Der Hinterleib besteht aus sechs, beim Männchen aus sieben Segmenten und ist immer in einer Weise gestielt, daß man bei seiner Formbestimmung den Stiel für sich und den Hinterleib für sich, jenen also für ein besonderes Mittelgebilde zu betrachten pflegt. Das Stielchen ist ent- weder ein- oder zweigliederig und bildet im ersteren Falle einen Knoten zwischen dem Hinterrücken und Hinterleibe, oder einen an den Ecken abgerundeten Würfel (Gattung Typhlopone), in der Regel aber sitzt auf seiner Oberseite eine von vorn nach hinten gerichtete, viereckige, gerundete, oben mehr oder weniger ausgeschnittene Querleiste, die Schuppe, in selteneren Fällen drückt es sich in seiner ganzen Fläche von oben nach unten breit (wie bei der Gattung Tapinoma). Bei einem zweigliederigen Stielchen ist das zweite Glied ein kugeliger oder nach den Seiten hin breiterer, das erste ein gestielter Knoten. Der Hinterleib, nur mit einer Ausnahme (Cremastogaster) an seinem Unterrande dem Stielchen angewachsen, hat einen kugeligen, ovalen, länglich elliptischen oder herzförmigen Umriß und schnürt sich nur in seltenen Fällen zwischen zwei Segmenten ein. Bei den Männchen zeigt die letzte Bauchschuppe (Ventralplatte, Afterklappe) besondere Verschiedenheiten und bedeckt die Geschlechtswerkzeuge, wenn dieselben klein sind, oder läßt die oft sehr großen theilweise äußerlich sichtbar werden. Durch diese Genitalien, den kleineren Kopf, längere und dünnere Beine, schmälere Oberkiefern und wegen der um eins vermehrten Gliederzahl an Hinterleib und Fühlergeisel unterscheiden sie sich leicht von ihren Weibchen, sie verlieren auch die Flügel nie, wie diese, wenn sie geschwärmt haben.
Die weiblichen und arbeitenden Ameisen, sehr bissige Thiere, lassen eine kräftige, nach ihnen benannte Säure in die Wunde fließen, und zwar aus der zu diesem Zwecke nach vorn gebogenen Hinterleibsspitze, andere führen, wie die Stechimmen, einen Stachel und wehren sich mit diesem. Jn beiden Fällen erzeugt die der Wunde mitgetheilte Ameisensäure Brennen und schwache Ent- zündung. Die Larven, aus denen die Ameisen entstehen, sind wurmförmig, weiß und haben einen hornigen nach unten gerichteten Kopf mit kräftigen Kinnbacken, Andeutungen von Augen und stimmen überhaupt im Baue mit allen übrigen fußlosen Hymenopterenlarven, sofern dieselben nicht in anderen Jnsekten als Schmarotzer hausen, überein. Die in ein und derselben Kolonie vor- kommenden unterscheiden sich nicht nur in Größe, welche vom Alter bedingt wird, sondern auch von dem Geschlecht, und man nimmt an, daß die Larven der Weibchen und Arbeiter ursprünglich nicht verschieden waren, sondern, wie bei der Honigbiene, erst später durch reichlicheres und besseres Futter verschieden werden. Jede erwachsene Larve spinnt ein längliches, schmuzigweißes oder bräunliches Cocon um sich, wo sie kurze Zeit vor dem Ausschlüpfen des Jmago zu einer gemeiselten Puppe wird. Diese Cocons mit ihrem Jnhalte, bekanntlich ein vortreffliches Futter für viele Stubenvögel, sind es, welche unter der nicht correcten Bezeichnung der "Ameiseneier" sogar einen Handelsartikel bilden. An dem einen stumpfen Ende schimmert ein dunkles Fleckchen durch, die Excremente der Larve. Das Gesagte gilt von fast allen Ameisen, welche auf dem eingliederigen Stielchen eine Schuppe tragen; die mit zweiknotigem Stiele fertigen kein Gespinnst.
Die Kolonien der Ameisen, deren einzelne Jndividuen wohl nicht länger als ein Jahr leben, bestehen trotzdem Jahre lang fort, weil sich der Abgang immer wieder durch neuen Nachwuchs ersetzt; die Arbeiter und fruchtbaren Weibchen verbringen tiefer unten im Baue den Winter in einem gewissen Grade von Erstarrung. Die Anzahl kann eine ungeheuer große sein, in anderen Fällen ist sie nur gering, was sich zum Theil nach dem Aufenthalte richtet. Denselben nehmen sie größtentheils in der Erde, aber auch in hohlen Bäumen, die sie auf höchst eigen- thümliche Weise im Jnnern zerbohren, wie ein Stück vor dem Ameisenhausen in unserm Bilde dies versinnlicht, und anderwärts. Auf Portorico lebt eine Art, von den Eingebornen Comehens genannt, welche gewöhnlich zwischen Baumästen riesengroße Nester, wie Bienenkörbe, anlegen und die zu denselben führenden Straßen überall, an den Aesten, dem Stamme, den Blättern, auf Steinen und dem Erdboden überwölben mit einer gegen Licht und Regen schützenden Decke, welche
Die Hautflügler. Ameiſen.
Der Hinterleib beſteht aus ſechs, beim Männchen aus ſieben Segmenten und iſt immer in einer Weiſe geſtielt, daß man bei ſeiner Formbeſtimmung den Stiel für ſich und den Hinterleib für ſich, jenen alſo für ein beſonderes Mittelgebilde zu betrachten pflegt. Das Stielchen iſt ent- weder ein- oder zweigliederig und bildet im erſteren Falle einen Knoten zwiſchen dem Hinterrücken und Hinterleibe, oder einen an den Ecken abgerundeten Würfel (Gattung Typhlopone), in der Regel aber ſitzt auf ſeiner Oberſeite eine von vorn nach hinten gerichtete, viereckige, gerundete, oben mehr oder weniger ausgeſchnittene Querleiſte, die Schuppe, in ſelteneren Fällen drückt es ſich in ſeiner ganzen Fläche von oben nach unten breit (wie bei der Gattung Tapinoma). Bei einem zweigliederigen Stielchen iſt das zweite Glied ein kugeliger oder nach den Seiten hin breiterer, das erſte ein geſtielter Knoten. Der Hinterleib, nur mit einer Ausnahme (Cremastogaster) an ſeinem Unterrande dem Stielchen angewachſen, hat einen kugeligen, ovalen, länglich elliptiſchen oder herzförmigen Umriß und ſchnürt ſich nur in ſeltenen Fällen zwiſchen zwei Segmenten ein. Bei den Männchen zeigt die letzte Bauchſchuppe (Ventralplatte, Afterklappe) beſondere Verſchiedenheiten und bedeckt die Geſchlechtswerkzeuge, wenn dieſelben klein ſind, oder läßt die oft ſehr großen theilweiſe äußerlich ſichtbar werden. Durch dieſe Genitalien, den kleineren Kopf, längere und dünnere Beine, ſchmälere Oberkiefern und wegen der um eins vermehrten Gliederzahl an Hinterleib und Fühlergeiſel unterſcheiden ſie ſich leicht von ihren Weibchen, ſie verlieren auch die Flügel nie, wie dieſe, wenn ſie geſchwärmt haben.
Die weiblichen und arbeitenden Ameiſen, ſehr biſſige Thiere, laſſen eine kräftige, nach ihnen benannte Säure in die Wunde fließen, und zwar aus der zu dieſem Zwecke nach vorn gebogenen Hinterleibsſpitze, andere führen, wie die Stechimmen, einen Stachel und wehren ſich mit dieſem. Jn beiden Fällen erzeugt die der Wunde mitgetheilte Ameiſenſäure Brennen und ſchwache Ent- zündung. Die Larven, aus denen die Ameiſen entſtehen, ſind wurmförmig, weiß und haben einen hornigen nach unten gerichteten Kopf mit kräftigen Kinnbacken, Andeutungen von Augen und ſtimmen überhaupt im Baue mit allen übrigen fußloſen Hymenopterenlarven, ſofern dieſelben nicht in anderen Jnſekten als Schmarotzer hauſen, überein. Die in ein und derſelben Kolonie vor- kommenden unterſcheiden ſich nicht nur in Größe, welche vom Alter bedingt wird, ſondern auch von dem Geſchlecht, und man nimmt an, daß die Larven der Weibchen und Arbeiter urſprünglich nicht verſchieden waren, ſondern, wie bei der Honigbiene, erſt ſpäter durch reichlicheres und beſſeres Futter verſchieden werden. Jede erwachſene Larve ſpinnt ein längliches, ſchmuzigweißes oder bräunliches Cocon um ſich, wo ſie kurze Zeit vor dem Ausſchlüpfen des Jmago zu einer gemeiſelten Puppe wird. Dieſe Cocons mit ihrem Jnhalte, bekanntlich ein vortreffliches Futter für viele Stubenvögel, ſind es, welche unter der nicht correcten Bezeichnung der „Ameiſeneier“ ſogar einen Handelsartikel bilden. An dem einen ſtumpfen Ende ſchimmert ein dunkles Fleckchen durch, die Excremente der Larve. Das Geſagte gilt von faſt allen Ameiſen, welche auf dem eingliederigen Stielchen eine Schuppe tragen; die mit zweiknotigem Stiele fertigen kein Geſpinnſt.
Die Kolonien der Ameiſen, deren einzelne Jndividuen wohl nicht länger als ein Jahr leben, beſtehen trotzdem Jahre lang fort, weil ſich der Abgang immer wieder durch neuen Nachwuchs erſetzt; die Arbeiter und fruchtbaren Weibchen verbringen tiefer unten im Baue den Winter in einem gewiſſen Grade von Erſtarrung. Die Anzahl kann eine ungeheuer große ſein, in anderen Fällen iſt ſie nur gering, was ſich zum Theil nach dem Aufenthalte richtet. Denſelben nehmen ſie größtentheils in der Erde, aber auch in hohlen Bäumen, die ſie auf höchſt eigen- thümliche Weiſe im Jnnern zerbohren, wie ein Stück vor dem Ameiſenhauſen in unſerm Bilde dies verſinnlicht, und anderwärts. Auf Portorico lebt eine Art, von den Eingebornen Comehens genannt, welche gewöhnlich zwiſchen Baumäſten rieſengroße Neſter, wie Bienenkörbe, anlegen und die zu denſelben führenden Straßen überall, an den Aeſten, dem Stamme, den Blättern, auf Steinen und dem Erdboden überwölben mit einer gegen Licht und Regen ſchützenden Decke, welche
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für ſich, jenen alſo für ein beſonderes Mittelgebilde zu betrachten pflegt. Das Stielchen iſt ent-
weder ein- oder zweigliederig und bildet im erſteren Falle einen Knoten zwiſchen dem Hinterrücken
und Hinterleibe, oder einen an den Ecken abgerundeten Würfel (Gattung Typhlopone), in der
Regel aber ſitzt auf ſeiner Oberſeite eine von vorn nach hinten gerichtete, viereckige, gerundete,
oben mehr oder weniger ausgeſchnittene Querleiſte, die Schuppe, in ſelteneren Fällen drückt es ſich
in ſeiner ganzen Fläche von oben nach unten breit (wie bei der Gattung Tapinoma). Bei
einem zweigliederigen Stielchen iſt das zweite Glied ein kugeliger oder nach den Seiten hin breiterer,
das erſte ein geſtielter Knoten. Der Hinterleib, nur mit einer Ausnahme (Cremastogaster) an
ſeinem Unterrande dem Stielchen angewachſen, hat einen kugeligen, ovalen, länglich elliptiſchen
oder herzförmigen Umriß und ſchnürt ſich nur in ſeltenen Fällen zwiſchen zwei Segmenten ein.
Bei den Männchen zeigt die letzte Bauchſchuppe (Ventralplatte, Afterklappe) beſondere
Verſchiedenheiten und bedeckt die Geſchlechtswerkzeuge, wenn dieſelben klein ſind, oder läßt die oft
ſehr großen theilweiſe äußerlich ſichtbar werden. Durch dieſe Genitalien, den kleineren Kopf,
längere und dünnere Beine, ſchmälere Oberkiefern und wegen der um eins vermehrten Gliederzahl
an Hinterleib und Fühlergeiſel unterſcheiden ſie ſich leicht von ihren Weibchen, ſie verlieren auch
die Flügel nie, wie dieſe, wenn ſie geſchwärmt haben.
Die weiblichen und arbeitenden Ameiſen, ſehr biſſige Thiere, laſſen eine kräftige, nach ihnen
benannte Säure in die Wunde fließen, und zwar aus der zu dieſem Zwecke nach vorn gebogenen
Hinterleibsſpitze, andere führen, wie die Stechimmen, einen Stachel und wehren ſich mit dieſem.
Jn beiden Fällen erzeugt die der Wunde mitgetheilte Ameiſenſäure Brennen und ſchwache Ent-
zündung. Die Larven, aus denen die Ameiſen entſtehen, ſind wurmförmig, weiß und haben einen
hornigen nach unten gerichteten Kopf mit kräftigen Kinnbacken, Andeutungen von Augen und
ſtimmen überhaupt im Baue mit allen übrigen fußloſen Hymenopterenlarven, ſofern dieſelben nicht
in anderen Jnſekten als Schmarotzer hauſen, überein. Die in ein und derſelben Kolonie vor-
kommenden unterſcheiden ſich nicht nur in Größe, welche vom Alter bedingt wird, ſondern auch
von dem Geſchlecht, und man nimmt an, daß die Larven der Weibchen und Arbeiter urſprünglich
nicht verſchieden waren, ſondern, wie bei der Honigbiene, erſt ſpäter durch reichlicheres und
beſſeres Futter verſchieden werden. Jede erwachſene Larve ſpinnt ein längliches, ſchmuzigweißes
oder bräunliches Cocon um ſich, wo ſie kurze Zeit vor dem Ausſchlüpfen des Jmago zu einer
gemeiſelten Puppe wird. Dieſe Cocons mit ihrem Jnhalte, bekanntlich ein vortreffliches Futter
für viele Stubenvögel, ſind es, welche unter der nicht correcten Bezeichnung der „Ameiſeneier“
ſogar einen Handelsartikel bilden. An dem einen ſtumpfen Ende ſchimmert ein dunkles Fleckchen
durch, die Excremente der Larve. Das Geſagte gilt von faſt allen Ameiſen, welche auf dem
eingliederigen Stielchen eine Schuppe tragen; die mit zweiknotigem Stiele fertigen kein Geſpinnſt.
Die Kolonien der Ameiſen, deren einzelne Jndividuen wohl nicht länger als ein Jahr leben,
beſtehen trotzdem Jahre lang fort, weil ſich der Abgang immer wieder durch neuen Nachwuchs
erſetzt; die Arbeiter und fruchtbaren Weibchen verbringen tiefer unten im Baue den Winter in
einem gewiſſen Grade von Erſtarrung. Die Anzahl kann eine ungeheuer große ſein, in
anderen Fällen iſt ſie nur gering, was ſich zum Theil nach dem Aufenthalte richtet. Denſelben
nehmen ſie größtentheils in der Erde, aber auch in hohlen Bäumen, die ſie auf höchſt eigen-
thümliche Weiſe im Jnnern zerbohren, wie ein Stück vor dem Ameiſenhauſen in unſerm Bilde
dies verſinnlicht, und anderwärts. Auf Portorico lebt eine Art, von den Eingebornen Comehens
genannt, welche gewöhnlich zwiſchen Baumäſten rieſengroße Neſter, wie Bienenkörbe, anlegen und
die zu denſelben führenden Straßen überall, an den Aeſten, dem Stamme, den Blättern, auf
Steinen und dem Erdboden überwölben mit einer gegen Licht und Regen ſchützenden Decke, welche
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/230>, abgerufen am 25.11.2024.
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