Stockbiene. Die Wachszellen der Meliponen sind in der Regel länglich und haben nur an Stellen, wo mehrere so nahe beisammen stehen, daß sie sich berühren, eine annähernd sechseckige Gestalt. Es scheint, daß die alte Welt in den Bienen, ebenso wie in anderen Thierfamilien, bei weitem ausgebildetere Formen hervorgebracht hat, als die Tropenländer der neuen Welt."
"Ein Stock der Melipona fasciata, welchen ich offen sah, enthielt ungefähr zwei Quart wohl- schmeckenden, flüssigen Honigs. Die Bienen, wie schon bemerkt, haben keinen Stachel, aber sie beißen fürchterlich, wenn die Colonien gestört werden. Der Jndianer, welcher den Stock plünderte, war ganz damit bedeckt, namentlich hatten sie es auf sein Haupthaar abgesehen, an welches sie sich zu Hunderten hingen. Jch fand fünfundvierzig Arten dieser Bienen in verschiedenen Theilen des Landes. Die größte war anderthalb Zoll lang, die kleinsten waren außerordentlich klein, manche maßen kaum eine Linie. Diese winzigen Geschöpfe werden wegen ihrer Zudringlichkeit in den Wäldern oft recht lästig: sie setzen sich Einem in das Gesicht und auf die Hände, kriechen überall umher und kommen in Augen, Nase und Mund."
Die unbeholfenen, brummigen Hummeln (Bombus), jene Bären unter den Jnsekten, in unterirdischen Höhlen kunstlos nistend, sind eigentlich nichts gegen die hochgebildeten Bienen in ihren großen Städten, nichts gegen die tyrannischen Wespen und Hornissen in ihren papiernen und pappenen Zwingburgen, und doch bieten ihr einfaches, ländliches Leben, die kleinen Gesellschaften, in denen sie sich zu einander halten, die versteckten Erdhütten, von welchen sie friedlich umschlossen werden, des Poetischen genug, um einer eingehenden Betrachtung gewürdigt zu werden. Jhr Staat, oder vielleicht richtiger gesagt die Familie, ist noch zusammengesetzter, als bei den Honigbienen. Sie besteht aus Männern, großen und kleinen Weibchen und den immerwährenden Jungfrauen, auch hier Arbeiter genannt, aber mit weniger Recht wie dort, weil hier Alle arbeiten. Sie stammen sämmtlich von einer, aber großen Mutter ab, welcher es vergönnt ward, in einem Winkel der elenden Hütte, oder sern von der Geburtsstätte unter Moos, in einem hohlen Baum- stamme etc., den winterlichen Stürmen zu trotzen. Sie birgt im mütterlichen Schooße die ent- wickelungsfähigen Keime der künftigen Nachkommenschaft und erwartet die allgemeine Auferstehung des nächsten Jahres, um den für sie ersten und -- einzigen Frühling zu begrüßen. Auf den Crocus, Weidenkätzchen und den wenigen Erstlingen des jungen Jahres stellt sie sich mit anderen hungrigen Vettern und Basen ein und stimmt in dem fröhlichen Concerte den tiefsten Baß an, welchen keiner der anderen Summer und Brummer und Pfeifer ihr nachsingen kann. Dabei geht die Arbeit rüstig von Statten. Die Arbeit? Sie feiert ja! Feiern und Arbeiten ist bei ihr und Jhresgleichen ein und dasselbe, durch Arbeit wird eben gefeiert. Sie hatte ein verlassenes, altes Nest ausfindig gemacht, oder einen berasten, von Ameisen noch nicht in Anspruch genommenen Maulwurfshügel, einen schlangenförmigen Gang desselben Thieres, ein verfallenes Mauseloch, dem sie im Jnnern, wenn nöthig, die gewünschten Näumlichkeiten selbst verleiht. Je nach der Hummelart wird lieber das eine, oder das andere Plätzchen gewählt, aber alle stimmen dem Wesen nach überein und müssen einen versteckten und bequemen Eingang haben. Hier hinein trägt sie nun den Honigseim, welchen sie reichlich mit Blüthenstaub vermengte, und speichert die Mischung in kunstlosen Häuflein auf. Darin liegt zunächst ein wesentlicher Unterschied zwischen den Hummeln und der Honigbiene. Sie verstehen Nichts von der Baukunst, fertigen keine Zellen für ihre Brut, oder als Vorrathskammern des Honigs. An jenes Häuflein legt die sorgsame Hummel- mutter jetzt einige Eier, fährt fort, jenes zu vergrößern, diese zu vermehren. Durch anhaltend günstige Witterung wird ihre Arbeit beschleunigt, durch das Gegentheil verzögert werden. Sobald die Larven den Eiern entschlüpft sind, fressen sie sich in die Futtermasse hinein und bilden Hohl- räume. Die Wände verdünnen sich mehr und mehr durch ihre Thätigkeit, aber neue Pollenmassen ersetzen von außen die Abgänge im Jnnern. Die Larven, sehr ähnlich denen der Bienen, wachsen schnell heran und spinnen je ein Cocon um sich. Alle diese Cocons, ohne Ordnung neben einander
Die Hantflügler. Blumenwespen. Schienenſammler.
Stockbiene. Die Wachszellen der Meliponen ſind in der Regel länglich und haben nur an Stellen, wo mehrere ſo nahe beiſammen ſtehen, daß ſie ſich berühren, eine annähernd ſechseckige Geſtalt. Es ſcheint, daß die alte Welt in den Bienen, ebenſo wie in anderen Thierfamilien, bei weitem ausgebildetere Formen hervorgebracht hat, als die Tropenländer der neuen Welt.“
„Ein Stock der Melipona fasciata, welchen ich offen ſah, enthielt ungefähr zwei Quart wohl- ſchmeckenden, flüſſigen Honigs. Die Bienen, wie ſchon bemerkt, haben keinen Stachel, aber ſie beißen fürchterlich, wenn die Colonien geſtört werden. Der Jndianer, welcher den Stock plünderte, war ganz damit bedeckt, namentlich hatten ſie es auf ſein Haupthaar abgeſehen, an welches ſie ſich zu Hunderten hingen. Jch fand fünfundvierzig Arten dieſer Bienen in verſchiedenen Theilen des Landes. Die größte war anderthalb Zoll lang, die kleinſten waren außerordentlich klein, manche maßen kaum eine Linie. Dieſe winzigen Geſchöpfe werden wegen ihrer Zudringlichkeit in den Wäldern oft recht läſtig: ſie ſetzen ſich Einem in das Geſicht und auf die Hände, kriechen überall umher und kommen in Augen, Naſe und Mund.“
Die unbeholfenen, brummigen Hummeln (Bombus), jene Bären unter den Jnſekten, in unterirdiſchen Höhlen kunſtlos niſtend, ſind eigentlich nichts gegen die hochgebildeten Bienen in ihren großen Städten, nichts gegen die tyranniſchen Wespen und Horniſſen in ihren papiernen und pappenen Zwingburgen, und doch bieten ihr einfaches, ländliches Leben, die kleinen Geſellſchaften, in denen ſie ſich zu einander halten, die verſteckten Erdhütten, von welchen ſie friedlich umſchloſſen werden, des Poetiſchen genug, um einer eingehenden Betrachtung gewürdigt zu werden. Jhr Staat, oder vielleicht richtiger geſagt die Familie, iſt noch zuſammengeſetzter, als bei den Honigbienen. Sie beſteht aus Männern, großen und kleinen Weibchen und den immerwährenden Jungfrauen, auch hier Arbeiter genannt, aber mit weniger Recht wie dort, weil hier Alle arbeiten. Sie ſtammen ſämmtlich von einer, aber großen Mutter ab, welcher es vergönnt ward, in einem Winkel der elenden Hütte, oder ſern von der Geburtsſtätte unter Moos, in einem hohlen Baum- ſtamme ꝛc., den winterlichen Stürmen zu trotzen. Sie birgt im mütterlichen Schooße die ent- wickelungsfähigen Keime der künftigen Nachkommenſchaft und erwartet die allgemeine Auferſtehung des nächſten Jahres, um den für ſie erſten und — einzigen Frühling zu begrüßen. Auf den Crocus, Weidenkätzchen und den wenigen Erſtlingen des jungen Jahres ſtellt ſie ſich mit anderen hungrigen Vettern und Baſen ein und ſtimmt in dem fröhlichen Concerte den tiefſten Baß an, welchen keiner der anderen Summer und Brummer und Pfeifer ihr nachſingen kann. Dabei geht die Arbeit rüſtig von Statten. Die Arbeit? Sie feiert ja! Feiern und Arbeiten iſt bei ihr und Jhresgleichen ein und daſſelbe, durch Arbeit wird eben gefeiert. Sie hatte ein verlaſſenes, altes Neſt ausfindig gemacht, oder einen beraſten, von Ameiſen noch nicht in Anſpruch genommenen Maulwurfshügel, einen ſchlangenförmigen Gang deſſelben Thieres, ein verfallenes Mauſeloch, dem ſie im Jnnern, wenn nöthig, die gewünſchten Näumlichkeiten ſelbſt verleiht. Je nach der Hummelart wird lieber das eine, oder das andere Plätzchen gewählt, aber alle ſtimmen dem Weſen nach überein und müſſen einen verſteckten und bequemen Eingang haben. Hier hinein trägt ſie nun den Honigſeim, welchen ſie reichlich mit Blüthenſtaub vermengte, und ſpeichert die Miſchung in kunſtloſen Häuflein auf. Darin liegt zunächſt ein weſentlicher Unterſchied zwiſchen den Hummeln und der Honigbiene. Sie verſtehen Nichts von der Baukunſt, fertigen keine Zellen für ihre Brut, oder als Vorrathskammern des Honigs. An jenes Häuflein legt die ſorgſame Hummel- mutter jetzt einige Eier, fährt fort, jenes zu vergrößern, dieſe zu vermehren. Durch anhaltend günſtige Witterung wird ihre Arbeit beſchleunigt, durch das Gegentheil verzögert werden. Sobald die Larven den Eiern entſchlüpft ſind, freſſen ſie ſich in die Futtermaſſe hinein und bilden Hohl- räume. Die Wände verdünnen ſich mehr und mehr durch ihre Thätigkeit, aber neue Pollenmaſſen erſetzen von außen die Abgänge im Jnnern. Die Larven, ſehr ähnlich denen der Bienen, wachſen ſchnell heran und ſpinnen je ein Cocon um ſich. Alle dieſe Cocons, ohne Ordnung neben einander
<TEI><text><body><floatingText><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0200"n="180"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Die Hantflügler. Blumenwespen. Schienenſammler.</hi></fw><lb/>
Stockbiene. Die Wachszellen der Meliponen ſind in der Regel länglich und haben nur an Stellen,<lb/>
wo mehrere ſo nahe beiſammen ſtehen, daß ſie ſich berühren, eine annähernd ſechseckige Geſtalt.<lb/>
Es ſcheint, daß die alte Welt in den Bienen, ebenſo wie in anderen Thierfamilien, bei weitem<lb/>
ausgebildetere Formen hervorgebracht hat, als die Tropenländer der neuen Welt.“</p><lb/><p>„Ein Stock der <hirendition="#aq">Melipona fasciata,</hi> welchen ich offen ſah, enthielt ungefähr zwei Quart wohl-<lb/>ſchmeckenden, flüſſigen Honigs. Die Bienen, wie ſchon bemerkt, haben keinen Stachel, aber ſie<lb/>
beißen fürchterlich, wenn die Colonien geſtört werden. Der Jndianer, welcher den Stock plünderte,<lb/>
war ganz damit bedeckt, namentlich hatten ſie es auf ſein Haupthaar abgeſehen, an welches ſie<lb/>ſich zu Hunderten hingen. Jch fand fünfundvierzig Arten dieſer Bienen in verſchiedenen Theilen<lb/>
des Landes. Die größte war anderthalb Zoll lang, die kleinſten waren außerordentlich klein,<lb/>
manche maßen kaum eine Linie. Dieſe winzigen Geſchöpfe werden wegen ihrer Zudringlichkeit in den<lb/>
Wäldern oft recht läſtig: ſie ſetzen ſich Einem in das Geſicht und auf die Hände, kriechen überall<lb/>
umher und kommen in Augen, Naſe und Mund.“</p><lb/><p>Die unbeholfenen, brummigen <hirendition="#g">Hummeln</hi> (<hirendition="#aq">Bombus</hi>), jene Bären unter den Jnſekten, in<lb/>
unterirdiſchen Höhlen kunſtlos niſtend, ſind eigentlich nichts gegen die hochgebildeten Bienen in<lb/>
ihren großen Städten, nichts gegen die tyranniſchen Wespen und Horniſſen in ihren papiernen und<lb/>
pappenen Zwingburgen, und doch bieten ihr einfaches, ländliches Leben, die kleinen Geſellſchaften, in<lb/>
denen ſie ſich zu einander halten, die verſteckten Erdhütten, von welchen ſie friedlich umſchloſſen<lb/>
werden, des Poetiſchen genug, um einer eingehenden Betrachtung gewürdigt zu werden. Jhr Staat,<lb/>
oder vielleicht richtiger geſagt die Familie, iſt noch zuſammengeſetzter, als bei den Honigbienen.<lb/>
Sie beſteht aus Männern, großen und kleinen Weibchen und den immerwährenden Jungfrauen,<lb/>
auch hier <hirendition="#g">Arbeiter</hi> genannt, aber mit weniger Recht wie dort, weil hier <hirendition="#g">Alle</hi> arbeiten. Sie<lb/>ſtammen ſämmtlich von einer, aber <hirendition="#g">großen</hi> Mutter ab, welcher es vergönnt ward, in einem<lb/>
Winkel der elenden Hütte, oder ſern von der Geburtsſtätte unter Moos, in einem hohlen Baum-<lb/>ſtamme ꝛc., den winterlichen Stürmen zu trotzen. Sie birgt im mütterlichen Schooße die ent-<lb/>
wickelungsfähigen Keime der künftigen Nachkommenſchaft und erwartet die allgemeine Auferſtehung<lb/>
des nächſten Jahres, um den für ſie erſten und — einzigen Frühling zu begrüßen. Auf den<lb/>
Crocus, Weidenkätzchen und den wenigen Erſtlingen des jungen Jahres ſtellt ſie ſich mit anderen<lb/>
hungrigen Vettern und Baſen ein und ſtimmt in dem fröhlichen Concerte den tiefſten Baß an,<lb/>
welchen keiner der anderen Summer und Brummer und Pfeifer ihr nachſingen kann. Dabei geht<lb/>
die Arbeit rüſtig von Statten. Die Arbeit? Sie feiert ja! Feiern und Arbeiten iſt bei ihr und<lb/>
Jhresgleichen ein und daſſelbe, durch Arbeit wird eben gefeiert. Sie hatte ein verlaſſenes, altes<lb/>
Neſt ausfindig gemacht, oder einen beraſten, von Ameiſen noch nicht in Anſpruch genommenen<lb/>
Maulwurfshügel, einen ſchlangenförmigen Gang deſſelben Thieres, ein verfallenes Mauſeloch, dem<lb/>ſie im Jnnern, wenn nöthig, die gewünſchten Näumlichkeiten ſelbſt verleiht. Je nach der Hummelart<lb/>
wird lieber das eine, oder das andere Plätzchen gewählt, aber alle ſtimmen dem Weſen nach<lb/>
überein und müſſen einen verſteckten und bequemen Eingang haben. Hier hinein trägt ſie nun<lb/>
den Honigſeim, welchen ſie reichlich mit Blüthenſtaub vermengte, und ſpeichert die Miſchung in<lb/>
kunſtloſen Häuflein auf. Darin liegt zunächſt ein weſentlicher Unterſchied zwiſchen den Hummeln<lb/>
und der Honigbiene. Sie verſtehen Nichts von der Baukunſt, <hirendition="#g">fertigen keine Zellen</hi> für ihre<lb/>
Brut, oder als Vorrathskammern des Honigs. An jenes Häuflein legt die ſorgſame Hummel-<lb/>
mutter jetzt einige Eier, fährt fort, jenes zu vergrößern, dieſe zu vermehren. Durch anhaltend<lb/>
günſtige Witterung wird ihre Arbeit beſchleunigt, durch das Gegentheil verzögert werden. Sobald<lb/>
die Larven den Eiern entſchlüpft ſind, freſſen ſie ſich in die Futtermaſſe hinein und bilden Hohl-<lb/>
räume. Die Wände verdünnen ſich mehr und mehr durch ihre Thätigkeit, aber neue Pollenmaſſen<lb/>
erſetzen von außen die Abgänge im Jnnern. Die Larven, ſehr ähnlich denen der Bienen, wachſen<lb/>ſchnell heran und ſpinnen je ein Cocon um ſich. Alle dieſe Cocons, ohne Ordnung neben einander<lb/></p></div></div></body></floatingText></body></text></TEI>
[180/0200]
Die Hantflügler. Blumenwespen. Schienenſammler.
Stockbiene. Die Wachszellen der Meliponen ſind in der Regel länglich und haben nur an Stellen,
wo mehrere ſo nahe beiſammen ſtehen, daß ſie ſich berühren, eine annähernd ſechseckige Geſtalt.
Es ſcheint, daß die alte Welt in den Bienen, ebenſo wie in anderen Thierfamilien, bei weitem
ausgebildetere Formen hervorgebracht hat, als die Tropenländer der neuen Welt.“
„Ein Stock der Melipona fasciata, welchen ich offen ſah, enthielt ungefähr zwei Quart wohl-
ſchmeckenden, flüſſigen Honigs. Die Bienen, wie ſchon bemerkt, haben keinen Stachel, aber ſie
beißen fürchterlich, wenn die Colonien geſtört werden. Der Jndianer, welcher den Stock plünderte,
war ganz damit bedeckt, namentlich hatten ſie es auf ſein Haupthaar abgeſehen, an welches ſie
ſich zu Hunderten hingen. Jch fand fünfundvierzig Arten dieſer Bienen in verſchiedenen Theilen
des Landes. Die größte war anderthalb Zoll lang, die kleinſten waren außerordentlich klein,
manche maßen kaum eine Linie. Dieſe winzigen Geſchöpfe werden wegen ihrer Zudringlichkeit in den
Wäldern oft recht läſtig: ſie ſetzen ſich Einem in das Geſicht und auf die Hände, kriechen überall
umher und kommen in Augen, Naſe und Mund.“
Die unbeholfenen, brummigen Hummeln (Bombus), jene Bären unter den Jnſekten, in
unterirdiſchen Höhlen kunſtlos niſtend, ſind eigentlich nichts gegen die hochgebildeten Bienen in
ihren großen Städten, nichts gegen die tyranniſchen Wespen und Horniſſen in ihren papiernen und
pappenen Zwingburgen, und doch bieten ihr einfaches, ländliches Leben, die kleinen Geſellſchaften, in
denen ſie ſich zu einander halten, die verſteckten Erdhütten, von welchen ſie friedlich umſchloſſen
werden, des Poetiſchen genug, um einer eingehenden Betrachtung gewürdigt zu werden. Jhr Staat,
oder vielleicht richtiger geſagt die Familie, iſt noch zuſammengeſetzter, als bei den Honigbienen.
Sie beſteht aus Männern, großen und kleinen Weibchen und den immerwährenden Jungfrauen,
auch hier Arbeiter genannt, aber mit weniger Recht wie dort, weil hier Alle arbeiten. Sie
ſtammen ſämmtlich von einer, aber großen Mutter ab, welcher es vergönnt ward, in einem
Winkel der elenden Hütte, oder ſern von der Geburtsſtätte unter Moos, in einem hohlen Baum-
ſtamme ꝛc., den winterlichen Stürmen zu trotzen. Sie birgt im mütterlichen Schooße die ent-
wickelungsfähigen Keime der künftigen Nachkommenſchaft und erwartet die allgemeine Auferſtehung
des nächſten Jahres, um den für ſie erſten und — einzigen Frühling zu begrüßen. Auf den
Crocus, Weidenkätzchen und den wenigen Erſtlingen des jungen Jahres ſtellt ſie ſich mit anderen
hungrigen Vettern und Baſen ein und ſtimmt in dem fröhlichen Concerte den tiefſten Baß an,
welchen keiner der anderen Summer und Brummer und Pfeifer ihr nachſingen kann. Dabei geht
die Arbeit rüſtig von Statten. Die Arbeit? Sie feiert ja! Feiern und Arbeiten iſt bei ihr und
Jhresgleichen ein und daſſelbe, durch Arbeit wird eben gefeiert. Sie hatte ein verlaſſenes, altes
Neſt ausfindig gemacht, oder einen beraſten, von Ameiſen noch nicht in Anſpruch genommenen
Maulwurfshügel, einen ſchlangenförmigen Gang deſſelben Thieres, ein verfallenes Mauſeloch, dem
ſie im Jnnern, wenn nöthig, die gewünſchten Näumlichkeiten ſelbſt verleiht. Je nach der Hummelart
wird lieber das eine, oder das andere Plätzchen gewählt, aber alle ſtimmen dem Weſen nach
überein und müſſen einen verſteckten und bequemen Eingang haben. Hier hinein trägt ſie nun
den Honigſeim, welchen ſie reichlich mit Blüthenſtaub vermengte, und ſpeichert die Miſchung in
kunſtloſen Häuflein auf. Darin liegt zunächſt ein weſentlicher Unterſchied zwiſchen den Hummeln
und der Honigbiene. Sie verſtehen Nichts von der Baukunſt, fertigen keine Zellen für ihre
Brut, oder als Vorrathskammern des Honigs. An jenes Häuflein legt die ſorgſame Hummel-
mutter jetzt einige Eier, fährt fort, jenes zu vergrößern, dieſe zu vermehren. Durch anhaltend
günſtige Witterung wird ihre Arbeit beſchleunigt, durch das Gegentheil verzögert werden. Sobald
die Larven den Eiern entſchlüpft ſind, freſſen ſie ſich in die Futtermaſſe hinein und bilden Hohl-
räume. Die Wände verdünnen ſich mehr und mehr durch ihre Thätigkeit, aber neue Pollenmaſſen
erſetzen von außen die Abgänge im Jnnern. Die Larven, ſehr ähnlich denen der Bienen, wachſen
ſchnell heran und ſpinnen je ein Cocon um ſich. Alle dieſe Cocons, ohne Ordnung neben einander
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/200>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.