Unsere Kenntniß von den Larven der Käfer ist zur Zeit noch sehr mangelhaft; denn nähme man auch an, daß seit 1853, in welchem Jahre Chapuis und Candeze in ihrem Kataloge 681 Arten, als bis dahin überhaupt bekannt, aufführen, noch eine gleiche Anzahl dazugekommen wäre, was entschieden nicht der Fall, so bleibt eine Menge von 1300 Arten in runder Summe noch gewaltig zurück hinter der der vollkommenen Jnsekten, die man doch immer auf 80,000 schätzen darf. Jn ihrer äußeren Erscheinung bieten die Larven auch nicht annähernd die Manchfaltigkeit, wie die Käfer selbst. Da die meisten verborgen leben, gehen ihnen die vom Lichte bedingten bunten Farben ab und ein schmutziges oder gelbliches Weiß ist vorherrschend. Sie haben alle einen hornigen Kopf und außer diesem zwölf (11) Leibesglieder, gar keine Beine oder deren sechs hornige an den drei vordersten; dieselben bestehen aus fünf Gliedern und endigen in eine, bei einigen Familien in zwei und in einzelnen Fällen in drei Krallen. Der Kopf, der sich öfter etwas in den ersten Leibesring zurückziehen kann, ist geneigt, so daß sich die Mundtheile der Brust nähern, oder er steht gerade aus und zeigt in seinen Formen mancherlei Unterschiede. Die Augen, wenn sie nicht ganz fehlen, wie z. B. bei solchen, die im faulen Holze leben, stehen zu eins bis sechs jederseits des Kopfes und sind nicht zusammengesetzt in dem Sinne, wie die Augen der vollkom- menen Jnsekten, aber auch nicht ganz so einfach wie die, hier nie vorkommenden Ocellen auf dem Scheitel. Faden- oder kegelförmige Fühler, die zwischen den Augen und der Wurzel der Kinnbacken stehen, finden sich bei sehr vielen Larven, aber nicht bei allen. Sie bestehen in der Regel aus vier Gliedern, deren drittes nicht selten mit einem seitlichen Anhängsel versehen ist, es kommt aber auch ein Glied mehr, oder einige weniger vor. Die Freßwerkzeuge, bei denen, welche ihre Nahrung kanen, in der Mundöffnung angebracht, bei anderen, welche sie saugend zu sich nehmen, vor jener stehend und dieselbe bedeckend, entsprechen denen der vollkommenen Jnsekten. Sie setzen sich zusammen aus dem hornigen Oberkiefer, dem Unterkiefer, einer Unter- und Oberlippe mit verschie- denen Modificationen. Bei den Fleischfressern fehlt meist die Oberlippe und die verlängerte Stirn, oder ein davon abgesondertes Kopfschild übernimmt den Schluß der Mundöffnung von oben her. Obgleich einzelne Theile der Unterlippe fehlen können, so ist sie ein constanteres Organ, als selbst die Unterkiefer. Die zwölf Leibesglieder sind entweder so ziemlich gleich unter sich, mit Quer- runzeln versehen oder glatt und dann mit härterer Oberhaut, oder die drei vordersten zeichnen sich vor den übrigen durch Größe und andere Merkmale aus und lassen leichter als dort erkennen, daß aus ihnen der Thorax des künftigen Käfers wird; an der Seite des ersten oder zwischen ihm und dem zweiten oder am Vorderrande dieses selbst liegt das erste Paar der Luftlöcher, vom ersten Hinterleibsringe an, also dem vierten Leibesgliede, zählt man deren noch acht, an jedem ein Paar. Bei den nur elfgliedrigen Larven der Wasserkäfer und einiger anderer (Donacia) kann man nur acht Stigmenpaare zählen, das neunte vereinigt sich hier in der Hinterleibsspitze. Da keine Käfer- larve an den Hinterleibsringen mit Beinen versehen ist, wie z. B. die Raupen der Schmetterlinge, so haben viele zur Unterstützung beim Fortkriechen hinten zwei Anhängsel, oder der After tritt röhrenförmig hervor und scheint ein dreizehntes Glied zu bilden, den sogenannten Nachschieber.
Die Puppen gehören zu den oben als "gemeiselte" bezeichneten, sie lassen alle Theile des künftigen Käfers, Beine, Fühler, Flügel, jeden mit feinem Häutchen umschlossen und frei dem Körper anliegend, erkennen und zeigen sich ungemein beweglich, indem der Hinterleib hin- und her- schlägt, wenn man sie irgendwie stört. Die einen liegen frei in einem Lager, welches die Larve vor der Verwandlung durch Ausnagen ihres bisherigen Aufenthaltsortes kunstlos herrichtete, andere ruhen in einem besonders zusammengeleimten Cocon, noch andere sind, wie viele Schmet- terlingspuppen, mit ihrer Hinterleibsspitze an ein Blatt aufgehängt, wenn die Larve frei auf diesem lebte. Je nach der Größe des Thieres, bedarf es nach dem Ausschlüpfen eine kürzere oder längere Zeit, um zu erhärten und sich, besonders seine Flügeldecken, vollkommen auszufärben, immer aber eine entschieden längere Frist, als ein Schmetterling, der seine Farbe mit zur Welt bringt, als ein Hymenopteron oder eine Fliege. Es ist dies sehr natürlich, weil im Allgemeinen
Unterſcheidende Merkmale. Larven. Puppen.
Unſere Kenntniß von den Larven der Käfer iſt zur Zeit noch ſehr mangelhaft; denn nähme man auch an, daß ſeit 1853, in welchem Jahre Chapuis und Candèze in ihrem Kataloge 681 Arten, als bis dahin überhaupt bekannt, aufführen, noch eine gleiche Anzahl dazugekommen wäre, was entſchieden nicht der Fall, ſo bleibt eine Menge von 1300 Arten in runder Summe noch gewaltig zurück hinter der der vollkommenen Jnſekten, die man doch immer auf 80,000 ſchätzen darf. Jn ihrer äußeren Erſcheinung bieten die Larven auch nicht annähernd die Manchfaltigkeit, wie die Käfer ſelbſt. Da die meiſten verborgen leben, gehen ihnen die vom Lichte bedingten bunten Farben ab und ein ſchmutziges oder gelbliches Weiß iſt vorherrſchend. Sie haben alle einen hornigen Kopf und außer dieſem zwölf (11) Leibesglieder, gar keine Beine oder deren ſechs hornige an den drei vorderſten; dieſelben beſtehen aus fünf Gliedern und endigen in eine, bei einigen Familien in zwei und in einzelnen Fällen in drei Krallen. Der Kopf, der ſich öfter etwas in den erſten Leibesring zurückziehen kann, iſt geneigt, ſo daß ſich die Mundtheile der Bruſt nähern, oder er ſteht gerade aus und zeigt in ſeinen Formen mancherlei Unterſchiede. Die Augen, wenn ſie nicht ganz fehlen, wie z. B. bei ſolchen, die im faulen Holze leben, ſtehen zu eins bis ſechs jederſeits des Kopfes und ſind nicht zuſammengeſetzt in dem Sinne, wie die Augen der vollkom- menen Jnſekten, aber auch nicht ganz ſo einfach wie die, hier nie vorkommenden Ocellen auf dem Scheitel. Faden- oder kegelförmige Fühler, die zwiſchen den Augen und der Wurzel der Kinnbacken ſtehen, finden ſich bei ſehr vielen Larven, aber nicht bei allen. Sie beſtehen in der Regel aus vier Gliedern, deren drittes nicht ſelten mit einem ſeitlichen Anhängſel verſehen iſt, es kommt aber auch ein Glied mehr, oder einige weniger vor. Die Freßwerkzeuge, bei denen, welche ihre Nahrung kanen, in der Mundöffnung angebracht, bei anderen, welche ſie ſaugend zu ſich nehmen, vor jener ſtehend und dieſelbe bedeckend, entſprechen denen der vollkommenen Jnſekten. Sie ſetzen ſich zuſammen aus dem hornigen Oberkiefer, dem Unterkiefer, einer Unter- und Oberlippe mit verſchie- denen Modificationen. Bei den Fleiſchfreſſern fehlt meiſt die Oberlippe und die verlängerte Stirn, oder ein davon abgeſondertes Kopfſchild übernimmt den Schluß der Mundöffnung von oben her. Obgleich einzelne Theile der Unterlippe fehlen können, ſo iſt ſie ein conſtanteres Organ, als ſelbſt die Unterkiefer. Die zwölf Leibesglieder ſind entweder ſo ziemlich gleich unter ſich, mit Quer- runzeln verſehen oder glatt und dann mit härterer Oberhaut, oder die drei vorderſten zeichnen ſich vor den übrigen durch Größe und andere Merkmale aus und laſſen leichter als dort erkennen, daß aus ihnen der Thorax des künftigen Käfers wird; an der Seite des erſten oder zwiſchen ihm und dem zweiten oder am Vorderrande dieſes ſelbſt liegt das erſte Paar der Luftlöcher, vom erſten Hinterleibsringe an, alſo dem vierten Leibesgliede, zählt man deren noch acht, an jedem ein Paar. Bei den nur elfgliedrigen Larven der Waſſerkäfer und einiger anderer (Donacia) kann man nur acht Stigmenpaare zählen, das neunte vereinigt ſich hier in der Hinterleibsſpitze. Da keine Käfer- larve an den Hinterleibsringen mit Beinen verſehen iſt, wie z. B. die Raupen der Schmetterlinge, ſo haben viele zur Unterſtützung beim Fortkriechen hinten zwei Anhängſel, oder der After tritt röhrenförmig hervor und ſcheint ein dreizehntes Glied zu bilden, den ſogenannten Nachſchieber.
Die Puppen gehören zu den oben als „gemeiſelte“ bezeichneten, ſie laſſen alle Theile des künftigen Käfers, Beine, Fühler, Flügel, jeden mit feinem Häutchen umſchloſſen und frei dem Körper anliegend, erkennen und zeigen ſich ungemein beweglich, indem der Hinterleib hin- und her- ſchlägt, wenn man ſie irgendwie ſtört. Die einen liegen frei in einem Lager, welches die Larve vor der Verwandlung durch Ausnagen ihres bisherigen Aufenthaltsortes kunſtlos herrichtete, andere ruhen in einem beſonders zuſammengeleimten Cocon, noch andere ſind, wie viele Schmet- terlingspuppen, mit ihrer Hinterleibsſpitze an ein Blatt aufgehängt, wenn die Larve frei auf dieſem lebte. Je nach der Größe des Thieres, bedarf es nach dem Ausſchlüpfen eine kürzere oder längere Zeit, um zu erhärten und ſich, beſonders ſeine Flügeldecken, vollkommen auszufärben, immer aber eine entſchieden längere Friſt, als ein Schmetterling, der ſeine Farbe mit zur Welt bringt, als ein Hymenopteron oder eine Fliege. Es iſt dies ſehr natürlich, weil im Allgemeinen
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[25/0039]
Unterſcheidende Merkmale. Larven. Puppen.
Unſere Kenntniß von den Larven der Käfer iſt zur Zeit noch ſehr mangelhaft; denn nähme
man auch an, daß ſeit 1853, in welchem Jahre Chapuis und Candèze in ihrem Kataloge 681
Arten, als bis dahin überhaupt bekannt, aufführen, noch eine gleiche Anzahl dazugekommen wäre,
was entſchieden nicht der Fall, ſo bleibt eine Menge von 1300 Arten in runder Summe noch
gewaltig zurück hinter der der vollkommenen Jnſekten, die man doch immer auf 80,000 ſchätzen
darf. Jn ihrer äußeren Erſcheinung bieten die Larven auch nicht annähernd die Manchfaltigkeit,
wie die Käfer ſelbſt. Da die meiſten verborgen leben, gehen ihnen die vom Lichte bedingten bunten
Farben ab und ein ſchmutziges oder gelbliches Weiß iſt vorherrſchend. Sie haben alle einen
hornigen Kopf und außer dieſem zwölf (11) Leibesglieder, gar keine Beine oder deren ſechs hornige
an den drei vorderſten; dieſelben beſtehen aus fünf Gliedern und endigen in eine, bei einigen
Familien in zwei und in einzelnen Fällen in drei Krallen. Der Kopf, der ſich öfter etwas in
den erſten Leibesring zurückziehen kann, iſt geneigt, ſo daß ſich die Mundtheile der Bruſt nähern,
oder er ſteht gerade aus und zeigt in ſeinen Formen mancherlei Unterſchiede. Die Augen, wenn
ſie nicht ganz fehlen, wie z. B. bei ſolchen, die im faulen Holze leben, ſtehen zu eins bis ſechs
jederſeits des Kopfes und ſind nicht zuſammengeſetzt in dem Sinne, wie die Augen der vollkom-
menen Jnſekten, aber auch nicht ganz ſo einfach wie die, hier nie vorkommenden Ocellen auf dem
Scheitel. Faden- oder kegelförmige Fühler, die zwiſchen den Augen und der Wurzel der Kinnbacken
ſtehen, finden ſich bei ſehr vielen Larven, aber nicht bei allen. Sie beſtehen in der Regel aus
vier Gliedern, deren drittes nicht ſelten mit einem ſeitlichen Anhängſel verſehen iſt, es kommt aber
auch ein Glied mehr, oder einige weniger vor. Die Freßwerkzeuge, bei denen, welche ihre Nahrung
kanen, in der Mundöffnung angebracht, bei anderen, welche ſie ſaugend zu ſich nehmen, vor
jener ſtehend und dieſelbe bedeckend, entſprechen denen der vollkommenen Jnſekten. Sie ſetzen ſich
zuſammen aus dem hornigen Oberkiefer, dem Unterkiefer, einer Unter- und Oberlippe mit verſchie-
denen Modificationen. Bei den Fleiſchfreſſern fehlt meiſt die Oberlippe und die verlängerte Stirn,
oder ein davon abgeſondertes Kopfſchild übernimmt den Schluß der Mundöffnung von oben her.
Obgleich einzelne Theile der Unterlippe fehlen können, ſo iſt ſie ein conſtanteres Organ, als ſelbſt
die Unterkiefer. Die zwölf Leibesglieder ſind entweder ſo ziemlich gleich unter ſich, mit Quer-
runzeln verſehen oder glatt und dann mit härterer Oberhaut, oder die drei vorderſten zeichnen ſich
vor den übrigen durch Größe und andere Merkmale aus und laſſen leichter als dort erkennen, daß
aus ihnen der Thorax des künftigen Käfers wird; an der Seite des erſten oder zwiſchen ihm und
dem zweiten oder am Vorderrande dieſes ſelbſt liegt das erſte Paar der Luftlöcher, vom erſten
Hinterleibsringe an, alſo dem vierten Leibesgliede, zählt man deren noch acht, an jedem ein Paar.
Bei den nur elfgliedrigen Larven der Waſſerkäfer und einiger anderer (Donacia) kann man nur
acht Stigmenpaare zählen, das neunte vereinigt ſich hier in der Hinterleibsſpitze. Da keine Käfer-
larve an den Hinterleibsringen mit Beinen verſehen iſt, wie z. B. die Raupen der Schmetterlinge,
ſo haben viele zur Unterſtützung beim Fortkriechen hinten zwei Anhängſel, oder der After tritt
röhrenförmig hervor und ſcheint ein dreizehntes Glied zu bilden, den ſogenannten Nachſchieber.
Die Puppen gehören zu den oben als „gemeiſelte“ bezeichneten, ſie laſſen alle Theile des
künftigen Käfers, Beine, Fühler, Flügel, jeden mit feinem Häutchen umſchloſſen und frei dem
Körper anliegend, erkennen und zeigen ſich ungemein beweglich, indem der Hinterleib hin- und her-
ſchlägt, wenn man ſie irgendwie ſtört. Die einen liegen frei in einem Lager, welches die Larve
vor der Verwandlung durch Ausnagen ihres bisherigen Aufenthaltsortes kunſtlos herrichtete,
andere ruhen in einem beſonders zuſammengeleimten Cocon, noch andere ſind, wie viele Schmet-
terlingspuppen, mit ihrer Hinterleibsſpitze an ein Blatt aufgehängt, wenn die Larve frei auf
dieſem lebte. Je nach der Größe des Thieres, bedarf es nach dem Ausſchlüpfen eine kürzere
oder längere Zeit, um zu erhärten und ſich, beſonders ſeine Flügeldecken, vollkommen auszufärben,
immer aber eine entſchieden längere Friſt, als ein Schmetterling, der ſeine Farbe mit zur Welt
bringt, als ein Hymenopteron oder eine Fliege. Es iſt dies ſehr natürlich, weil im Allgemeinen
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/39>, abgerufen am 27.11.2024.
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