größtentheils zu düngendem Boden. Manche kleine Art der Gattung Leptothorax nagt sich in ähnlicher Weise unter Baumrinde ihre Gänge, oder bezieht alte Galläpfel, in welche das Jnsekt beim Ausschlüpfen den Eingang schon aufertigte. Auf diese und noch andere Weise legen die verschiedenen Arten ihre Nester an, ein und dieselbe weiß sich aber auch nach der Oertlichkeit einzurichten und baut es hier in einer etwas veränderten Gestalt, wie dort, wo die Natur des Baugrundes eine andere war. Der Nässe nicht ausgesetzte Stellen suchen sie indeß immer auf und wandern mitunter aus, wenn sie sich in ihren Erwartungen, eine trockene Wohnung zu finden, getäuscht haben sollten. Jn unseren nördlichen Gegenden kommt es weniger vor, daß Ameisen im Gebälk der Wohnhäuser nisten und Ausgänge nach Küche und Vorrathskammern anlegen; im südlichen Europa und noch mehr in heißen Ländern kennt man diese Plage nur zu gut, und manche ausländische Art ist schon nach Europa verschleppt worden und hat sich besonders in den warmen Gewächshäusern größerer Gärten mißliebig gemacht.
Das Erbauen der Nester nicht nur, sondern auch die häuslichen Geschäfte fallen den Arbeitern anheim, und diese sind, wie wir gleich sehen werden, in Bezug der Fürsorge für die Brut wahrlich nicht geringfügig. Bei den Ameisen, zu welchen eine vierte Art von Jndividuen, die großköpfigen, kräftigeren Soldaten gehören, findet eine gewisse Theilung der Arbeit statt. Diese nämlich zerschroten mit ihrem scharfschneidigem Oberkiefer das Fleisch und die sonst erbeutete Nahrung, die zarter gebauten Arbeiter tragen die kleinen Stückchen als Futter für die Brut nach Hause und werden auf solchen Proviantzügen an der Außenseite ihrer Straße von den Soldaten begleitet, welche bei herannahender Gefahr ihre Schutzwache bilden sollen.
Die Brutpflege erstreckt sich hier auf Eier, Larven und Puppen. Erstere, weiß und sehr klein, werden vom Weibchen auf ein Häufchen in eine Kammer gelegt, von den Arbeitern werden sie beleckt, mit einer ernährenden Feuchtigkeit versehen, in ein oberes Stockwerk des Hauses getragen, wenn es warm wird, oder tiefer geschafft, wenn die Witterung draußen rauh und unfreundlich ist. Dasselbe wiederholt sich mit den Larven. Jeder Sonnenstrahl verursacht einen scheinbaren Aufstand im Neste, eine Umbettung der Kleinen, welche zu ihrem Gedeihen eines bestimmten Grades der Temperatur und Feuchtigkeit bedürfen. Mit der Zunge reichen sie einer jeden Made eine aus ihrem Jnnern vorquellende Süßigkeit und belecken sie, um sie von anhaftenden Erdstäubchen zu reinigen. Bei solch sorgsamer Pflege wachsen sie schnell heran und häuten sich zum ersten Male bei der Verpuppung. Auch die Puppen werden entsprechend den ihnen zukommenden Temperaturverhältnissen hin und her geschleppt, und wer hätte nicht schon gesehen, wie beim Auf- heben eines Steins, unter welchem sie während des Sonnenscheins an der Oberfläche des Baues liegen, die sorgsamen Pflegerinnen sogleich bei der Hand sind, eine ergreifen und eiligst damit im Jnnern der Gänge verschwinden, um sie vor den Störungen von außen zu schützen und in Sicherheit zu bringen.
Soweit die Jahreszeit dem Leben der Jnsekten hold ist, fehlt es in dem Neste der Ameisen nie an Brut, aus welcher Arbeiter entstehen. Junge Weibchen und Männchen erscheinen nur zu gewissen Zeiten, verschieden für die einzelnen Arten, verschieden nach der mittleren Temperatur für ein und dieselbe Art. Einige Wochen halten sie sich verborgen im Jnnern des Nestes. Dann aber begeben sich die geflügelten Geschlechter, besonders an warmen Sommerabenden, an die Oberfläche des Baumes, der Mauer oder des Erdhügels, wo eben das Nest verborgen ist, und tummeln sich in dicht gedrängten Haufen umher, bis Arbeiter erscheinen, sie mit den Zangen erfassen und wieder zurück in das Nest ziehen. Dies währt wohl einige Tage, dann aber setzt sich ein überraschender Auf- tritt, eine Hochzeit der Ameisen in Scene. Man kann dergleichen am häufigsten im August, besonders gegen Abend eines warmen, windstillen Tages beobachten, aber auch früher im Jahre, wie schon erwähnt wurde, denn sie hängt zusammen mit dem Erscheinen der Männchen und Weibchen in jedem Baue. Nichts Menschliches gibt einen Begriff von dem wirbelnden Aufbrausen,
Die Hautflügler. Ameiſen.
größtentheils zu düngendem Boden. Manche kleine Art der Gattung Leptothorax nagt ſich in ähnlicher Weiſe unter Baumrinde ihre Gänge, oder bezieht alte Galläpfel, in welche das Jnſekt beim Ausſchlüpfen den Eingang ſchon aufertigte. Auf dieſe und noch andere Weiſe legen die verſchiedenen Arten ihre Neſter an, ein und dieſelbe weiß ſich aber auch nach der Oertlichkeit einzurichten und baut es hier in einer etwas veränderten Geſtalt, wie dort, wo die Natur des Baugrundes eine andere war. Der Näſſe nicht ausgeſetzte Stellen ſuchen ſie indeß immer auf und wandern mitunter aus, wenn ſie ſich in ihren Erwartungen, eine trockene Wohnung zu finden, getäuſcht haben ſollten. Jn unſeren nördlichen Gegenden kommt es weniger vor, daß Ameiſen im Gebälk der Wohnhäuſer niſten und Ausgänge nach Küche und Vorrathskammern anlegen; im ſüdlichen Europa und noch mehr in heißen Ländern kennt man dieſe Plage nur zu gut, und manche ausländiſche Art iſt ſchon nach Europa verſchleppt worden und hat ſich beſonders in den warmen Gewächshäuſern größerer Gärten mißliebig gemacht.
Das Erbauen der Neſter nicht nur, ſondern auch die häuslichen Geſchäfte fallen den Arbeitern anheim, und dieſe ſind, wie wir gleich ſehen werden, in Bezug der Fürſorge für die Brut wahrlich nicht geringfügig. Bei den Ameiſen, zu welchen eine vierte Art von Jndividuen, die großköpfigen, kräftigeren Soldaten gehören, findet eine gewiſſe Theilung der Arbeit ſtatt. Dieſe nämlich zerſchroten mit ihrem ſcharfſchneidigem Oberkiefer das Fleiſch und die ſonſt erbeutete Nahrung, die zarter gebauten Arbeiter tragen die kleinen Stückchen als Futter für die Brut nach Hauſe und werden auf ſolchen Proviantzügen an der Außenſeite ihrer Straße von den Soldaten begleitet, welche bei herannahender Gefahr ihre Schutzwache bilden ſollen.
Die Brutpflege erſtreckt ſich hier auf Eier, Larven und Puppen. Erſtere, weiß und ſehr klein, werden vom Weibchen auf ein Häufchen in eine Kammer gelegt, von den Arbeitern werden ſie beleckt, mit einer ernährenden Feuchtigkeit verſehen, in ein oberes Stockwerk des Hauſes getragen, wenn es warm wird, oder tiefer geſchafft, wenn die Witterung draußen rauh und unfreundlich iſt. Daſſelbe wiederholt ſich mit den Larven. Jeder Sonnenſtrahl verurſacht einen ſcheinbaren Aufſtand im Neſte, eine Umbettung der Kleinen, welche zu ihrem Gedeihen eines beſtimmten Grades der Temperatur und Feuchtigkeit bedürfen. Mit der Zunge reichen ſie einer jeden Made eine aus ihrem Jnnern vorquellende Süßigkeit und belecken ſie, um ſie von anhaftenden Erdſtäubchen zu reinigen. Bei ſolch ſorgſamer Pflege wachſen ſie ſchnell heran und häuten ſich zum erſten Male bei der Verpuppung. Auch die Puppen werden entſprechend den ihnen zukommenden Temperaturverhältniſſen hin und her geſchleppt, und wer hätte nicht ſchon geſehen, wie beim Auf- heben eines Steins, unter welchem ſie während des Sonnenſcheins an der Oberfläche des Baues liegen, die ſorgſamen Pflegerinnen ſogleich bei der Hand ſind, eine ergreifen und eiligſt damit im Jnnern der Gänge verſchwinden, um ſie vor den Störungen von außen zu ſchützen und in Sicherheit zu bringen.
Soweit die Jahreszeit dem Leben der Jnſekten hold iſt, fehlt es in dem Neſte der Ameiſen nie an Brut, aus welcher Arbeiter entſtehen. Junge Weibchen und Männchen erſcheinen nur zu gewiſſen Zeiten, verſchieden für die einzelnen Arten, verſchieden nach der mittleren Temperatur für ein und dieſelbe Art. Einige Wochen halten ſie ſich verborgen im Jnnern des Neſtes. Dann aber begeben ſich die geflügelten Geſchlechter, beſonders an warmen Sommerabenden, an die Oberfläche des Baumes, der Mauer oder des Erdhügels, wo eben das Neſt verborgen iſt, und tummeln ſich in dicht gedrängten Haufen umher, bis Arbeiter erſcheinen, ſie mit den Zangen erfaſſen und wieder zurück in das Neſt ziehen. Dies währt wohl einige Tage, dann aber ſetzt ſich ein überraſchender Auf- tritt, eine Hochzeit der Ameiſen in Scene. Man kann dergleichen am häufigſten im Auguſt, beſonders gegen Abend eines warmen, windſtillen Tages beobachten, aber auch früher im Jahre, wie ſchon erwähnt wurde, denn ſie hängt zuſammen mit dem Erſcheinen der Männchen und Weibchen in jedem Baue. Nichts Menſchliches gibt einen Begriff von dem wirbelnden Aufbrauſen,
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Die Hautflügler. Ameiſen.
größtentheils zu düngendem Boden. Manche kleine Art der Gattung Leptothorax nagt ſich
in ähnlicher Weiſe unter Baumrinde ihre Gänge, oder bezieht alte Galläpfel, in welche das Jnſekt
beim Ausſchlüpfen den Eingang ſchon aufertigte. Auf dieſe und noch andere Weiſe legen die
verſchiedenen Arten ihre Neſter an, ein und dieſelbe weiß ſich aber auch nach der Oertlichkeit
einzurichten und baut es hier in einer etwas veränderten Geſtalt, wie dort, wo die Natur des
Baugrundes eine andere war. Der Näſſe nicht ausgeſetzte Stellen ſuchen ſie indeß immer auf
und wandern mitunter aus, wenn ſie ſich in ihren Erwartungen, eine trockene Wohnung zu finden,
getäuſcht haben ſollten. Jn unſeren nördlichen Gegenden kommt es weniger vor, daß Ameiſen im
Gebälk der Wohnhäuſer niſten und Ausgänge nach Küche und Vorrathskammern anlegen; im
ſüdlichen Europa und noch mehr in heißen Ländern kennt man dieſe Plage nur zu gut, und manche
ausländiſche Art iſt ſchon nach Europa verſchleppt worden und hat ſich beſonders in den warmen
Gewächshäuſern größerer Gärten mißliebig gemacht.
Das Erbauen der Neſter nicht nur, ſondern auch die häuslichen Geſchäfte fallen den Arbeitern
anheim, und dieſe ſind, wie wir gleich ſehen werden, in Bezug der Fürſorge für die Brut wahrlich
nicht geringfügig. Bei den Ameiſen, zu welchen eine vierte Art von Jndividuen, die großköpfigen,
kräftigeren Soldaten gehören, findet eine gewiſſe Theilung der Arbeit ſtatt. Dieſe nämlich
zerſchroten mit ihrem ſcharfſchneidigem Oberkiefer das Fleiſch und die ſonſt erbeutete Nahrung, die
zarter gebauten Arbeiter tragen die kleinen Stückchen als Futter für die Brut nach Hauſe und
werden auf ſolchen Proviantzügen an der Außenſeite ihrer Straße von den Soldaten begleitet,
welche bei herannahender Gefahr ihre Schutzwache bilden ſollen.
Die Brutpflege erſtreckt ſich hier auf Eier, Larven und Puppen. Erſtere, weiß und ſehr
klein, werden vom Weibchen auf ein Häufchen in eine Kammer gelegt, von den Arbeitern werden
ſie beleckt, mit einer ernährenden Feuchtigkeit verſehen, in ein oberes Stockwerk des Hauſes
getragen, wenn es warm wird, oder tiefer geſchafft, wenn die Witterung draußen rauh und
unfreundlich iſt. Daſſelbe wiederholt ſich mit den Larven. Jeder Sonnenſtrahl verurſacht einen
ſcheinbaren Aufſtand im Neſte, eine Umbettung der Kleinen, welche zu ihrem Gedeihen eines
beſtimmten Grades der Temperatur und Feuchtigkeit bedürfen. Mit der Zunge reichen ſie einer
jeden Made eine aus ihrem Jnnern vorquellende Süßigkeit und belecken ſie, um ſie von anhaftenden
Erdſtäubchen zu reinigen. Bei ſolch ſorgſamer Pflege wachſen ſie ſchnell heran und häuten ſich
zum erſten Male bei der Verpuppung. Auch die Puppen werden entſprechend den ihnen zukommenden
Temperaturverhältniſſen hin und her geſchleppt, und wer hätte nicht ſchon geſehen, wie beim Auf-
heben eines Steins, unter welchem ſie während des Sonnenſcheins an der Oberfläche des Baues
liegen, die ſorgſamen Pflegerinnen ſogleich bei der Hand ſind, eine ergreifen und eiligſt damit im
Jnnern der Gänge verſchwinden, um ſie vor den Störungen von außen zu ſchützen und in
Sicherheit zu bringen.
Soweit die Jahreszeit dem Leben der Jnſekten hold iſt, fehlt es in dem Neſte der Ameiſen
nie an Brut, aus welcher Arbeiter entſtehen. Junge Weibchen und Männchen erſcheinen nur zu
gewiſſen Zeiten, verſchieden für die einzelnen Arten, verſchieden nach der mittleren Temperatur für ein
und dieſelbe Art. Einige Wochen halten ſie ſich verborgen im Jnnern des Neſtes. Dann aber
begeben ſich die geflügelten Geſchlechter, beſonders an warmen Sommerabenden, an die Oberfläche
des Baumes, der Mauer oder des Erdhügels, wo eben das Neſt verborgen iſt, und tummeln ſich
in dicht gedrängten Haufen umher, bis Arbeiter erſcheinen, ſie mit den Zangen erfaſſen und wieder
zurück in das Neſt ziehen. Dies währt wohl einige Tage, dann aber ſetzt ſich ein überraſchender Auf-
tritt, eine Hochzeit der Ameiſen in Scene. Man kann dergleichen am häufigſten im Auguſt,
beſonders gegen Abend eines warmen, windſtillen Tages beobachten, aber auch früher im Jahre,
wie ſchon erwähnt wurde, denn ſie hängt zuſammen mit dem Erſcheinen der Männchen und
Weibchen in jedem Baue. Nichts Menſchliches gibt einen Begriff von dem wirbelnden Aufbrauſen,
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/234>, abgerufen am 25.11.2024.
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