etwas erhöhten Stelle erwarten sie im Sonnenschein ein herbeifliegendes Männchen, welches nach beendeter Vereinigung matt zu Boden fällt und verendet. Auch die übrigen Glieder der Gemeinde sterben mehr und mehr hin und, wie schon erwähnt, bloß jene im August gebornen, großen Weibchen kommen lebend durch den Winter. Trotz ihres versteckten Aufenthaltes fehlt es den Hummeln keineswegs an Eindringlingen in ihre Nester, der Vögel gar nicht zu gedenken, die sich ihrer Person bemächtigen und sie sogleich verzehren oder an Dornen spießen. Die große Feld- maus, das Wiesel und der Jltis sind die Hauptzerstörer ihrer Nester. Die Maden mehrerer Fliegen- arten (Volucella, Myopa, Conops), der Spinnenameisen (Mutilla) u. a. verzehren die Hummel- larven, leben also als Schmarotzer in den Nestern. Huber erzählt ein artiges Geschichtchen, aus welchem die Gutmüthigkeit der Hummeln und ihr Verhalten zu denen hervorgeht, die sie zu beein- trächtigen suchen. Jn einer Schachtel hatte er unter einem Bienenstocke ein Hummelnest aufgestellt. Zur Zeit großen Mangels hatten einige Bienen das Hummelnest fleißig besucht und entweder die geringen Vorräthe gestohlen oder gebettelt, kurz sie waren alle geworden. Trotzdem arbeiteten die Hummeln unverdrossen fort. Als sie eines Tages heimgekehrt waren, folgten ihnen die Bienen nach und gingen nicht eher davon, bis sie ihnen auch diesen geringen Erwerb abgetrieben hatten. Sie lockten die Hummeln, reichten ihnen ihre Rüssel dar, umzingelten sie und überredeten sie endlich durch diese Künste, den Jnhalt ihrer Honigblase mit ihnen zu theilen. Die Hummeln flogen wieder aus, und bei der Rückkehr fanden sich auch die Bettler wieder ein. Ueber drei Wochen hatte dies Wesen gedauert, als sich auch Wespen in gleicher Absicht wie die Bienen einstellten; das wurde dann doch den Hummeln zu bunt, denn sie kehrten nicht wieder zurück zu ihrem Neste.
Jeder meiner Leser meint vielleicht die Hummeln so weit zu kennen, um vor Verwechselung mit anderen ihres Gleichen gesichert zu sein, der plumpe Körper, die dichte Behaarung, in der Regel schwarz, bisweilen durch rothe oder weiße Binden unterbrochen, seien zu untrügliche Merk- male. Gemach! Jch werde gleich nachher von einigen Hummeln sprechen, welche zwar ebenso aussehen, aber eine ganz andere Lebensweise vollführen, und so gibt es auch Bienen, die der nicht Eingeweihete unfehlbar für Hummeln ausgeben würde. Jch bitte also auf die folgenden charak- teristischen Merkmale achten zu wollen. Die Hummeln stimmen der Hauptsache nach im Körperbau mit den Honigbienen überein, nur mit dem wesentlichen Unterschiede, daß die breiten Hinter- schienen mit zwei Enddornen ausgerüstet sind und die ebenso gestaltete Ferse statt des Zähnchens einen rechtschaffenen, wohl ausgebildeten Fersenhenkel trägt. Das Körbchen an den Hinterbeinen kommt natürlich nur den Weibchen und den Arbeitern zu. Die Zunge ist lang, ausgestreckt, mindestens dem Körper gleich und wird von den beiden ersten Tastergliedern der Lippe wie von einem Rohre eingeschlossen; weil aber die beiden folgenden Glieder dieser als kurze Anhängsel seitwärts stehen, so wird man die Lippentaster als zweigestaltig bezeichnen müssen, die Kieferntaster dagegen sind klein und eingliederig. Auf dem Scheitel stehen die Nebenaugen in gerader Linie. Der Vorderflügel hat dieselbe Zellenzahl, wie bei der Honigbiene, aber die Randzelle ist kürzer und vorn verschmälert, die dritte Unterrandzelle oben schmäler als unten und nach außen bogig begrenzt. Das kleinere und schlankere Männchen erkennt man als solches am besten durch den kleineren Kopf, die längeren Fühler, welche in Folge des kurzen Schaftes kaum gebrochen erscheinen, und am schmäleren Hinterleibe. Den Hinterbeinen fehlen Korb und Fersen- henkel, vielmehr tragen sie an der Außenseite lange Haare. Die Kleinsten unter der ganzen Gesellschaft sind die geschlechtlich verkümmerten Weibchen, welche im übrigen Bau und in der Färbung mit den großen und kleinen Weibchen vollkommen übereinstimmen. Dagegen weichen die Männchen in Bezug auf letztere bisweilen nicht unbedeutend von ihren Weibchen ab. Daher ist es auch gekommen, daß Verwechselungen stattfanden und eine große Verwirrung unter den Namen herrschte; das Zusammenleben in einem und demselben Neste mußte schließlich zur Gewißheit und Verbesserung früher begangener Fehler führen.
Die Hautflügler. Blumenwespen. Schienenſammler.
etwas erhöhten Stelle erwarten ſie im Sonnenſchein ein herbeifliegendes Männchen, welches nach beendeter Vereinigung matt zu Boden fällt und verendet. Auch die übrigen Glieder der Gemeinde ſterben mehr und mehr hin und, wie ſchon erwähnt, bloß jene im Auguſt gebornen, großen Weibchen kommen lebend durch den Winter. Trotz ihres verſteckten Aufenthaltes fehlt es den Hummeln keineswegs an Eindringlingen in ihre Neſter, der Vögel gar nicht zu gedenken, die ſich ihrer Perſon bemächtigen und ſie ſogleich verzehren oder an Dornen ſpießen. Die große Feld- maus, das Wieſel und der Jltis ſind die Hauptzerſtörer ihrer Neſter. Die Maden mehrerer Fliegen- arten (Volucella, Myopa, Conops), der Spinnenameiſen (Mutilla) u. a. verzehren die Hummel- larven, leben alſo als Schmarotzer in den Neſtern. Huber erzählt ein artiges Geſchichtchen, aus welchem die Gutmüthigkeit der Hummeln und ihr Verhalten zu denen hervorgeht, die ſie zu beein- trächtigen ſuchen. Jn einer Schachtel hatte er unter einem Bienenſtocke ein Hummelneſt aufgeſtellt. Zur Zeit großen Mangels hatten einige Bienen das Hummelneſt fleißig beſucht und entweder die geringen Vorräthe geſtohlen oder gebettelt, kurz ſie waren alle geworden. Trotzdem arbeiteten die Hummeln unverdroſſen fort. Als ſie eines Tages heimgekehrt waren, folgten ihnen die Bienen nach und gingen nicht eher davon, bis ſie ihnen auch dieſen geringen Erwerb abgetrieben hatten. Sie lockten die Hummeln, reichten ihnen ihre Rüſſel dar, umzingelten ſie und überredeten ſie endlich durch dieſe Künſte, den Jnhalt ihrer Honigblaſe mit ihnen zu theilen. Die Hummeln flogen wieder aus, und bei der Rückkehr fanden ſich auch die Bettler wieder ein. Ueber drei Wochen hatte dies Weſen gedauert, als ſich auch Wespen in gleicher Abſicht wie die Bienen einſtellten; das wurde dann doch den Hummeln zu bunt, denn ſie kehrten nicht wieder zurück zu ihrem Neſte.
Jeder meiner Leſer meint vielleicht die Hummeln ſo weit zu kennen, um vor Verwechſelung mit anderen ihres Gleichen geſichert zu ſein, der plumpe Körper, die dichte Behaarung, in der Regel ſchwarz, bisweilen durch rothe oder weiße Binden unterbrochen, ſeien zu untrügliche Merk- male. Gemach! Jch werde gleich nachher von einigen Hummeln ſprechen, welche zwar ebenſo ausſehen, aber eine ganz andere Lebensweiſe vollführen, und ſo gibt es auch Bienen, die der nicht Eingeweihete unfehlbar für Hummeln ausgeben würde. Jch bitte alſo auf die folgenden charak- teriſtiſchen Merkmale achten zu wollen. Die Hummeln ſtimmen der Hauptſache nach im Körperbau mit den Honigbienen überein, nur mit dem weſentlichen Unterſchiede, daß die breiten Hinter- ſchienen mit zwei Enddornen ausgerüſtet ſind und die ebenſo geſtaltete Ferſe ſtatt des Zähnchens einen rechtſchaffenen, wohl ausgebildeten Ferſenhenkel trägt. Das Körbchen an den Hinterbeinen kommt natürlich nur den Weibchen und den Arbeitern zu. Die Zunge iſt lang, ausgeſtreckt, mindeſtens dem Körper gleich und wird von den beiden erſten Taſtergliedern der Lippe wie von einem Rohre eingeſchloſſen; weil aber die beiden folgenden Glieder dieſer als kurze Anhängſel ſeitwärts ſtehen, ſo wird man die Lippentaſter als zweigeſtaltig bezeichnen müſſen, die Kieferntaſter dagegen ſind klein und eingliederig. Auf dem Scheitel ſtehen die Nebenaugen in gerader Linie. Der Vorderflügel hat dieſelbe Zellenzahl, wie bei der Honigbiene, aber die Randzelle iſt kürzer und vorn verſchmälert, die dritte Unterrandzelle oben ſchmäler als unten und nach außen bogig begrenzt. Das kleinere und ſchlankere Männchen erkennt man als ſolches am beſten durch den kleineren Kopf, die längeren Fühler, welche in Folge des kurzen Schaftes kaum gebrochen erſcheinen, und am ſchmäleren Hinterleibe. Den Hinterbeinen fehlen Korb und Ferſen- henkel, vielmehr tragen ſie an der Außenſeite lange Haare. Die Kleinſten unter der ganzen Geſellſchaft ſind die geſchlechtlich verkümmerten Weibchen, welche im übrigen Bau und in der Färbung mit den großen und kleinen Weibchen vollkommen übereinſtimmen. Dagegen weichen die Männchen in Bezug auf letztere bisweilen nicht unbedeutend von ihren Weibchen ab. Daher iſt es auch gekommen, daß Verwechſelungen ſtattfanden und eine große Verwirrung unter den Namen herrſchte; das Zuſammenleben in einem und demſelben Neſte mußte ſchließlich zur Gewißheit und Verbeſſerung früher begangener Fehler führen.
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[182/0202]
Die Hautflügler. Blumenwespen. Schienenſammler.
etwas erhöhten Stelle erwarten ſie im Sonnenſchein ein herbeifliegendes Männchen, welches nach
beendeter Vereinigung matt zu Boden fällt und verendet. Auch die übrigen Glieder der Gemeinde
ſterben mehr und mehr hin und, wie ſchon erwähnt, bloß jene im Auguſt gebornen, großen
Weibchen kommen lebend durch den Winter. Trotz ihres verſteckten Aufenthaltes fehlt es den
Hummeln keineswegs an Eindringlingen in ihre Neſter, der Vögel gar nicht zu gedenken, die ſich
ihrer Perſon bemächtigen und ſie ſogleich verzehren oder an Dornen ſpießen. Die große Feld-
maus, das Wieſel und der Jltis ſind die Hauptzerſtörer ihrer Neſter. Die Maden mehrerer Fliegen-
arten (Volucella, Myopa, Conops), der Spinnenameiſen (Mutilla) u. a. verzehren die Hummel-
larven, leben alſo als Schmarotzer in den Neſtern. Huber erzählt ein artiges Geſchichtchen, aus
welchem die Gutmüthigkeit der Hummeln und ihr Verhalten zu denen hervorgeht, die ſie zu beein-
trächtigen ſuchen. Jn einer Schachtel hatte er unter einem Bienenſtocke ein Hummelneſt aufgeſtellt.
Zur Zeit großen Mangels hatten einige Bienen das Hummelneſt fleißig beſucht und entweder die
geringen Vorräthe geſtohlen oder gebettelt, kurz ſie waren alle geworden. Trotzdem arbeiteten die
Hummeln unverdroſſen fort. Als ſie eines Tages heimgekehrt waren, folgten ihnen die Bienen
nach und gingen nicht eher davon, bis ſie ihnen auch dieſen geringen Erwerb abgetrieben hatten.
Sie lockten die Hummeln, reichten ihnen ihre Rüſſel dar, umzingelten ſie und überredeten ſie
endlich durch dieſe Künſte, den Jnhalt ihrer Honigblaſe mit ihnen zu theilen. Die Hummeln
flogen wieder aus, und bei der Rückkehr fanden ſich auch die Bettler wieder ein. Ueber drei
Wochen hatte dies Weſen gedauert, als ſich auch Wespen in gleicher Abſicht wie die Bienen
einſtellten; das wurde dann doch den Hummeln zu bunt, denn ſie kehrten nicht wieder zurück zu
ihrem Neſte.
Jeder meiner Leſer meint vielleicht die Hummeln ſo weit zu kennen, um vor Verwechſelung
mit anderen ihres Gleichen geſichert zu ſein, der plumpe Körper, die dichte Behaarung, in der
Regel ſchwarz, bisweilen durch rothe oder weiße Binden unterbrochen, ſeien zu untrügliche Merk-
male. Gemach! Jch werde gleich nachher von einigen Hummeln ſprechen, welche zwar ebenſo
ausſehen, aber eine ganz andere Lebensweiſe vollführen, und ſo gibt es auch Bienen, die der nicht
Eingeweihete unfehlbar für Hummeln ausgeben würde. Jch bitte alſo auf die folgenden charak-
teriſtiſchen Merkmale achten zu wollen. Die Hummeln ſtimmen der Hauptſache nach im Körperbau
mit den Honigbienen überein, nur mit dem weſentlichen Unterſchiede, daß die breiten Hinter-
ſchienen mit zwei Enddornen ausgerüſtet ſind und die ebenſo geſtaltete Ferſe ſtatt des
Zähnchens einen rechtſchaffenen, wohl ausgebildeten Ferſenhenkel trägt. Das Körbchen an den
Hinterbeinen kommt natürlich nur den Weibchen und den Arbeitern zu. Die Zunge iſt lang,
ausgeſtreckt, mindeſtens dem Körper gleich und wird von den beiden erſten Taſtergliedern der
Lippe wie von einem Rohre eingeſchloſſen; weil aber die beiden folgenden Glieder dieſer als
kurze Anhängſel ſeitwärts ſtehen, ſo wird man die Lippentaſter als zweigeſtaltig bezeichnen
müſſen, die Kieferntaſter dagegen ſind klein und eingliederig. Auf dem Scheitel ſtehen die Nebenaugen
in gerader Linie. Der Vorderflügel hat dieſelbe Zellenzahl, wie bei der Honigbiene, aber die
Randzelle iſt kürzer und vorn verſchmälert, die dritte Unterrandzelle oben ſchmäler als unten und
nach außen bogig begrenzt. Das kleinere und ſchlankere Männchen erkennt man als ſolches am
beſten durch den kleineren Kopf, die längeren Fühler, welche in Folge des kurzen Schaftes kaum
gebrochen erſcheinen, und am ſchmäleren Hinterleibe. Den Hinterbeinen fehlen Korb und Ferſen-
henkel, vielmehr tragen ſie an der Außenſeite lange Haare. Die Kleinſten unter der ganzen
Geſellſchaft ſind die geſchlechtlich verkümmerten Weibchen, welche im übrigen Bau und in der
Färbung mit den großen und kleinen Weibchen vollkommen übereinſtimmen. Dagegen weichen
die Männchen in Bezug auf letztere bisweilen nicht unbedeutend von ihren Weibchen ab. Daher
iſt es auch gekommen, daß Verwechſelungen ſtattfanden und eine große Verwirrung unter den
Namen herrſchte; das Zuſammenleben in einem und demſelben Neſte mußte ſchließlich zur Gewißheit
und Verbeſſerung früher begangener Fehler führen.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/202>, abgerufen am 23.11.2024.
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