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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Käfer. Tetrameren. Blattkäfer.
Namen gab, und an welchem seine Larve bedeutende Verwüstungen anrichten kann, sondern an
sehr verschiedenen anderen Gewächsen. Jch beobachtete seine Lebensweise an den Winter-Oelsaaten
und will sie in der Kürze erzählen. Jm ersten Frühjahre, wenn die überwinterten Pflanzen
beginnen, neue Lebenszeichen von sich zu geben, bemerkt man einzelne oder zahlreiche Exemplare,
deren noch kurzer Stengel mit seinen Blättern gebräunt, statt grün aussieht, oder da, wo der
[Abbildung] Der Raps-Erdfloh (Psylliodes
chrysocephala
) mit Larve.
Hauptstengel ganz fehlt und durch kümmerliche Nebentriebe er-
setzt wird, die Blätterrosette gleichfalls von brauner Färbung.
Bei näherer Untersuchung finden sich dort im Stengel, hier im
Jnnern des Wurzelstocks 3/4 bis 23/4 Linien lange Larven, bis sechs
an Zahl. Viele Wochen später, wenn die Hauptblüthe vorüber und
die Schoten so angesetzt haben, daß sie eine reichliche Ernte versprechen,
trifft man dieselben Larven immer noch, aber größer und höher
oben, am sichersten in umgeknickten Stengeln, deren Zahl sich mit-
unter so mehrt, daß die Felder den traurigen Anblick bieten, als
wenn Menschen oder Vieh rücksichtslos darin umhergelaufen wären.
Jn dergleichen Stengeln haben die Larven nach und nach das Mark
verzehrt und sie widerstandslos gegen den Wind gemacht. Stellenweise, besonders unter den Aesten,
bemerkt man auch Löcher, aus denen sich die zur Verpuppung reifen herausfraßen. Die in Rede
stehende Larve ist schmuzig weiß, schwach niedergedrückt, sechsbeinig, der hornige Kopf, das hornige
Nackenschild und das schräg abgedachte, am Hinterrande gerundete, vor ihm mit zwei Dornspitzchen
bewehrte Afterglied sind gebräunt, und eine lichtere, braune Farbe führen auch die Hornfleckchen,
welche reihenweise über die dazwischenliegenden Körperglieder gehen. Am Kopfe unterscheidet man
deutlich kurze, kegelförmige Fühler, je ein Auge dahinter und drei Zähne an der Spitze der
kräftigen Kinnbacken. Erwachsen hat die Larve eine Länge von 31/4 Linie, verläßt den Stengel
und verwandelt sich in der Erde, ohne ein Cocon zu spinnen. Ungefähr von Mitte Mai an
zeigt sich der Käfer, der, wie bereits erwähnt, an den verschiedensten, nicht blos kohlartigen oder
schotenfrüchtigen Pflanzen angetroffen wird. Seine Körpertracht und die Einlenkung der Hinter-
füße vor der Spitze der Schienen zeigt die Abbildung; zur weitern Bezeichnung seiner Persön-
lichkeit sei hinzugefügt, daß am schwarzblau oder schwarzgrün glänzenden Körper die Vorderhälfte
des Kopfes, selten die ganze Fläche desselben, die Wurzel der Fühler und die Beine mit Ausnahme
der Hinterschenkel, die der Vorder- und Mittelbeine in der Regel etwas dunkler als die zuge-
hörigen Schienen, rothgelb gefärbt sind. Die Stirn ist glatt, ohne Eindrücke, das Halsschild sehr
fein und seicht punktirt, die Flügeldecken dagegen deutlich punktstreifig. Wenn die Wintersaat
der Oelfrüchte aufgegangen ist, stellen sich die Käser ein, um zu fressen und an die Blätter die
Eier einzeln abzulegen, was Wochen lang fortgesetzt wird; denn die nach der Ueberwinterung in so
verschiedenen Größen angetrossenen Larven beweisen die großen Zwischenräume zwischen ihren
Geburtstagen. Nach etwa vierzehn Tagen kommt die Larve daraus hervor, frißt sich in die
Mittelrippe und arbeitet sich von da weiter in das Herz der jungen Pflanze. Der Käfer hatte
seine Bestimmung erfüllt und starb vor Winters; ich fand von dieser Art nie einen in den
gewöhnlichen Schlupfwinkeln für die kleinen winterlichen Schläfer.

Der Kohl-Erdfloh (Haltica oleracea) richtet seine Lebensökonomie wieder anders ein.
Er überwintert, paart sich im Frühjahre, und die Weibchen legen ihre Eier an die verschiedensten
Pflanzen, an welchen die Larve nachher äußerlich lebt. Jch fand sie beispielsweise in Menge an
dem schmalblättrigen Weidenröschen (Epilobium angustifolium). Sie ist grauschwarz von Farbe
und igelborstig. Am glänzend schwarzen Kopfe erkennt man die kegelförmigen Fühler, je ein
einfaches Auge dahinter. Die Mundtheile stimmen mit denen der vorigen. Auf sämmtlichen
Ringen stehen je zwei Reihen erhabener Warzen, von welchen jede mit einem Borstenhaar
versehen ist. Auf diese Weise stellt sich der Rücken, wenn man ihn von der Seite sieht, regelmäßig

Die Käfer. Tetrameren. Blattkäfer.
Namen gab, und an welchem ſeine Larve bedeutende Verwüſtungen anrichten kann, ſondern an
ſehr verſchiedenen anderen Gewächſen. Jch beobachtete ſeine Lebensweiſe an den Winter-Oelſaaten
und will ſie in der Kürze erzählen. Jm erſten Frühjahre, wenn die überwinterten Pflanzen
beginnen, neue Lebenszeichen von ſich zu geben, bemerkt man einzelne oder zahlreiche Exemplare,
deren noch kurzer Stengel mit ſeinen Blättern gebräunt, ſtatt grün ausſieht, oder da, wo der
[Abbildung] Der Raps-Erdfloh (Psylliodes
chrysocephala
) mit Larve.
Hauptſtengel ganz fehlt und durch kümmerliche Nebentriebe er-
ſetzt wird, die Blätterroſette gleichfalls von brauner Färbung.
Bei näherer Unterſuchung finden ſich dort im Stengel, hier im
Jnnern des Wurzelſtocks ¾ bis 2¾ Linien lange Larven, bis ſechs
an Zahl. Viele Wochen ſpäter, wenn die Hauptblüthe vorüber und
die Schoten ſo angeſetzt haben, daß ſie eine reichliche Ernte verſprechen,
trifft man dieſelben Larven immer noch, aber größer und höher
oben, am ſicherſten in umgeknickten Stengeln, deren Zahl ſich mit-
unter ſo mehrt, daß die Felder den traurigen Anblick bieten, als
wenn Menſchen oder Vieh rückſichtslos darin umhergelaufen wären.
Jn dergleichen Stengeln haben die Larven nach und nach das Mark
verzehrt und ſie widerſtandslos gegen den Wind gemacht. Stellenweiſe, beſonders unter den Aeſten,
bemerkt man auch Löcher, aus denen ſich die zur Verpuppung reifen herausfraßen. Die in Rede
ſtehende Larve iſt ſchmuzig weiß, ſchwach niedergedrückt, ſechsbeinig, der hornige Kopf, das hornige
Nackenſchild und das ſchräg abgedachte, am Hinterrande gerundete, vor ihm mit zwei Dornſpitzchen
bewehrte Afterglied ſind gebräunt, und eine lichtere, braune Farbe führen auch die Hornfleckchen,
welche reihenweiſe über die dazwiſchenliegenden Körperglieder gehen. Am Kopfe unterſcheidet man
deutlich kurze, kegelförmige Fühler, je ein Auge dahinter und drei Zähne an der Spitze der
kräftigen Kinnbacken. Erwachſen hat die Larve eine Länge von 3¼ Linie, verläßt den Stengel
und verwandelt ſich in der Erde, ohne ein Cocon zu ſpinnen. Ungefähr von Mitte Mai an
zeigt ſich der Käfer, der, wie bereits erwähnt, an den verſchiedenſten, nicht blos kohlartigen oder
ſchotenfrüchtigen Pflanzen angetroffen wird. Seine Körpertracht und die Einlenkung der Hinter-
füße vor der Spitze der Schienen zeigt die Abbildung; zur weitern Bezeichnung ſeiner Perſön-
lichkeit ſei hinzugefügt, daß am ſchwarzblau oder ſchwarzgrün glänzenden Körper die Vorderhälfte
des Kopfes, ſelten die ganze Fläche deſſelben, die Wurzel der Fühler und die Beine mit Ausnahme
der Hinterſchenkel, die der Vorder- und Mittelbeine in der Regel etwas dunkler als die zuge-
hörigen Schienen, rothgelb gefärbt ſind. Die Stirn iſt glatt, ohne Eindrücke, das Halsſchild ſehr
fein und ſeicht punktirt, die Flügeldecken dagegen deutlich punktſtreifig. Wenn die Winterſaat
der Oelfrüchte aufgegangen iſt, ſtellen ſich die Käſer ein, um zu freſſen und an die Blätter die
Eier einzeln abzulegen, was Wochen lang fortgeſetzt wird; denn die nach der Ueberwinterung in ſo
verſchiedenen Größen angetroſſenen Larven beweiſen die großen Zwiſchenräume zwiſchen ihren
Geburtstagen. Nach etwa vierzehn Tagen kommt die Larve daraus hervor, frißt ſich in die
Mittelrippe und arbeitet ſich von da weiter in das Herz der jungen Pflanze. Der Käfer hatte
ſeine Beſtimmung erfüllt und ſtarb vor Winters; ich fand von dieſer Art nie einen in den
gewöhnlichen Schlupfwinkeln für die kleinen winterlichen Schläfer.

Der Kohl-Erdfloh (Haltica oleracea) richtet ſeine Lebensökonomie wieder anders ein.
Er überwintert, paart ſich im Frühjahre, und die Weibchen legen ihre Eier an die verſchiedenſten
Pflanzen, an welchen die Larve nachher äußerlich lebt. Jch fand ſie beiſpielsweiſe in Menge an
dem ſchmalblättrigen Weidenröschen (Epilobium angustifolium). Sie iſt grauſchwarz von Farbe
und igelborſtig. Am glänzend ſchwarzen Kopfe erkennt man die kegelförmigen Fühler, je ein
einfaches Auge dahinter. Die Mundtheile ſtimmen mit denen der vorigen. Auf ſämmtlichen
Ringen ſtehen je zwei Reihen erhabener Warzen, von welchen jede mit einem Borſtenhaar
verſehen iſt. Auf dieſe Weiſe ſtellt ſich der Rücken, wenn man ihn von der Seite ſieht, regelmäßig

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[152/0170] Die Käfer. Tetrameren. Blattkäfer. Namen gab, und an welchem ſeine Larve bedeutende Verwüſtungen anrichten kann, ſondern an ſehr verſchiedenen anderen Gewächſen. Jch beobachtete ſeine Lebensweiſe an den Winter-Oelſaaten und will ſie in der Kürze erzählen. Jm erſten Frühjahre, wenn die überwinterten Pflanzen beginnen, neue Lebenszeichen von ſich zu geben, bemerkt man einzelne oder zahlreiche Exemplare, deren noch kurzer Stengel mit ſeinen Blättern gebräunt, ſtatt grün ausſieht, oder da, wo der [Abbildung Der Raps-Erdfloh (Psylliodes chrysocephala) mit Larve.] Hauptſtengel ganz fehlt und durch kümmerliche Nebentriebe er- ſetzt wird, die Blätterroſette gleichfalls von brauner Färbung. Bei näherer Unterſuchung finden ſich dort im Stengel, hier im Jnnern des Wurzelſtocks ¾ bis 2¾ Linien lange Larven, bis ſechs an Zahl. Viele Wochen ſpäter, wenn die Hauptblüthe vorüber und die Schoten ſo angeſetzt haben, daß ſie eine reichliche Ernte verſprechen, trifft man dieſelben Larven immer noch, aber größer und höher oben, am ſicherſten in umgeknickten Stengeln, deren Zahl ſich mit- unter ſo mehrt, daß die Felder den traurigen Anblick bieten, als wenn Menſchen oder Vieh rückſichtslos darin umhergelaufen wären. Jn dergleichen Stengeln haben die Larven nach und nach das Mark verzehrt und ſie widerſtandslos gegen den Wind gemacht. Stellenweiſe, beſonders unter den Aeſten, bemerkt man auch Löcher, aus denen ſich die zur Verpuppung reifen herausfraßen. Die in Rede ſtehende Larve iſt ſchmuzig weiß, ſchwach niedergedrückt, ſechsbeinig, der hornige Kopf, das hornige Nackenſchild und das ſchräg abgedachte, am Hinterrande gerundete, vor ihm mit zwei Dornſpitzchen bewehrte Afterglied ſind gebräunt, und eine lichtere, braune Farbe führen auch die Hornfleckchen, welche reihenweiſe über die dazwiſchenliegenden Körperglieder gehen. Am Kopfe unterſcheidet man deutlich kurze, kegelförmige Fühler, je ein Auge dahinter und drei Zähne an der Spitze der kräftigen Kinnbacken. Erwachſen hat die Larve eine Länge von 3¼ Linie, verläßt den Stengel und verwandelt ſich in der Erde, ohne ein Cocon zu ſpinnen. Ungefähr von Mitte Mai an zeigt ſich der Käfer, der, wie bereits erwähnt, an den verſchiedenſten, nicht blos kohlartigen oder ſchotenfrüchtigen Pflanzen angetroffen wird. Seine Körpertracht und die Einlenkung der Hinter- füße vor der Spitze der Schienen zeigt die Abbildung; zur weitern Bezeichnung ſeiner Perſön- lichkeit ſei hinzugefügt, daß am ſchwarzblau oder ſchwarzgrün glänzenden Körper die Vorderhälfte des Kopfes, ſelten die ganze Fläche deſſelben, die Wurzel der Fühler und die Beine mit Ausnahme der Hinterſchenkel, die der Vorder- und Mittelbeine in der Regel etwas dunkler als die zuge- hörigen Schienen, rothgelb gefärbt ſind. Die Stirn iſt glatt, ohne Eindrücke, das Halsſchild ſehr fein und ſeicht punktirt, die Flügeldecken dagegen deutlich punktſtreifig. Wenn die Winterſaat der Oelfrüchte aufgegangen iſt, ſtellen ſich die Käſer ein, um zu freſſen und an die Blätter die Eier einzeln abzulegen, was Wochen lang fortgeſetzt wird; denn die nach der Ueberwinterung in ſo verſchiedenen Größen angetroſſenen Larven beweiſen die großen Zwiſchenräume zwiſchen ihren Geburtstagen. Nach etwa vierzehn Tagen kommt die Larve daraus hervor, frißt ſich in die Mittelrippe und arbeitet ſich von da weiter in das Herz der jungen Pflanze. Der Käfer hatte ſeine Beſtimmung erfüllt und ſtarb vor Winters; ich fand von dieſer Art nie einen in den gewöhnlichen Schlupfwinkeln für die kleinen winterlichen Schläfer. Der Kohl-Erdfloh (Haltica oleracea) richtet ſeine Lebensökonomie wieder anders ein. Er überwintert, paart ſich im Frühjahre, und die Weibchen legen ihre Eier an die verſchiedenſten Pflanzen, an welchen die Larve nachher äußerlich lebt. Jch fand ſie beiſpielsweiſe in Menge an dem ſchmalblättrigen Weidenröschen (Epilobium angustifolium). Sie iſt grauſchwarz von Farbe und igelborſtig. Am glänzend ſchwarzen Kopfe erkennt man die kegelförmigen Fühler, je ein einfaches Auge dahinter. Die Mundtheile ſtimmen mit denen der vorigen. Auf ſämmtlichen Ringen ſtehen je zwei Reihen erhabener Warzen, von welchen jede mit einem Borſtenhaar verſehen iſt. Auf dieſe Weiſe ſtellt ſich der Rücken, wenn man ihn von der Seite ſieht, regelmäßig

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/170>, abgerufen am 23.11.2024.