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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Callimome. Pteromalus. Smicra. Leucospis.
innerhalb vier Wochen, in den überwinternden Puppen bleiben auch die Wespchen, welche sie bis
zu fünfzig Stück anfüllen. Durch einige Fluglöcher, welche an beliebigen Stellen der Weißlings-,
Blaukantenpuppen und noch einiger anderen, in welchen die Larven leben, genagt werden, kommen
die Schmarotzer zum Vorschein.

Unter den größeren Arten finden sich einige sehr wunderliche Formen, von denen die
Smicra clavipes, welche man vom Mai bis August besonders an Schilf antressen kann, noch lange
nicht das Aeußerste leistet. Der dicke, lange Stiel rückt den von der Seite zusammengedrückten,
in der Seitenansicht halbkreisförmigen, glänzenden Hinterleib
weit vom rauhen Thorax ab. Sonderbar genug nehmen sich die
Hinterbeine aus mit ihren dicken, unten sägezähnigen Schenkeln.
Alle Tarsen sind fünsgliederig, und durch die getrübten Vorder-
flügel ziehen mehr Adern, als bei anderen Familiengenossen.
Die schwarze Körperfarbe wird an den vorderen Beinen von der
Schenkelwurzel ab und an den ganzen Schenkeln der hintersten
durch Braunroth verdrängt; die Hintertarsen seben weißlich aus.
Zwar nicht diese, wohl aber eine zweite, etwas größere und seltenere
Art (S. sispes) erzog ich aus einer Puppe der Waffenfliege (Stra-

[Abbildung] Smicra clavipes, stark vergrößert.
tiomys), welche im Wasser lebt, zur Verwandlung aber dasselbe verläßt und unter benachbarten
Steinen sich versteckt. Bei diesen Wanderungen, die nur langsam von Statten gehen, dürfte das
Weibchen der Smicra seine Mutterpflichten erfüllen.

Ein Dickschenkel ganz anderer Art ist die nur im südlichen Europa vertretene Gattung
Leucospis, durchaus exotisch in ihrer äußeren Erscheinung. Der von den Seiten zusammengedrückte,
sitzende Hinterleib wird von vorn nach hinten immer breiter, rundet sich hier in beinahe scharfer,
senkrecht stehender Vogenlinie ab und trägt beim weiblichen Geschlecht den Bohrer auf dem Rücken.
An der Bauchseite des zweiten Segments austretend, legt dieser sich dicht um die Hinterleibsspitze
herum und verbirgt sich vom vorletzten Segment an in ein Futteral, welches längs des Rückens
bis zur Wurzel des Hinterleibes frei an ihm verläuft. Die getrübten Flügel sind ähnlich wie bei
der vorigen Art von ein paar verwischten Längsadern durchzogen. Der grob punktirte Körper
ist schwarz und gelb, binden- und fleckenartig gezeichnet. Durch die Bildung des Hinterleibes
unterscheidet sich übrigens das Männchen wesentlich vom Weibchen, indem derselbe bei jenem
cylindrisch, das erste Segment lang, das zweite noch länger ist und beinahe den ganzen Rest desselben
ausmacht. Eine große Beweglichkeit der beiden vorderen Segmente ermöglicht dem Weibchen bei
der ungewöhnlichen Lage des Bohrers dessen Gebrauch. Die zahlreichen Arten finden sich, außer im
südlichen Europa, in Nordafrika und im Orient und sollen in Wespennestern leben.

Die abenteuerlichsten Thierchen unter den Chalcidiern liefern aber die Tropen -- ich kenne
nur südamerikanische. Da ist eine Gattung Chirocerus mit langgestieltem Hinterleibe, wie unsere
heimischen Smiera- oder Eucharis-Arten, aber mit fächerförmiger Fühlergeisel und zwei mächtig
langen Hörnern, welche von den Seiten des sehr großen Schildchens ausgehen und beinahe bis zur
Spitze des Hinterleibs reichen. Die Hinterschenkel sind hier eben so schmächtig, wie die vorderen.
Bei Galearia nehmen die Verlängerungen des Schildchens den Charakter horniger Flügeldecken
eines Käfers an und lassen die wahren Flügel in der Ruhelage nur an der äußersten Spitze und
in einer schmalen Mittelspalte sichtbar; der einer auf der scharfen Kante stehenden Linse sehr ähnliche
Hinterleib sitzt an einem kurzen Stiele.



Callimome. Pteromalus. Smicra. Leucospis.
innerhalb vier Wochen, in den überwinternden Puppen bleiben auch die Wespchen, welche ſie bis
zu fünfzig Stück anfüllen. Durch einige Fluglöcher, welche an beliebigen Stellen der Weißlings-,
Blaukantenpuppen und noch einiger anderen, in welchen die Larven leben, genagt werden, kommen
die Schmarotzer zum Vorſchein.

Unter den größeren Arten finden ſich einige ſehr wunderliche Formen, von denen die
Smicra clavipes, welche man vom Mai bis Auguſt beſonders an Schilf antreſſen kann, noch lange
nicht das Aeußerſte leiſtet. Der dicke, lange Stiel rückt den von der Seite zuſammengedrückten,
in der Seitenanſicht halbkreisförmigen, glänzenden Hinterleib
weit vom rauhen Thorax ab. Sonderbar genug nehmen ſich die
Hinterbeine aus mit ihren dicken, unten ſägezähnigen Schenkeln.
Alle Tarſen ſind fünſgliederig, und durch die getrübten Vorder-
flügel ziehen mehr Adern, als bei anderen Familiengenoſſen.
Die ſchwarze Körperfarbe wird an den vorderen Beinen von der
Schenkelwurzel ab und an den ganzen Schenkeln der hinterſten
durch Braunroth verdrängt; die Hintertarſen ſeben weißlich aus.
Zwar nicht dieſe, wohl aber eine zweite, etwas größere und ſeltenere
Art (S. sispes) erzog ich aus einer Puppe der Waffenfliege (Stra-

[Abbildung] Smicra clavipes, ſtark vergrößert.
tiomys), welche im Waſſer lebt, zur Verwandlung aber daſſelbe verläßt und unter benachbarten
Steinen ſich verſteckt. Bei dieſen Wanderungen, die nur langſam von Statten gehen, dürfte das
Weibchen der Smicra ſeine Mutterpflichten erfüllen.

Ein Dickſchenkel ganz anderer Art iſt die nur im ſüdlichen Europa vertretene Gattung
Leucospis, durchaus exotiſch in ihrer äußeren Erſcheinung. Der von den Seiten zuſammengedrückte,
ſitzende Hinterleib wird von vorn nach hinten immer breiter, rundet ſich hier in beinahe ſcharfer,
ſenkrecht ſtehender Vogenlinie ab und trägt beim weiblichen Geſchlecht den Bohrer auf dem Rücken.
An der Bauchſeite des zweiten Segments austretend, legt dieſer ſich dicht um die Hinterleibsſpitze
herum und verbirgt ſich vom vorletzten Segment an in ein Futteral, welches längs des Rückens
bis zur Wurzel des Hinterleibes frei an ihm verläuft. Die getrübten Flügel ſind ähnlich wie bei
der vorigen Art von ein paar verwiſchten Längsadern durchzogen. Der grob punktirte Körper
iſt ſchwarz und gelb, binden- und fleckenartig gezeichnet. Durch die Bildung des Hinterleibes
unterſcheidet ſich übrigens das Männchen weſentlich vom Weibchen, indem derſelbe bei jenem
cylindriſch, das erſte Segment lang, das zweite noch länger iſt und beinahe den ganzen Reſt deſſelben
ausmacht. Eine große Beweglichkeit der beiden vorderen Segmente ermöglicht dem Weibchen bei
der ungewöhnlichen Lage des Bohrers deſſen Gebrauch. Die zahlreichen Arten finden ſich, außer im
ſüdlichen Europa, in Nordafrika und im Orient und ſollen in Wespenneſtern leben.

Die abenteuerlichſten Thierchen unter den Chalcidiern liefern aber die Tropen — ich kenne
nur ſüdamerikaniſche. Da iſt eine Gattung Chirocerus mit langgeſtieltem Hinterleibe, wie unſere
heimiſchen Smiera- oder Eucharis-Arten, aber mit fächerförmiger Fühlergeiſel und zwei mächtig
langen Hörnern, welche von den Seiten des ſehr großen Schildchens ausgehen und beinahe bis zur
Spitze des Hinterleibs reichen. Die Hinterſchenkel ſind hier eben ſo ſchmächtig, wie die vorderen.
Bei Galearia nehmen die Verlängerungen des Schildchens den Charakter horniger Flügeldecken
eines Käfers an und laſſen die wahren Flügel in der Ruhelage nur an der äußerſten Spitze und
in einer ſchmalen Mittelſpalte ſichtbar; der einer auf der ſcharfen Kante ſtehenden Linſe ſehr ähnliche
Hinterleib ſitzt an einem kurzen Stiele.



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[253/0275] Callimome. Pteromalus. Smicra. Leucospis. innerhalb vier Wochen, in den überwinternden Puppen bleiben auch die Wespchen, welche ſie bis zu fünfzig Stück anfüllen. Durch einige Fluglöcher, welche an beliebigen Stellen der Weißlings-, Blaukantenpuppen und noch einiger anderen, in welchen die Larven leben, genagt werden, kommen die Schmarotzer zum Vorſchein. Unter den größeren Arten finden ſich einige ſehr wunderliche Formen, von denen die Smicra clavipes, welche man vom Mai bis Auguſt beſonders an Schilf antreſſen kann, noch lange nicht das Aeußerſte leiſtet. Der dicke, lange Stiel rückt den von der Seite zuſammengedrückten, in der Seitenanſicht halbkreisförmigen, glänzenden Hinterleib weit vom rauhen Thorax ab. Sonderbar genug nehmen ſich die Hinterbeine aus mit ihren dicken, unten ſägezähnigen Schenkeln. Alle Tarſen ſind fünſgliederig, und durch die getrübten Vorder- flügel ziehen mehr Adern, als bei anderen Familiengenoſſen. Die ſchwarze Körperfarbe wird an den vorderen Beinen von der Schenkelwurzel ab und an den ganzen Schenkeln der hinterſten durch Braunroth verdrängt; die Hintertarſen ſeben weißlich aus. Zwar nicht dieſe, wohl aber eine zweite, etwas größere und ſeltenere Art (S. sispes) erzog ich aus einer Puppe der Waffenfliege (Stra- [Abbildung Smicra clavipes, ſtark vergrößert.] tiomys), welche im Waſſer lebt, zur Verwandlung aber daſſelbe verläßt und unter benachbarten Steinen ſich verſteckt. Bei dieſen Wanderungen, die nur langſam von Statten gehen, dürfte das Weibchen der Smicra ſeine Mutterpflichten erfüllen. Ein Dickſchenkel ganz anderer Art iſt die nur im ſüdlichen Europa vertretene Gattung Leucospis, durchaus exotiſch in ihrer äußeren Erſcheinung. Der von den Seiten zuſammengedrückte, ſitzende Hinterleib wird von vorn nach hinten immer breiter, rundet ſich hier in beinahe ſcharfer, ſenkrecht ſtehender Vogenlinie ab und trägt beim weiblichen Geſchlecht den Bohrer auf dem Rücken. An der Bauchſeite des zweiten Segments austretend, legt dieſer ſich dicht um die Hinterleibsſpitze herum und verbirgt ſich vom vorletzten Segment an in ein Futteral, welches längs des Rückens bis zur Wurzel des Hinterleibes frei an ihm verläuft. Die getrübten Flügel ſind ähnlich wie bei der vorigen Art von ein paar verwiſchten Längsadern durchzogen. Der grob punktirte Körper iſt ſchwarz und gelb, binden- und fleckenartig gezeichnet. Durch die Bildung des Hinterleibes unterſcheidet ſich übrigens das Männchen weſentlich vom Weibchen, indem derſelbe bei jenem cylindriſch, das erſte Segment lang, das zweite noch länger iſt und beinahe den ganzen Reſt deſſelben ausmacht. Eine große Beweglichkeit der beiden vorderen Segmente ermöglicht dem Weibchen bei der ungewöhnlichen Lage des Bohrers deſſen Gebrauch. Die zahlreichen Arten finden ſich, außer im ſüdlichen Europa, in Nordafrika und im Orient und ſollen in Wespenneſtern leben. Die abenteuerlichſten Thierchen unter den Chalcidiern liefern aber die Tropen — ich kenne nur ſüdamerikaniſche. Da iſt eine Gattung Chirocerus mit langgeſtieltem Hinterleibe, wie unſere heimiſchen Smiera- oder Eucharis-Arten, aber mit fächerförmiger Fühlergeiſel und zwei mächtig langen Hörnern, welche von den Seiten des ſehr großen Schildchens ausgehen und beinahe bis zur Spitze des Hinterleibs reichen. Die Hinterſchenkel ſind hier eben ſo ſchmächtig, wie die vorderen. Bei Galearia nehmen die Verlängerungen des Schildchens den Charakter horniger Flügeldecken eines Käfers an und laſſen die wahren Flügel in der Ruhelage nur an der äußerſten Spitze und in einer ſchmalen Mittelſpalte ſichtbar; der einer auf der ſcharfen Kante ſtehenden Linſe ſehr ähnliche Hinterleib ſitzt an einem kurzen Stiele.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/275>, abgerufen am 23.11.2024.