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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Schmetterlinge. Spinner.
[Abbildung] Der Eichen-Prozessionsspinner (Cuethocampa
processionca
).
a Raupe, daneben ein Rückenschild. b Puppe nebst Cocon.
c Schmetterling. d Stück eines Gespinnstballens nach einer
der letzten Häutungen.
Mai aus den Eiern, welche das Weibchen
im Sommer zuvor in Häufchen von 150 bis
300 Stück der Rinde eines Eichenstammes
anklebte, untermischt mit graubraunen Haaren
aus seiner filzigen Afterspitze, in ähnlicher
Weise, wie wir es bei den verschiedenen
Liparis-Arten kennen lernten. Von ihrer
Anzahl hängt die Größe der Gesellschaft
ab, welche nicht nur während ihres etwa
sechswöchentlichen Raupenlebens, sondern auch
bei der Verpuppung in der innigsten Ge-
meinschaft bleibt. Nur bei sehr großer Häufig-
keit kann es vorkommen, daß mehrere Ge-
sellschaften, welche auf ihren Wanderungen
zusammentreffen, sich zu einer vereinigen.
Gleich am ersten Abend ihres Geburtstages
ziehen sie, bei geringerer Anzahl eine hinter
der andern im Gäusemarsche, bei größerer
in keilförmiger Auordnung, eine voran, die
nächsten Glieder paarweise, dann zu dreien,
vieren u. s. w. nach der Baumkrone, um an
den Blättern, deren Oberseite sie im ersten
Anfange nur bewältigen können, wie alle
sehr jungen Raupen, ihre Nahrung zu
suchen. Wie sie hier reihenweise geordnet
schmausen, so kehren sie nach der Mahlzeit
in demselben geordneten Zuge zurück nach
einer geschützten Stelle des Stammes, am
liebsten an Astgabeln oder ziemlich tief
unten. Hier richten sie sich häuslich ein,
sitzen dicht gedrängt beisammen, wenn sie
größer geworden sind, nicht blos neben,
sondern auch aufeinander, und spinnen ein
lockeres Gewebe über sich. Jm Anfange wird
das Standquartier öfter gewechselt, später
hingegen bleibt es unverändert an derselben
Stelle, und das Gespinnst wird durch die
abgeworfenen Häute und den theilweise hängen
bleibenden Koth immer dichter und bekommt
das Ansehen unserer Zeichnung (d); ans
einiger Entfernung könnte man es für einen
beulenartigen Auswuchs des Stammes halten.
Aus diesen Gespinnstballen werden die Brenn-
haare durch den Wind verstreut, fallen auf das
Gras, welches vom Vieh abgeweidet wird,
oder gelangen Holzarbeitern, welche in der
Nachbarschaft bewohnter Bäume ihr Früh-
stück etc. verzehren, in den Magen. Mit au-

Die Schmetterlinge. Spinner.
[Abbildung] Der Eichen-Prozeſſionsſpinner (Cuethocampa
processionca
).
a Raupe, daneben ein Rückenſchild. b Puppe nebſt Cocon.
c Schmetterling. d Stück eines Geſpinnſtballens nach einer
der letzten Häutungen.
Mai aus den Eiern, welche das Weibchen
im Sommer zuvor in Häufchen von 150 bis
300 Stück der Rinde eines Eichenſtammes
anklebte, untermiſcht mit graubraunen Haaren
aus ſeiner filzigen Afterſpitze, in ähnlicher
Weiſe, wie wir es bei den verſchiedenen
Liparis-Arten kennen lernten. Von ihrer
Anzahl hängt die Größe der Geſellſchaft
ab, welche nicht nur während ihres etwa
ſechswöchentlichen Raupenlebens, ſondern auch
bei der Verpuppung in der innigſten Ge-
meinſchaft bleibt. Nur bei ſehr großer Häufig-
keit kann es vorkommen, daß mehrere Ge-
ſellſchaften, welche auf ihren Wanderungen
zuſammentreffen, ſich zu einer vereinigen.
Gleich am erſten Abend ihres Geburtstages
ziehen ſie, bei geringerer Anzahl eine hinter
der andern im Gäuſemarſche, bei größerer
in keilförmiger Auordnung, eine voran, die
nächſten Glieder paarweiſe, dann zu dreien,
vieren u. ſ. w. nach der Baumkrone, um an
den Blättern, deren Oberſeite ſie im erſten
Anfange nur bewältigen können, wie alle
ſehr jungen Raupen, ihre Nahrung zu
ſuchen. Wie ſie hier reihenweiſe geordnet
ſchmauſen, ſo kehren ſie nach der Mahlzeit
in demſelben geordneten Zuge zurück nach
einer geſchützten Stelle des Stammes, am
liebſten an Aſtgabeln oder ziemlich tief
unten. Hier richten ſie ſich häuslich ein,
ſitzen dicht gedrängt beiſammen, wenn ſie
größer geworden ſind, nicht blos neben,
ſondern auch aufeinander, und ſpinnen ein
lockeres Gewebe über ſich. Jm Anfange wird
das Standquartier öfter gewechſelt, ſpäter
hingegen bleibt es unverändert an derſelben
Stelle, und das Geſpinnſt wird durch die
abgeworfenen Häute und den theilweiſe hängen
bleibenden Koth immer dichter und bekommt
das Anſehen unſerer Zeichnung (d); ans
einiger Entfernung könnte man es für einen
beulenartigen Auswuchs des Stammes halten.
Aus dieſen Geſpinnſtballen werden die Brenn-
haare durch den Wind verſtreut, fallen auf das
Gras, welches vom Vieh abgeweidet wird,
oder gelangen Holzarbeitern, welche in der
Nachbarſchaft bewohnter Bäume ihr Früh-
ſtück ꝛc. verzehren, in den Magen. Mit au-

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[342/0366] Die Schmetterlinge. Spinner. [Abbildung Der Eichen-Prozeſſionsſpinner (Cuethocampa processionca). a Raupe, daneben ein Rückenſchild. b Puppe nebſt Cocon. c Schmetterling. d Stück eines Geſpinnſtballens nach einer der letzten Häutungen.] Mai aus den Eiern, welche das Weibchen im Sommer zuvor in Häufchen von 150 bis 300 Stück der Rinde eines Eichenſtammes anklebte, untermiſcht mit graubraunen Haaren aus ſeiner filzigen Afterſpitze, in ähnlicher Weiſe, wie wir es bei den verſchiedenen Liparis-Arten kennen lernten. Von ihrer Anzahl hängt die Größe der Geſellſchaft ab, welche nicht nur während ihres etwa ſechswöchentlichen Raupenlebens, ſondern auch bei der Verpuppung in der innigſten Ge- meinſchaft bleibt. Nur bei ſehr großer Häufig- keit kann es vorkommen, daß mehrere Ge- ſellſchaften, welche auf ihren Wanderungen zuſammentreffen, ſich zu einer vereinigen. Gleich am erſten Abend ihres Geburtstages ziehen ſie, bei geringerer Anzahl eine hinter der andern im Gäuſemarſche, bei größerer in keilförmiger Auordnung, eine voran, die nächſten Glieder paarweiſe, dann zu dreien, vieren u. ſ. w. nach der Baumkrone, um an den Blättern, deren Oberſeite ſie im erſten Anfange nur bewältigen können, wie alle ſehr jungen Raupen, ihre Nahrung zu ſuchen. Wie ſie hier reihenweiſe geordnet ſchmauſen, ſo kehren ſie nach der Mahlzeit in demſelben geordneten Zuge zurück nach einer geſchützten Stelle des Stammes, am liebſten an Aſtgabeln oder ziemlich tief unten. Hier richten ſie ſich häuslich ein, ſitzen dicht gedrängt beiſammen, wenn ſie größer geworden ſind, nicht blos neben, ſondern auch aufeinander, und ſpinnen ein lockeres Gewebe über ſich. Jm Anfange wird das Standquartier öfter gewechſelt, ſpäter hingegen bleibt es unverändert an derſelben Stelle, und das Geſpinnſt wird durch die abgeworfenen Häute und den theilweiſe hängen bleibenden Koth immer dichter und bekommt das Anſehen unſerer Zeichnung (d); ans einiger Entfernung könnte man es für einen beulenartigen Auswuchs des Stammes halten. Aus dieſen Geſpinnſtballen werden die Brenn- haare durch den Wind verſtreut, fallen auf das Gras, welches vom Vieh abgeweidet wird, oder gelangen Holzarbeitern, welche in der Nachbarſchaft bewohnter Bäume ihr Früh- ſtück ꝛc. verzehren, in den Magen. Mit au-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/366>, abgerufen am 23.11.2024.