gilt. Viele erzeugen, wenn man sie zwischen den Fingern fest hält, durch Reiben des Prothorax an dem kurzen, in ihn eingeschobenen Ende des Mittelrückens ein deutlich vernehmbares Geräusch, sie "geigen", wie man sich wohl ausdrückt.
Die Larven der Bockkäfer kommen denen der Prachtkäfer sehr nahe, unterscheiden sich aber von ihnen durch deutliche Lippentaster, elliptische oder kreisrunde Luftlöcher und eine Yförmige Asteröffnung. Der flache, wagrecht stehende Kopf kann halb in den vordern Thorarring zurück- gezogen werden und ist hornig wie die Oberlippe, das deutlich abgesetzte Kopfschild dagegen leder- artig. Augen sind entweder gar nicht vorhanden, oder jederseits eins, auch drei schwer zu erkennende, ferner die dreigliederigen Fühler so klein und in eine Hautfalte versteckt, daß sie leicht übersehen werden. Von den Mundtheilen entwickeln sich die kurzen, stark hornigen Kinnbacken am kräftigsten, der kurze, breite Stamm der Unterkiefern trägt nach außen einen kurzen, dreigliederigen Taster, nach innen eine kräftige Lade mit borstiger Jnnenseite. Ein fleischiges Kinn, starke, größtentheils verwachsene Tasterstämme mit zweigliederigen Tastern und eine fleischige, vorn haarige Zunge setzen die Unterlippe zusammen. Die Beine fehlen entweder ganz oder bleiben sehr kurz und ein- klauig. Der Prothorarring zeichnet sich durch seine bedeutende Größe, besonders auch Breite vor den übrigen aus, eine beiderseitige Hornbedeckung, öfter rauhflächig, kommt meist auch den übrigen Segmenten zu, welche sich durch Einschnürung alle gut absetzen. Sie leben allermeist in ange- gangenem Holze und bedürfen gewiß in den meisten Fällen mehr als ein Jahr zu ihrer Entwickelung, von den kleineren Arten leben aber auch manche in Stengeln und namentlich den Wurzelstöcken rautartiger Gewächse (Wolfsmilch, Hundszunge, Getreidehalmen etc.), und können in einzelnen Fällen den Kulturgewächsen nachtheilig werden.
Bei der ersten Sippe, den plumperen, breiteren, mehr kurzbeinigen, dick beschenkelten und breit beschienten Prioniden (Prionidae) ist das Halsschild seitlich gerandet, die Fühler sitzen im Ausschnitte der nierenförmigen Augen, die äußere Unterkieferlade schwindet meist, und die in die Quere gezogenen Vorderhüften bewegen sich der Regel nach in je einer nach hinten weit offenen Pfanne. Die Sippe ist nicht reich an Arten, für Europa sogar arm. Außer den stattlichen Exoten der Gattungen Parandra, Mallodon, Macrodontia u. a. gehören mit einigen anderen Europäern hierher der schwarze, drehrunde Spondylis buprestoides (Waldkäfer), welchen ein fast kugeliges, kaum seitlich gerandetes Halsschild, kurze, perlenschnurförmige Fühler und fünfgliederige Füße aus- zeichnen. Wenn man ordentlich hinschaut, bemerkt man nämlich an der Wurzel des langen Klauen- gliedes einen Knoten, das kleine vierte Glied darstellend. Die Oberfläche des acht bis zehn Linien langen Käfers ist dicht und ungleich punktirt, auf der Scheibe der Flügeldecken mit zwei schwach erhabenen Längslinien versehen. Ratzeburg bildet in seinen Forstinsekten (Bd. I. Taf. XVII. 12) die Larve ab von diesem Uebergangsbocke, der an schwülen Tagen gern zwischen den Stämmen in Kiefernwäldern umherfliegt und nirgends in Deutschland, wo diese nicht fehlen, selten zu sein pflegt. -- Nicht minder häufig ist der an Eichen lebende Gerber (Prionus coriarius), ein stattlicher Bursche von zwölf bis achtzehn Linien Länge, dessen Fühler man geschuppt nennt; die dreieckigen, beinahe trichterförmigen Glieder stecken nämlich in einander, beim Männchen zählt man ihrer zwölf. Die braunrothen, verkehrt eiförmig endenden Taster haben an der Spitze eine Auskehlung. Das doppelt so breite wie lange Halsschild läuft an jedem der scharfen Seitenränder in drei starke Zähne aus und ist flach gedrückt. Die dasselbe an Breite übertreffenden Flügeldecken schließen ein stumpf dreieckiges Schildchen ein, runden sich hinten nur an der Außenecke ab und haben auf ihrer runzelig punktirten Oberfläche einige schwach erhabene Längslinien. Auch hier läßt sich das vierte Tarsenglied am Grunde des langen Klauengliedes als Knötchen erkennen. Der pechschwarze Käfer ist am Bauche mehr roth und an der Brust stark weißlich behaart. Schon 1746 bildete Rösel in seinen Jnsektenbelustigungen (Th. II. Kl. II. Taf. II. 4 und 5 und 6) die stattliche Larve, die Puppe und das eiförmige Cocon ab, in welchem sie steckt. -- Dem eben beschriebenen Gerber an Größe und Körpertracht steht der in Brasilien recht gemeine Pyrodes auratus sehr
Prionus. Pyrodes.
gilt. Viele erzeugen, wenn man ſie zwiſchen den Fingern feſt hält, durch Reiben des Prothorax an dem kurzen, in ihn eingeſchobenen Ende des Mittelrückens ein deutlich vernehmbares Geräuſch, ſie „geigen“, wie man ſich wohl ausdrückt.
Die Larven der Bockkäfer kommen denen der Prachtkäfer ſehr nahe, unterſcheiden ſich aber von ihnen durch deutliche Lippentaſter, elliptiſche oder kreisrunde Luftlöcher und eine Yförmige Aſteröffnung. Der flache, wagrecht ſtehende Kopf kann halb in den vordern Thorarring zurück- gezogen werden und iſt hornig wie die Oberlippe, das deutlich abgeſetzte Kopfſchild dagegen leder- artig. Augen ſind entweder gar nicht vorhanden, oder jederſeits eins, auch drei ſchwer zu erkennende, ferner die dreigliederigen Fühler ſo klein und in eine Hautfalte verſteckt, daß ſie leicht überſehen werden. Von den Mundtheilen entwickeln ſich die kurzen, ſtark hornigen Kinnbacken am kräftigſten, der kurze, breite Stamm der Unterkiefern trägt nach außen einen kurzen, dreigliederigen Taſter, nach innen eine kräftige Lade mit borſtiger Jnnenſeite. Ein fleiſchiges Kinn, ſtarke, größtentheils verwachſene Taſterſtämme mit zweigliederigen Taſtern und eine fleiſchige, vorn haarige Zunge ſetzen die Unterlippe zuſammen. Die Beine fehlen entweder ganz oder bleiben ſehr kurz und ein- klauig. Der Prothorarring zeichnet ſich durch ſeine bedeutende Größe, beſonders auch Breite vor den übrigen aus, eine beiderſeitige Hornbedeckung, öfter rauhflächig, kommt meiſt auch den übrigen Segmenten zu, welche ſich durch Einſchnürung alle gut abſetzen. Sie leben allermeiſt in ange- gangenem Holze und bedürfen gewiß in den meiſten Fällen mehr als ein Jahr zu ihrer Entwickelung, von den kleineren Arten leben aber auch manche in Stengeln und namentlich den Wurzelſtöcken rautartiger Gewächſe (Wolfsmilch, Hundszunge, Getreidehalmen ꝛc.), und können in einzelnen Fällen den Kulturgewächſen nachtheilig werden.
Bei der erſten Sippe, den plumperen, breiteren, mehr kurzbeinigen, dick beſchenkelten und breit beſchienten Prioniden (Prionidae) iſt das Halsſchild ſeitlich gerandet, die Fühler ſitzen im Ausſchnitte der nierenförmigen Augen, die äußere Unterkieferlade ſchwindet meiſt, und die in die Quere gezogenen Vorderhüften bewegen ſich der Regel nach in je einer nach hinten weit offenen Pfanne. Die Sippe iſt nicht reich an Arten, für Europa ſogar arm. Außer den ſtattlichen Exoten der Gattungen Parandra, Mallodon, Macrodontia u. a. gehören mit einigen anderen Europäern hierher der ſchwarze, drehrunde Spondylis buprestoides (Waldkäfer), welchen ein faſt kugeliges, kaum ſeitlich gerandetes Halsſchild, kurze, perlenſchnurförmige Fühler und fünfgliederige Füße aus- zeichnen. Wenn man ordentlich hinſchaut, bemerkt man nämlich an der Wurzel des langen Klauen- gliedes einen Knoten, das kleine vierte Glied darſtellend. Die Oberfläche des acht bis zehn Linien langen Käfers iſt dicht und ungleich punktirt, auf der Scheibe der Flügeldecken mit zwei ſchwach erhabenen Längslinien verſehen. Ratzeburg bildet in ſeinen Forſtinſekten (Bd. I. Taf. XVII. 12) die Larve ab von dieſem Uebergangsbocke, der an ſchwülen Tagen gern zwiſchen den Stämmen in Kiefernwäldern umherfliegt und nirgends in Deutſchland, wo dieſe nicht fehlen, ſelten zu ſein pflegt. — Nicht minder häufig iſt der an Eichen lebende Gerber (Prionus coriarius), ein ſtattlicher Burſche von zwölf bis achtzehn Linien Länge, deſſen Fühler man geſchuppt nennt; die dreieckigen, beinahe trichterförmigen Glieder ſtecken nämlich in einander, beim Männchen zählt man ihrer zwölf. Die braunrothen, verkehrt eiförmig endenden Taſter haben an der Spitze eine Auskehlung. Das doppelt ſo breite wie lange Halsſchild läuft an jedem der ſcharfen Seitenränder in drei ſtarke Zähne aus und iſt flach gedrückt. Die daſſelbe an Breite übertreffenden Flügeldecken ſchließen ein ſtumpf dreieckiges Schildchen ein, runden ſich hinten nur an der Außenecke ab und haben auf ihrer runzelig punktirten Oberfläche einige ſchwach erhabene Längslinien. Auch hier läßt ſich das vierte Tarſenglied am Grunde des langen Klauengliedes als Knötchen erkennen. Der pechſchwarze Käfer iſt am Bauche mehr roth und an der Bruſt ſtark weißlich behaart. Schon 1746 bildete Röſel in ſeinen Jnſektenbeluſtigungen (Th. II. Kl. II. Taf. II. 4 und 5 und 6) die ſtattliche Larve, die Puppe und das eiförmige Cocon ab, in welchem ſie ſteckt. — Dem eben beſchriebenen Gerber an Größe und Körpertracht ſteht der in Braſilien recht gemeine Pyrodes auratus ſehr
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Prionus. Pyrodes.
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an dem kurzen, in ihn eingeſchobenen Ende des Mittelrückens ein deutlich vernehmbares Geräuſch,
ſie „geigen“, wie man ſich wohl ausdrückt.
Die Larven der Bockkäfer kommen denen der Prachtkäfer ſehr nahe, unterſcheiden ſich aber
von ihnen durch deutliche Lippentaſter, elliptiſche oder kreisrunde Luftlöcher und eine Yförmige
Aſteröffnung. Der flache, wagrecht ſtehende Kopf kann halb in den vordern Thorarring zurück-
gezogen werden und iſt hornig wie die Oberlippe, das deutlich abgeſetzte Kopfſchild dagegen leder-
artig. Augen ſind entweder gar nicht vorhanden, oder jederſeits eins, auch drei ſchwer zu erkennende,
ferner die dreigliederigen Fühler ſo klein und in eine Hautfalte verſteckt, daß ſie leicht überſehen
werden. Von den Mundtheilen entwickeln ſich die kurzen, ſtark hornigen Kinnbacken am kräftigſten,
der kurze, breite Stamm der Unterkiefern trägt nach außen einen kurzen, dreigliederigen Taſter,
nach innen eine kräftige Lade mit borſtiger Jnnenſeite. Ein fleiſchiges Kinn, ſtarke, größtentheils
verwachſene Taſterſtämme mit zweigliederigen Taſtern und eine fleiſchige, vorn haarige Zunge
ſetzen die Unterlippe zuſammen. Die Beine fehlen entweder ganz oder bleiben ſehr kurz und ein-
klauig. Der Prothorarring zeichnet ſich durch ſeine bedeutende Größe, beſonders auch Breite vor
den übrigen aus, eine beiderſeitige Hornbedeckung, öfter rauhflächig, kommt meiſt auch den übrigen
Segmenten zu, welche ſich durch Einſchnürung alle gut abſetzen. Sie leben allermeiſt in ange-
gangenem Holze und bedürfen gewiß in den meiſten Fällen mehr als ein Jahr zu ihrer Entwickelung,
von den kleineren Arten leben aber auch manche in Stengeln und namentlich den Wurzelſtöcken
rautartiger Gewächſe (Wolfsmilch, Hundszunge, Getreidehalmen ꝛc.), und können in einzelnen
Fällen den Kulturgewächſen nachtheilig werden.
Bei der erſten Sippe, den plumperen, breiteren, mehr kurzbeinigen, dick beſchenkelten und
breit beſchienten Prioniden (Prionidae) iſt das Halsſchild ſeitlich gerandet, die Fühler ſitzen im
Ausſchnitte der nierenförmigen Augen, die äußere Unterkieferlade ſchwindet meiſt, und die in die
Quere gezogenen Vorderhüften bewegen ſich der Regel nach in je einer nach hinten weit offenen
Pfanne. Die Sippe iſt nicht reich an Arten, für Europa ſogar arm. Außer den ſtattlichen Exoten
der Gattungen Parandra, Mallodon, Macrodontia u. a. gehören mit einigen anderen Europäern
hierher der ſchwarze, drehrunde Spondylis buprestoides (Waldkäfer), welchen ein faſt kugeliges,
kaum ſeitlich gerandetes Halsſchild, kurze, perlenſchnurförmige Fühler und fünfgliederige Füße aus-
zeichnen. Wenn man ordentlich hinſchaut, bemerkt man nämlich an der Wurzel des langen Klauen-
gliedes einen Knoten, das kleine vierte Glied darſtellend. Die Oberfläche des acht bis zehn Linien
langen Käfers iſt dicht und ungleich punktirt, auf der Scheibe der Flügeldecken mit zwei ſchwach
erhabenen Längslinien verſehen. Ratzeburg bildet in ſeinen Forſtinſekten (Bd. I. Taf. XVII. 12)
die Larve ab von dieſem Uebergangsbocke, der an ſchwülen Tagen gern zwiſchen den Stämmen in
Kiefernwäldern umherfliegt und nirgends in Deutſchland, wo dieſe nicht fehlen, ſelten zu ſein
pflegt. — Nicht minder häufig iſt der an Eichen lebende Gerber (Prionus coriarius), ein ſtattlicher
Burſche von zwölf bis achtzehn Linien Länge, deſſen Fühler man geſchuppt nennt; die dreieckigen,
beinahe trichterförmigen Glieder ſtecken nämlich in einander, beim Männchen zählt man ihrer zwölf.
Die braunrothen, verkehrt eiförmig endenden Taſter haben an der Spitze eine Auskehlung. Das
doppelt ſo breite wie lange Halsſchild läuft an jedem der ſcharfen Seitenränder in drei ſtarke
Zähne aus und iſt flach gedrückt. Die daſſelbe an Breite übertreffenden Flügeldecken ſchließen ein
ſtumpf dreieckiges Schildchen ein, runden ſich hinten nur an der Außenecke ab und haben auf
ihrer runzelig punktirten Oberfläche einige ſchwach erhabene Längslinien. Auch hier läßt ſich das
vierte Tarſenglied am Grunde des langen Klauengliedes als Knötchen erkennen. Der pechſchwarze
Käfer iſt am Bauche mehr roth und an der Bruſt ſtark weißlich behaart. Schon 1746 bildete
Röſel in ſeinen Jnſektenbeluſtigungen (Th. II. Kl. II. Taf. II. 4 und 5 und 6) die ſtattliche
Larve, die Puppe und das eiförmige Cocon ab, in welchem ſie ſteckt. — Dem eben beſchriebenen
Gerber an Größe und Körpertracht ſteht der in Braſilien recht gemeine Pyrodes auratus ſehr
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/155>, abgerufen am 23.11.2024.
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