seine Erzählungen Mißtrauen zu setzen. Was er hier mittheilt, mag er in diesem Falle gesehen haben, Regel ist es aber nicht, vielmehr pflegen einige Arbeiter eine zweite Königin, die man unter sie setzt, sofort im dichten Knäul einzuschließen und ohne Weiteres todt zu stechen.
Ein Nachschwarm geht wegen der größeren Leichtigkeit und Beweglichkeit des noch unbefruch- teten Weibchens in der Regel weiter und bedarf immer erhöhter Wachsamkeit von Seiten seines Besitzers. Ohne dessen Beihilfe würde der Schwarm nach einiger Zeit aufbrechen von seinem Sammelplatze, um sich in einem hohlen Baum, in einer Mauerspalte oder sonst wo an geeignetem Orte ein neues Quartier einzurichten. Ja es sind vorher schon einige "Spurbienen" aus- geschickt worden als Fourirschützen, sich nach einer passenden Stelle umzuschauen. Jm Freien geht ein so sich selbst überlassenes Volk schon im Herbst, oder im Winter zu Grunde, doch fehlen die Belege dafür nicht, daß es sich Jahre lang in diesem Zustande der Verwilderung gehalten hat.
Jn sehr seltenen Fällen kommt außer den genannten Schwärmen auch noch ein Jungfern- schwarm vor, wenn nämlich ein zeitiger Nachschwarm sich so schnell stärkt, daß er im Laufe des Sommers einen neuen Schwarm abstoßen kann.
So hätten wir denn gesehen, wie es nach dem regelrechten Verlaufe in einem Bienenstaate zugeht; es kommen aber noch einige Unregelmäßigkeiten dabei vor, die zu interessant sind, um mit Stillschweigen übergangen werden zu dürfen.
Angenommen, es verliere ein Stock durch irgend welche Zufälligkeiten seine Königin, und wegen Mangel an königlicher Brut sind keine Aussichten auf die Erziehung einer neuen. Was geschieht dann? Je nach den Umständen die eine oder die andere von nur zwei gegebenen Mög- lichkeiten. Entweder gibt es noch, wenn das Unglück eintritt, ungedeckelte Brutzellen mit Eiern oder Larven, oder diese sind sämmtlich gedeckelt. Jm ersteren Falle wird in größter Eile eine Zelle mit einem Ei oder einer ganz jungen Made zu einer königlichen umgebaut. Man trägt sie ab, entfernt die darunter liegenden, um Raum zu gewinnen, die runde Form und senkrechte Lage ist im Nu hergestellt. Königliches Futter wird vorgelegt und -- die Anstrengungen waren nicht erfolglos, zur bestimmten Zeit geht ein fruchtbares Weibchen aus dem Umbaue hervor. Jm andern Falle, der dieses Auskunftsmittel ausschließt, weil sämmtliche Zellen schon gedeckelt waren, wird die Sache noch interessanter. Man erhebt eine kräftige, möglichst große Arbeiterin auf den Thron dadurch, daß man sie ihrer Arbeit entbindet, sie hegt und pflegt, gut füttert und ihr alle die Aufmerksamkeiten erweist, wie der gebornen Herrscherin. Bald fängt sie an, Eier zu legen. Durch Ruhe und Pflege entwickeln sich dieselben, sie sind ja bei ihr als verkümmertem Weibchen in der Anlage vorhanden. Doch o weh! es sind ja nur Drohneneier, das befruchtende Element fehlt ihnen. Die daraus hervorgehenden Maden haben keinen Platz in den kleinen Zellen, diese müssen mit einem stark gewölbten Deckel geschlossen werden, darum hat man jene "Buckelbrut" genannt. Ein gleiches Mißgeschick nur männlicher Geburten trifft den Stock, dessen Königin nicht zur Befruchtung gelangte; aber weder sie noch die drohnenbrütige Arbeiterin wird von den Anderen vernachlässigt und geringer geschätzt darum, daß sie ihre Pflichten unverschuldeter Weise nicht in der rechten Art erfüllen können, wie von Einigen behauptet wird.
Der Umstand, daß eine unfruchtbare Arbeiterin oder ein niebefruchtetes Weibchen Eier legen können, aus denen trotzdem Jnsekten entstehen, eine Thatsache, welche man auch noch bei anderen Kerfen, besonders bei einigen Schmetterlingen aus der Sippe der Sackträger beobachtet hat, und die bei den übrigen geselligen Aderflüglern, wie bei Wespen und Ameisen, häufiger vorkommt, als bei der Hausbiene, führte von Siebold unter dem Namen der Parthenogenesis in die Wissenschaft ein, verwarf ihn dabei gleichzeitig für ähnliche, aber verschiedene Verhältnisse, welche bei Blattläusen vorkommen.
Klopft man an einen Stock, welcher seine Königin hat, so vernimmt man ein sofort wieder verschwindendes Aufbrausen, während ein weiselloser einen lange fortdauernden Ton hören läßt;
ſeine Erzählungen Mißtrauen zu ſetzen. Was er hier mittheilt, mag er in dieſem Falle geſehen haben, Regel iſt es aber nicht, vielmehr pflegen einige Arbeiter eine zweite Königin, die man unter ſie ſetzt, ſofort im dichten Knäul einzuſchließen und ohne Weiteres todt zu ſtechen.
Ein Nachſchwarm geht wegen der größeren Leichtigkeit und Beweglichkeit des noch unbefruch- teten Weibchens in der Regel weiter und bedarf immer erhöhter Wachſamkeit von Seiten ſeines Beſitzers. Ohne deſſen Beihilfe würde der Schwarm nach einiger Zeit aufbrechen von ſeinem Sammelplatze, um ſich in einem hohlen Baum, in einer Mauerſpalte oder ſonſt wo an geeignetem Orte ein neues Quartier einzurichten. Ja es ſind vorher ſchon einige „Spurbienen“ aus- geſchickt worden als Fourirſchützen, ſich nach einer paſſenden Stelle umzuſchauen. Jm Freien geht ein ſo ſich ſelbſt überlaſſenes Volk ſchon im Herbſt, oder im Winter zu Grunde, doch fehlen die Belege dafür nicht, daß es ſich Jahre lang in dieſem Zuſtande der Verwilderung gehalten hat.
Jn ſehr ſeltenen Fällen kommt außer den genannten Schwärmen auch noch ein Jungfern- ſchwarm vor, wenn nämlich ein zeitiger Nachſchwarm ſich ſo ſchnell ſtärkt, daß er im Laufe des Sommers einen neuen Schwarm abſtoßen kann.
So hätten wir denn geſehen, wie es nach dem regelrechten Verlaufe in einem Bienenſtaate zugeht; es kommen aber noch einige Unregelmäßigkeiten dabei vor, die zu intereſſant ſind, um mit Stillſchweigen übergangen werden zu dürfen.
Angenommen, es verliere ein Stock durch irgend welche Zufälligkeiten ſeine Königin, und wegen Mangel an königlicher Brut ſind keine Ausſichten auf die Erziehung einer neuen. Was geſchieht dann? Je nach den Umſtänden die eine oder die andere von nur zwei gegebenen Mög- lichkeiten. Entweder gibt es noch, wenn das Unglück eintritt, ungedeckelte Brutzellen mit Eiern oder Larven, oder dieſe ſind ſämmtlich gedeckelt. Jm erſteren Falle wird in größter Eile eine Zelle mit einem Ei oder einer ganz jungen Made zu einer königlichen umgebaut. Man trägt ſie ab, entfernt die darunter liegenden, um Raum zu gewinnen, die runde Form und ſenkrechte Lage iſt im Nu hergeſtellt. Königliches Futter wird vorgelegt und — die Anſtrengungen waren nicht erfolglos, zur beſtimmten Zeit geht ein fruchtbares Weibchen aus dem Umbaue hervor. Jm andern Falle, der dieſes Auskunftsmittel ausſchließt, weil ſämmtliche Zellen ſchon gedeckelt waren, wird die Sache noch intereſſanter. Man erhebt eine kräftige, möglichſt große Arbeiterin auf den Thron dadurch, daß man ſie ihrer Arbeit entbindet, ſie hegt und pflegt, gut füttert und ihr alle die Aufmerkſamkeiten erweiſt, wie der gebornen Herrſcherin. Bald fängt ſie an, Eier zu legen. Durch Ruhe und Pflege entwickeln ſich dieſelben, ſie ſind ja bei ihr als verkümmertem Weibchen in der Anlage vorhanden. Doch o weh! es ſind ja nur Drohneneier, das befruchtende Element fehlt ihnen. Die daraus hervorgehenden Maden haben keinen Platz in den kleinen Zellen, dieſe müſſen mit einem ſtark gewölbten Deckel geſchloſſen werden, darum hat man jene „Buckelbrut“ genannt. Ein gleiches Mißgeſchick nur männlicher Geburten trifft den Stock, deſſen Königin nicht zur Befruchtung gelangte; aber weder ſie noch die drohnenbrütige Arbeiterin wird von den Anderen vernachläſſigt und geringer geſchätzt darum, daß ſie ihre Pflichten unverſchuldeter Weiſe nicht in der rechten Art erfüllen können, wie von Einigen behauptet wird.
Der Umſtand, daß eine unfruchtbare Arbeiterin oder ein niebefruchtetes Weibchen Eier legen können, aus denen trotzdem Jnſekten entſtehen, eine Thatſache, welche man auch noch bei anderen Kerfen, beſonders bei einigen Schmetterlingen aus der Sippe der Sackträger beobachtet hat, und die bei den übrigen geſelligen Aderflüglern, wie bei Wespen und Ameiſen, häufiger vorkommt, als bei der Hausbiene, führte von Siebold unter dem Namen der Parthenogeneſis in die Wiſſenſchaft ein, verwarf ihn dabei gleichzeitig für ähnliche, aber verſchiedene Verhältniſſe, welche bei Blattläuſen vorkommen.
Klopft man an einen Stock, welcher ſeine Königin hat, ſo vernimmt man ein ſofort wieder verſchwindendes Aufbrauſen, während ein weiſelloſer einen lange fortdauernden Ton hören läßt;
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Honigbiene.
ſeine Erzählungen Mißtrauen zu ſetzen. Was er hier mittheilt, mag er in dieſem Falle geſehen
haben, Regel iſt es aber nicht, vielmehr pflegen einige Arbeiter eine zweite Königin, die man
unter ſie ſetzt, ſofort im dichten Knäul einzuſchließen und ohne Weiteres todt zu ſtechen.
Ein Nachſchwarm geht wegen der größeren Leichtigkeit und Beweglichkeit des noch unbefruch-
teten Weibchens in der Regel weiter und bedarf immer erhöhter Wachſamkeit von Seiten ſeines
Beſitzers. Ohne deſſen Beihilfe würde der Schwarm nach einiger Zeit aufbrechen von ſeinem
Sammelplatze, um ſich in einem hohlen Baum, in einer Mauerſpalte oder ſonſt wo an geeignetem
Orte ein neues Quartier einzurichten. Ja es ſind vorher ſchon einige „Spurbienen“ aus-
geſchickt worden als Fourirſchützen, ſich nach einer paſſenden Stelle umzuſchauen. Jm Freien
geht ein ſo ſich ſelbſt überlaſſenes Volk ſchon im Herbſt, oder im Winter zu Grunde, doch fehlen
die Belege dafür nicht, daß es ſich Jahre lang in dieſem Zuſtande der Verwilderung gehalten hat.
Jn ſehr ſeltenen Fällen kommt außer den genannten Schwärmen auch noch ein Jungfern-
ſchwarm vor, wenn nämlich ein zeitiger Nachſchwarm ſich ſo ſchnell ſtärkt, daß er im Laufe des
Sommers einen neuen Schwarm abſtoßen kann.
So hätten wir denn geſehen, wie es nach dem regelrechten Verlaufe in einem Bienenſtaate
zugeht; es kommen aber noch einige Unregelmäßigkeiten dabei vor, die zu intereſſant ſind, um
mit Stillſchweigen übergangen werden zu dürfen.
Angenommen, es verliere ein Stock durch irgend welche Zufälligkeiten ſeine Königin, und
wegen Mangel an königlicher Brut ſind keine Ausſichten auf die Erziehung einer neuen. Was
geſchieht dann? Je nach den Umſtänden die eine oder die andere von nur zwei gegebenen Mög-
lichkeiten. Entweder gibt es noch, wenn das Unglück eintritt, ungedeckelte Brutzellen mit Eiern
oder Larven, oder dieſe ſind ſämmtlich gedeckelt. Jm erſteren Falle wird in größter Eile eine
Zelle mit einem Ei oder einer ganz jungen Made zu einer königlichen umgebaut. Man trägt ſie ab,
entfernt die darunter liegenden, um Raum zu gewinnen, die runde Form und ſenkrechte Lage iſt
im Nu hergeſtellt. Königliches Futter wird vorgelegt und — die Anſtrengungen waren nicht
erfolglos, zur beſtimmten Zeit geht ein fruchtbares Weibchen aus dem Umbaue hervor. Jm
andern Falle, der dieſes Auskunftsmittel ausſchließt, weil ſämmtliche Zellen ſchon gedeckelt waren,
wird die Sache noch intereſſanter. Man erhebt eine kräftige, möglichſt große Arbeiterin auf den
Thron dadurch, daß man ſie ihrer Arbeit entbindet, ſie hegt und pflegt, gut füttert und ihr alle
die Aufmerkſamkeiten erweiſt, wie der gebornen Herrſcherin. Bald fängt ſie an, Eier zu legen.
Durch Ruhe und Pflege entwickeln ſich dieſelben, ſie ſind ja bei ihr als verkümmertem Weibchen
in der Anlage vorhanden. Doch o weh! es ſind ja nur Drohneneier, das befruchtende Element
fehlt ihnen. Die daraus hervorgehenden Maden haben keinen Platz in den kleinen Zellen, dieſe
müſſen mit einem ſtark gewölbten Deckel geſchloſſen werden, darum hat man jene „Buckelbrut“
genannt. Ein gleiches Mißgeſchick nur männlicher Geburten trifft den Stock, deſſen Königin
nicht zur Befruchtung gelangte; aber weder ſie noch die drohnenbrütige Arbeiterin wird von den
Anderen vernachläſſigt und geringer geſchätzt darum, daß ſie ihre Pflichten unverſchuldeter Weiſe
nicht in der rechten Art erfüllen können, wie von Einigen behauptet wird.
Der Umſtand, daß eine unfruchtbare Arbeiterin oder ein niebefruchtetes Weibchen Eier legen
können, aus denen trotzdem Jnſekten entſtehen, eine Thatſache, welche man auch noch bei anderen
Kerfen, beſonders bei einigen Schmetterlingen aus der Sippe der Sackträger beobachtet hat, und
die bei den übrigen geſelligen Aderflüglern, wie bei Wespen und Ameiſen, häufiger vorkommt,
als bei der Hausbiene, führte von Siebold unter dem Namen der Parthenogeneſis
in die Wiſſenſchaft ein, verwarf ihn dabei gleichzeitig für ähnliche, aber verſchiedene Verhältniſſe,
welche bei Blattläuſen vorkommen.
Klopft man an einen Stock, welcher ſeine Königin hat, ſo vernimmt man ein ſofort wieder
verſchwindendes Aufbrauſen, während ein weiſelloſer einen lange fortdauernden Ton hören läßt;
Taſchenberg, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben VI.) 12
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/197>, abgerufen am 23.11.2024.
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