dringen und daselbst ihre Brut absetzen. Nicht minder wie die Falter stimmen ihre Raupen mit einander überein. Sie sind alle nackt, gestreckt, meist nach vorn etwas verdünnt, sechzehnfüßig und tragen auf dem Rücken des letzten Segments vor dessen Abfall nach hinten ein längeres oder kürzeres Horn, sind häufig sehr lebhaft gefärbt und gezeichnet und sitzen, wie die Schmetterlinge, am Tage träge und fest geklammert an ihrer Futterpflanze. Des Nachts entwickeln sie ihre volle Energie und setzen die Kinnbacken in gleiche rührige Thätigkeit, wie der Schmetterling seine Flügel. Sie leben niemals gesellig. Jst ihre Zeit gekommen, so bohren sie sich ausnahmslos in die Erde ein, glätten um sich ein Lager, ohne irgend welches Gespiunst, und werden zur spindelförmigen düsteren, mit- unter auch lichteren Puppe, welche lebhaft den Hinterleib bewegt, wenn man sie stört, und häufig an der Rüsselscheide eine besondere Auszeichnung, bis zu einem vollständigen Henkel, aufzuweisen hat. Jede bedarf der Regel nach die Winterzeit zu ihrer Entwickelung, ja manche haben nach Verlauf mehrerer Jahre diese ausnahmsweise erst vollendet. -- Die Familie enthält in runder Zahl nur vierhundert Arten, von welchen die meisten auf Südamerika, die wenigsten auf Neu- holland kommen; Europa ernährt mit voller Sicherheit nur fünfunddreißig.
Der Todtenkopf (Acherontia Atropos), einer der dickleibigsten Schmetterlinge, welche es gibt -- er mißt 9 Linien im Querdurchmesser -- hat durch zwei Dinge eine gewisse Berühmtheit erlangt. Der pelzig dicht braun behaarte, blaugrauschimmernde Thorax trägt eine ockergelbe Zeichnung, welche auffällig einem Todtenkopfe ähnelt, unter welchem sich zwei Knochen kreuzen, dann bringt der Schmetterling, sobald er gereizt wird, einen pfeifenden, schrilleuden Ton hervor. Daß dieser Laut durch Reibung gewisser Theile des Vorderkörpers entsteht, darüber hat man sich längst geeinigt, welcher aber, das ist noch immer eine Streitfrage der Forscher, obgleich schon Reaumur das Richtige getroffen hatte. Die nackte Wurzel der Taster hat nämlich inwendig eine Reihe kräftiger Leistchen, welche beim Männchen feiner als beim Weibchen sind, und mit diesen reibt das gereizte Thier den harten, kurzen Rüssel. Um ein vollständiges Bild dieses statt- lichen Schwärmers zu geben, welcher bei zwei Zoll einer Linie Körperlänge, vier Zoll und drei Linien spannt und zwar nicht als größtes Exemplar, sei noch bemerkt, daß die Vorderflügel tief- braun, schwarz und etwas ockergelb gewölkt sind und sich durch zwei gelbliche Querbinden in die bekannten drei Felder theilen, deren mittelstes ein lichtes Mittelpünktchen zeigt. Die ockergelben Hinterflügel führen zwei schwarze Querbinden, deren breitere, äußere an den Rippen zackig, wie ausgeflossen aussieht. Ueber den gleichfalls gelben, schwarz geringelten Hinterleib zieht eine breite blaugraue Längsstrieme. Wie bereits erwähnt, ist die Rollzunge sehr kurz, bedeutend kürzer als bei jedem anderen Schwärmer und erlaubt dem Schmetterlinge nicht, in der oben geschilderten Weise seine Nahrung zu sich zu nehmen. Man findet ihn bei uns zu Lande und zwar nur im Herbst entweder mit dachförmig auf den Körper gelegten Flügeln an einer Mauer, einem Steine sitzend, oder er geht dem Lichte nach und erscheint schwärmend in einem Wohnzimmer, wodurch er schon manchmal Furcht und Staunen veranlaßt hat. -- Die stattliche Raupe kommt in der Regel im Juli und August erwachsen auf Kartoffelkraut, Teufelszwirn (Lycium barbarum), Stechapfel vor, man will sie jedoch auch auf Jasmin (Jasminum officinale), Mohrrübe und Färber- röthe angetroffen haben. Sie mißt fünf Zoll und hat ein Sförmig gebogenes, an der Wurzel ver- dünntes und wie ein Schwänzchen herabhängendes Horn. Man kann in der Färbung mehrere Spielarten unterscheiden, für gewöhnlich jedoch sieht sie grünlichgelb aus, ist dicht mit schwarz- blauen Pünktchen bestreut, die drei ersten und das letzte Glied ausgenommen, und hat vom vierten ab schön blaue, nach vorn offene, unterwärts schwarz beschattete Winkelhalen über den Rücken, je einen auf jedem Gliede. Dann und wann kommt die Raupe nicht selten vor, während man sie sonst nur einzeln oder auch gar nicht findet. Jm Jahre 1783 brachte ein Sammler bei Weimar 38 Stück zusammen. Kam eine der andern in dem Kasten, worin sie sich befanden, zu nahe, so suchten sie sich mit ihren Freßzangen, mit welchen sie ein dem Zähneknirschen ähnliches Geräusch hervorbringen können, an den Hälsen zu fassen, wobei die Angegriffene trotz ihrer sonstigen
Todtenkopf.
dringen und daſelbſt ihre Brut abſetzen. Nicht minder wie die Falter ſtimmen ihre Raupen mit einander überein. Sie ſind alle nackt, geſtreckt, meiſt nach vorn etwas verdünnt, ſechzehnfüßig und tragen auf dem Rücken des letzten Segments vor deſſen Abfall nach hinten ein längeres oder kürzeres Horn, ſind häufig ſehr lebhaft gefärbt und gezeichnet und ſitzen, wie die Schmetterlinge, am Tage träge und feſt geklammert an ihrer Futterpflanze. Des Nachts entwickeln ſie ihre volle Energie und ſetzen die Kinnbacken in gleiche rührige Thätigkeit, wie der Schmetterling ſeine Flügel. Sie leben niemals geſellig. Jſt ihre Zeit gekommen, ſo bohren ſie ſich ausnahmslos in die Erde ein, glätten um ſich ein Lager, ohne irgend welches Geſpiunſt, und werden zur ſpindelförmigen düſteren, mit- unter auch lichteren Puppe, welche lebhaft den Hinterleib bewegt, wenn man ſie ſtört, und häufig an der Rüſſelſcheide eine beſondere Auszeichnung, bis zu einem vollſtändigen Henkel, aufzuweiſen hat. Jede bedarf der Regel nach die Winterzeit zu ihrer Entwickelung, ja manche haben nach Verlauf mehrerer Jahre dieſe ausnahmsweiſe erſt vollendet. — Die Familie enthält in runder Zahl nur vierhundert Arten, von welchen die meiſten auf Südamerika, die wenigſten auf Neu- holland kommen; Europa ernährt mit voller Sicherheit nur fünfunddreißig.
Der Todtenkopf (Acherontia Atropos), einer der dickleibigſten Schmetterlinge, welche es gibt — er mißt 9 Linien im Querdurchmeſſer — hat durch zwei Dinge eine gewiſſe Berühmtheit erlangt. Der pelzig dicht braun behaarte, blaugrauſchimmernde Thorax trägt eine ockergelbe Zeichnung, welche auffällig einem Todtenkopfe ähnelt, unter welchem ſich zwei Knochen kreuzen, dann bringt der Schmetterling, ſobald er gereizt wird, einen pfeifenden, ſchrilleuden Ton hervor. Daß dieſer Laut durch Reibung gewiſſer Theile des Vorderkörpers entſteht, darüber hat man ſich längſt geeinigt, welcher aber, das iſt noch immer eine Streitfrage der Forſcher, obgleich ſchon Réaumur das Richtige getroffen hatte. Die nackte Wurzel der Taſter hat nämlich inwendig eine Reihe kräftiger Leiſtchen, welche beim Männchen feiner als beim Weibchen ſind, und mit dieſen reibt das gereizte Thier den harten, kurzen Rüſſel. Um ein vollſtändiges Bild dieſes ſtatt- lichen Schwärmers zu geben, welcher bei zwei Zoll einer Linie Körperlänge, vier Zoll und drei Linien ſpannt und zwar nicht als größtes Exemplar, ſei noch bemerkt, daß die Vorderflügel tief- braun, ſchwarz und etwas ockergelb gewölkt ſind und ſich durch zwei gelbliche Querbinden in die bekannten drei Felder theilen, deren mittelſtes ein lichtes Mittelpünktchen zeigt. Die ockergelben Hinterflügel führen zwei ſchwarze Querbinden, deren breitere, äußere an den Rippen zackig, wie ausgefloſſen ausſieht. Ueber den gleichfalls gelben, ſchwarz geringelten Hinterleib zieht eine breite blaugraue Längsſtrieme. Wie bereits erwähnt, iſt die Rollzunge ſehr kurz, bedeutend kürzer als bei jedem anderen Schwärmer und erlaubt dem Schmetterlinge nicht, in der oben geſchilderten Weiſe ſeine Nahrung zu ſich zu nehmen. Man findet ihn bei uns zu Lande und zwar nur im Herbſt entweder mit dachförmig auf den Körper gelegten Flügeln an einer Mauer, einem Steine ſitzend, oder er geht dem Lichte nach und erſcheint ſchwärmend in einem Wohnzimmer, wodurch er ſchon manchmal Furcht und Staunen veranlaßt hat. — Die ſtattliche Raupe kommt in der Regel im Juli und Auguſt erwachſen auf Kartoffelkraut, Teufelszwirn (Lycium barbarum), Stechapfel vor, man will ſie jedoch auch auf Jasmin (Jasminum officinale), Mohrrübe und Färber- röthe angetroffen haben. Sie mißt fünf Zoll und hat ein Sförmig gebogenes, an der Wurzel ver- dünntes und wie ein Schwänzchen herabhängendes Horn. Man kann in der Färbung mehrere Spielarten unterſcheiden, für gewöhnlich jedoch ſieht ſie grünlichgelb aus, iſt dicht mit ſchwarz- blauen Pünktchen beſtreut, die drei erſten und das letzte Glied ausgenommen, und hat vom vierten ab ſchön blaue, nach vorn offene, unterwärts ſchwarz beſchattete Winkelhalen über den Rücken, je einen auf jedem Gliede. Dann und wann kommt die Raupe nicht ſelten vor, während man ſie ſonſt nur einzeln oder auch gar nicht findet. Jm Jahre 1783 brachte ein Sammler bei Weimar 38 Stück zuſammen. Kam eine der andern in dem Kaſten, worin ſie ſich befanden, zu nahe, ſo ſuchten ſie ſich mit ihren Freßzangen, mit welchen ſie ein dem Zähneknirſchen ähnliches Geräuſch hervorbringen können, an den Hälſen zu faſſen, wobei die Angegriffene trotz ihrer ſonſtigen
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[315/0339]
Todtenkopf.
dringen und daſelbſt ihre Brut abſetzen. Nicht minder wie die Falter ſtimmen ihre Raupen mit
einander überein. Sie ſind alle nackt, geſtreckt, meiſt nach vorn etwas verdünnt, ſechzehnfüßig und
tragen auf dem Rücken des letzten Segments vor deſſen Abfall nach hinten ein längeres oder kürzeres
Horn, ſind häufig ſehr lebhaft gefärbt und gezeichnet und ſitzen, wie die Schmetterlinge, am Tage
träge und feſt geklammert an ihrer Futterpflanze. Des Nachts entwickeln ſie ihre volle Energie und
ſetzen die Kinnbacken in gleiche rührige Thätigkeit, wie der Schmetterling ſeine Flügel. Sie leben
niemals geſellig. Jſt ihre Zeit gekommen, ſo bohren ſie ſich ausnahmslos in die Erde ein, glätten
um ſich ein Lager, ohne irgend welches Geſpiunſt, und werden zur ſpindelförmigen düſteren, mit-
unter auch lichteren Puppe, welche lebhaft den Hinterleib bewegt, wenn man ſie ſtört, und häufig
an der Rüſſelſcheide eine beſondere Auszeichnung, bis zu einem vollſtändigen Henkel, aufzuweiſen
hat. Jede bedarf der Regel nach die Winterzeit zu ihrer Entwickelung, ja manche haben nach
Verlauf mehrerer Jahre dieſe ausnahmsweiſe erſt vollendet. — Die Familie enthält in runder
Zahl nur vierhundert Arten, von welchen die meiſten auf Südamerika, die wenigſten auf Neu-
holland kommen; Europa ernährt mit voller Sicherheit nur fünfunddreißig.
Der Todtenkopf (Acherontia Atropos), einer der dickleibigſten Schmetterlinge, welche es
gibt — er mißt 9 Linien im Querdurchmeſſer — hat durch zwei Dinge eine gewiſſe Berühmtheit
erlangt. Der pelzig dicht braun behaarte, blaugrauſchimmernde Thorax trägt eine ockergelbe
Zeichnung, welche auffällig einem Todtenkopfe ähnelt, unter welchem ſich zwei Knochen kreuzen,
dann bringt der Schmetterling, ſobald er gereizt wird, einen pfeifenden, ſchrilleuden Ton hervor.
Daß dieſer Laut durch Reibung gewiſſer Theile des Vorderkörpers entſteht, darüber hat man ſich
längſt geeinigt, welcher aber, das iſt noch immer eine Streitfrage der Forſcher, obgleich ſchon
Réaumur das Richtige getroffen hatte. Die nackte Wurzel der Taſter hat nämlich inwendig
eine Reihe kräftiger Leiſtchen, welche beim Männchen feiner als beim Weibchen ſind, und mit
dieſen reibt das gereizte Thier den harten, kurzen Rüſſel. Um ein vollſtändiges Bild dieſes ſtatt-
lichen Schwärmers zu geben, welcher bei zwei Zoll einer Linie Körperlänge, vier Zoll und drei
Linien ſpannt und zwar nicht als größtes Exemplar, ſei noch bemerkt, daß die Vorderflügel tief-
braun, ſchwarz und etwas ockergelb gewölkt ſind und ſich durch zwei gelbliche Querbinden in die
bekannten drei Felder theilen, deren mittelſtes ein lichtes Mittelpünktchen zeigt. Die ockergelben
Hinterflügel führen zwei ſchwarze Querbinden, deren breitere, äußere an den Rippen zackig, wie
ausgefloſſen ausſieht. Ueber den gleichfalls gelben, ſchwarz geringelten Hinterleib zieht eine breite
blaugraue Längsſtrieme. Wie bereits erwähnt, iſt die Rollzunge ſehr kurz, bedeutend kürzer als
bei jedem anderen Schwärmer und erlaubt dem Schmetterlinge nicht, in der oben geſchilderten
Weiſe ſeine Nahrung zu ſich zu nehmen. Man findet ihn bei uns zu Lande und zwar nur im
Herbſt entweder mit dachförmig auf den Körper gelegten Flügeln an einer Mauer, einem Steine
ſitzend, oder er geht dem Lichte nach und erſcheint ſchwärmend in einem Wohnzimmer, wodurch er
ſchon manchmal Furcht und Staunen veranlaßt hat. — Die ſtattliche Raupe kommt in der
Regel im Juli und Auguſt erwachſen auf Kartoffelkraut, Teufelszwirn (Lycium barbarum),
Stechapfel vor, man will ſie jedoch auch auf Jasmin (Jasminum officinale), Mohrrübe und Färber-
röthe angetroffen haben. Sie mißt fünf Zoll und hat ein Sförmig gebogenes, an der Wurzel ver-
dünntes und wie ein Schwänzchen herabhängendes Horn. Man kann in der Färbung mehrere
Spielarten unterſcheiden, für gewöhnlich jedoch ſieht ſie grünlichgelb aus, iſt dicht mit ſchwarz-
blauen Pünktchen beſtreut, die drei erſten und das letzte Glied ausgenommen, und hat vom vierten
ab ſchön blaue, nach vorn offene, unterwärts ſchwarz beſchattete Winkelhalen über den Rücken, je
einen auf jedem Gliede. Dann und wann kommt die Raupe nicht ſelten vor, während man
ſie ſonſt nur einzeln oder auch gar nicht findet. Jm Jahre 1783 brachte ein Sammler bei Weimar
38 Stück zuſammen. Kam eine der andern in dem Kaſten, worin ſie ſich befanden, zu nahe,
ſo ſuchten ſie ſich mit ihren Freßzangen, mit welchen ſie ein dem Zähneknirſchen ähnliches Geräuſch
hervorbringen können, an den Hälſen zu faſſen, wobei die Angegriffene trotz ihrer ſonſtigen
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/339>, abgerufen am 23.11.2024.
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