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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Schmetterlinge. Spinner.
waren nur die bereits mit rauher Borke versehenen mit Eiern belegt, niemals die noch glatt-
rindigen, überhaupt keine Stämme unter 12 Zoll Durchmesser am untern Ende. Auch an Birken
und Hornbäumen (Hainbuchen) fand man Eier. Vei den Kiefern wurden solche selten über zwanzig
Fuß Höhe, bei den starkrissigen Birken nicht über sechs Fuß, bei den Hornbäumen bis etwa zehn
Fuß vom Boden gerechnet gefunden; dagegen bei den Fichten, wie schon bemerkt, von der Wurzel
bis zum Wipfel. Zur Vertilgung der Eier trugen wesentlich der Buntspecht, ferner die Finken
bei; auch wurde eine große Menge von Cleruslarven um die Eierhaufen bemerkt. Trotz alle-
dem waren eine ungeheure Menge Eierhaufen übrig geblieben; denn nach Schimmelpfennig's
Berechnung wären durchschnittlich 100 Arbeiter und 20 Aufseher im nächsten Jahre nöthig gewesen,
um nur auf einem Morgen das Spiegeltödten schnell und gründlich durchführen zu können!
Unter diesen Umständen erklärte Schimmelpfennig in seinem Berichte vom 15. Febr. 1854, in
welchem er bereits voll tiefen Schmerzes den Untergang der Wälder voraussagt, das Spiegeln für
unausführbar, überhaupt menschliche Hilfe für unzureichend und alles auf fernerweite Vertilgungsmaß-
regeln zu verwendende Geld für vergeblich verausgabt. Gleichwohl wurde seitens der Regierung
das Spiegeln angeordnet und auf Rothebuder Revier auch wirklich bis zum 18. Mai vorgenommen,
natürlich mit völlig unzureicheuden Kräften. Dabei hatte man die Beobachtung gemacht, daß die
frisch ausgelaufenen Räupchen vorzüglich an den überall eingesprengten Hornbäumen fraßen und
erst nach der Entwickelung der Fichtenmaitriebe zu den Fichten wanderten, wo sie zuerst die Mai-
triebe so stark benagten, wohl gar durchbissen, daß dieselben vertrockneten. Wie vorauszusehen
gewesen war, hatte das Spiegeln gar nichts geholfen; denn die Raupe verbreitete sich schnell über
das ganze Revier, und es wurden durch dieselbe bis zum 12. Juli, wo der Fraß zu Ende ging,
bereits ca. 800 Morgen Fichten vollkommen kahl abgefressen und vernichtet. Schon jetzt zeigten
sich übrigens viele kranke Raupen und unzählige Jchneumoniden (Microgaster), deren weiße
Puppentönnchen später schneeartig das Unterholz bedeckten. Dennoch mochte der größte Theil der
Raupen zur Verpuppung gelangt sein; denn die ausgekrochenen Schmetterlinge bedeckten die
Bestände noch massenhafter, als das Jahr zuvor. Während der Fraßzeit wurde beobachtet, daß
die Raupe die Fichtennadeln ganz verzehrte, die Kiefernadeln dagegen, wie längst bekannt, in der
Mitte, die Birkenblätter am Blattstiele durchbiß, weshalb der Boden unter den Kiefern und
Birken mit herabgefallenen Nadelstücken und Blättern übersäet war; ferner, daß in den aus
Fichten, Kiefern und Laubhölzern gemischten Beständen die Kiefern erst dann an die Reihe kamen,
nachdem die Fichten kahl gefressen waren, die Hornbäume dagegen sofort, gleichzeitig mit den
Fichten; daß in kahl gefressenen Nadelholzarten die etwa eingesprengten Weiden, Aspen, Eschen,
Ahorne u. s. w. verschont blieben, dagegen das Farnkraut und die Beersträucher den hungrigen
Raupen zur Beute sielen; endlich, daß ein am 6. und 7. Juni eingetretener starker Spätfrost den
Raupen nur sehr wenig schadete. Ein Umherwandern der Raupen aus kahl gefressenen Beständen
nach noch unversehrten wurde nicht wahrgenommen, im Gegentheil überall beobachtet, daß die
Raupen von den kahl gefressenen Bäumen ermattet herabstürzten und sich unter deren Schirm-
fläche ausammelten. Viele derselben mögen nicht zur Verpuppung gelangt sein, viele wurden auch
von den Fröschen (!) gefressen. Bäume, unter denen sich Ameisenhaufen (von Formica
rufa
) befanden, blieben vom Raupenfraße verschont. Zur Vertilgung der Schmetter-
linge wurden, da das Sammeln zu langsam ging, schon während der ersten Flugzeit (vom 29. Juli
bis 3. August 1853) und auch 1854 große Leuchtfeuer an vielen Stellen angezündet. Wenn auch
diese Maßregel nicht den gewünschten Erfolg hatte, so stellte sich doch heraus, daß die Schmetter-
linge in den kahl gefressenen Orten, wo allein Leuchtfeuer unterhalten wurden, ihre Eier ablegten
und nicht weiter flogen, so daß dann die Vertilgung der Eier durch Verbrennen der abgeschälten
Rinde leicht bewirkt werden konnte. Allein trotzdem und obwohl große Massen von Schmetter-
lingen selbst in den Feuern umkamen, erschienen nach der Flugzeit von 1854 die Eier so massenhaft
abgelegt, daß man von weiterem Sammelnlassen derselben absehen mußte; denn die Stämme der

Die Schmetterlinge. Spinner.
waren nur die bereits mit rauher Borke verſehenen mit Eiern belegt, niemals die noch glatt-
rindigen, überhaupt keine Stämme unter 12 Zoll Durchmeſſer am untern Ende. Auch an Birken
und Hornbäumen (Hainbuchen) fand man Eier. Vei den Kiefern wurden ſolche ſelten über zwanzig
Fuß Höhe, bei den ſtarkriſſigen Birken nicht über ſechs Fuß, bei den Hornbäumen bis etwa zehn
Fuß vom Boden gerechnet gefunden; dagegen bei den Fichten, wie ſchon bemerkt, von der Wurzel
bis zum Wipfel. Zur Vertilgung der Eier trugen weſentlich der Buntſpecht, ferner die Finken
bei; auch wurde eine große Menge von Cleruslarven um die Eierhaufen bemerkt. Trotz alle-
dem waren eine ungeheure Menge Eierhaufen übrig geblieben; denn nach Schimmelpfennig’s
Berechnung wären durchſchnittlich 100 Arbeiter und 20 Aufſeher im nächſten Jahre nöthig geweſen,
um nur auf einem Morgen das Spiegeltödten ſchnell und gründlich durchführen zu können!
Unter dieſen Umſtänden erklärte Schimmelpfennig in ſeinem Berichte vom 15. Febr. 1854, in
welchem er bereits voll tiefen Schmerzes den Untergang der Wälder vorausſagt, das Spiegeln für
unausführbar, überhaupt menſchliche Hilfe für unzureichend und alles auf fernerweite Vertilgungsmaß-
regeln zu verwendende Geld für vergeblich verausgabt. Gleichwohl wurde ſeitens der Regierung
das Spiegeln angeordnet und auf Rothebuder Revier auch wirklich bis zum 18. Mai vorgenommen,
natürlich mit völlig unzureicheuden Kräften. Dabei hatte man die Beobachtung gemacht, daß die
friſch ausgelaufenen Räupchen vorzüglich an den überall eingeſprengten Hornbäumen fraßen und
erſt nach der Entwickelung der Fichtenmaitriebe zu den Fichten wanderten, wo ſie zuerſt die Mai-
triebe ſo ſtark benagten, wohl gar durchbiſſen, daß dieſelben vertrockneten. Wie vorauszuſehen
geweſen war, hatte das Spiegeln gar nichts geholfen; denn die Raupe verbreitete ſich ſchnell über
das ganze Revier, und es wurden durch dieſelbe bis zum 12. Juli, wo der Fraß zu Ende ging,
bereits ca. 800 Morgen Fichten vollkommen kahl abgefreſſen und vernichtet. Schon jetzt zeigten
ſich übrigens viele kranke Raupen und unzählige Jchneumoniden (Microgaster), deren weiße
Puppentönnchen ſpäter ſchneeartig das Unterholz bedeckten. Dennoch mochte der größte Theil der
Raupen zur Verpuppung gelangt ſein; denn die ausgekrochenen Schmetterlinge bedeckten die
Beſtände noch maſſenhafter, als das Jahr zuvor. Während der Fraßzeit wurde beobachtet, daß
die Raupe die Fichtennadeln ganz verzehrte, die Kiefernadeln dagegen, wie längſt bekannt, in der
Mitte, die Birkenblätter am Blattſtiele durchbiß, weshalb der Boden unter den Kiefern und
Birken mit herabgefallenen Nadelſtücken und Blättern überſäet war; ferner, daß in den aus
Fichten, Kiefern und Laubhölzern gemiſchten Beſtänden die Kiefern erſt dann an die Reihe kamen,
nachdem die Fichten kahl gefreſſen waren, die Hornbäume dagegen ſofort, gleichzeitig mit den
Fichten; daß in kahl gefreſſenen Nadelholzarten die etwa eingeſprengten Weiden, Aspen, Eſchen,
Ahorne u. ſ. w. verſchont blieben, dagegen das Farnkraut und die Beerſträucher den hungrigen
Raupen zur Beute ſielen; endlich, daß ein am 6. und 7. Juni eingetretener ſtarker Spätfroſt den
Raupen nur ſehr wenig ſchadete. Ein Umherwandern der Raupen aus kahl gefreſſenen Beſtänden
nach noch unverſehrten wurde nicht wahrgenommen, im Gegentheil überall beobachtet, daß die
Raupen von den kahl gefreſſenen Bäumen ermattet herabſtürzten und ſich unter deren Schirm-
fläche auſammelten. Viele derſelben mögen nicht zur Verpuppung gelangt ſein, viele wurden auch
von den Fröſchen (!) gefreſſen. Bäume, unter denen ſich Ameiſenhaufen (von Formica
rufa
) befanden, blieben vom Raupenfraße verſchont. Zur Vertilgung der Schmetter-
linge wurden, da das Sammeln zu langſam ging, ſchon während der erſten Flugzeit (vom 29. Juli
bis 3. Auguſt 1853) und auch 1854 große Leuchtfeuer an vielen Stellen angezündet. Wenn auch
dieſe Maßregel nicht den gewünſchten Erfolg hatte, ſo ſtellte ſich doch heraus, daß die Schmetter-
linge in den kahl gefreſſenen Orten, wo allein Leuchtfeuer unterhalten wurden, ihre Eier ablegten
und nicht weiter flogen, ſo daß dann die Vertilgung der Eier durch Verbrennen der abgeſchälten
Rinde leicht bewirkt werden konnte. Allein trotzdem und obwohl große Maſſen von Schmetter-
lingen ſelbſt in den Feuern umkamen, erſchienen nach der Flugzeit von 1854 die Eier ſo maſſenhaft
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[340/0364] Die Schmetterlinge. Spinner. waren nur die bereits mit rauher Borke verſehenen mit Eiern belegt, niemals die noch glatt- rindigen, überhaupt keine Stämme unter 12 Zoll Durchmeſſer am untern Ende. Auch an Birken und Hornbäumen (Hainbuchen) fand man Eier. Vei den Kiefern wurden ſolche ſelten über zwanzig Fuß Höhe, bei den ſtarkriſſigen Birken nicht über ſechs Fuß, bei den Hornbäumen bis etwa zehn Fuß vom Boden gerechnet gefunden; dagegen bei den Fichten, wie ſchon bemerkt, von der Wurzel bis zum Wipfel. Zur Vertilgung der Eier trugen weſentlich der Buntſpecht, ferner die Finken bei; auch wurde eine große Menge von Cleruslarven um die Eierhaufen bemerkt. Trotz alle- dem waren eine ungeheure Menge Eierhaufen übrig geblieben; denn nach Schimmelpfennig’s Berechnung wären durchſchnittlich 100 Arbeiter und 20 Aufſeher im nächſten Jahre nöthig geweſen, um nur auf einem Morgen das Spiegeltödten ſchnell und gründlich durchführen zu können! Unter dieſen Umſtänden erklärte Schimmelpfennig in ſeinem Berichte vom 15. Febr. 1854, in welchem er bereits voll tiefen Schmerzes den Untergang der Wälder vorausſagt, das Spiegeln für unausführbar, überhaupt menſchliche Hilfe für unzureichend und alles auf fernerweite Vertilgungsmaß- regeln zu verwendende Geld für vergeblich verausgabt. Gleichwohl wurde ſeitens der Regierung das Spiegeln angeordnet und auf Rothebuder Revier auch wirklich bis zum 18. Mai vorgenommen, natürlich mit völlig unzureicheuden Kräften. Dabei hatte man die Beobachtung gemacht, daß die friſch ausgelaufenen Räupchen vorzüglich an den überall eingeſprengten Hornbäumen fraßen und erſt nach der Entwickelung der Fichtenmaitriebe zu den Fichten wanderten, wo ſie zuerſt die Mai- triebe ſo ſtark benagten, wohl gar durchbiſſen, daß dieſelben vertrockneten. Wie vorauszuſehen geweſen war, hatte das Spiegeln gar nichts geholfen; denn die Raupe verbreitete ſich ſchnell über das ganze Revier, und es wurden durch dieſelbe bis zum 12. Juli, wo der Fraß zu Ende ging, bereits ca. 800 Morgen Fichten vollkommen kahl abgefreſſen und vernichtet. Schon jetzt zeigten ſich übrigens viele kranke Raupen und unzählige Jchneumoniden (Microgaster), deren weiße Puppentönnchen ſpäter ſchneeartig das Unterholz bedeckten. Dennoch mochte der größte Theil der Raupen zur Verpuppung gelangt ſein; denn die ausgekrochenen Schmetterlinge bedeckten die Beſtände noch maſſenhafter, als das Jahr zuvor. Während der Fraßzeit wurde beobachtet, daß die Raupe die Fichtennadeln ganz verzehrte, die Kiefernadeln dagegen, wie längſt bekannt, in der Mitte, die Birkenblätter am Blattſtiele durchbiß, weshalb der Boden unter den Kiefern und Birken mit herabgefallenen Nadelſtücken und Blättern überſäet war; ferner, daß in den aus Fichten, Kiefern und Laubhölzern gemiſchten Beſtänden die Kiefern erſt dann an die Reihe kamen, nachdem die Fichten kahl gefreſſen waren, die Hornbäume dagegen ſofort, gleichzeitig mit den Fichten; daß in kahl gefreſſenen Nadelholzarten die etwa eingeſprengten Weiden, Aspen, Eſchen, Ahorne u. ſ. w. verſchont blieben, dagegen das Farnkraut und die Beerſträucher den hungrigen Raupen zur Beute ſielen; endlich, daß ein am 6. und 7. Juni eingetretener ſtarker Spätfroſt den Raupen nur ſehr wenig ſchadete. Ein Umherwandern der Raupen aus kahl gefreſſenen Beſtänden nach noch unverſehrten wurde nicht wahrgenommen, im Gegentheil überall beobachtet, daß die Raupen von den kahl gefreſſenen Bäumen ermattet herabſtürzten und ſich unter deren Schirm- fläche auſammelten. Viele derſelben mögen nicht zur Verpuppung gelangt ſein, viele wurden auch von den Fröſchen (!) gefreſſen. Bäume, unter denen ſich Ameiſenhaufen (von Formica rufa) befanden, blieben vom Raupenfraße verſchont. Zur Vertilgung der Schmetter- linge wurden, da das Sammeln zu langſam ging, ſchon während der erſten Flugzeit (vom 29. Juli bis 3. Auguſt 1853) und auch 1854 große Leuchtfeuer an vielen Stellen angezündet. Wenn auch dieſe Maßregel nicht den gewünſchten Erfolg hatte, ſo ſtellte ſich doch heraus, daß die Schmetter- linge in den kahl gefreſſenen Orten, wo allein Leuchtfeuer unterhalten wurden, ihre Eier ablegten und nicht weiter flogen, ſo daß dann die Vertilgung der Eier durch Verbrennen der abgeſchälten Rinde leicht bewirkt werden konnte. Allein trotzdem und obwohl große Maſſen von Schmetter- lingen ſelbſt in den Feuern umkamen, erſchienen nach der Flugzeit von 1854 die Eier ſo maſſenhaft abgelegt, daß man von weiterem Sammelnlaſſen derſelben abſehen mußte; denn die Stämme der

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/364>, abgerufen am 23.11.2024.