Sehen wir die Raupe, welche auf der Erde kriecht, sich von Futter schlechter Art nährt, und nachdem sie Wochen, Monde lang unter dieser niedrigen Gestalt ihr bestimmtes Werk voll- bracht hat, zuletzt in den Zwischenzustand eines scheinbaren Todes übergehen. Jn eine Art von Leichentuch gehüllt, in einen Sarg verschlossen und gewöhnlich unter der Erde vergraben liegt sie da. Von der Wärme der Sonnenstrahlen gerufen, brechen sie aus ihren Gräbern hervor, die Erde, Luft und Wasser als Gefangene festhielten, werfen ihre Bedeckung ab und mit neuem, hochzeitlichem Schmuck angethan, treten sie den Genuß eines erhabenen Zustandes ihres Lebens an, eines Zustandes, in welchem alle ihre Fähigkeiten entwickelt werden und sie zur Vollendung ihrer Natur gelangen, wo sie nicht mehr an die Erde gebunden, die Gefilde der Luft durch- streifen, den Neltar saugen aus Blumenkelchen und Liebe ihre beseligende Herrschaft über sie auszuüben beginnt. Wenn wir dies Alles mit ansehen, sollten wir darin nicht ein lebhaftes Bild von dem dreifachen Zustande erblicken, in welchem sich der Mensch nach und nach befindet, und besonders von jenem glücklichen Tage, wo auf den Ruf der großen Sonne der Gerechtigkeit alle die, welche in den Gräbern ruhen, hervortreten, wo das Meer seine Todten wiedergeben und der Tod von dem Leben vernichtet wird, wo die Schaaren der Glücklichen leben und lieben werden in alle Ewigkeit?"
Der vergoldete Schmetterling auf den Grabkreuzen unserer Verstorbenen soll, wie sich Jeder dasselbe am liebsten deuten mag, ein Symbol sein; für die Auferstehung, bei einem ähnlichen Gedankengange eines Swammerdam, oder für die Unsterblichkeit der Seele, die dem hinfälligen Körper entwichen ist, wie der dem himmlischen Lichte entgegenschwebende Schmetterling seiner auf der Erde zurückbleibenden Puppenhülle. Wie der italienische Dichter singt:
Non v' accorgete voi, che noi siam' vermi Nati a formar l'angelica farfalla? Wißt ihr nicht, daß wir Würmer sind, Geboren, um den engelähnlichen Schmetterling zu bilden?
Die Entwickelung der Jnsekten, mag sie nun, wie in der unvollkommenen Verwandelung, in stetigem Fortgange, oder wie in der vollkommenen, scheinbar sprungweise sich vollenden, in der That ist sie eine allmälige, größtentheils durch mehrmalige Häutung der Larve bedingte. Die Häutungen erfolgen nach bestimmten Zeitabschnitten, für die Einen früher, für Andere später, wiederholen sich öfter oder seltener, jedoch wohl nicht häufiger als sechs Mal und tragen den Charakter einer Krankheit an sich. Die Larven sitzen regungslos da, nehmen keine Nahrung zu sich und sind in dieser Zeit außerordentlich empfänglich für äußere Einflüsse, besonders die ungünstigen der Witterung, bis endlich im Nacken die alte Körperhaut zerreißt und sich unter krampfhaften Windungen das neu bekleidete Wesen, bisweilen mit anderer Färbung, anderem Schmuck angethan daraus hervorarbeitet. Die Umwandelung geschieht aber nicht bloß äußerlich, das ganze innere Wesen nimmt Theil an der Verjüngung, das Tracheensystem mit dem Nahrungs- kanale stößt seine Häute ab und erleidet allmälig sogar wesentliche Veränderungen; denn die im Wasser lebenden Larven verlieren bei der letzten Häutung ihre Kiemen, die kein vollkommenes Jnsekt hat, selbst wenn es diesem Elemente treu bleibt. Bei den freilebenden Larven finden die Häutungen ausnahmslos Statt, aber nicht immer bei solchen, welche abgeschlossen von der äußeren Umgebung und deren Einflüssen entzogen, in anderen Thieren, tief in Pflanzenkörpern, einge- schlossen in Zellen leben. Es scheint, abgesehen von dem bestimmten Bildungsgesetze, dem die einzelne Art unterworfen, daß das Abwerfen der Haut nur da nöthig wird, wo sie der Witterungs- einflüsse wegen einen Schutz zu bilden hat, der zu fest ist, um bei der Vergrößerung der Körper- masse weiter nachgeben zu können. Jn den letztgenannten Fällen bedarf die Larve dieses Schutzes nicht, ihre Oberhaut bleibt weicher und elastisch genug, um beim fortschreitenden Wachsthume immer noch weit genug zu sein. Der Larvenstand ist für die Jnsekten die Zeit ihres Wachsthums,
Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit.
Sehen wir die Raupe, welche auf der Erde kriecht, ſich von Futter ſchlechter Art nährt, und nachdem ſie Wochen, Monde lang unter dieſer niedrigen Geſtalt ihr beſtimmtes Werk voll- bracht hat, zuletzt in den Zwiſchenzuſtand eines ſcheinbaren Todes übergehen. Jn eine Art von Leichentuch gehüllt, in einen Sarg verſchloſſen und gewöhnlich unter der Erde vergraben liegt ſie da. Von der Wärme der Sonnenſtrahlen gerufen, brechen ſie aus ihren Gräbern hervor, die Erde, Luft und Waſſer als Gefangene feſthielten, werfen ihre Bedeckung ab und mit neuem, hochzeitlichem Schmuck angethan, treten ſie den Genuß eines erhabenen Zuſtandes ihres Lebens an, eines Zuſtandes, in welchem alle ihre Fähigkeiten entwickelt werden und ſie zur Vollendung ihrer Natur gelangen, wo ſie nicht mehr an die Erde gebunden, die Gefilde der Luft durch- ſtreifen, den Neltar ſaugen aus Blumenkelchen und Liebe ihre beſeligende Herrſchaft über ſie auszuüben beginnt. Wenn wir dies Alles mit anſehen, ſollten wir darin nicht ein lebhaftes Bild von dem dreifachen Zuſtande erblicken, in welchem ſich der Menſch nach und nach befindet, und beſonders von jenem glücklichen Tage, wo auf den Ruf der großen Sonne der Gerechtigkeit alle die, welche in den Gräbern ruhen, hervortreten, wo das Meer ſeine Todten wiedergeben und der Tod von dem Leben vernichtet wird, wo die Schaaren der Glücklichen leben und lieben werden in alle Ewigkeit?“
Der vergoldete Schmetterling auf den Grabkreuzen unſerer Verſtorbenen ſoll, wie ſich Jeder daſſelbe am liebſten deuten mag, ein Symbol ſein; für die Auferſtehung, bei einem ähnlichen Gedankengange eines Swammerdam, oder für die Unſterblichkeit der Seele, die dem hinfälligen Körper entwichen iſt, wie der dem himmliſchen Lichte entgegenſchwebende Schmetterling ſeiner auf der Erde zurückbleibenden Puppenhülle. Wie der italieniſche Dichter ſingt:
Non v’ accorgete voi, che noi siam’ vermi Nati a formar l’angelica farfalla? Wißt ihr nicht, daß wir Würmer ſind, Geboren, um den engelähnlichen Schmetterling zu bilden?
Die Entwickelung der Jnſekten, mag ſie nun, wie in der unvollkommenen Verwandelung, in ſtetigem Fortgange, oder wie in der vollkommenen, ſcheinbar ſprungweiſe ſich vollenden, in der That iſt ſie eine allmälige, größtentheils durch mehrmalige Häutung der Larve bedingte. Die Häutungen erfolgen nach beſtimmten Zeitabſchnitten, für die Einen früher, für Andere ſpäter, wiederholen ſich öfter oder ſeltener, jedoch wohl nicht häufiger als ſechs Mal und tragen den Charakter einer Krankheit an ſich. Die Larven ſitzen regungslos da, nehmen keine Nahrung zu ſich und ſind in dieſer Zeit außerordentlich empfänglich für äußere Einflüſſe, beſonders die ungünſtigen der Witterung, bis endlich im Nacken die alte Körperhaut zerreißt und ſich unter krampfhaften Windungen das neu bekleidete Weſen, bisweilen mit anderer Färbung, anderem Schmuck angethan daraus hervorarbeitet. Die Umwandelung geſchieht aber nicht bloß äußerlich, das ganze innere Weſen nimmt Theil an der Verjüngung, das Tracheenſyſtem mit dem Nahrungs- kanale ſtößt ſeine Häute ab und erleidet allmälig ſogar weſentliche Veränderungen; denn die im Waſſer lebenden Larven verlieren bei der letzten Häutung ihre Kiemen, die kein vollkommenes Jnſekt hat, ſelbſt wenn es dieſem Elemente treu bleibt. Bei den freilebenden Larven finden die Häutungen ausnahmslos Statt, aber nicht immer bei ſolchen, welche abgeſchloſſen von der äußeren Umgebung und deren Einflüſſen entzogen, in anderen Thieren, tief in Pflanzenkörpern, einge- ſchloſſen in Zellen leben. Es ſcheint, abgeſehen von dem beſtimmten Bildungsgeſetze, dem die einzelne Art unterworfen, daß das Abwerfen der Haut nur da nöthig wird, wo ſie der Witterungs- einflüſſe wegen einen Schutz zu bilden hat, der zu feſt iſt, um bei der Vergrößerung der Körper- maſſe weiter nachgeben zu können. Jn den letztgenannten Fällen bedarf die Larve dieſes Schutzes nicht, ihre Oberhaut bleibt weicher und elaſtiſch genug, um beim fortſchreitenden Wachsthume immer noch weit genug zu ſein. Der Larvenſtand iſt für die Jnſekten die Zeit ihres Wachsthums,
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[16/0028]
Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit.
Sehen wir die Raupe, welche auf der Erde kriecht, ſich von Futter ſchlechter Art nährt, und
nachdem ſie Wochen, Monde lang unter dieſer niedrigen Geſtalt ihr beſtimmtes Werk voll-
bracht hat, zuletzt in den Zwiſchenzuſtand eines ſcheinbaren Todes übergehen. Jn eine Art von
Leichentuch gehüllt, in einen Sarg verſchloſſen und gewöhnlich unter der Erde vergraben liegt
ſie da. Von der Wärme der Sonnenſtrahlen gerufen, brechen ſie aus ihren Gräbern hervor,
die Erde, Luft und Waſſer als Gefangene feſthielten, werfen ihre Bedeckung ab und mit neuem,
hochzeitlichem Schmuck angethan, treten ſie den Genuß eines erhabenen Zuſtandes ihres Lebens
an, eines Zuſtandes, in welchem alle ihre Fähigkeiten entwickelt werden und ſie zur Vollendung
ihrer Natur gelangen, wo ſie nicht mehr an die Erde gebunden, die Gefilde der Luft durch-
ſtreifen, den Neltar ſaugen aus Blumenkelchen und Liebe ihre beſeligende Herrſchaft über ſie
auszuüben beginnt. Wenn wir dies Alles mit anſehen, ſollten wir darin nicht ein lebhaftes
Bild von dem dreifachen Zuſtande erblicken, in welchem ſich der Menſch nach und nach befindet,
und beſonders von jenem glücklichen Tage, wo auf den Ruf der großen Sonne der Gerechtigkeit
alle die, welche in den Gräbern ruhen, hervortreten, wo das Meer ſeine Todten wiedergeben und
der Tod von dem Leben vernichtet wird, wo die Schaaren der Glücklichen leben und lieben werden
in alle Ewigkeit?“
Der vergoldete Schmetterling auf den Grabkreuzen unſerer Verſtorbenen ſoll, wie ſich Jeder
daſſelbe am liebſten deuten mag, ein Symbol ſein; für die Auferſtehung, bei einem ähnlichen
Gedankengange eines Swammerdam, oder für die Unſterblichkeit der Seele, die dem hinfälligen
Körper entwichen iſt, wie der dem himmliſchen Lichte entgegenſchwebende Schmetterling ſeiner auf
der Erde zurückbleibenden Puppenhülle. Wie der italieniſche Dichter ſingt:
Non v’ accorgete voi, che noi siam’ vermi
Nati a formar l’angelica farfalla?
Wißt ihr nicht, daß wir Würmer ſind,
Geboren, um den engelähnlichen Schmetterling zu bilden?
Die Entwickelung der Jnſekten, mag ſie nun, wie in der unvollkommenen Verwandelung, in
ſtetigem Fortgange, oder wie in der vollkommenen, ſcheinbar ſprungweiſe ſich vollenden, in der
That iſt ſie eine allmälige, größtentheils durch mehrmalige Häutung der Larve bedingte. Die
Häutungen erfolgen nach beſtimmten Zeitabſchnitten, für die Einen früher, für Andere ſpäter,
wiederholen ſich öfter oder ſeltener, jedoch wohl nicht häufiger als ſechs Mal und tragen den
Charakter einer Krankheit an ſich. Die Larven ſitzen regungslos da, nehmen keine Nahrung zu
ſich und ſind in dieſer Zeit außerordentlich empfänglich für äußere Einflüſſe, beſonders die
ungünſtigen der Witterung, bis endlich im Nacken die alte Körperhaut zerreißt und ſich unter
krampfhaften Windungen das neu bekleidete Weſen, bisweilen mit anderer Färbung, anderem
Schmuck angethan daraus hervorarbeitet. Die Umwandelung geſchieht aber nicht bloß äußerlich,
das ganze innere Weſen nimmt Theil an der Verjüngung, das Tracheenſyſtem mit dem Nahrungs-
kanale ſtößt ſeine Häute ab und erleidet allmälig ſogar weſentliche Veränderungen; denn die im
Waſſer lebenden Larven verlieren bei der letzten Häutung ihre Kiemen, die kein vollkommenes
Jnſekt hat, ſelbſt wenn es dieſem Elemente treu bleibt. Bei den freilebenden Larven finden die
Häutungen ausnahmslos Statt, aber nicht immer bei ſolchen, welche abgeſchloſſen von der äußeren
Umgebung und deren Einflüſſen entzogen, in anderen Thieren, tief in Pflanzenkörpern, einge-
ſchloſſen in Zellen leben. Es ſcheint, abgeſehen von dem beſtimmten Bildungsgeſetze, dem die
einzelne Art unterworfen, daß das Abwerfen der Haut nur da nöthig wird, wo ſie der Witterungs-
einflüſſe wegen einen Schutz zu bilden hat, der zu feſt iſt, um bei der Vergrößerung der Körper-
maſſe weiter nachgeben zu können. Jn den letztgenannten Fällen bedarf die Larve dieſes Schutzes
nicht, ihre Oberhaut bleibt weicher und elaſtiſch genug, um beim fortſchreitenden Wachsthume
immer noch weit genug zu ſein. Der Larvenſtand iſt für die Jnſekten die Zeit ihres Wachsthums,
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/28>, abgerufen am 23.11.2024.
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