, die Jnhaber derſelben genau genommen aber nicht über den Madenſtand erheben. Bei der zweiten, bedeutend zahl- reicheren Reihe läßt ſich gar kein Kopf unterſcheiden, ſondern nur ein ſpitzes Ende auf der einen, ein ſtumpfes, meiſt abgeſtutztes auf der entgegengeſetzten Seite. Jenes, in die nachfolgenden Körpertheile zurückziehbar, bleibt durchaus fleiſchig, wie der übrige Körper, oder zwei ſenkrecht gegen einander wirkende, dunkle Hornhaken ſtellen die Mundtheile dar. Dieſelben dienen zum Los- löſen der Nahrungstheile und zum Anhalten beim Fortkriechen. Bei derartigen Maden finden ſich am geſtutzten und dickeren Körperende auf zapfenartigen Erhöhungen oder Warzen, den ſogenannten Stigmenträgern, zwei ſeitliche Luftlöcher, zwei andere, meiſt ſehr verſteckte hat man vorn an den Seiten des zweiten Segments zu ſuchen. Dieſe Unterſchiede greifen tiefer ein bei der Ver- wandlung, indem die erſteren ihre Larvenhaut abwerſen und zu gemeiſelten Puppen werden, welche die einzelnen Theile des vollkommenen Jnſekts deutlich erkennen laſſen, die letzteren dagegen die Haut nicht abſtreifen, ſich in ihr zurückziehen und jene ſich zu dem ſogenannten Tonnen- püppchen oder Tönnchen erhärtet, welches durch Hervorragungen die Stellen andeutet, wo bei der Larve die Stigmenträger ſaßen. Während alle außerhalb des Waſſers ruhen, bewegen ſich die im Waſſer lebenden Mückenpuppen in ähnlicher Weiſe, wie ihre Larven. Die eben erörterten Unterſchiede zwiſchen Larven und Puppen laſſen im Allgemeinen einen Schluß auf das vollkommene Jnſekt ziehen. Aus den gemeiſelten oder Mumienpuppen werden Langhörner oder Mücken, aus den Tönnchen Fliegen oder Kurzhörner, jedoch nicht ausnahmslos.
Die Zahl der Fliegen läßt ſich bei der noch ſehr unvollkommenen Kenntniß der außer- europäiſchen kaum ſchätzen, doch dürfte ſie die der Hymenopteren nicht erreichen. Der heiße Erd- gürtel enthält keine Familie ausſchließlich, ſondern die Verbreitung derſelben ſcheint eine allgemeinere zu ſein als bei anderen Jnſekten. Zweiflügler kommen gleichfalls ſchon in den früheren Schöpfungs- perioden vor, in den älteren Schichten vereinzelt und nicht hinreichend kenntlich, dagegen zahlreich und ſchön erhalten im Tertiärgebirge mit überwiegenden Mücken. Von den etwa 850 bisher im Bernſtein aufgefundenen Arten ſind 656 ſicher beſtimmt.
So manchfaltig ſich auch ihre Verhältniſſe in Größe, Körperbildung und Lebensweiſe geſtalten mögen, ſo laſſen ſich doch die Mücken oder Schnaken (Tipulariae) leicht an dem langgeſtreckten, bei den kleineren Arten ungemein zarten Körper, an den ſehr langen, fadenförmigen Beinen, welche kaum die leiſeſte Berührung vertragen können, ohne auszufallen, an den langen Taſter- gliedern und den vielgliederigen, oft außerordentlich zierlichen Fühlern erkennen. Die Zahl ihrer
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[379/0403]
Allgemeines. Larven. Puppen.
Rückenborſte genannt, an der Spitze oder in ihrer nächſten Nähe. Ob ſie dieſe oder jene Stelle
einnimmt, ob ſie einſach oder gegliedert, nackt oder behaart und befiedert iſt, dies alles wird wohl
beachtet, um darauf Unterſchiede ganzer Gattungen zu begründen. Zwiſchen den beiden eben
bezeichneten Fühlerformen ſteht noch eine dritte in der Mitte, welche jedoch zu der letzteren gezählt
zu werden pflegt. Jn manchen Fällen nämlich erſcheint das dritte Glied geringelt, oder ſtatt der
Borſte hat es einen Griffel, einen andern als borſtenartigen Fortſatz, welcher gleichfalls geringelt
ſein kann. Nie kommen jedoch bei dieſer Bildung mehr als ſechs Glieder zuſammen.
Die ſußloſen Larven (Maden) der Zweiflügler halten ſich im Waſſer, in der Erde, in
verweſenden thieriſchen oder pflanzlichen Stoffen, in lebenden Pflanzen, deren Zerſetzung ſie
befördern, ja auch als Paraſiten in anderen Larven oder an warmblutigen Thieren auf, können
überall aber ihre Nahrung nur im flüſſigen Zuſtande durch Saugen aufnehmen und hänten ſich
meiſt während ihres Wachsthums nicht. Ganz abgeſehen vom Aufenthaltsorte finden zwiſchen
ihnen zwei weſentliche Unterſchiede ſtatt. Die mehr entwickelten derſelben laſſen einen hornigen
Kopf mit zwar ſtummelhaften, aber doch in der Anlage vorhandenen Mundtheilen: Ober- und
Unterlippe, Ober- und Unterkiefer, Fühler und auch wohl Augen in größerer oder geringerer
Vollſtändigkeit erkennen. Eigentliche Füße fehlen ihnen, ſtatt derſelben finden ſich aber Stachel-
haare oder behorſtete Warzen, welche beim Fortkriechen gute Dienſte leiſten, die Jnhaber derſelben
genau genommen aber nicht über den Madenſtand erheben. Bei der zweiten, bedeutend zahl-
reicheren Reihe läßt ſich gar kein Kopf unterſcheiden, ſondern nur ein ſpitzes Ende auf der einen,
ein ſtumpfes, meiſt abgeſtutztes auf der entgegengeſetzten Seite. Jenes, in die nachfolgenden
Körpertheile zurückziehbar, bleibt durchaus fleiſchig, wie der übrige Körper, oder zwei ſenkrecht
gegen einander wirkende, dunkle Hornhaken ſtellen die Mundtheile dar. Dieſelben dienen zum Los-
löſen der Nahrungstheile und zum Anhalten beim Fortkriechen. Bei derartigen Maden finden ſich
am geſtutzten und dickeren Körperende auf zapfenartigen Erhöhungen oder Warzen, den ſogenannten
Stigmenträgern, zwei ſeitliche Luftlöcher, zwei andere, meiſt ſehr verſteckte hat man vorn an
den Seiten des zweiten Segments zu ſuchen. Dieſe Unterſchiede greifen tiefer ein bei der Ver-
wandlung, indem die erſteren ihre Larvenhaut abwerſen und zu gemeiſelten Puppen werden, welche
die einzelnen Theile des vollkommenen Jnſekts deutlich erkennen laſſen, die letzteren dagegen die
Haut nicht abſtreifen, ſich in ihr zurückziehen und jene ſich zu dem ſogenannten Tonnen-
püppchen oder Tönnchen erhärtet, welches durch Hervorragungen die Stellen andeutet, wo bei
der Larve die Stigmenträger ſaßen. Während alle außerhalb des Waſſers ruhen, bewegen ſich
die im Waſſer lebenden Mückenpuppen in ähnlicher Weiſe, wie ihre Larven. Die eben erörterten
Unterſchiede zwiſchen Larven und Puppen laſſen im Allgemeinen einen Schluß auf das vollkommene
Jnſekt ziehen. Aus den gemeiſelten oder Mumienpuppen werden Langhörner oder Mücken, aus
den Tönnchen Fliegen oder Kurzhörner, jedoch nicht ausnahmslos.
Die Zahl der Fliegen läßt ſich bei der noch ſehr unvollkommenen Kenntniß der außer-
europäiſchen kaum ſchätzen, doch dürfte ſie die der Hymenopteren nicht erreichen. Der heiße Erd-
gürtel enthält keine Familie ausſchließlich, ſondern die Verbreitung derſelben ſcheint eine allgemeinere
zu ſein als bei anderen Jnſekten. Zweiflügler kommen gleichfalls ſchon in den früheren Schöpfungs-
perioden vor, in den älteren Schichten vereinzelt und nicht hinreichend kenntlich, dagegen zahlreich
und ſchön erhalten im Tertiärgebirge mit überwiegenden Mücken. Von den etwa 850 bisher im
Bernſtein aufgefundenen Arten ſind 656 ſicher beſtimmt.
So manchfaltig ſich auch ihre Verhältniſſe in Größe, Körperbildung und Lebensweiſe geſtalten
mögen, ſo laſſen ſich doch die Mücken oder Schnaken (Tipulariae) leicht an dem langgeſtreckten,
bei den kleineren Arten ungemein zarten Körper, an den ſehr langen, fadenförmigen Beinen,
welche kaum die leiſeſte Berührung vertragen können, ohne auszufallen, an den langen Taſter-
gliedern und den vielgliederigen, oft außerordentlich zierlichen Fühlern erkennen. Die Zahl ihrer
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/403>, abgerufen am 24.11.2024.
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