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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Schmetterlinge. Tagfalter. Aeugler.
Vorderflügeln im Saumfelde zwei fein weißgekernte Augenflecken hinter einander, eins im Hinter-
flügel, nahe seinem Jnnenwinkel; sie stehen in lichtem, gelbrothem Felde, welches beim Weibchen
deutlicher sichtbar, als beim kleineren, bedeutend dunkler gehaltenen Männchen ist. Auf der
Unterseite stimmt die Zeichnung der Vorderflügel so ziemlich mit der Oberseite, an den Hinter-
flügeln ist die Fläche sauber grau, dunkelbraun und schwarz marmorirt und das kleine Auge nur
beim Weibchen sichtbar, beim Männchen verschwindet es, dafür markirt sich hier eine lichte, nach
der Wurzel scharf dunkel und mehrfach eckig begrenzte Binde. Vorderrands- und Mittelrippe
sind in der Nähe der Wurzel schwielig aufgetrieben, die Fühler geknopft, die Palpen wenig von
einander abstehend, borstig behaart, ihr Endglied dünner und anliegend beschuppt. Die Flügel-
spannung des Weibcheus beträgt 21/4 Zoll. -- Die glatte, graue, am Bauche grünliche Raupe
hat fünf schwarze Längsstreifen, deren mittelster am dunkelsten ist, an jedem Luftloche einen
schwarzen Punkt und sechs schwarze Streifen am Kopfe. Sie frißt Gras und überwintert in
ziemlich jugendlichem Alter. Die Puppe ruht flach unter der Erde oder unter einem Steine.

Ganz in derselben Weise entwickelt sich die ähnliche Briseis (S. Briseis), kenntlich an dem
weißgelben Vorderrande der Vorderflügel und einer ebenso gefärbten Fleckenbinde derselben, welche
sich verwischt und meist fleckenartig über die hinteren fortsetzt, ebenso die etwas größere, dunklere
und auf dem Hinterflügel entschiedener und schärfer weißgelb bandirte Alcyone (S. Alcyone).
Beide sind eben so flinke und scheue Falter, welche nie ihre Flügel ausbreiten, sondern in festem
Schlusse halten und zusammenfallen lassen, wenn sie sitzen. Man findet sie auf sonnigen, steinigen
Höhen, über welche sie dem Gerölle nahe in eiligem Fluge hinsegeln und sich von Stein auf
Stein setzen, immer bereit, wieder aufzufahren, wie Semele, von Baumstamm auf Baumstamm.
Die Alcyone ist die seltenere Art und fliegt vorzugsweise im nördlichen, östlichen und südlichen
Deutschland.

Der Hyperanthus, Hirsengrasfalter (Epinephele Hyperanthus) ist ein echter Wiesen-
bewohner in sehr schlichtem Gewande. Seine dunkelbraunen Flügel umziehen weiße Fransen und
kennzeichnen je zwei schwarze, weißgekernte, fein gelb umringte Augen auf jedem Flügel, beide nahe
bei einander. Die Unterseite hüllt sich in Graugelb und zeigt auf dem Vorderflügel einen kleinen
dritten Augenfleck unter den beiden oberen und außerdem in der Mitte des Vorderrandes zwei zu einer
8 zusammenhängende auf den Hinterflügeln. Die Vorderrandsrippe und die innere Mittelrippe ver-
dicken sich schwielig an der Wurzel, und der Jnnenrand des Hinterflügels schweift sich nahe der
Jnnenecke schwach aus, wodurch diese mehr vorgezogen erscheint. Die Fühler verdicken sich allmälig
zu einer langen, dünnen Keule, die Taster laufen in ein langes, dünnes Endglied aus, und die
Mittelschiene ist wenig kürzer als der Fuß. Die Flügelspannung des größern Weibchens beträgt
sieben Linien über einen Zoll. Von Mitte Juni bis in den August tummelt sich dieser Grasvogel
überall, hängt sich an die Halme mit halbgeöffneten Flügeln und besucht fleißig die Blumen der
grünen Wiesendecke, des begrasten Grabens oder Hügelabhanges. Sein Flug ist schwankend und ohne
Ausdauer. Wenn der Abend kommt, schläft er, wie alle Tagfalter, mit zusammengelegten Flügeln.
Seine Raupe nährt sich vorzugsweise vom Hirsengrase (Milium effusum), aber auch von anderen
Arten, wie von dem so vielen Grasfressern genehmen Rispengrase (Poa annua). Sie ist in der
Mitte am stärksten, grauröthlich, aber sammetartig behaart, hat über den grauen Füßen einen
weißen Streifen und einen braunen längs des Rückens, welcher jedoch erst vom fünften Ringe an
deutlich hervortritt. Nach der Ueberwinterung verwandelt sie sich Anfangs Juni in eine kurz kegel-
förmige, vorn gerundete Puppe, deren hellbraune Oberfläche von dunklen Streifen durchzogen wird.

Die Janira, das große Ochsenauge, Sandauge, der Riedgrasfalter oder
gemeine Wiesenvogel (E. Janira) beweist durch seine vielen Namen, daß er einer der
gemeinsten und bekanntesten Aeugler ist; und in der That treibt er sich vom Juni ab ein Vierteljahr
auf allen Wiesen umher und bietet hinreichende Gelegenheit, seine unbedeutende Persönlichkeit studiren
zu lassen. Männchen und Weibchen unterscheiden sich hier mehr als bei mancher andern Art. Jenes

Die Schmetterlinge. Tagfalter. Aeugler.
Vorderflügeln im Saumfelde zwei fein weißgekernte Augenflecken hinter einander, eins im Hinter-
flügel, nahe ſeinem Jnnenwinkel; ſie ſtehen in lichtem, gelbrothem Felde, welches beim Weibchen
deutlicher ſichtbar, als beim kleineren, bedeutend dunkler gehaltenen Männchen iſt. Auf der
Unterſeite ſtimmt die Zeichnung der Vorderflügel ſo ziemlich mit der Oberſeite, an den Hinter-
flügeln iſt die Fläche ſauber grau, dunkelbraun und ſchwarz marmorirt und das kleine Auge nur
beim Weibchen ſichtbar, beim Männchen verſchwindet es, dafür markirt ſich hier eine lichte, nach
der Wurzel ſcharf dunkel und mehrfach eckig begrenzte Binde. Vorderrands- und Mittelrippe
ſind in der Nähe der Wurzel ſchwielig aufgetrieben, die Fühler geknopft, die Palpen wenig von
einander abſtehend, borſtig behaart, ihr Endglied dünner und anliegend beſchuppt. Die Flügel-
ſpannung des Weibcheus beträgt 2¼ Zoll. — Die glatte, graue, am Bauche grünliche Raupe
hat fünf ſchwarze Längsſtreifen, deren mittelſter am dunkelſten iſt, an jedem Luftloche einen
ſchwarzen Punkt und ſechs ſchwarze Streifen am Kopfe. Sie frißt Gras und überwintert in
ziemlich jugendlichem Alter. Die Puppe ruht flach unter der Erde oder unter einem Steine.

Ganz in derſelben Weiſe entwickelt ſich die ähnliche Briſeis (S. Briseis), kenntlich an dem
weißgelben Vorderrande der Vorderflügel und einer ebenſo gefärbten Fleckenbinde derſelben, welche
ſich verwiſcht und meiſt fleckenartig über die hinteren fortſetzt, ebenſo die etwas größere, dunklere
und auf dem Hinterflügel entſchiedener und ſchärfer weißgelb bandirte Alcyone (S. Alcyone).
Beide ſind eben ſo flinke und ſcheue Falter, welche nie ihre Flügel ausbreiten, ſondern in feſtem
Schluſſe halten und zuſammenfallen laſſen, wenn ſie ſitzen. Man findet ſie auf ſonnigen, ſteinigen
Höhen, über welche ſie dem Gerölle nahe in eiligem Fluge hinſegeln und ſich von Stein auf
Stein ſetzen, immer bereit, wieder aufzufahren, wie Semele, von Baumſtamm auf Baumſtamm.
Die Alcyone iſt die ſeltenere Art und fliegt vorzugsweiſe im nördlichen, öſtlichen und ſüdlichen
Deutſchland.

Der Hyperanthus, Hirſengrasfalter (Epinephele Hyperanthus) iſt ein echter Wieſen-
bewohner in ſehr ſchlichtem Gewande. Seine dunkelbraunen Flügel umziehen weiße Franſen und
kennzeichnen je zwei ſchwarze, weißgekernte, fein gelb umringte Augen auf jedem Flügel, beide nahe
bei einander. Die Unterſeite hüllt ſich in Graugelb und zeigt auf dem Vorderflügel einen kleinen
dritten Augenfleck unter den beiden oberen und außerdem in der Mitte des Vorderrandes zwei zu einer
8 zuſammenhängende auf den Hinterflügeln. Die Vorderrandsrippe und die innere Mittelrippe ver-
dicken ſich ſchwielig an der Wurzel, und der Jnnenrand des Hinterflügels ſchweift ſich nahe der
Jnnenecke ſchwach aus, wodurch dieſe mehr vorgezogen erſcheint. Die Fühler verdicken ſich allmälig
zu einer langen, dünnen Keule, die Taſter laufen in ein langes, dünnes Endglied aus, und die
Mittelſchiene iſt wenig kürzer als der Fuß. Die Flügelſpannung des größern Weibchens beträgt
ſieben Linien über einen Zoll. Von Mitte Juni bis in den Auguſt tummelt ſich dieſer Grasvogel
überall, hängt ſich an die Halme mit halbgeöffneten Flügeln und beſucht fleißig die Blumen der
grünen Wieſendecke, des begraſten Grabens oder Hügelabhanges. Sein Flug iſt ſchwankend und ohne
Ausdauer. Wenn der Abend kommt, ſchläft er, wie alle Tagfalter, mit zuſammengelegten Flügeln.
Seine Raupe nährt ſich vorzugsweiſe vom Hirſengraſe (Milium effusum), aber auch von anderen
Arten, wie von dem ſo vielen Grasfreſſern genehmen Rispengraſe (Poa annua). Sie iſt in der
Mitte am ſtärkſten, grauröthlich, aber ſammetartig behaart, hat über den grauen Füßen einen
weißen Streifen und einen braunen längs des Rückens, welcher jedoch erſt vom fünften Ringe an
deutlich hervortritt. Nach der Ueberwinterung verwandelt ſie ſich Anfangs Juni in eine kurz kegel-
förmige, vorn gerundete Puppe, deren hellbraune Oberfläche von dunklen Streifen durchzogen wird.

Die Janira, das große Ochſenauge, Sandauge, der Riedgrasfalter oder
gemeine Wieſenvogel (E. Janira) beweiſt durch ſeine vielen Namen, daß er einer der
gemeinſten und bekannteſten Aeugler iſt; und in der That treibt er ſich vom Juni ab ein Vierteljahr
auf allen Wieſen umher und bietet hinreichende Gelegenheit, ſeine unbedeutende Perſönlichkeit ſtudiren
zu laſſen. Männchen und Weibchen unterſcheiden ſich hier mehr als bei mancher andern Art. Jenes

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[310/0334] Die Schmetterlinge. Tagfalter. Aeugler. Vorderflügeln im Saumfelde zwei fein weißgekernte Augenflecken hinter einander, eins im Hinter- flügel, nahe ſeinem Jnnenwinkel; ſie ſtehen in lichtem, gelbrothem Felde, welches beim Weibchen deutlicher ſichtbar, als beim kleineren, bedeutend dunkler gehaltenen Männchen iſt. Auf der Unterſeite ſtimmt die Zeichnung der Vorderflügel ſo ziemlich mit der Oberſeite, an den Hinter- flügeln iſt die Fläche ſauber grau, dunkelbraun und ſchwarz marmorirt und das kleine Auge nur beim Weibchen ſichtbar, beim Männchen verſchwindet es, dafür markirt ſich hier eine lichte, nach der Wurzel ſcharf dunkel und mehrfach eckig begrenzte Binde. Vorderrands- und Mittelrippe ſind in der Nähe der Wurzel ſchwielig aufgetrieben, die Fühler geknopft, die Palpen wenig von einander abſtehend, borſtig behaart, ihr Endglied dünner und anliegend beſchuppt. Die Flügel- ſpannung des Weibcheus beträgt 2¼ Zoll. — Die glatte, graue, am Bauche grünliche Raupe hat fünf ſchwarze Längsſtreifen, deren mittelſter am dunkelſten iſt, an jedem Luftloche einen ſchwarzen Punkt und ſechs ſchwarze Streifen am Kopfe. Sie frißt Gras und überwintert in ziemlich jugendlichem Alter. Die Puppe ruht flach unter der Erde oder unter einem Steine. Ganz in derſelben Weiſe entwickelt ſich die ähnliche Briſeis (S. Briseis), kenntlich an dem weißgelben Vorderrande der Vorderflügel und einer ebenſo gefärbten Fleckenbinde derſelben, welche ſich verwiſcht und meiſt fleckenartig über die hinteren fortſetzt, ebenſo die etwas größere, dunklere und auf dem Hinterflügel entſchiedener und ſchärfer weißgelb bandirte Alcyone (S. Alcyone). Beide ſind eben ſo flinke und ſcheue Falter, welche nie ihre Flügel ausbreiten, ſondern in feſtem Schluſſe halten und zuſammenfallen laſſen, wenn ſie ſitzen. Man findet ſie auf ſonnigen, ſteinigen Höhen, über welche ſie dem Gerölle nahe in eiligem Fluge hinſegeln und ſich von Stein auf Stein ſetzen, immer bereit, wieder aufzufahren, wie Semele, von Baumſtamm auf Baumſtamm. Die Alcyone iſt die ſeltenere Art und fliegt vorzugsweiſe im nördlichen, öſtlichen und ſüdlichen Deutſchland. Der Hyperanthus, Hirſengrasfalter (Epinephele Hyperanthus) iſt ein echter Wieſen- bewohner in ſehr ſchlichtem Gewande. Seine dunkelbraunen Flügel umziehen weiße Franſen und kennzeichnen je zwei ſchwarze, weißgekernte, fein gelb umringte Augen auf jedem Flügel, beide nahe bei einander. Die Unterſeite hüllt ſich in Graugelb und zeigt auf dem Vorderflügel einen kleinen dritten Augenfleck unter den beiden oberen und außerdem in der Mitte des Vorderrandes zwei zu einer 8 zuſammenhängende auf den Hinterflügeln. Die Vorderrandsrippe und die innere Mittelrippe ver- dicken ſich ſchwielig an der Wurzel, und der Jnnenrand des Hinterflügels ſchweift ſich nahe der Jnnenecke ſchwach aus, wodurch dieſe mehr vorgezogen erſcheint. Die Fühler verdicken ſich allmälig zu einer langen, dünnen Keule, die Taſter laufen in ein langes, dünnes Endglied aus, und die Mittelſchiene iſt wenig kürzer als der Fuß. Die Flügelſpannung des größern Weibchens beträgt ſieben Linien über einen Zoll. Von Mitte Juni bis in den Auguſt tummelt ſich dieſer Grasvogel überall, hängt ſich an die Halme mit halbgeöffneten Flügeln und beſucht fleißig die Blumen der grünen Wieſendecke, des begraſten Grabens oder Hügelabhanges. Sein Flug iſt ſchwankend und ohne Ausdauer. Wenn der Abend kommt, ſchläft er, wie alle Tagfalter, mit zuſammengelegten Flügeln. Seine Raupe nährt ſich vorzugsweiſe vom Hirſengraſe (Milium effusum), aber auch von anderen Arten, wie von dem ſo vielen Grasfreſſern genehmen Rispengraſe (Poa annua). Sie iſt in der Mitte am ſtärkſten, grauröthlich, aber ſammetartig behaart, hat über den grauen Füßen einen weißen Streifen und einen braunen längs des Rückens, welcher jedoch erſt vom fünften Ringe an deutlich hervortritt. Nach der Ueberwinterung verwandelt ſie ſich Anfangs Juni in eine kurz kegel- förmige, vorn gerundete Puppe, deren hellbraune Oberfläche von dunklen Streifen durchzogen wird. Die Janira, das große Ochſenauge, Sandauge, der Riedgrasfalter oder gemeine Wieſenvogel (E. Janira) beweiſt durch ſeine vielen Namen, daß er einer der gemeinſten und bekannteſten Aeugler iſt; und in der That treibt er ſich vom Juni ab ein Vierteljahr auf allen Wieſen umher und bietet hinreichende Gelegenheit, ſeine unbedeutende Perſönlichkeit ſtudiren zu laſſen. Männchen und Weibchen unterſcheiden ſich hier mehr als bei mancher andern Art. Jenes

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/334>, abgerufen am 23.11.2024.