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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Kiefern-, Feldulmeneule. Erdfahl. Wintersaateule.
wird von feinen, glattgestriegelten Haaren bedeckt, und die Palpen, ebenfalls glatt beschuppt, steigen stark
auf. Von noch zwei Brüdern (C. affinis und pyralina), die mit ihm im Juli erscheinen, ist er
der seltenste, aber entschieden auch der hühscheste, jener hat sehr schwache weiße Fleckchen am Vorder-
rande der Vorderflügel, dieser gar keine.

Man hat neuerdings unter dem Gattungsnamen Agrotis, welcher sich am besten durch Acker-
eule
verdeutschen läßt, ein große Menge von Eulen vereinigt, deren viele schmuzig und unscheinbar
aussehen, grau wie der Erdboden, auf welchem sie sich, unter Laub versteckt, am liebsten aufhalten,
andere wieder genießen den bei Eulen im Allgemeinen seltenen Vorzug, daß ihre Hinterflügel bunt
gefärbt sind, gelb mit einer schwarzen Saumbinde. Wenn sie somit das Colorit, welches in einer
wissenschaftlichen Eintheilung überhaupt nicht maßgebend sein darf, nicht vereinigt, so stimmen sie in
anderen Merkmalen, wenn auch nicht ausnahmslos, mehr überein. Ein robuster Körperbau, ein
anliegend behaarter Kopf und Thorax, welchen letzteren kein schneidiger Längskamm auszeichnet,
nackte, unbewimperte Augen, aufsteigende Taster mit geneigtem Endgliede, ein schopfloser, oft
breitgedrückter Hinterleib, unten behaarte Schenkel, die Mittel- und Hinterschienen mit Dornen-
borsten bewehrt und, wie bei so vielen anderen, die siebente Rippe der Hinterflügel aus der vordern
Ecke der Mittelzelle entspringend, das dürften in der Hauptsache die körperlichen Eigenschaften sein,
die wir bei ihnen antreffen. Nehmen wir nun noch dazu die bereits erwähnte Art sich bei Tage
zu verbergen, die auf dem Rücken wagrecht übereinander gelegten Flügel, wenn sie ruhen, die
zitternde Bewegung, welche sie mit denselben vornehmen, wenn sie am Tage gestört werden, bevor
sie aufgehen, ein Stück hinfliegen, um sich dann wieder an der Erde zu verkriechen und das sehr
versteckte Wesen ihrer nur Kräuter oder Gras fressenden, nackten und feisten Raupen, welche meines
Wissens nach ohne Ausnahme überwintern und sich dann in der Erde verpuppen: so vereinigen
sich eine Menge Umstände, die ihre Zusammengehörigkeit außer Zweifel setzen. Der Raum
gestattet leider nicht, mehr als ein paar der gewöhnlichsten Arten näher vorzuführen.

Das Erdfahl, die Hausmutter (Agrotis pronuba), fälschlich von der sammelnden Jugend
auch als gelbes Ordensband bezeichnet, weil die ockergelben Hinterflügel eine schwarze Saumbinde
tragen, erscheint in zwei Abänderungen; bei der einen (A. innuba) sind die Vorderflügel fast einfarbig,
röthlich lederbraun; die andere, schärfer gezeichnete, hat auf den genannten Flügeln eine rothbraune,
graubraune bis ins Schwarze ziehende Grundfarbe, welche im Wurzel- und Mittelfelde mehr oder
weniger aschgrau gemischt ist. Bei beiden Formen ist das Mittelfeld mehr oder weniger dunkel
quergestrichelt, die Nierenmakel licht und außen noch dunkel umzogen, oft schwärzlich ausgefüllt, im
Jnnern weißlich bestäubt und die Wellenlinie wurzelwärts scharf schwarz gefleckt. Die Flügelspannung
beträgt 21/4 Zoll. Jm Juni und Juli trifft man diese Eule überall und nicht selten. Bei ihren nächt-
lichen Flügen gelangt sie auch in die menschlichen Wohnungen und setzt sich beim Grauen des
Morgens in ein düsteres Winkelchen. Jhre schmuzig braune Raupe trägt eine helle Rückenlinie, oben
schwarze, unten weißliche Längsstriche daneben und von da nach unten und rückwärts gewendete,
dunkle Schrägstriche; hinten treten diese Zeichnungen viel schärfer hervor, als auf den vorderen Gliedern.
Ungefähr noch sechs andere Arten, deren einige sehr schöne, intensive Farben auszeichnen, alle mit
gelben Unterflügeln, werden auch unter dem Gattungsnamen Triphaena von den übrigen abgeschieden.

Die Wintersaateule (Agrotis segetum) möchte ich darum nicht unerwähnt lassen, weil
ihre Raupe auf Feld und im Garten fast alljährlich, einmal in dieser, das andere Mal in einer
andern Gegend nicht nur lästig, sondern höchst schädlich wird. Sie ist erdfahl, braun, reichlich mit
Grau und etwas Grün gemischt, die Haut durchscheinend und stark glänzend, das Nackenschild
dunkler als der Körper, die Afterklappe dagegen nicht. Die Hornfleckchen (Warzen) auf den
Gliedern fallen, weil kaum dunkler als der Grund, wenig in die Augen. Jhre Anordnung stimmt
bei allen derartigen Naupen in folgender Weise überein: auf dem Rücken des zweiten und dritten
stehen vier in einer Querlinie, von da bis zum neunten einschließlich zwei große, unter sich entferntere

Taschenberg, wirbellose Thiere. (Brehm, Thierleben VI.) 23

Kiefern-, Feldulmeneule. Erdfahl. Winterſaateule.
wird von feinen, glattgeſtriegelten Haaren bedeckt, und die Palpen, ebenfalls glatt beſchuppt, ſteigen ſtark
auf. Von noch zwei Brüdern (C. affinis und pyralina), die mit ihm im Juli erſcheinen, iſt er
der ſeltenſte, aber entſchieden auch der hühſcheſte, jener hat ſehr ſchwache weiße Fleckchen am Vorder-
rande der Vorderflügel, dieſer gar keine.

Man hat neuerdings unter dem Gattungsnamen Agrotis, welcher ſich am beſten durch Acker-
eule
verdeutſchen läßt, ein große Menge von Eulen vereinigt, deren viele ſchmuzig und unſcheinbar
ausſehen, grau wie der Erdboden, auf welchem ſie ſich, unter Laub verſteckt, am liebſten aufhalten,
andere wieder genießen den bei Eulen im Allgemeinen ſeltenen Vorzug, daß ihre Hinterflügel bunt
gefärbt ſind, gelb mit einer ſchwarzen Saumbinde. Wenn ſie ſomit das Colorit, welches in einer
wiſſenſchaftlichen Eintheilung überhaupt nicht maßgebend ſein darf, nicht vereinigt, ſo ſtimmen ſie in
anderen Merkmalen, wenn auch nicht ausnahmslos, mehr überein. Ein robuſter Körperbau, ein
anliegend behaarter Kopf und Thorax, welchen letzteren kein ſchneidiger Längskamm auszeichnet,
nackte, unbewimperte Augen, aufſteigende Taſter mit geneigtem Endgliede, ein ſchopfloſer, oft
breitgedrückter Hinterleib, unten behaarte Schenkel, die Mittel- und Hinterſchienen mit Dornen-
borſten bewehrt und, wie bei ſo vielen anderen, die ſiebente Rippe der Hinterflügel aus der vordern
Ecke der Mittelzelle entſpringend, das dürften in der Hauptſache die körperlichen Eigenſchaften ſein,
die wir bei ihnen antreffen. Nehmen wir nun noch dazu die bereits erwähnte Art ſich bei Tage
zu verbergen, die auf dem Rücken wagrecht übereinander gelegten Flügel, wenn ſie ruhen, die
zitternde Bewegung, welche ſie mit denſelben vornehmen, wenn ſie am Tage geſtört werden, bevor
ſie aufgehen, ein Stück hinfliegen, um ſich dann wieder an der Erde zu verkriechen und das ſehr
verſteckte Weſen ihrer nur Kräuter oder Gras freſſenden, nackten und feiſten Raupen, welche meines
Wiſſens nach ohne Ausnahme überwintern und ſich dann in der Erde verpuppen: ſo vereinigen
ſich eine Menge Umſtände, die ihre Zuſammengehörigkeit außer Zweifel ſetzen. Der Raum
geſtattet leider nicht, mehr als ein paar der gewöhnlichſten Arten näher vorzuführen.

Das Erdfahl, die Hausmutter (Agrotis pronuba), fälſchlich von der ſammelnden Jugend
auch als gelbes Ordensband bezeichnet, weil die ockergelben Hinterflügel eine ſchwarze Saumbinde
tragen, erſcheint in zwei Abänderungen; bei der einen (A. innuba) ſind die Vorderflügel faſt einfarbig,
röthlich lederbraun; die andere, ſchärfer gezeichnete, hat auf den genannten Flügeln eine rothbraune,
graubraune bis ins Schwarze ziehende Grundfarbe, welche im Wurzel- und Mittelfelde mehr oder
weniger aſchgrau gemiſcht iſt. Bei beiden Formen iſt das Mittelfeld mehr oder weniger dunkel
quergeſtrichelt, die Nierenmakel licht und außen noch dunkel umzogen, oft ſchwärzlich ausgefüllt, im
Jnnern weißlich beſtäubt und die Wellenlinie wurzelwärts ſcharf ſchwarz gefleckt. Die Flügelſpannung
beträgt 2¼ Zoll. Jm Juni und Juli trifft man dieſe Eule überall und nicht ſelten. Bei ihren nächt-
lichen Flügen gelangt ſie auch in die menſchlichen Wohnungen und ſetzt ſich beim Grauen des
Morgens in ein düſteres Winkelchen. Jhre ſchmuzig braune Raupe trägt eine helle Rückenlinie, oben
ſchwarze, unten weißliche Längsſtriche daneben und von da nach unten und rückwärts gewendete,
dunkle Schrägſtriche; hinten treten dieſe Zeichnungen viel ſchärfer hervor, als auf den vorderen Gliedern.
Ungefähr noch ſechs andere Arten, deren einige ſehr ſchöne, intenſive Farben auszeichnen, alle mit
gelben Unterflügeln, werden auch unter dem Gattungsnamen Triphaena von den übrigen abgeſchieden.

Die Winterſaateule (Agrotis segetum) möchte ich darum nicht unerwähnt laſſen, weil
ihre Raupe auf Feld und im Garten faſt alljährlich, einmal in dieſer, das andere Mal in einer
andern Gegend nicht nur läſtig, ſondern höchſt ſchädlich wird. Sie iſt erdfahl, braun, reichlich mit
Grau und etwas Grün gemiſcht, die Haut durchſcheinend und ſtark glänzend, das Nackenſchild
dunkler als der Körper, die Afterklappe dagegen nicht. Die Hornfleckchen (Warzen) auf den
Gliedern fallen, weil kaum dunkler als der Grund, wenig in die Augen. Jhre Anordnung ſtimmt
bei allen derartigen Naupen in folgender Weiſe überein: auf dem Rücken des zweiten und dritten
ſtehen vier in einer Querlinie, von da bis zum neunten einſchließlich zwei große, unter ſich entferntere

Taſchenberg, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben VI.) 23
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[353/0377] Kiefern-, Feldulmeneule. Erdfahl. Winterſaateule. wird von feinen, glattgeſtriegelten Haaren bedeckt, und die Palpen, ebenfalls glatt beſchuppt, ſteigen ſtark auf. Von noch zwei Brüdern (C. affinis und pyralina), die mit ihm im Juli erſcheinen, iſt er der ſeltenſte, aber entſchieden auch der hühſcheſte, jener hat ſehr ſchwache weiße Fleckchen am Vorder- rande der Vorderflügel, dieſer gar keine. Man hat neuerdings unter dem Gattungsnamen Agrotis, welcher ſich am beſten durch Acker- eule verdeutſchen läßt, ein große Menge von Eulen vereinigt, deren viele ſchmuzig und unſcheinbar ausſehen, grau wie der Erdboden, auf welchem ſie ſich, unter Laub verſteckt, am liebſten aufhalten, andere wieder genießen den bei Eulen im Allgemeinen ſeltenen Vorzug, daß ihre Hinterflügel bunt gefärbt ſind, gelb mit einer ſchwarzen Saumbinde. Wenn ſie ſomit das Colorit, welches in einer wiſſenſchaftlichen Eintheilung überhaupt nicht maßgebend ſein darf, nicht vereinigt, ſo ſtimmen ſie in anderen Merkmalen, wenn auch nicht ausnahmslos, mehr überein. Ein robuſter Körperbau, ein anliegend behaarter Kopf und Thorax, welchen letzteren kein ſchneidiger Längskamm auszeichnet, nackte, unbewimperte Augen, aufſteigende Taſter mit geneigtem Endgliede, ein ſchopfloſer, oft breitgedrückter Hinterleib, unten behaarte Schenkel, die Mittel- und Hinterſchienen mit Dornen- borſten bewehrt und, wie bei ſo vielen anderen, die ſiebente Rippe der Hinterflügel aus der vordern Ecke der Mittelzelle entſpringend, das dürften in der Hauptſache die körperlichen Eigenſchaften ſein, die wir bei ihnen antreffen. Nehmen wir nun noch dazu die bereits erwähnte Art ſich bei Tage zu verbergen, die auf dem Rücken wagrecht übereinander gelegten Flügel, wenn ſie ruhen, die zitternde Bewegung, welche ſie mit denſelben vornehmen, wenn ſie am Tage geſtört werden, bevor ſie aufgehen, ein Stück hinfliegen, um ſich dann wieder an der Erde zu verkriechen und das ſehr verſteckte Weſen ihrer nur Kräuter oder Gras freſſenden, nackten und feiſten Raupen, welche meines Wiſſens nach ohne Ausnahme überwintern und ſich dann in der Erde verpuppen: ſo vereinigen ſich eine Menge Umſtände, die ihre Zuſammengehörigkeit außer Zweifel ſetzen. Der Raum geſtattet leider nicht, mehr als ein paar der gewöhnlichſten Arten näher vorzuführen. Das Erdfahl, die Hausmutter (Agrotis pronuba), fälſchlich von der ſammelnden Jugend auch als gelbes Ordensband bezeichnet, weil die ockergelben Hinterflügel eine ſchwarze Saumbinde tragen, erſcheint in zwei Abänderungen; bei der einen (A. innuba) ſind die Vorderflügel faſt einfarbig, röthlich lederbraun; die andere, ſchärfer gezeichnete, hat auf den genannten Flügeln eine rothbraune, graubraune bis ins Schwarze ziehende Grundfarbe, welche im Wurzel- und Mittelfelde mehr oder weniger aſchgrau gemiſcht iſt. Bei beiden Formen iſt das Mittelfeld mehr oder weniger dunkel quergeſtrichelt, die Nierenmakel licht und außen noch dunkel umzogen, oft ſchwärzlich ausgefüllt, im Jnnern weißlich beſtäubt und die Wellenlinie wurzelwärts ſcharf ſchwarz gefleckt. Die Flügelſpannung beträgt 2¼ Zoll. Jm Juni und Juli trifft man dieſe Eule überall und nicht ſelten. Bei ihren nächt- lichen Flügen gelangt ſie auch in die menſchlichen Wohnungen und ſetzt ſich beim Grauen des Morgens in ein düſteres Winkelchen. Jhre ſchmuzig braune Raupe trägt eine helle Rückenlinie, oben ſchwarze, unten weißliche Längsſtriche daneben und von da nach unten und rückwärts gewendete, dunkle Schrägſtriche; hinten treten dieſe Zeichnungen viel ſchärfer hervor, als auf den vorderen Gliedern. Ungefähr noch ſechs andere Arten, deren einige ſehr ſchöne, intenſive Farben auszeichnen, alle mit gelben Unterflügeln, werden auch unter dem Gattungsnamen Triphaena von den übrigen abgeſchieden. Die Winterſaateule (Agrotis segetum) möchte ich darum nicht unerwähnt laſſen, weil ihre Raupe auf Feld und im Garten faſt alljährlich, einmal in dieſer, das andere Mal in einer andern Gegend nicht nur läſtig, ſondern höchſt ſchädlich wird. Sie iſt erdfahl, braun, reichlich mit Grau und etwas Grün gemiſcht, die Haut durchſcheinend und ſtark glänzend, das Nackenſchild dunkler als der Körper, die Afterklappe dagegen nicht. Die Hornfleckchen (Warzen) auf den Gliedern fallen, weil kaum dunkler als der Grund, wenig in die Augen. Jhre Anordnung ſtimmt bei allen derartigen Naupen in folgender Weiſe überein: auf dem Rücken des zweiten und dritten ſtehen vier in einer Querlinie, von da bis zum neunten einſchließlich zwei große, unter ſich entferntere Taſchenberg, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben VI.) 23

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/377>, abgerufen am 23.11.2024.