Eier gelegt wurden, welche sich entwickelten, ein einzelner Ausnahmefall vorlag. Sobald die Räupchen die Eischalen verlassen haben, spinnt sich jedes sein Häuschen, welches aufangs, wie wir auch an der Spitze des männlichen sehen, ohne Bekleidung ist und nur aus den Seidenfäden des Spinnstoffes besteht; erst mit der durch das Wachsthum der Raupe bedingten Vergrößerung werden fremde Gegenstände eingewebt. Jch habe übrigens allen Grund anzunehmen, daß bei gewissen Arten das Futteral nicht durch Ansatz vergrößert, sondern aufgezehrt und durch ein größeres, neues ersetzt wird. Lange Zeit dient der jungen Raupe die Geburtsflätte als Schutz und zur Ernährung, nach und nach trennt man sich und jede geht ihren eigenen Weg. -- Wieder anders gestalten sich die Verhältnisse im Einzelnen bei der Gattung Fumea und einer dritten Epichnopteryx, deren Arten im weiblichen Geschlecht etwas mehr entwickelt sind, als die der Gattung Psyche.
Der Sonderling, Lastträger (Orgyia antiqua). Wenn dem Sackträger der Lastträger folgt, so deutet dies sicher auf einige Verwandtschaft hin, welche wir auch sehr bald herausfinden werden, wenn wir das Thier erst kennen, um welches es sich hier handelt. Es entsteht aus einer Bürsten- oder Pinselraupe, wovon uns die des unmittelbar folgenden Rothschwanzes einen Begriff geben kann, obschon sie wieder ganz anders aussieht. Sie ist nämlich aschgrau, der Länge nach rothgelb und weiß gestreift und stark behaart. Außer den kleineren, aus Warzen entspringenden Haarpartien hat sie vier Paare gelber Bürsten auf dem Rücken und längere schwarze Bündelchen, welche ganz wie ein Pinsel aussehen, zwei nach vorn gerichtete im Nacken, einen an jeder Seite des vierten Ringes, welcher wagrecht vom Körper absteht, und einen fünften einzelnen hinten, genau so gerichtet, wie wir ihn dort abgebildet sehen. Die hübsche Raupe findet sich auf den verschiedeusten Laubhölzern und zwar zweimal im Jahre, zuerst im Mai und dann wieder im Juli, meist gesellschaftlich. Wie täuscht sich der Anfänger im Sammeln von Schmetterlingen und Züchten ihrer Raupen in ihr! Er sindet sie schön und meint, sie müsse auch einen schönen Schmetterling geben. Es fällt ihr der hübsche Haarputz aus, geht aber nicht verloren, sondern wird von ihr zu einem leichten Gespiunste verwebt, welches aus zwei Lagen besteht, aber durch- sichtig geung bleibt, um sie aufangs als häßlichen, nackten Wurm, bald nachher aber als kurze, dicke, in eine Stachelspitze auslausende, stark grau behaarte Puppe durchschimmern zu lassen. Das Gespinnst ist irgendwo angeheftet und soll nun nächstens den unbekannten Schmetterling liefern. Wie groß ist aber das Staunen, wenn eines schönen Nachmittags ein gelbgraufilziges, plumpes Wesen mit dick geschwollenem Hinterleibe draußen an demselben hängt, welches zwar Fühler und Beine eines Schmetterlings, aber statt der Flügel ein Paar graue Läppchen hat, die nun und nimmer zu Flügeln werden. Das ist das Weibchen. War dagegen die Puppe im Gespinnst schlanker und kleiner, so kommt ein Männchen daraus hervor, welches einen wesentlich andern Eindruck macht. Jn Form und Größe stimmt es einigermaßen mit dem des gemeinen Sack- trägers, hat aber breitere Flügel und erscheint dadurch etwas größer. Dieselben sind schön intensiv rostgelb gefärbt, und die vorderen haben zwei verwischte dunklere Querlinien und einen schuee- weißen Tupfen am Jnnenwinkel, aber auch eine Anhangszelle, die fast keilförmigen Hinterflügel eine Haftborste und zwei Jnnenrandsrippen. Gleichviel, ob Tag oder Abend, sobald es trocken, erhebt es seine Schwingen, und in jähem Fluge sucht es eine Lebensgefährtin für die kurze Zeit des Sinnen- genusses. Hat es sich mit ihr vereinigt, so kommt es zwar zur Ruhe, sitzt aber mit dem Anhange hinten wie ein "Lastträger" da. Dieser Name scheint im südlichen Deutschland gebräuchlich zu sein, bei uns im Norden findet man in der Sonderung der Geschlechter hinsichtlich der äußern Erscheinung im Thiere einen "Sonderling". Das Weibchen, welches sein Gespinnst nicht weit verläßt, beklebt dasselbe und die nächste Umgebung mit Schichten zahlreicher Eier, dabei fällt der sackartige Hinterleib mehr und mehr zusammen und seine ganze Person zuletzt todt herunter. -- Die Gattung hat noch mehrere Arten aufzuweisen, keine ist aber so allgemein verbreitet, wie unser Sonderling.
Mohrenkopf. Sonderling.
Eier gelegt wurden, welche ſich entwickelten, ein einzelner Ausnahmefall vorlag. Sobald die Räupchen die Eiſchalen verlaſſen haben, ſpinnt ſich jedes ſein Häuschen, welches aufangs, wie wir auch an der Spitze des männlichen ſehen, ohne Bekleidung iſt und nur aus den Seidenfäden des Spinnſtoffes beſteht; erſt mit der durch das Wachsthum der Raupe bedingten Vergrößerung werden fremde Gegenſtände eingewebt. Jch habe übrigens allen Grund anzunehmen, daß bei gewiſſen Arten das Futteral nicht durch Anſatz vergrößert, ſondern aufgezehrt und durch ein größeres, neues erſetzt wird. Lange Zeit dient der jungen Raupe die Geburtsflätte als Schutz und zur Ernährung, nach und nach trennt man ſich und jede geht ihren eigenen Weg. — Wieder anders geſtalten ſich die Verhältniſſe im Einzelnen bei der Gattung Fumea und einer dritten Epichnopteryx, deren Arten im weiblichen Geſchlecht etwas mehr entwickelt ſind, als die der Gattung Psyche.
Der Sonderling, Laſtträger (Orgyia antiqua). Wenn dem Sackträger der Laſtträger folgt, ſo deutet dies ſicher auf einige Verwandtſchaft hin, welche wir auch ſehr bald herausfinden werden, wenn wir das Thier erſt kennen, um welches es ſich hier handelt. Es entſteht aus einer Bürſten- oder Pinſelraupe, wovon uns die des unmittelbar folgenden Rothſchwanzes einen Begriff geben kann, obſchon ſie wieder ganz anders ausſieht. Sie iſt nämlich aſchgrau, der Länge nach rothgelb und weiß geſtreift und ſtark behaart. Außer den kleineren, aus Warzen entſpringenden Haarpartien hat ſie vier Paare gelber Bürſten auf dem Rücken und längere ſchwarze Bündelchen, welche ganz wie ein Pinſel ausſehen, zwei nach vorn gerichtete im Nacken, einen an jeder Seite des vierten Ringes, welcher wagrecht vom Körper abſteht, und einen fünften einzelnen hinten, genau ſo gerichtet, wie wir ihn dort abgebildet ſehen. Die hübſche Raupe findet ſich auf den verſchiedeuſten Laubhölzern und zwar zweimal im Jahre, zuerſt im Mai und dann wieder im Juli, meiſt geſellſchaftlich. Wie täuſcht ſich der Anfänger im Sammeln von Schmetterlingen und Züchten ihrer Raupen in ihr! Er ſindet ſie ſchön und meint, ſie müſſe auch einen ſchönen Schmetterling geben. Es fällt ihr der hübſche Haarputz aus, geht aber nicht verloren, ſondern wird von ihr zu einem leichten Geſpiunſte verwebt, welches aus zwei Lagen beſteht, aber durch- ſichtig geung bleibt, um ſie aufangs als häßlichen, nackten Wurm, bald nachher aber als kurze, dicke, in eine Stachelſpitze auslauſende, ſtark grau behaarte Puppe durchſchimmern zu laſſen. Das Geſpinnſt iſt irgendwo angeheftet und ſoll nun nächſtens den unbekannten Schmetterling liefern. Wie groß iſt aber das Staunen, wenn eines ſchönen Nachmittags ein gelbgraufilziges, plumpes Weſen mit dick geſchwollenem Hinterleibe draußen an demſelben hängt, welches zwar Fühler und Beine eines Schmetterlings, aber ſtatt der Flügel ein Paar graue Läppchen hat, die nun und nimmer zu Flügeln werden. Das iſt das Weibchen. War dagegen die Puppe im Geſpinnſt ſchlanker und kleiner, ſo kommt ein Männchen daraus hervor, welches einen weſentlich andern Eindruck macht. Jn Form und Größe ſtimmt es einigermaßen mit dem des gemeinen Sack- trägers, hat aber breitere Flügel und erſcheint dadurch etwas größer. Dieſelben ſind ſchön intenſiv roſtgelb gefärbt, und die vorderen haben zwei verwiſchte dunklere Querlinien und einen ſchuee- weißen Tupfen am Jnnenwinkel, aber auch eine Anhangszelle, die faſt keilförmigen Hinterflügel eine Haftborſte und zwei Jnnenrandsrippen. Gleichviel, ob Tag oder Abend, ſobald es trocken, erhebt es ſeine Schwingen, und in jähem Fluge ſucht es eine Lebensgefährtin für die kurze Zeit des Sinnen- genuſſes. Hat es ſich mit ihr vereinigt, ſo kommt es zwar zur Ruhe, ſitzt aber mit dem Anhange hinten wie ein „Laſtträger“ da. Dieſer Name ſcheint im ſüdlichen Deutſchland gebräuchlich zu ſein, bei uns im Norden findet man in der Sonderung der Geſchlechter hinſichtlich der äußern Erſcheinung im Thiere einen „Sonderling“. Das Weibchen, welches ſein Geſpinnſt nicht weit verläßt, beklebt daſſelbe und die nächſte Umgebung mit Schichten zahlreicher Eier, dabei fällt der ſackartige Hinterleib mehr und mehr zuſammen und ſeine ganze Perſon zuletzt todt herunter. — Die Gattung hat noch mehrere Arten aufzuweiſen, keine iſt aber ſo allgemein verbreitet, wie unſer Sonderling.
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[333/0357]
Mohrenkopf. Sonderling.
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Räupchen die Eiſchalen verlaſſen haben, ſpinnt ſich jedes ſein Häuschen, welches aufangs, wie wir
auch an der Spitze des männlichen ſehen, ohne Bekleidung iſt und nur aus den Seidenfäden des
Spinnſtoffes beſteht; erſt mit der durch das Wachsthum der Raupe bedingten Vergrößerung werden
fremde Gegenſtände eingewebt. Jch habe übrigens allen Grund anzunehmen, daß bei gewiſſen
Arten das Futteral nicht durch Anſatz vergrößert, ſondern aufgezehrt und durch ein größeres,
neues erſetzt wird. Lange Zeit dient der jungen Raupe die Geburtsflätte als Schutz und zur
Ernährung, nach und nach trennt man ſich und jede geht ihren eigenen Weg. — Wieder anders
geſtalten ſich die Verhältniſſe im Einzelnen bei der Gattung Fumea und einer dritten Epichnopteryx,
deren Arten im weiblichen Geſchlecht etwas mehr entwickelt ſind, als die der Gattung Psyche.
Der Sonderling, Laſtträger (Orgyia antiqua). Wenn dem Sackträger der Laſtträger
folgt, ſo deutet dies ſicher auf einige Verwandtſchaft hin, welche wir auch ſehr bald herausfinden
werden, wenn wir das Thier erſt kennen, um welches es ſich hier handelt. Es entſteht aus einer
Bürſten- oder Pinſelraupe, wovon uns die des unmittelbar folgenden Rothſchwanzes einen Begriff
geben kann, obſchon ſie wieder ganz anders ausſieht. Sie iſt nämlich aſchgrau, der Länge nach
rothgelb und weiß geſtreift und ſtark behaart. Außer den kleineren, aus Warzen entſpringenden
Haarpartien hat ſie vier Paare gelber Bürſten auf dem Rücken und längere ſchwarze Bündelchen,
welche ganz wie ein Pinſel ausſehen, zwei nach vorn gerichtete im Nacken, einen an jeder Seite
des vierten Ringes, welcher wagrecht vom Körper abſteht, und einen fünften einzelnen hinten,
genau ſo gerichtet, wie wir ihn dort abgebildet ſehen. Die hübſche Raupe findet ſich auf den
verſchiedeuſten Laubhölzern und zwar zweimal im Jahre, zuerſt im Mai und dann wieder im
Juli, meiſt geſellſchaftlich. Wie täuſcht ſich der Anfänger im Sammeln von Schmetterlingen und
Züchten ihrer Raupen in ihr! Er ſindet ſie ſchön und meint, ſie müſſe auch einen ſchönen
Schmetterling geben. Es fällt ihr der hübſche Haarputz aus, geht aber nicht verloren, ſondern
wird von ihr zu einem leichten Geſpiunſte verwebt, welches aus zwei Lagen beſteht, aber durch-
ſichtig geung bleibt, um ſie aufangs als häßlichen, nackten Wurm, bald nachher aber als kurze,
dicke, in eine Stachelſpitze auslauſende, ſtark grau behaarte Puppe durchſchimmern zu laſſen. Das
Geſpinnſt iſt irgendwo angeheftet und ſoll nun nächſtens den unbekannten Schmetterling liefern.
Wie groß iſt aber das Staunen, wenn eines ſchönen Nachmittags ein gelbgraufilziges, plumpes
Weſen mit dick geſchwollenem Hinterleibe draußen an demſelben hängt, welches zwar Fühler und
Beine eines Schmetterlings, aber ſtatt der Flügel ein Paar graue Läppchen hat, die nun
und nimmer zu Flügeln werden. Das iſt das Weibchen. War dagegen die Puppe im Geſpinnſt
ſchlanker und kleiner, ſo kommt ein Männchen daraus hervor, welches einen weſentlich andern
Eindruck macht. Jn Form und Größe ſtimmt es einigermaßen mit dem des gemeinen Sack-
trägers, hat aber breitere Flügel und erſcheint dadurch etwas größer. Dieſelben ſind ſchön
intenſiv roſtgelb gefärbt, und die vorderen haben zwei verwiſchte dunklere Querlinien und einen ſchuee-
weißen Tupfen am Jnnenwinkel, aber auch eine Anhangszelle, die faſt keilförmigen Hinterflügel eine
Haftborſte und zwei Jnnenrandsrippen. Gleichviel, ob Tag oder Abend, ſobald es trocken, erhebt
es ſeine Schwingen, und in jähem Fluge ſucht es eine Lebensgefährtin für die kurze Zeit des Sinnen-
genuſſes. Hat es ſich mit ihr vereinigt, ſo kommt es zwar zur Ruhe, ſitzt aber mit dem Anhange
hinten wie ein „Laſtträger“ da. Dieſer Name ſcheint im ſüdlichen Deutſchland gebräuchlich zu
ſein, bei uns im Norden findet man in der Sonderung der Geſchlechter hinſichtlich der äußern
Erſcheinung im Thiere einen „Sonderling“. Das Weibchen, welches ſein Geſpinnſt nicht weit
verläßt, beklebt daſſelbe und die nächſte Umgebung mit Schichten zahlreicher Eier, dabei fällt der
ſackartige Hinterleib mehr und mehr zuſammen und ſeine ganze Perſon zuletzt todt herunter. —
Die Gattung hat noch mehrere Arten aufzuweiſen, keine iſt aber ſo allgemein verbreitet, wie unſer
Sonderling.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/357>, abgerufen am 23.11.2024.
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