Bewohner von Höhlen sind, wie sie in Krain und Kärnthen vorkommen, oder in Kentucky, als Mammuthshöhlen bekannt.
Der wichtigste Theil, nicht nur für das Jnsekt selbst, sondern auch für den systematisirenden Entomologen sind die vorn am Kopfe angebrachten Mundtheile. Von ihnen entlehnt der letztere trotz ihrer subtilen Natur wichtige Kennzeichen, und auch uns kann es nicht erlassen werden, die- selben etwas genauer in die Augen zu fassen. Darum muthig an's Werk unter Anleitung der beistehenden Figuren, in welchen dieselben Buchstaben durchweg dieselben Theile bezeichnen.
Diese aber, insofern sie einen vollständig entwickelten Mund zusammensetzen, sind folgende: Oberlippe, Unterlippe mit der Zunge und den Tastern, Oberkiefer, Unterkiefer und deren Taster.
Die Oberlippe, Lefze (labrum o Fig. 1 u. 9) stellt gewöhnlich ein bewegliches, festes Stück dar, welches mit seiner Wurzel am Vorderrande des Kopfes, dem sogenannten Kopf-
[Abbildung]
1. Kopf der Honighiene von vorn; 2. der Erdhummel von unten; 3 Mundtheile der Audrenn labialis; 4. der Cimbex variabilis; 5. Kopf des Procrustes coriaceus von unten; 6. Rechte Unterkieferhälfte von Cicindula campestris; 7. dieselbe von Staphylinus olons; 8. dieselbe von Locusta vlridissimu; 9. Kopf von Tetigonia oral von vorn; 10. Kopf eines Tagschmetterlings: 11. Rüssel von Tachina grossa. Alle Figuren stark vergrößert. a Kinn, b Zunge, b' Nebenzungen, c Lippentaster; alle drei machen zusammen die Unterlippe aus -- d Kinnbacken (Mandibeln) -- e Kinnladen (Maxillen) aus folgenden Stücken bestehend: f Angel, g Stiel, h innere, h' äußere Lade (Lappen), i Kiefertaster -- k Kopfschild -- o Oberlippe oder Leize -- n beweglicher Zahn an der Spitze der inneren Kieferlade.
schilde (k) hängt und von oben her die Mundöffnung schließt. Obgleich sie in Gestalt und Größe sehr wechselt, pflegt sie im Allgemeinen kurz und breit, viereckig, gerundet oder dreieckig und von derselben Chitinmasse wie der Kopf zu sein, doch bleibt sie auch bei Jnsekten, wie z. B. bei Käfern, die Säste lecken, bisweilen dünnhäutig. Mauchmal wird sie übersehen, theils in Folge ihrer Kleinheit, theils weil sie unter dem stark entwickelten Kopfschilde verborgen und mit ihm verwachsen ist. Jhr gegenüber, den Mund von unten schließend, liegt die Unterlippe (labium), ein mehrfach zusammengesetztes, in seinen Theilen nicht immer leicht deutbares und darum von den Entomologen auch verschiedenartig aufgefaßtes Organ, welches beim Schlusse des Mundes die Oberlippe berühren kann, beispielsweise beim Hirschkäfer, es aber keineswegs zu thun braucht. Der hornige Theil der Unterlippe wird als Kinn (mentum a Fig. 2--5 S. 4), der mehr oder weniger entwickelte häutige Theil auf diesem als Zunge (b Fig. 1--4) unterschieden. Das Kinn
Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit.
Bewohner von Höhlen ſind, wie ſie in Krain und Kärnthen vorkommen, oder in Kentucky, als Mammuthshöhlen bekannt.
Der wichtigſte Theil, nicht nur für das Jnſekt ſelbſt, ſondern auch für den ſyſtematiſirenden Entomologen ſind die vorn am Kopfe angebrachten Mundtheile. Von ihnen entlehnt der letztere trotz ihrer ſubtilen Natur wichtige Kennzeichen, und auch uns kann es nicht erlaſſen werden, die- ſelben etwas genauer in die Augen zu faſſen. Darum muthig an’s Werk unter Anleitung der beiſtehenden Figuren, in welchen dieſelben Buchſtaben durchweg dieſelben Theile bezeichnen.
Dieſe aber, inſofern ſie einen vollſtändig entwickelten Mund zuſammenſetzen, ſind folgende: Oberlippe, Unterlippe mit der Zunge und den Taſtern, Oberkiefer, Unterkiefer und deren Taſter.
Die Oberlippe, Lefze (labrum o Fig. 1 u. 9) ſtellt gewöhnlich ein bewegliches, feſtes Stück dar, welches mit ſeiner Wurzel am Vorderrande des Kopfes, dem ſogenannten Kopf-
[Abbildung]
1. Kopf der Honighiene von vorn; 2. der Erdhummel von unten; 3 Mundtheile der Audrenn labialis; 4. der Cimbex variabilis; 5. Kopf des Procrustes coriaceus von unten; 6. Rechte Unterkieferhälfte von Cicindula campestris; 7. dieſelbe von Staphylinus olons; 8. dieſelbe von Locusta vlridissimu; 9. Kopf von Tetigonia oral von vorn; 10. Kopf eines Tagſchmetterlings: 11. Rüſſel von Tachina grossa. Alle Figuren ſtark vergrößert. a Kinn, b Zunge, b’ Nebenzungen, c Lippentaſter; alle drei machen zuſammen die Unterlippe aus — d Kinnbacken (Mandibeln) — e Kinnladen (Maxillen) aus folgenden Stücken beſtehend: f Angel, g Stiel, h innere, h’ äußere Lade (Lappen), i Kiefertaſter — k Kopfſchild — o Oberlippe oder Leize — n beweglicher Zahn an der Spitze der inneren Kieferlade.
ſchilde (k) hängt und von oben her die Mundöffnung ſchließt. Obgleich ſie in Geſtalt und Größe ſehr wechſelt, pflegt ſie im Allgemeinen kurz und breit, viereckig, gerundet oder dreieckig und von derſelben Chitinmaſſe wie der Kopf zu ſein, doch bleibt ſie auch bei Jnſekten, wie z. B. bei Käfern, die Säſte lecken, bisweilen dünnhäutig. Mauchmal wird ſie überſehen, theils in Folge ihrer Kleinheit, theils weil ſie unter dem ſtark entwickelten Kopfſchilde verborgen und mit ihm verwachſen iſt. Jhr gegenüber, den Mund von unten ſchließend, liegt die Unterlippe (labium), ein mehrfach zuſammengeſetztes, in ſeinen Theilen nicht immer leicht deutbares und darum von den Entomologen auch verſchiedenartig aufgefaßtes Organ, welches beim Schluſſe des Mundes die Oberlippe berühren kann, beiſpielsweiſe beim Hirſchkäfer, es aber keineswegs zu thun braucht. Der hornige Theil der Unterlippe wird als Kinn (mentum a Fig. 2—5 S. 4), der mehr oder weniger entwickelte häutige Theil auf dieſem als Zunge (b Fig. 1—4) unterſchieden. Das Kinn
<TEI><text><body><floatingText><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0016"n="4"/><fwplace="top"type="header">Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit.</fw><lb/>
Bewohner von Höhlen ſind, wie ſie in Krain und Kärnthen vorkommen, oder in Kentucky, als<lb/>
Mammuthshöhlen bekannt.</p><lb/><p>Der wichtigſte Theil, nicht nur für das Jnſekt ſelbſt, ſondern auch für den ſyſtematiſirenden<lb/>
Entomologen ſind die vorn am Kopfe angebrachten Mundtheile. Von ihnen entlehnt der letztere<lb/>
trotz ihrer ſubtilen Natur wichtige Kennzeichen, und auch uns kann es nicht erlaſſen werden, die-<lb/>ſelben etwas genauer in die Augen zu faſſen. Darum muthig an’s Werk unter Anleitung der<lb/>
beiſtehenden Figuren, in welchen dieſelben Buchſtaben durchweg dieſelben Theile bezeichnen.</p><lb/><p>Dieſe aber, inſofern ſie einen vollſtändig entwickelten Mund zuſammenſetzen, ſind folgende:<lb/>
Oberlippe, Unterlippe mit der Zunge und den Taſtern, Oberkiefer, Unterkiefer und deren Taſter.</p><lb/><p>Die <hirendition="#g">Oberlippe, Lefze</hi> (<hirendition="#aq">labrum o</hi> Fig. 1 u. 9) ſtellt gewöhnlich ein bewegliches, feſtes<lb/>
Stück dar, welches mit ſeiner Wurzel am Vorderrande des Kopfes, dem ſogenannten <hirendition="#g">Kopf-</hi><lb/><figure><head><hirendition="#c">1. Kopf der Honighiene von vorn; 2. der Erdhummel von unten; 3 Mundtheile der <hirendition="#aq">Audrenn labialis;</hi> 4. der <hirendition="#aq">Cimbex variabilis;</hi><lb/>
5. Kopf des <hirendition="#aq">Procrustes coriaceus</hi> von unten; 6. Rechte Unterkieferhälfte von <hirendition="#aq">Cicindula campestris;</hi> 7. dieſelbe von <hirendition="#aq">Staphylinus<lb/>
olons;</hi> 8. dieſelbe von <hirendition="#aq">Locusta vlridissimu;</hi> 9. Kopf von <hirendition="#aq">Tetigonia oral</hi> von vorn; 10. Kopf eines Tagſchmetterlings: 11. Rüſſel<lb/>
von <hirendition="#aq">Tachina grossa.</hi> Alle Figuren ſtark vergrößert.<lb/><hirendition="#aq">a</hi> Kinn, <hirendition="#aq">b</hi> Zunge, <hirendition="#aq">b</hi>’ Nebenzungen, <hirendition="#aq">c</hi> Lippentaſter; alle drei machen zuſammen die Unterlippe aus —<hirendition="#aq">d</hi> Kinnbacken (Mandibeln) —<lb/><hirendition="#aq">e</hi> Kinnladen (Maxillen) aus folgenden Stücken beſtehend: <hirendition="#aq">f</hi> Angel, <hirendition="#aq">g</hi> Stiel, <hirendition="#aq">h</hi> innere, <hirendition="#aq">h</hi>’ äußere Lade (Lappen), <hirendition="#aq">i</hi> Kiefertaſter —<lb/><hirendition="#aq">k</hi> Kopfſchild —<hirendition="#aq">o</hi> Oberlippe oder Leize —<hirendition="#aq">n</hi> beweglicher Zahn an der Spitze der inneren Kieferlade.</hi></head></figure><lb/><hirendition="#g">ſchilde</hi> (<hirendition="#aq">k</hi>) hängt und von oben her die Mundöffnung ſchließt. Obgleich ſie in Geſtalt und Größe<lb/>ſehr wechſelt, pflegt ſie im Allgemeinen kurz und breit, viereckig, gerundet oder dreieckig und von<lb/>
derſelben Chitinmaſſe wie der Kopf zu ſein, doch bleibt ſie auch bei Jnſekten, wie z. B. bei<lb/>
Käfern, die Säſte lecken, bisweilen dünnhäutig. Mauchmal wird ſie überſehen, theils in Folge<lb/>
ihrer Kleinheit, theils weil ſie unter dem ſtark entwickelten Kopfſchilde verborgen und mit ihm<lb/>
verwachſen iſt. Jhr gegenüber, den Mund von unten ſchließend, liegt die <hirendition="#g">Unterlippe</hi> (<hirendition="#aq">labium</hi>),<lb/>
ein mehrfach zuſammengeſetztes, in ſeinen Theilen nicht immer leicht deutbares und darum von<lb/>
den Entomologen auch verſchiedenartig aufgefaßtes Organ, welches beim Schluſſe des Mundes die<lb/>
Oberlippe berühren kann, beiſpielsweiſe beim Hirſchkäfer, es aber keineswegs zu thun braucht.<lb/>
Der hornige Theil der Unterlippe wird als <hirendition="#g">Kinn</hi> (<hirendition="#aq">mentum a</hi> Fig. 2—5 S. 4), der mehr oder<lb/>
weniger entwickelte häutige Theil auf dieſem als <hirendition="#g">Zunge</hi> (<hirendition="#aq">b</hi> Fig. 1—4) unterſchieden. Das Kinn<lb/></p></div></body></floatingText></body></text></TEI>
[4/0016]
Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit.
Bewohner von Höhlen ſind, wie ſie in Krain und Kärnthen vorkommen, oder in Kentucky, als
Mammuthshöhlen bekannt.
Der wichtigſte Theil, nicht nur für das Jnſekt ſelbſt, ſondern auch für den ſyſtematiſirenden
Entomologen ſind die vorn am Kopfe angebrachten Mundtheile. Von ihnen entlehnt der letztere
trotz ihrer ſubtilen Natur wichtige Kennzeichen, und auch uns kann es nicht erlaſſen werden, die-
ſelben etwas genauer in die Augen zu faſſen. Darum muthig an’s Werk unter Anleitung der
beiſtehenden Figuren, in welchen dieſelben Buchſtaben durchweg dieſelben Theile bezeichnen.
Dieſe aber, inſofern ſie einen vollſtändig entwickelten Mund zuſammenſetzen, ſind folgende:
Oberlippe, Unterlippe mit der Zunge und den Taſtern, Oberkiefer, Unterkiefer und deren Taſter.
Die Oberlippe, Lefze (labrum o Fig. 1 u. 9) ſtellt gewöhnlich ein bewegliches, feſtes
Stück dar, welches mit ſeiner Wurzel am Vorderrande des Kopfes, dem ſogenannten Kopf-
[Abbildung 1. Kopf der Honighiene von vorn; 2. der Erdhummel von unten; 3 Mundtheile der Audrenn labialis; 4. der Cimbex variabilis;
5. Kopf des Procrustes coriaceus von unten; 6. Rechte Unterkieferhälfte von Cicindula campestris; 7. dieſelbe von Staphylinus
olons; 8. dieſelbe von Locusta vlridissimu; 9. Kopf von Tetigonia oral von vorn; 10. Kopf eines Tagſchmetterlings: 11. Rüſſel
von Tachina grossa. Alle Figuren ſtark vergrößert.
a Kinn, b Zunge, b’ Nebenzungen, c Lippentaſter; alle drei machen zuſammen die Unterlippe aus — d Kinnbacken (Mandibeln) —
e Kinnladen (Maxillen) aus folgenden Stücken beſtehend: f Angel, g Stiel, h innere, h’ äußere Lade (Lappen), i Kiefertaſter —
k Kopfſchild — o Oberlippe oder Leize — n beweglicher Zahn an der Spitze der inneren Kieferlade.]
ſchilde (k) hängt und von oben her die Mundöffnung ſchließt. Obgleich ſie in Geſtalt und Größe
ſehr wechſelt, pflegt ſie im Allgemeinen kurz und breit, viereckig, gerundet oder dreieckig und von
derſelben Chitinmaſſe wie der Kopf zu ſein, doch bleibt ſie auch bei Jnſekten, wie z. B. bei
Käfern, die Säſte lecken, bisweilen dünnhäutig. Mauchmal wird ſie überſehen, theils in Folge
ihrer Kleinheit, theils weil ſie unter dem ſtark entwickelten Kopfſchilde verborgen und mit ihm
verwachſen iſt. Jhr gegenüber, den Mund von unten ſchließend, liegt die Unterlippe (labium),
ein mehrfach zuſammengeſetztes, in ſeinen Theilen nicht immer leicht deutbares und darum von
den Entomologen auch verſchiedenartig aufgefaßtes Organ, welches beim Schluſſe des Mundes die
Oberlippe berühren kann, beiſpielsweiſe beim Hirſchkäfer, es aber keineswegs zu thun braucht.
Der hornige Theil der Unterlippe wird als Kinn (mentum a Fig. 2—5 S. 4), der mehr oder
weniger entwickelte häutige Theil auf dieſem als Zunge (b Fig. 1—4) unterſchieden. Das Kinn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/16>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.