Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Hautflügler. Holzwespen. Gespinust-Blattwespen.
Das kleine, drei Linien lange Thierchen erkennt man leicht an dem glänzend schwarzen, reichlich
gelb gezeichneten Körper, dessen comprimirter Hinterleib beim Weibchen eine kurze Bohrerscheide
nach oben heraustreten läßt, und an den schwach kenlenförmig nach vorn verdickten Fühlern, welche
einem fast kugeligen Kopfe aufsitzen. Zwei Rand- und vier Unterrandzellen charakterisiren den
Vorderflügel, ein etwas hakig gebogener Enddorn die Vorderschiene, ein überzähliger zur Seite
die Mittelschiene und zwei dergleichen die hinterste. So harmlos diese Thierchen erscheinen, so unan-
genehm können ihre Larven den Roggen- und seltener auch den Weizenfeldern werden, in deren
Nähe man die Fliege auch am sichersten zu sehen bekommt. Nach der Paarung begibt sich das
Weibchen an die Halme, bohrt einen der obersten Knoten an und läßt hier ein Ei sitzen, nur eins
an jedem Halme. Der Eierstock enthält zwölf bis fünfzehn Eier, deren Unterbringung dieselbe
Arbeit von Neuem erfordert. Nach ungefähr zehn Tagen schlüpft die Larve aus und begibt sich
sofort in das Jnnere der Röhre. Hier nährt sie sich von den abgenagten Spänen der Jnnenwände,
durchfrißt die ihr im Wege befindlichen Knoten und spaziert auf und nieder, dicht eingezwängt in
die enge Klause; denn man findet sie aufrecht und mit dem Kopfe nach unten stehend, oben oder
unten, und die Kothkrümchen an verschiedenen Stellen beweisen, daß sie da war, einzelne Häute
mit der hornigen Kopfschale, daß sie sich häutete. Sie hat eine Sförmige Gestalt, sobald man sie
aus der Röhre herausnimmt, einen knotigen Körper, welcher nach hinten allmälig dünn wird, und
läßt an der Brust höchstens warzenartige Anschwellungen, aber keine eigentlichen Füße erkennen,
wie beispielsweise die Larven der Nußbohrer oder ähnlicher Rüsselkäfer. Am hornigen Kopfe
unterscheidet man kurze Fühlerchen, je ein Auge und kräftige Mundtheile. Gegen die Erntezeit ist
sie vollkommen erwachsen, zieht sich zurück bis zum untersten Halmende und spinnt sich in einen
Seidencocon. Jn diesem und also in der Stoppel bleibt sie über Winter liegen und erst 14 Tage
vor dem Erscheinen der Fliege wird sie zu einer gemeiselten Puppe. Was wird aber aus dem
Halme, welchen sie innerlich bearbeitete? Demselben sieht man Nichts an, wohl aber seiner Aehre,
welche sich frühzeitig entfärbt. Wenn auch die gesunden Aehren zu reifen beginnen und das
Ansehen die kranken von ihnen nicht mehr unterscheiden läßt, so braucht man sie nur zu befühlen.
Bekommt man eine Aehre zwischen die Finger, welche in ihren unteren Theilen sich als körnerlos und
schwach erweist, so kann man mit ziemlicher Gewißheit darauf rechnen, beim Spalten des Halmes
den Uebelthäter zu entdecken. Gleichzeitig und an gleichen Orten mit der Halmwespe treibt sich
eine fast noch längere, schlanke Schlupfwespe umher, der zu den Sichelwespen gehörige Pachyme-
rus calcitrator,
welcher später als jene dieselben Halme aufsucht, um die bereits dort hausende
Larve mit einem Ei zu beglücken; denn er schmarotzt, meines Wissens, ausschließlich bei dieser
Zwergsägewespe. -- Es gibt noch einige, sehr ähnliche Arten, deren Lebensgeschichte man bisher
wenig Aufmerksamkeit schenkte, darunter auch der nicht minder schmächtige, sechs Linien lange
Cephus troglodytus.

Wenn die genannten und noch ein paar andere Gattungen zu einer besonderen Sippe
zusammengefaßt werden müssen -- ihnen den Rang einer Familie einzuräumen, sehlt es meiner
Meinung nach an ausreichenden Gründen -- so bilden die Gespinnst-Blattwespen (Lyda)
ein hübsches Zwischenglied zwischen ihnen und den echten Blattwespen. Die langen, borstigen
Fühler, der, weil einem Halse aufsitzend, ungemein bewegliche Kopf, sowie das Flügelgeäder bringen
sie den Holzwespen nahe, den flachen Hinterleib und Kopf beauspruchen sie als Eigenthümlichkeit
für sich allein, und wegen des nicht vorstehenden Legbohrers und der außen von den Pflanzen
lebenden Larven schließen sie sich den Blattwespen an. Jn letzterer Hinsicht jedoch noch nicht
vollständig; denn die Larven sind ärmer an Beinen und leben in einem leichten Gespinnst, wie
gewisse Motten oder Zinsler unter den Schmetterlingen. Eine nicht seltene Art, (Abb. S. 282)
die Kothsack-Kiefernblattwespe (Lyda campestris), mag uns alle diese Verhältnisse etwas
genauer erläutern. Die schmuzig grüne Larve hat nur sechs Brustfüße, siebengliederige, lange Fühler,

Die Hautflügler. Holzwespen. Geſpinuſt-Blattwespen.
Das kleine, drei Linien lange Thierchen erkennt man leicht an dem glänzend ſchwarzen, reichlich
gelb gezeichneten Körper, deſſen comprimirter Hinterleib beim Weibchen eine kurze Bohrerſcheide
nach oben heraustreten läßt, und an den ſchwach kenlenförmig nach vorn verdickten Fühlern, welche
einem faſt kugeligen Kopfe aufſitzen. Zwei Rand- und vier Unterrandzellen charakteriſiren den
Vorderflügel, ein etwas hakig gebogener Enddorn die Vorderſchiene, ein überzähliger zur Seite
die Mittelſchiene und zwei dergleichen die hinterſte. So harmlos dieſe Thierchen erſcheinen, ſo unan-
genehm können ihre Larven den Roggen- und ſeltener auch den Weizenfeldern werden, in deren
Nähe man die Fliege auch am ſicherſten zu ſehen bekommt. Nach der Paarung begibt ſich das
Weibchen an die Halme, bohrt einen der oberſten Knoten an und läßt hier ein Ei ſitzen, nur eins
an jedem Halme. Der Eierſtock enthält zwölf bis fünfzehn Eier, deren Unterbringung dieſelbe
Arbeit von Neuem erfordert. Nach ungefähr zehn Tagen ſchlüpft die Larve aus und begibt ſich
ſofort in das Jnnere der Röhre. Hier nährt ſie ſich von den abgenagten Spänen der Jnnenwände,
durchfrißt die ihr im Wege befindlichen Knoten und ſpaziert auf und nieder, dicht eingezwängt in
die enge Klauſe; denn man findet ſie aufrecht und mit dem Kopfe nach unten ſtehend, oben oder
unten, und die Kothkrümchen an verſchiedenen Stellen beweiſen, daß ſie da war, einzelne Häute
mit der hornigen Kopfſchale, daß ſie ſich häutete. Sie hat eine Sförmige Geſtalt, ſobald man ſie
aus der Röhre herausnimmt, einen knotigen Körper, welcher nach hinten allmälig dünn wird, und
läßt an der Bruſt höchſtens warzenartige Anſchwellungen, aber keine eigentlichen Füße erkennen,
wie beiſpielsweiſe die Larven der Nußbohrer oder ähnlicher Rüſſelkäfer. Am hornigen Kopfe
unterſcheidet man kurze Fühlerchen, je ein Auge und kräftige Mundtheile. Gegen die Erntezeit iſt
ſie vollkommen erwachſen, zieht ſich zurück bis zum unterſten Halmende und ſpinnt ſich in einen
Seidencocon. Jn dieſem und alſo in der Stoppel bleibt ſie über Winter liegen und erſt 14 Tage
vor dem Erſcheinen der Fliege wird ſie zu einer gemeiſelten Puppe. Was wird aber aus dem
Halme, welchen ſie innerlich bearbeitete? Demſelben ſieht man Nichts an, wohl aber ſeiner Aehre,
welche ſich frühzeitig entfärbt. Wenn auch die geſunden Aehren zu reifen beginnen und das
Anſehen die kranken von ihnen nicht mehr unterſcheiden läßt, ſo braucht man ſie nur zu befühlen.
Bekommt man eine Aehre zwiſchen die Finger, welche in ihren unteren Theilen ſich als körnerlos und
ſchwach erweiſt, ſo kann man mit ziemlicher Gewißheit darauf rechnen, beim Spalten des Halmes
den Uebelthäter zu entdecken. Gleichzeitig und an gleichen Orten mit der Halmwespe treibt ſich
eine faſt noch längere, ſchlanke Schlupfwespe umher, der zu den Sichelwespen gehörige Pachyme-
rus calcitrator,
welcher ſpäter als jene dieſelben Halme aufſucht, um die bereits dort hauſende
Larve mit einem Ei zu beglücken; denn er ſchmarotzt, meines Wiſſens, ausſchließlich bei dieſer
Zwergſägewespe. — Es gibt noch einige, ſehr ähnliche Arten, deren Lebensgeſchichte man bisher
wenig Aufmerkſamkeit ſchenkte, darunter auch der nicht minder ſchmächtige, ſechs Linien lange
Cephus troglodytus.

Wenn die genannten und noch ein paar andere Gattungen zu einer beſonderen Sippe
zuſammengefaßt werden müſſen — ihnen den Rang einer Familie einzuräumen, ſehlt es meiner
Meinung nach an ausreichenden Gründen — ſo bilden die Geſpinnſt-Blattwespen (Lyda)
ein hübſches Zwiſchenglied zwiſchen ihnen und den echten Blattwespen. Die langen, borſtigen
Fühler, der, weil einem Halſe aufſitzend, ungemein bewegliche Kopf, ſowie das Flügelgeäder bringen
ſie den Holzwespen nahe, den flachen Hinterleib und Kopf beauſpruchen ſie als Eigenthümlichkeit
für ſich allein, und wegen des nicht vorſtehenden Legbohrers und der außen von den Pflanzen
lebenden Larven ſchließen ſie ſich den Blattwespen an. Jn letzterer Hinſicht jedoch noch nicht
vollſtändig; denn die Larven ſind ärmer an Beinen und leben in einem leichten Geſpinnſt, wie
gewiſſe Motten oder Zinsler unter den Schmetterlingen. Eine nicht ſeltene Art, (Abb. S. 282)
die Kothſack-Kiefernblattwespe (Lyda campestris), mag uns alle dieſe Verhältniſſe etwas
genauer erläutern. Die ſchmuzig grüne Larve hat nur ſechs Bruſtfüße, ſiebengliederige, lange Fühler,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <floatingText>
        <body>
          <div n="1">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0302" n="280"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Hautflügler. Holzwespen. Ge&#x017F;pinu&#x017F;t-Blattwespen.</hi></fw><lb/>
Das kleine, drei Linien lange Thierchen erkennt man leicht an dem glänzend &#x017F;chwarzen, reichlich<lb/>
gelb gezeichneten Körper, de&#x017F;&#x017F;en comprimirter Hinterleib beim Weibchen eine kurze Bohrer&#x017F;cheide<lb/>
nach oben heraustreten läßt, und an den &#x017F;chwach kenlenförmig nach vorn verdickten Fühlern, welche<lb/>
einem fa&#x017F;t kugeligen Kopfe auf&#x017F;itzen. Zwei Rand- und vier Unterrandzellen charakteri&#x017F;iren den<lb/>
Vorderflügel, <hi rendition="#g">ein</hi> etwas hakig gebogener Enddorn die Vorder&#x017F;chiene, ein überzähliger zur Seite<lb/>
die Mittel&#x017F;chiene und zwei dergleichen die hinter&#x017F;te. So harmlos die&#x017F;e Thierchen er&#x017F;cheinen, &#x017F;o unan-<lb/>
genehm können ihre Larven den Roggen- und &#x017F;eltener auch den Weizenfeldern werden, in deren<lb/>
Nähe man die Fliege auch am &#x017F;icher&#x017F;ten zu &#x017F;ehen bekommt. Nach der Paarung begibt &#x017F;ich das<lb/>
Weibchen an die Halme, bohrt einen der ober&#x017F;ten Knoten an und läßt hier ein Ei &#x017F;itzen, nur eins<lb/>
an jedem Halme. Der Eier&#x017F;tock enthält zwölf bis fünfzehn Eier, deren Unterbringung die&#x017F;elbe<lb/>
Arbeit von Neuem erfordert. Nach ungefähr zehn Tagen &#x017F;chlüpft die Larve aus und begibt &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;ofort in das Jnnere der Röhre. Hier nährt &#x017F;ie &#x017F;ich von den abgenagten Spänen der Jnnenwände,<lb/>
durchfrißt die ihr im Wege befindlichen Knoten und &#x017F;paziert auf und nieder, dicht eingezwängt in<lb/>
die enge Klau&#x017F;e; denn man findet &#x017F;ie aufrecht und mit dem Kopfe nach unten &#x017F;tehend, oben oder<lb/>
unten, und die Kothkrümchen an ver&#x017F;chiedenen Stellen bewei&#x017F;en, daß &#x017F;ie da war, einzelne Häute<lb/>
mit der hornigen Kopf&#x017F;chale, daß &#x017F;ie &#x017F;ich häutete. Sie hat eine <hi rendition="#aq">S</hi>förmige Ge&#x017F;talt, &#x017F;obald man &#x017F;ie<lb/>
aus der Röhre herausnimmt, einen knotigen Körper, welcher nach hinten allmälig dünn wird, und<lb/>
läßt an der Bru&#x017F;t höch&#x017F;tens warzenartige An&#x017F;chwellungen, aber keine eigentlichen Füße erkennen,<lb/>
wie bei&#x017F;pielswei&#x017F;e die Larven der Nußbohrer oder ähnlicher Rü&#x017F;&#x017F;elkäfer. Am hornigen Kopfe<lb/>
unter&#x017F;cheidet man kurze Fühlerchen, je ein Auge und kräftige Mundtheile. Gegen die Erntezeit i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ie vollkommen erwach&#x017F;en, zieht &#x017F;ich zurück bis zum unter&#x017F;ten Halmende und &#x017F;pinnt &#x017F;ich in einen<lb/>
Seidencocon. Jn die&#x017F;em und al&#x017F;o in der Stoppel bleibt &#x017F;ie über Winter liegen und er&#x017F;t 14 Tage<lb/>
vor dem Er&#x017F;cheinen der Fliege wird &#x017F;ie zu einer gemei&#x017F;elten Puppe. Was wird aber aus dem<lb/>
Halme, welchen &#x017F;ie innerlich bearbeitete? Dem&#x017F;elben &#x017F;ieht man Nichts an, wohl aber &#x017F;einer Aehre,<lb/>
welche &#x017F;ich frühzeitig entfärbt. Wenn auch die ge&#x017F;unden Aehren zu reifen beginnen und das<lb/>
An&#x017F;ehen die kranken von ihnen nicht mehr unter&#x017F;cheiden läßt, &#x017F;o braucht man &#x017F;ie nur zu befühlen.<lb/>
Bekommt man eine Aehre zwi&#x017F;chen die Finger, welche in ihren unteren Theilen &#x017F;ich als körnerlos und<lb/>
&#x017F;chwach erwei&#x017F;t, &#x017F;o kann man mit ziemlicher Gewißheit darauf rechnen, beim Spalten des Halmes<lb/>
den Uebelthäter zu entdecken. Gleichzeitig und an gleichen Orten mit der Halmwespe treibt &#x017F;ich<lb/>
eine fa&#x017F;t noch längere, &#x017F;chlanke Schlupfwespe umher, der zu den Sichelwespen gehörige <hi rendition="#aq">Pachyme-<lb/>
rus calcitrator,</hi> welcher &#x017F;päter als jene die&#x017F;elben Halme auf&#x017F;ucht, um die bereits dort hau&#x017F;ende<lb/>
Larve mit einem Ei zu beglücken; denn er &#x017F;chmarotzt, meines Wi&#x017F;&#x017F;ens, aus&#x017F;chließlich bei die&#x017F;er<lb/>
Zwerg&#x017F;ägewespe. &#x2014; Es gibt noch einige, &#x017F;ehr ähnliche Arten, deren Lebensge&#x017F;chichte man bisher<lb/>
wenig Aufmerk&#x017F;amkeit &#x017F;chenkte, darunter auch der nicht minder &#x017F;chmächtige, &#x017F;echs Linien lange<lb/><hi rendition="#aq">Cephus troglodytus.</hi></p><lb/>
              <p>Wenn die genannten und noch ein paar andere Gattungen zu einer be&#x017F;onderen Sippe<lb/>
zu&#x017F;ammengefaßt werden mü&#x017F;&#x017F;en &#x2014; ihnen den Rang einer <hi rendition="#g">Familie</hi> einzuräumen, &#x017F;ehlt es meiner<lb/>
Meinung nach an ausreichenden Gründen &#x2014; &#x017F;o bilden die <hi rendition="#g">Ge&#x017F;pinn&#x017F;t-Blattwespen</hi> (<hi rendition="#aq">Lyda</hi>)<lb/>
ein hüb&#x017F;ches Zwi&#x017F;chenglied zwi&#x017F;chen ihnen und den echten Blattwespen. Die langen, bor&#x017F;tigen<lb/>
Fühler, der, weil einem Hal&#x017F;e auf&#x017F;itzend, ungemein bewegliche Kopf, &#x017F;owie das Flügelgeäder bringen<lb/>
&#x017F;ie den Holzwespen nahe, den flachen Hinterleib und Kopf beau&#x017F;pruchen &#x017F;ie als Eigenthümlichkeit<lb/>
für &#x017F;ich allein, und wegen des nicht vor&#x017F;tehenden Legbohrers und der <hi rendition="#g">außen</hi> von den Pflanzen<lb/>
lebenden Larven &#x017F;chließen &#x017F;ie &#x017F;ich den Blattwespen an. Jn letzterer Hin&#x017F;icht jedoch noch nicht<lb/>
voll&#x017F;tändig; denn die Larven &#x017F;ind ärmer an Beinen und leben in einem leichten Ge&#x017F;pinn&#x017F;t, wie<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e Motten oder Zinsler unter den Schmetterlingen. Eine nicht &#x017F;eltene Art, (Abb. S. 282)<lb/>
die <hi rendition="#g">Koth&#x017F;ack-Kiefernblattwespe</hi> (<hi rendition="#aq">Lyda campestris</hi>), mag uns alle die&#x017F;e Verhältni&#x017F;&#x017F;e etwas<lb/>
genauer erläutern. Die &#x017F;chmuzig grüne Larve hat nur &#x017F;echs Bru&#x017F;tfüße, &#x017F;iebengliederige, lange Fühler,<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </body>
      </floatingText>
    </body>
  </text>
</TEI>
[280/0302] Die Hautflügler. Holzwespen. Geſpinuſt-Blattwespen. Das kleine, drei Linien lange Thierchen erkennt man leicht an dem glänzend ſchwarzen, reichlich gelb gezeichneten Körper, deſſen comprimirter Hinterleib beim Weibchen eine kurze Bohrerſcheide nach oben heraustreten läßt, und an den ſchwach kenlenförmig nach vorn verdickten Fühlern, welche einem faſt kugeligen Kopfe aufſitzen. Zwei Rand- und vier Unterrandzellen charakteriſiren den Vorderflügel, ein etwas hakig gebogener Enddorn die Vorderſchiene, ein überzähliger zur Seite die Mittelſchiene und zwei dergleichen die hinterſte. So harmlos dieſe Thierchen erſcheinen, ſo unan- genehm können ihre Larven den Roggen- und ſeltener auch den Weizenfeldern werden, in deren Nähe man die Fliege auch am ſicherſten zu ſehen bekommt. Nach der Paarung begibt ſich das Weibchen an die Halme, bohrt einen der oberſten Knoten an und läßt hier ein Ei ſitzen, nur eins an jedem Halme. Der Eierſtock enthält zwölf bis fünfzehn Eier, deren Unterbringung dieſelbe Arbeit von Neuem erfordert. Nach ungefähr zehn Tagen ſchlüpft die Larve aus und begibt ſich ſofort in das Jnnere der Röhre. Hier nährt ſie ſich von den abgenagten Spänen der Jnnenwände, durchfrißt die ihr im Wege befindlichen Knoten und ſpaziert auf und nieder, dicht eingezwängt in die enge Klauſe; denn man findet ſie aufrecht und mit dem Kopfe nach unten ſtehend, oben oder unten, und die Kothkrümchen an verſchiedenen Stellen beweiſen, daß ſie da war, einzelne Häute mit der hornigen Kopfſchale, daß ſie ſich häutete. Sie hat eine Sförmige Geſtalt, ſobald man ſie aus der Röhre herausnimmt, einen knotigen Körper, welcher nach hinten allmälig dünn wird, und läßt an der Bruſt höchſtens warzenartige Anſchwellungen, aber keine eigentlichen Füße erkennen, wie beiſpielsweiſe die Larven der Nußbohrer oder ähnlicher Rüſſelkäfer. Am hornigen Kopfe unterſcheidet man kurze Fühlerchen, je ein Auge und kräftige Mundtheile. Gegen die Erntezeit iſt ſie vollkommen erwachſen, zieht ſich zurück bis zum unterſten Halmende und ſpinnt ſich in einen Seidencocon. Jn dieſem und alſo in der Stoppel bleibt ſie über Winter liegen und erſt 14 Tage vor dem Erſcheinen der Fliege wird ſie zu einer gemeiſelten Puppe. Was wird aber aus dem Halme, welchen ſie innerlich bearbeitete? Demſelben ſieht man Nichts an, wohl aber ſeiner Aehre, welche ſich frühzeitig entfärbt. Wenn auch die geſunden Aehren zu reifen beginnen und das Anſehen die kranken von ihnen nicht mehr unterſcheiden läßt, ſo braucht man ſie nur zu befühlen. Bekommt man eine Aehre zwiſchen die Finger, welche in ihren unteren Theilen ſich als körnerlos und ſchwach erweiſt, ſo kann man mit ziemlicher Gewißheit darauf rechnen, beim Spalten des Halmes den Uebelthäter zu entdecken. Gleichzeitig und an gleichen Orten mit der Halmwespe treibt ſich eine faſt noch längere, ſchlanke Schlupfwespe umher, der zu den Sichelwespen gehörige Pachyme- rus calcitrator, welcher ſpäter als jene dieſelben Halme aufſucht, um die bereits dort hauſende Larve mit einem Ei zu beglücken; denn er ſchmarotzt, meines Wiſſens, ausſchließlich bei dieſer Zwergſägewespe. — Es gibt noch einige, ſehr ähnliche Arten, deren Lebensgeſchichte man bisher wenig Aufmerkſamkeit ſchenkte, darunter auch der nicht minder ſchmächtige, ſechs Linien lange Cephus troglodytus. Wenn die genannten und noch ein paar andere Gattungen zu einer beſonderen Sippe zuſammengefaßt werden müſſen — ihnen den Rang einer Familie einzuräumen, ſehlt es meiner Meinung nach an ausreichenden Gründen — ſo bilden die Geſpinnſt-Blattwespen (Lyda) ein hübſches Zwiſchenglied zwiſchen ihnen und den echten Blattwespen. Die langen, borſtigen Fühler, der, weil einem Halſe aufſitzend, ungemein bewegliche Kopf, ſowie das Flügelgeäder bringen ſie den Holzwespen nahe, den flachen Hinterleib und Kopf beauſpruchen ſie als Eigenthümlichkeit für ſich allein, und wegen des nicht vorſtehenden Legbohrers und der außen von den Pflanzen lebenden Larven ſchließen ſie ſich den Blattwespen an. Jn letzterer Hinſicht jedoch noch nicht vollſtändig; denn die Larven ſind ärmer an Beinen und leben in einem leichten Geſpinnſt, wie gewiſſe Motten oder Zinsler unter den Schmetterlingen. Eine nicht ſeltene Art, (Abb. S. 282) die Kothſack-Kiefernblattwespe (Lyda campestris), mag uns alle dieſe Verhältniſſe etwas genauer erläutern. Die ſchmuzig grüne Larve hat nur ſechs Bruſtfüße, ſiebengliederige, lange Fühler,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/302
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/302>, abgerufen am 23.11.2024.