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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Hautflügler. Jchneumoniden.

Es bliebe für die allgemeine Betrachtung nur noch übrig, diejenigen Körpertheile etwas
näher ins Auge zu fassen, welche zur Unterscheidung der Hunderte von Gattungen und vielen
Tausende von Arten dienen.

Die Fühler aller folgen demselben Bildungsgesetze: an ein dickes Grundglied, welches manchmal
charakteristisch sein kann und ein sehr kleines, zweites, meist nur wenig aus dem ersten hervor-
ragendes Glied reihen sich die übrigen an, welche der Geisel der gebrochenen Fühler entsprechen
würden und wenigstens von der Hälfte ihrer Gesammtlänge nach der Fühlerspitze zu immer kürzer
werden; bleiben sie bis dahin gleich dick, so haben wir den fadenförmigen, werden sie gleich-
zeitig auch dünner, den borstenförmigen Fühler. Abgesehen hiervon treten in der Gestaltung der
einzelnen Glieder noch zwei Bildungsunterschiede auf: entweder, und dies ist der gewöhnlichste Fall,
sind alle vollkommen cylindrisch und dann manchmal schwer zu unterscheiden, oder jedes schwillt
nach oben etwas an, und es entsteht ein knotiger Verlauf, der beim Weibchen ringsum, beim
Männchen mehr auf der Unterseite bemerkbar wird und an eine stumpfzähnige Säge erinnert. So
geringfügig dieser Umstand auch erscheint, so entscheidend wird er doch für den Gesammteindruck,
welchen der Fühler auf das Auge des Beschauers macht. Die Weibchen, welche kurze, knotige
Glieder in ihren Fühlern führen, ringeln dieselben nach dem Tode immer mehr oder weniger und
schmücken sie viel häufiger als das andere Geschlecht mit einem weißen Ringe, oder vielmehr einem
Gürtel oder Sattel, insofern die Färbung an der Unterseite verwischt zu sein pflegt. Das Kopf-
schild, die Zähne der meist in ihrem Verlaufe ziemlich gleichbreiten Kinnbacken und die Gestalt des
Kopfes, welcher in der Regel breiter als lang, also quergestellt ist, kommen mehrfach in Betracht.
Am Thorax verdient besonders der Hinterrücken eine nähere Beachtung, ob seine vorn und oben
liegenden Luftlöcher oval oder kreisförmig sind, ob sich ein vorderer mehr horizontaler Theil von
einem hinteren, abfallenden scharf scheidet, oder ob zwischen beiden ein allmäliger Uebergang statt-
findet, besonders aber, ob und wie er durch Leisten in Felder getheilt wird. Bei der vollständigsten
Felderung, welche möglich ist, kann man sechzehn Felder unterscheiden, welche alle ihre Namen
erhalten haben. Auf der Vorderfläche zählt man dann fünf: eins in der Mitte, das "obere
Mittelfeld", als das am meisten charakteristische und jederseits zwei hintereinander gelegene, weiter
folgen symmetrisch auf jeder Seite das in die Quere nicht getheilte, in welchem das Luftloch liegt,
dann ein größeres weiter nach unten und ein ganz kleines an der äußersten Ecke. Am abschüssigen
Theile liegt das größte in der Mitte als "unteres Mittelfeld", und jederseits noch zwei, welche alle
wie breite Strahlen um den Mittelpunkt des Hinterrandes sich ausbreiten, an welchem der Hinter-
leib befestigt ist. Dieser nun ist den größten Veränderungen unterworfen. Rücksichtlich seiner
Anheftung kommen die bereits mehrfach erwähnten Extreme zwischen sitzendem und gestieltem
Hinterleibe in allen Uebergängen zur Geltung. Beim ersten Segment handelt es sich wieder
darum, ob nur der Vordertheil den Stiel bildet, welcher dann gegen den breiteren hintern,
den sogenannten Hinterstiel, eine Biegung nach unten macht, oder ob das ganze Segment, ohne
gebogen zu sein, sich allmälig nach vorn verjüngt. Ein sehr wichtiges Merkmal bildet ferner die
Stellung der Luftlöcher an diesem ersten Segmente, welche manchmal unter seitlich heraustretenden,
knotigen Anschwellungen sitzen und dann leicht erkannt werden, ohne diese aber versteckter sind.
Jn den seltensten Fällen liegen sie gerade in der Mitte des Segments, häufiger davor oder
dahinter, dem Endrande (der Spitze) desselben näher gerückt. Skulptur, Vorhandensein oder
Abwesenheit von Kielen und Furchen, die Art, wie Hinterstiel und Stiel beim Uebergange in einander
sich in der Seitenlinie verhalten und so mancherlei Anderes bedarf oft einer genauen Prüfung. Diese
beschränkt sich aber nicht ausschließlich auf das erste Segment, sondern auf alle folgenden; und da
treten zunächst wieder zwei Gegensätze hervor, die recht charakteristisch wären, wenn sie die Natur nur
auch scharf inne hielte: ein deprimirter, von oben nach unten mehr oder weniger breitgedrückter
Hinterleib, welcher im Allgemeinen einen ovalen Umriß hat, und ein comprimirter, von den
Seiten her zusammengedrückter Leib, welcher in seiner vollkommensten Entwickelung am Rücken einen

Die Hautflügler. Jchneumoniden.

Es bliebe für die allgemeine Betrachtung nur noch übrig, diejenigen Körpertheile etwas
näher ins Auge zu faſſen, welche zur Unterſcheidung der Hunderte von Gattungen und vielen
Tauſende von Arten dienen.

Die Fühler aller folgen demſelben Bildungsgeſetze: an ein dickes Grundglied, welches manchmal
charakteriſtiſch ſein kann und ein ſehr kleines, zweites, meiſt nur wenig aus dem erſten hervor-
ragendes Glied reihen ſich die übrigen an, welche der Geiſel der gebrochenen Fühler entſprechen
würden und wenigſtens von der Hälfte ihrer Geſammtlänge nach der Fühlerſpitze zu immer kürzer
werden; bleiben ſie bis dahin gleich dick, ſo haben wir den fadenförmigen, werden ſie gleich-
zeitig auch dünner, den borſtenförmigen Fühler. Abgeſehen hiervon treten in der Geſtaltung der
einzelnen Glieder noch zwei Bildungsunterſchiede auf: entweder, und dies iſt der gewöhnlichſte Fall,
ſind alle vollkommen cylindriſch und dann manchmal ſchwer zu unterſcheiden, oder jedes ſchwillt
nach oben etwas an, und es entſteht ein knotiger Verlauf, der beim Weibchen ringsum, beim
Männchen mehr auf der Unterſeite bemerkbar wird und an eine ſtumpfzähnige Säge erinnert. So
geringfügig dieſer Umſtand auch erſcheint, ſo entſcheidend wird er doch für den Geſammteindruck,
welchen der Fühler auf das Auge des Beſchauers macht. Die Weibchen, welche kurze, knotige
Glieder in ihren Fühlern führen, ringeln dieſelben nach dem Tode immer mehr oder weniger und
ſchmücken ſie viel häufiger als das andere Geſchlecht mit einem weißen Ringe, oder vielmehr einem
Gürtel oder Sattel, inſofern die Färbung an der Unterſeite verwiſcht zu ſein pflegt. Das Kopf-
ſchild, die Zähne der meiſt in ihrem Verlaufe ziemlich gleichbreiten Kinnbacken und die Geſtalt des
Kopfes, welcher in der Regel breiter als lang, alſo quergeſtellt iſt, kommen mehrfach in Betracht.
Am Thorax verdient beſonders der Hinterrücken eine nähere Beachtung, ob ſeine vorn und oben
liegenden Luftlöcher oval oder kreisförmig ſind, ob ſich ein vorderer mehr horizontaler Theil von
einem hinteren, abfallenden ſcharf ſcheidet, oder ob zwiſchen beiden ein allmäliger Uebergang ſtatt-
findet, beſonders aber, ob und wie er durch Leiſten in Felder getheilt wird. Bei der vollſtändigſten
Felderung, welche möglich iſt, kann man ſechzehn Felder unterſcheiden, welche alle ihre Namen
erhalten haben. Auf der Vorderfläche zählt man dann fünf: eins in der Mitte, das „obere
Mittelfeld“, als das am meiſten charakteriſtiſche und jederſeits zwei hintereinander gelegene, weiter
folgen ſymmetriſch auf jeder Seite das in die Quere nicht getheilte, in welchem das Luftloch liegt,
dann ein größeres weiter nach unten und ein ganz kleines an der äußerſten Ecke. Am abſchüſſigen
Theile liegt das größte in der Mitte als „unteres Mittelfeld“, und jederſeits noch zwei, welche alle
wie breite Strahlen um den Mittelpunkt des Hinterrandes ſich ausbreiten, an welchem der Hinter-
leib befeſtigt iſt. Dieſer nun iſt den größten Veränderungen unterworfen. Rückſichtlich ſeiner
Anheftung kommen die bereits mehrfach erwähnten Extreme zwiſchen ſitzendem und geſtieltem
Hinterleibe in allen Uebergängen zur Geltung. Beim erſten Segment handelt es ſich wieder
darum, ob nur der Vordertheil den Stiel bildet, welcher dann gegen den breiteren hintern,
den ſogenannten Hinterſtiel, eine Biegung nach unten macht, oder ob das ganze Segment, ohne
gebogen zu ſein, ſich allmälig nach vorn verjüngt. Ein ſehr wichtiges Merkmal bildet ferner die
Stellung der Luftlöcher an dieſem erſten Segmente, welche manchmal unter ſeitlich heraustretenden,
knotigen Anſchwellungen ſitzen und dann leicht erkannt werden, ohne dieſe aber verſteckter ſind.
Jn den ſeltenſten Fällen liegen ſie gerade in der Mitte des Segments, häufiger davor oder
dahinter, dem Endrande (der Spitze) deſſelben näher gerückt. Skulptur, Vorhandenſein oder
Abweſenheit von Kielen und Furchen, die Art, wie Hinterſtiel und Stiel beim Uebergange in einander
ſich in der Seitenlinie verhalten und ſo mancherlei Anderes bedarf oft einer genauen Prüfung. Dieſe
beſchränkt ſich aber nicht ausſchließlich auf das erſte Segment, ſondern auf alle folgenden; und da
treten zunächſt wieder zwei Gegenſätze hervor, die recht charakteriſtiſch wären, wenn ſie die Natur nur
auch ſcharf inne hielte: ein deprimirter, von oben nach unten mehr oder weniger breitgedrückter
Hinterleib, welcher im Allgemeinen einen ovalen Umriß hat, und ein comprimirter, von den
Seiten her zuſammengedrückter Leib, welcher in ſeiner vollkommenſten Entwickelung am Rücken einen

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[260/0282] Die Hautflügler. Jchneumoniden. Es bliebe für die allgemeine Betrachtung nur noch übrig, diejenigen Körpertheile etwas näher ins Auge zu faſſen, welche zur Unterſcheidung der Hunderte von Gattungen und vielen Tauſende von Arten dienen. Die Fühler aller folgen demſelben Bildungsgeſetze: an ein dickes Grundglied, welches manchmal charakteriſtiſch ſein kann und ein ſehr kleines, zweites, meiſt nur wenig aus dem erſten hervor- ragendes Glied reihen ſich die übrigen an, welche der Geiſel der gebrochenen Fühler entſprechen würden und wenigſtens von der Hälfte ihrer Geſammtlänge nach der Fühlerſpitze zu immer kürzer werden; bleiben ſie bis dahin gleich dick, ſo haben wir den fadenförmigen, werden ſie gleich- zeitig auch dünner, den borſtenförmigen Fühler. Abgeſehen hiervon treten in der Geſtaltung der einzelnen Glieder noch zwei Bildungsunterſchiede auf: entweder, und dies iſt der gewöhnlichſte Fall, ſind alle vollkommen cylindriſch und dann manchmal ſchwer zu unterſcheiden, oder jedes ſchwillt nach oben etwas an, und es entſteht ein knotiger Verlauf, der beim Weibchen ringsum, beim Männchen mehr auf der Unterſeite bemerkbar wird und an eine ſtumpfzähnige Säge erinnert. So geringfügig dieſer Umſtand auch erſcheint, ſo entſcheidend wird er doch für den Geſammteindruck, welchen der Fühler auf das Auge des Beſchauers macht. Die Weibchen, welche kurze, knotige Glieder in ihren Fühlern führen, ringeln dieſelben nach dem Tode immer mehr oder weniger und ſchmücken ſie viel häufiger als das andere Geſchlecht mit einem weißen Ringe, oder vielmehr einem Gürtel oder Sattel, inſofern die Färbung an der Unterſeite verwiſcht zu ſein pflegt. Das Kopf- ſchild, die Zähne der meiſt in ihrem Verlaufe ziemlich gleichbreiten Kinnbacken und die Geſtalt des Kopfes, welcher in der Regel breiter als lang, alſo quergeſtellt iſt, kommen mehrfach in Betracht. Am Thorax verdient beſonders der Hinterrücken eine nähere Beachtung, ob ſeine vorn und oben liegenden Luftlöcher oval oder kreisförmig ſind, ob ſich ein vorderer mehr horizontaler Theil von einem hinteren, abfallenden ſcharf ſcheidet, oder ob zwiſchen beiden ein allmäliger Uebergang ſtatt- findet, beſonders aber, ob und wie er durch Leiſten in Felder getheilt wird. Bei der vollſtändigſten Felderung, welche möglich iſt, kann man ſechzehn Felder unterſcheiden, welche alle ihre Namen erhalten haben. Auf der Vorderfläche zählt man dann fünf: eins in der Mitte, das „obere Mittelfeld“, als das am meiſten charakteriſtiſche und jederſeits zwei hintereinander gelegene, weiter folgen ſymmetriſch auf jeder Seite das in die Quere nicht getheilte, in welchem das Luftloch liegt, dann ein größeres weiter nach unten und ein ganz kleines an der äußerſten Ecke. Am abſchüſſigen Theile liegt das größte in der Mitte als „unteres Mittelfeld“, und jederſeits noch zwei, welche alle wie breite Strahlen um den Mittelpunkt des Hinterrandes ſich ausbreiten, an welchem der Hinter- leib befeſtigt iſt. Dieſer nun iſt den größten Veränderungen unterworfen. Rückſichtlich ſeiner Anheftung kommen die bereits mehrfach erwähnten Extreme zwiſchen ſitzendem und geſtieltem Hinterleibe in allen Uebergängen zur Geltung. Beim erſten Segment handelt es ſich wieder darum, ob nur der Vordertheil den Stiel bildet, welcher dann gegen den breiteren hintern, den ſogenannten Hinterſtiel, eine Biegung nach unten macht, oder ob das ganze Segment, ohne gebogen zu ſein, ſich allmälig nach vorn verjüngt. Ein ſehr wichtiges Merkmal bildet ferner die Stellung der Luftlöcher an dieſem erſten Segmente, welche manchmal unter ſeitlich heraustretenden, knotigen Anſchwellungen ſitzen und dann leicht erkannt werden, ohne dieſe aber verſteckter ſind. Jn den ſeltenſten Fällen liegen ſie gerade in der Mitte des Segments, häufiger davor oder dahinter, dem Endrande (der Spitze) deſſelben näher gerückt. Skulptur, Vorhandenſein oder Abweſenheit von Kielen und Furchen, die Art, wie Hinterſtiel und Stiel beim Uebergange in einander ſich in der Seitenlinie verhalten und ſo mancherlei Anderes bedarf oft einer genauen Prüfung. Dieſe beſchränkt ſich aber nicht ausſchließlich auf das erſte Segment, ſondern auf alle folgenden; und da treten zunächſt wieder zwei Gegenſätze hervor, die recht charakteriſtiſch wären, wenn ſie die Natur nur auch ſcharf inne hielte: ein deprimirter, von oben nach unten mehr oder weniger breitgedrückter Hinterleib, welcher im Allgemeinen einen ovalen Umriß hat, und ein comprimirter, von den Seiten her zuſammengedrückter Leib, welcher in ſeiner vollkommenſten Entwickelung am Rücken einen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/282>, abgerufen am 23.11.2024.