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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Hautflügler. Grabwespen.
nicht an den Hinterrändern, sondern in der Mitte der Segmente. Die erste derselben ist in der
Mitte breit unterbrochen, jede folgende verläuft wellenförmig durch zwei Bogenausschnitte nach
vorn und einen mittleren nach hinten. Das Gesicht und die Beine sind gleichfalls vorherrschend gelb
gefärbt. Die hübsche Wespe kommt in ganz Europa vor, aber, wie mir scheint, vereinzelt und
in derselben Gegend nicht alle Jahre. Ende Juni (1857) fand ich an einer freien, sehr dürren
Stelle einer Kiefernschonung in hiesiger Gegend eine Menge von Nestern, welche das starke Summen
der dieselben umkreisenden Wespen verrathen hatte; seitdem habe ich alljährlich dieselbe Stelle
wieder aufgesucht und nie, auch nirgends anders auf meinen Excursionen, eine Bembex zu sehen
bekommen. Die Thiere tragen durch das sehr kräftige Summen und die kreisenden, auf- und
abwogenden Flug-Bewegungen um die Erdlöcher, welche sie für ihre Brut anlegen, mehr als alle
anderen ihres Gleichen den Charakter der Wildheit an sich. Die Nester entstehen in der gewöhnlichen
Weise durch Scharren und Herausschaffen des Sandes und gehen in schräger Richtung tief in das
Erdreich hinab. Ueber die Einrichtung derselben und die Lebensweise ihre Erbauer sprechen sich
die Forscher verschieden aus. Nach Westwood legen mehrere Mütter ihre Eier gemeinsam an das
eingetragene Futter, Dahlbom meint, die langen Röhren verzweigten sich und hätten mehrere Aus-
und Eingänge. Lepeletier gibt an, daß jedem Eie zehn bis zwölf Fliegen zuertheilt, die schrägen
Röhren mit Sand verschlossen und von jedem Weibchen etwa zehn Eier gelegt würden. Bates
endlich fand bei der südamerikanischen B. ciliata in jedem Neste nur ein Ei, wonach also ebenso
viel Nester zu beschaffen wären, als Eier vom Weibchen gelegt werden. Darin stimmen alle überein,
daß die Thiere nur größere Fliegen für die Larven fangen und eintragen. Die erste jener Ansichten
würde den Erfahrungen an allen anderen Mordwespen widersprechen, die übrigen erscheinen mir
glaubwürdiger, ich wage aber nicht zu entscheiden, welche die allein richtige sei, weil mir die eignen
Beobachtungen fehlen. -- Die Bastardwespen leben vorzugsweise in heißen Erdstrichen und ändern
hier zum Theil den Körperbau, so daß sich Latreille veranlaßt fand, eine besondere Gattung unter
dem Namen Monedula davon abzutrennen. Während bei Bembex die Kiefertaster aus vier, die
Lippentaster aus zwei Gliedern bestehen, erhöhen sich hier die Zahlen entsprechend auf sechs und vier,
ferner verengen sich die beiden letzten Unterrandzellen merklich nach vorn. Außer einigen unbe-
deutenderen Verschiedenheiten bilden die beiden hervorgehobenen die Hauptgründe zur Abtrennung.
Von der Monedula signata sagt Bates: "Sie ist für Reisende in den Gegenden Amazoniens, die
von den blutdürstigen "Mutuca" der Eingebornen, Hadans lepidotus der Dipterologen geplagt sind,
eine wahre Wohlthat. Daß sie auf diese Fliege Jagd macht, bemerkte ich zuerst, als ich einmal
an einer Sandbank am Rande des Waldes landete, um mir dort ein Mittagsbrod zu kochen.
Das Jusekt ist so groß wie eine Hornisse, sieht aber einer Wespe sehr ähnlich. Jch stutzte nicht
wenig, als aus der Schaar, welche über uns schwebte, eine gerade auf mein Gesicht flog; sie
hatte eine Mutuca auf meinem Halse erspäht und schoß nun auf diese herab. Sie ergreift die
Fliege mit den vier vorderen Beinen und trägt sie fort, dieselbe zärtlich an ihre Brust drückend."

Der bunte Bienenwolf (Philanthus triangulum) ist ein böser Gesell und bei den Bienen-
vätern übel berüchtigt wegen seiner räuberischen Anfälle auf ihre Pfleglinge. Weil er am
liebsten Honigbienen, aber auch Andrenen, vier bis sechs auf jedes Ei, einträgt, wurde ihm obiger
Name im Deutschen beigelegt. Kühn und gewandt, wie er ist, fällt er wie ein Stößer von oben
über die Bieue her, welche, nichts ahnend, eifrig mit Eintragen beschäftigt ist, wirft sie zu Boden
und hat sie gelähmt, ehe jene sich zur Gegenwehr anschicken kann. Auf der vorletzten Abbildung (S. 227)
sehen wir beim Pelopoeus und der Wegwespe einen solchen Ueberfall. Den Raub unter sich, fliegt er
dann zu Neste. Dasselbe befindet sich ebenfalls in der Erde, in der Nachbarschaft anderer Raub-
nester und der Wohnungen Honig eintragender Bienen. Sandige Hänge, welche die Sonne trifft,
bieten dem aufmerksamen Beobachter die beste Gelegenheit, die Sitten aller dieser Thiere zu
studiren; Herr Schenck traf die Löcher zwischen den Pflastersteinen neuer Anbaue Wiesbadens.

Die Hautflügler. Grabwespen.
nicht an den Hinterrändern, ſondern in der Mitte der Segmente. Die erſte derſelben iſt in der
Mitte breit unterbrochen, jede folgende verläuft wellenförmig durch zwei Bogenausſchnitte nach
vorn und einen mittleren nach hinten. Das Geſicht und die Beine ſind gleichfalls vorherrſchend gelb
gefärbt. Die hübſche Wespe kommt in ganz Europa vor, aber, wie mir ſcheint, vereinzelt und
in derſelben Gegend nicht alle Jahre. Ende Juni (1857) fand ich an einer freien, ſehr dürren
Stelle einer Kiefernſchonung in hieſiger Gegend eine Menge von Neſtern, welche das ſtarke Summen
der dieſelben umkreiſenden Wespen verrathen hatte; ſeitdem habe ich alljährlich dieſelbe Stelle
wieder aufgeſucht und nie, auch nirgends anders auf meinen Excurſionen, eine Bembex zu ſehen
bekommen. Die Thiere tragen durch das ſehr kräftige Summen und die kreiſenden, auf- und
abwogenden Flug-Bewegungen um die Erdlöcher, welche ſie für ihre Brut anlegen, mehr als alle
anderen ihres Gleichen den Charakter der Wildheit an ſich. Die Neſter entſtehen in der gewöhnlichen
Weiſe durch Scharren und Herausſchaffen des Sandes und gehen in ſchräger Richtung tief in das
Erdreich hinab. Ueber die Einrichtung derſelben und die Lebensweiſe ihre Erbauer ſprechen ſich
die Forſcher verſchieden aus. Nach Weſtwood legen mehrere Mütter ihre Eier gemeinſam an das
eingetragene Futter, Dahlbom meint, die langen Röhren verzweigten ſich und hätten mehrere Aus-
und Eingänge. Lepeletier gibt an, daß jedem Eie zehn bis zwölf Fliegen zuertheilt, die ſchrägen
Röhren mit Sand verſchloſſen und von jedem Weibchen etwa zehn Eier gelegt würden. Bates
endlich fand bei der ſüdamerikaniſchen B. ciliata in jedem Neſte nur ein Ei, wonach alſo ebenſo
viel Neſter zu beſchaffen wären, als Eier vom Weibchen gelegt werden. Darin ſtimmen alle überein,
daß die Thiere nur größere Fliegen für die Larven fangen und eintragen. Die erſte jener Anſichten
würde den Erfahrungen an allen anderen Mordwespen widerſprechen, die übrigen erſcheinen mir
glaubwürdiger, ich wage aber nicht zu entſcheiden, welche die allein richtige ſei, weil mir die eignen
Beobachtungen fehlen. — Die Baſtardwespen leben vorzugsweiſe in heißen Erdſtrichen und ändern
hier zum Theil den Körperbau, ſo daß ſich Latreille veranlaßt fand, eine beſondere Gattung unter
dem Namen Monedula davon abzutrennen. Während bei Bembex die Kiefertaſter aus vier, die
Lippentaſter aus zwei Gliedern beſtehen, erhöhen ſich hier die Zahlen entſprechend auf ſechs und vier,
ferner verengen ſich die beiden letzten Unterrandzellen merklich nach vorn. Außer einigen unbe-
deutenderen Verſchiedenheiten bilden die beiden hervorgehobenen die Hauptgründe zur Abtrennung.
Von der Monedula signata ſagt Bates: „Sie iſt für Reiſende in den Gegenden Amazoniens, die
von den blutdürſtigen „Mutúca“ der Eingebornen, Hadans lepidotus der Dipterologen geplagt ſind,
eine wahre Wohlthat. Daß ſie auf dieſe Fliege Jagd macht, bemerkte ich zuerſt, als ich einmal
an einer Sandbank am Rande des Waldes landete, um mir dort ein Mittagsbrod zu kochen.
Das Juſekt iſt ſo groß wie eine Horniſſe, ſieht aber einer Wespe ſehr ähnlich. Jch ſtutzte nicht
wenig, als aus der Schaar, welche über uns ſchwebte, eine gerade auf mein Geſicht flog; ſie
hatte eine Mutúca auf meinem Halſe erſpäht und ſchoß nun auf dieſe herab. Sie ergreift die
Fliege mit den vier vorderen Beinen und trägt ſie fort, dieſelbe zärtlich an ihre Bruſt drückend.“

Der bunte Bienenwolf (Philanthus triangulum) iſt ein böſer Geſell und bei den Bienen-
vätern übel berüchtigt wegen ſeiner räuberiſchen Anfälle auf ihre Pfleglinge. Weil er am
liebſten Honigbienen, aber auch Andrenen, vier bis ſechs auf jedes Ei, einträgt, wurde ihm obiger
Name im Deutſchen beigelegt. Kühn und gewandt, wie er iſt, fällt er wie ein Stößer von oben
über die Bieue her, welche, nichts ahnend, eifrig mit Eintragen beſchäftigt iſt, wirft ſie zu Boden
und hat ſie gelähmt, ehe jene ſich zur Gegenwehr anſchicken kann. Auf der vorletzten Abbildung (S. 227)
ſehen wir beim Pelopoeus und der Wegwespe einen ſolchen Ueberfall. Den Raub unter ſich, fliegt er
dann zu Neſte. Daſſelbe befindet ſich ebenfalls in der Erde, in der Nachbarſchaft anderer Raub-
neſter und der Wohnungen Honig eintragender Bienen. Sandige Hänge, welche die Sonne trifft,
bieten dem aufmerkſamen Beobachter die beſte Gelegenheit, die Sitten aller dieſer Thiere zu
ſtudiren; Herr Schenck traf die Löcher zwiſchen den Pflaſterſteinen neuer Anbaue Wiesbadens.

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[234/0256] Die Hautflügler. Grabwespen. nicht an den Hinterrändern, ſondern in der Mitte der Segmente. Die erſte derſelben iſt in der Mitte breit unterbrochen, jede folgende verläuft wellenförmig durch zwei Bogenausſchnitte nach vorn und einen mittleren nach hinten. Das Geſicht und die Beine ſind gleichfalls vorherrſchend gelb gefärbt. Die hübſche Wespe kommt in ganz Europa vor, aber, wie mir ſcheint, vereinzelt und in derſelben Gegend nicht alle Jahre. Ende Juni (1857) fand ich an einer freien, ſehr dürren Stelle einer Kiefernſchonung in hieſiger Gegend eine Menge von Neſtern, welche das ſtarke Summen der dieſelben umkreiſenden Wespen verrathen hatte; ſeitdem habe ich alljährlich dieſelbe Stelle wieder aufgeſucht und nie, auch nirgends anders auf meinen Excurſionen, eine Bembex zu ſehen bekommen. Die Thiere tragen durch das ſehr kräftige Summen und die kreiſenden, auf- und abwogenden Flug-Bewegungen um die Erdlöcher, welche ſie für ihre Brut anlegen, mehr als alle anderen ihres Gleichen den Charakter der Wildheit an ſich. Die Neſter entſtehen in der gewöhnlichen Weiſe durch Scharren und Herausſchaffen des Sandes und gehen in ſchräger Richtung tief in das Erdreich hinab. Ueber die Einrichtung derſelben und die Lebensweiſe ihre Erbauer ſprechen ſich die Forſcher verſchieden aus. Nach Weſtwood legen mehrere Mütter ihre Eier gemeinſam an das eingetragene Futter, Dahlbom meint, die langen Röhren verzweigten ſich und hätten mehrere Aus- und Eingänge. Lepeletier gibt an, daß jedem Eie zehn bis zwölf Fliegen zuertheilt, die ſchrägen Röhren mit Sand verſchloſſen und von jedem Weibchen etwa zehn Eier gelegt würden. Bates endlich fand bei der ſüdamerikaniſchen B. ciliata in jedem Neſte nur ein Ei, wonach alſo ebenſo viel Neſter zu beſchaffen wären, als Eier vom Weibchen gelegt werden. Darin ſtimmen alle überein, daß die Thiere nur größere Fliegen für die Larven fangen und eintragen. Die erſte jener Anſichten würde den Erfahrungen an allen anderen Mordwespen widerſprechen, die übrigen erſcheinen mir glaubwürdiger, ich wage aber nicht zu entſcheiden, welche die allein richtige ſei, weil mir die eignen Beobachtungen fehlen. — Die Baſtardwespen leben vorzugsweiſe in heißen Erdſtrichen und ändern hier zum Theil den Körperbau, ſo daß ſich Latreille veranlaßt fand, eine beſondere Gattung unter dem Namen Monedula davon abzutrennen. Während bei Bembex die Kiefertaſter aus vier, die Lippentaſter aus zwei Gliedern beſtehen, erhöhen ſich hier die Zahlen entſprechend auf ſechs und vier, ferner verengen ſich die beiden letzten Unterrandzellen merklich nach vorn. Außer einigen unbe- deutenderen Verſchiedenheiten bilden die beiden hervorgehobenen die Hauptgründe zur Abtrennung. Von der Monedula signata ſagt Bates: „Sie iſt für Reiſende in den Gegenden Amazoniens, die von den blutdürſtigen „Mutúca“ der Eingebornen, Hadans lepidotus der Dipterologen geplagt ſind, eine wahre Wohlthat. Daß ſie auf dieſe Fliege Jagd macht, bemerkte ich zuerſt, als ich einmal an einer Sandbank am Rande des Waldes landete, um mir dort ein Mittagsbrod zu kochen. Das Juſekt iſt ſo groß wie eine Horniſſe, ſieht aber einer Wespe ſehr ähnlich. Jch ſtutzte nicht wenig, als aus der Schaar, welche über uns ſchwebte, eine gerade auf mein Geſicht flog; ſie hatte eine Mutúca auf meinem Halſe erſpäht und ſchoß nun auf dieſe herab. Sie ergreift die Fliege mit den vier vorderen Beinen und trägt ſie fort, dieſelbe zärtlich an ihre Bruſt drückend.“ Der bunte Bienenwolf (Philanthus triangulum) iſt ein böſer Geſell und bei den Bienen- vätern übel berüchtigt wegen ſeiner räuberiſchen Anfälle auf ihre Pfleglinge. Weil er am liebſten Honigbienen, aber auch Andrenen, vier bis ſechs auf jedes Ei, einträgt, wurde ihm obiger Name im Deutſchen beigelegt. Kühn und gewandt, wie er iſt, fällt er wie ein Stößer von oben über die Bieue her, welche, nichts ahnend, eifrig mit Eintragen beſchäftigt iſt, wirft ſie zu Boden und hat ſie gelähmt, ehe jene ſich zur Gegenwehr anſchicken kann. Auf der vorletzten Abbildung (S. 227) ſehen wir beim Pelopoeus und der Wegwespe einen ſolchen Ueberfall. Den Raub unter ſich, fliegt er dann zu Neſte. Daſſelbe befindet ſich ebenfalls in der Erde, in der Nachbarſchaft anderer Raub- neſter und der Wohnungen Honig eintragender Bienen. Sandige Hänge, welche die Sonne trifft, bieten dem aufmerkſamen Beobachter die beſte Gelegenheit, die Sitten aller dieſer Thiere zu ſtudiren; Herr Schenck traf die Löcher zwiſchen den Pflaſterſteinen neuer Anbaue Wiesbadens.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/256>, abgerufen am 23.11.2024.