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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Hornschwämme. Badeschwamm. Schwammfischerei.
von 18 Meter, also gegen 60 Fuß, 11/2 bis 3 Minuten aushielten und der Taucher, welcher
dieß höchste Maß leistete, behauptete im Laufe der Sommerzeit allmälig seine Fähigkeit, unter
Wasser zu bleiben, auf 4 Minuten bei 150 Fuß Tiefe zu entwickeln. "Der Gehülfe, der mit
ausgestrecktem Arme die Leine führt, an welcher der weiße Stein angebunden ist und welche auch
der Taucher in der Hand behält, folgt allen Bewegungen desselben. Kann es letzterer nicht mehr
aushalten, so gibt er durch einen Ruck ein Zeichen, und nun ziehen zwei Kameraden so emsig,
daß sie den Taucher mit halbem Körper über das Wasser bringen. Ganz erschöpft klammert er
sich an den Bord der Barke, und einer der Andern reicht ihm zur Unterstützung die Hand, während
ihm aus Mund, Nase und Ohren Wasser ausfließt, nicht selten mit Blut untermischt. Er braucht
einige Momente, um zu sich zu kommen. Und da die vier Fischer, welche der Reihe nach tauchen,
doch Zeit mit den Vorbereitungen dazu hinbringen, so kommt jeder in der Stunde ein bis zwei-
mal dran."

"Diese Leute rudern bei Sonnenaufgang nüchtern aufs Meer und kommen erst eine bis zwei
Stunden nach dem Verlassen der Fischereiplätze zurück, gewöhnlich zwischen zwei und drei Uhr
Nachmittags. Bei gutem Wetter und mittlerer Tiefe und auf günstiger Stelle kann jeder Taucher
5 bis 8 Schwämme heraufbringen. Die Viere verständigen sich im Voraus über ihren Antheil;
der Gehülfe erhält Tagelohn, auf die Barke kommt der fünfte Theil des Ertrages."

An der dalmatinischen und istrischen Küste, wo ich mich sehr genau mit den Verhältnissen
der Schwammfischerei bekannt gemacht, bemächtigt man sich der Schwämme nicht durch Tauchen,
sondern mit der langen vierzinkigen Gabel, welche wir auf alten Bildwerken als Wahrzeichen des
Neptun erblicken. Nur die Bewohner der kleinen Jnsel Krapano liegen diesem Gewerbe ob und
ihre dreißig bis vierzig Barken suchen während der guten Jahreszeit die zerrissene und inselreiche
Küste ab. Je zwei Mann befinden sich auf einer starken Barke, deren Vorderdeck einen viereckigen
Ausschnitt hat. Jn diesen stellt sich der die Gabel führende Mann, um über Bord gebeugt den
Oberkörper sicher balanciren zu können. Der Stiel der Gabel ist 20 bis 40 Fuß lang; eine
Reserve-Gabel und Stangen liegen immer auf einem am Borde angebrachten Gestell. Der zweite
Mann führt die Ruder, deren Ruhepunkte auf einem die Bordseite überragenden Balken liegen,
wodurch die nothwendigen feinen Bewegungen des Bootes leichter und sicherer werden. Während
er nun das Boot hart am Felsenufer über einem Grunde von 12 bis 40 Fuß Tiefe langsam
hintreibt, späht jener scharfen Auges nach den durch ihre schwarze Haut sich kenntlich machenden
Schwämmen. Am günstigsten ist natürlich völlige Windstille. Jst das Meer leicht erregt, so
wird es mit Oel beruhigt. Zu diesem Ende liegt immer auf der Spitze des Bootes ein Haufen
glatter Kiesel und daneben steht ein Gefäß mit Oel. Der Fischer taucht einige der Steine mit
der Spitze in die Flüssigkeit und wirft sie einzeln in einem Halbkreis um sich. Die Wirkung ist
eine wundersame: die unmeßbar feine Oelschicht, die sich über mehrere Quadratklafter ausdehnt,
reicht hin, um die kleinen Wellen zu besänstigen, das Auge wird nicht mehr durch die sich
kreuzenden Spiegelungen und Brechungen gestört. Der Fischer muß die Schwämme aber nicht
bloß mit dem Augen erspähen; da sie am liebsten gedeckt wachsen, muß er mit der Gabel zwischen
und wo möglich unter die Felsen tasten, und sicher ist ein großer Theil der gesuchten Beute dieser
Art der Fischerei gar nicht zugänglich. Nachdem mit der Arbeit des Aufsuchens Schicht gemacht
ist, werden die Schwämme am Ufer so lange getreten, geknetet und mit den Händen ausgedrückt
und wiederholt gewaschen, bis die schwarze Oberhaut und alle zwischen den Fasern enthaltene
Substanz verschwunden. Sie bedürfen, um vollkommen gut zum Gebrauch zu sein, nur einer
nochmaligen Reinigung in lauem süßen Wasser. Ganz so werden die feinen syrischen und
griechischen Schwämme von den dortigen Fischern behandelt.

Dem widerspricht nun, wird man mir mit Recht einwerfen, die tägliche Erfahrung, daß
man jeden neu gekauften Schwamm mit vieler Mühe von dem feinen, zwischen den Maschen
enthaltenen Sande befreien muß. Nun, die Sache ist sehr einfach. Die von den Fischern fast

Hornſchwämme. Badeſchwamm. Schwammfiſcherei.
von 18 Meter, alſo gegen 60 Fuß, 1½ bis 3 Minuten aushielten und der Taucher, welcher
dieß höchſte Maß leiſtete, behauptete im Laufe der Sommerzeit allmälig ſeine Fähigkeit, unter
Waſſer zu bleiben, auf 4 Minuten bei 150 Fuß Tiefe zu entwickeln. „Der Gehülfe, der mit
ausgeſtrecktem Arme die Leine führt, an welcher der weiße Stein angebunden iſt und welche auch
der Taucher in der Hand behält, folgt allen Bewegungen deſſelben. Kann es letzterer nicht mehr
aushalten, ſo gibt er durch einen Ruck ein Zeichen, und nun ziehen zwei Kameraden ſo emſig,
daß ſie den Taucher mit halbem Körper über das Waſſer bringen. Ganz erſchöpft klammert er
ſich an den Bord der Barke, und einer der Andern reicht ihm zur Unterſtützung die Hand, während
ihm aus Mund, Naſe und Ohren Waſſer ausfließt, nicht ſelten mit Blut untermiſcht. Er braucht
einige Momente, um zu ſich zu kommen. Und da die vier Fiſcher, welche der Reihe nach tauchen,
doch Zeit mit den Vorbereitungen dazu hinbringen, ſo kommt jeder in der Stunde ein bis zwei-
mal dran.“

„Dieſe Leute rudern bei Sonnenaufgang nüchtern aufs Meer und kommen erſt eine bis zwei
Stunden nach dem Verlaſſen der Fiſchereiplätze zurück, gewöhnlich zwiſchen zwei und drei Uhr
Nachmittags. Bei gutem Wetter und mittlerer Tiefe und auf günſtiger Stelle kann jeder Taucher
5 bis 8 Schwämme heraufbringen. Die Viere verſtändigen ſich im Voraus über ihren Antheil;
der Gehülfe erhält Tagelohn, auf die Barke kommt der fünfte Theil des Ertrages.“

An der dalmatiniſchen und iſtriſchen Küſte, wo ich mich ſehr genau mit den Verhältniſſen
der Schwammfiſcherei bekannt gemacht, bemächtigt man ſich der Schwämme nicht durch Tauchen,
ſondern mit der langen vierzinkigen Gabel, welche wir auf alten Bildwerken als Wahrzeichen des
Neptun erblicken. Nur die Bewohner der kleinen Jnſel Krapano liegen dieſem Gewerbe ob und
ihre dreißig bis vierzig Barken ſuchen während der guten Jahreszeit die zerriſſene und inſelreiche
Küſte ab. Je zwei Mann befinden ſich auf einer ſtarken Barke, deren Vorderdeck einen viereckigen
Ausſchnitt hat. Jn dieſen ſtellt ſich der die Gabel führende Mann, um über Bord gebeugt den
Oberkörper ſicher balanciren zu können. Der Stiel der Gabel iſt 20 bis 40 Fuß lang; eine
Reſerve-Gabel und Stangen liegen immer auf einem am Borde angebrachten Geſtell. Der zweite
Mann führt die Ruder, deren Ruhepunkte auf einem die Bordſeite überragenden Balken liegen,
wodurch die nothwendigen feinen Bewegungen des Bootes leichter und ſicherer werden. Während
er nun das Boot hart am Felſenufer über einem Grunde von 12 bis 40 Fuß Tiefe langſam
hintreibt, ſpäht jener ſcharfen Auges nach den durch ihre ſchwarze Haut ſich kenntlich machenden
Schwämmen. Am günſtigſten iſt natürlich völlige Windſtille. Jſt das Meer leicht erregt, ſo
wird es mit Oel beruhigt. Zu dieſem Ende liegt immer auf der Spitze des Bootes ein Haufen
glatter Kieſel und daneben ſteht ein Gefäß mit Oel. Der Fiſcher taucht einige der Steine mit
der Spitze in die Flüſſigkeit und wirft ſie einzeln in einem Halbkreis um ſich. Die Wirkung iſt
eine wunderſame: die unmeßbar feine Oelſchicht, die ſich über mehrere Quadratklafter ausdehnt,
reicht hin, um die kleinen Wellen zu beſänſtigen, das Auge wird nicht mehr durch die ſich
kreuzenden Spiegelungen und Brechungen geſtört. Der Fiſcher muß die Schwämme aber nicht
bloß mit dem Augen erſpähen; da ſie am liebſten gedeckt wachſen, muß er mit der Gabel zwiſchen
und wo möglich unter die Felſen taſten, und ſicher iſt ein großer Theil der geſuchten Beute dieſer
Art der Fiſcherei gar nicht zugänglich. Nachdem mit der Arbeit des Aufſuchens Schicht gemacht
iſt, werden die Schwämme am Ufer ſo lange getreten, geknetet und mit den Händen ausgedrückt
und wiederholt gewaſchen, bis die ſchwarze Oberhaut und alle zwiſchen den Faſern enthaltene
Subſtanz verſchwunden. Sie bedürfen, um vollkommen gut zum Gebrauch zu ſein, nur einer
nochmaligen Reinigung in lauem ſüßen Waſſer. Ganz ſo werden die feinen ſyriſchen und
griechiſchen Schwämme von den dortigen Fiſchern behandelt.

Dem widerſpricht nun, wird man mir mit Recht einwerfen, die tägliche Erfahrung, daß
man jeden neu gekauften Schwamm mit vieler Mühe von dem feinen, zwiſchen den Maſchen
enthaltenen Sande befreien muß. Nun, die Sache iſt ſehr einfach. Die von den Fiſchern faſt

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[1021/1079] Hornſchwämme. Badeſchwamm. Schwammfiſcherei. von 18 Meter, alſo gegen 60 Fuß, 1½ bis 3 Minuten aushielten und der Taucher, welcher dieß höchſte Maß leiſtete, behauptete im Laufe der Sommerzeit allmälig ſeine Fähigkeit, unter Waſſer zu bleiben, auf 4 Minuten bei 150 Fuß Tiefe zu entwickeln. „Der Gehülfe, der mit ausgeſtrecktem Arme die Leine führt, an welcher der weiße Stein angebunden iſt und welche auch der Taucher in der Hand behält, folgt allen Bewegungen deſſelben. Kann es letzterer nicht mehr aushalten, ſo gibt er durch einen Ruck ein Zeichen, und nun ziehen zwei Kameraden ſo emſig, daß ſie den Taucher mit halbem Körper über das Waſſer bringen. Ganz erſchöpft klammert er ſich an den Bord der Barke, und einer der Andern reicht ihm zur Unterſtützung die Hand, während ihm aus Mund, Naſe und Ohren Waſſer ausfließt, nicht ſelten mit Blut untermiſcht. Er braucht einige Momente, um zu ſich zu kommen. Und da die vier Fiſcher, welche der Reihe nach tauchen, doch Zeit mit den Vorbereitungen dazu hinbringen, ſo kommt jeder in der Stunde ein bis zwei- mal dran.“ „Dieſe Leute rudern bei Sonnenaufgang nüchtern aufs Meer und kommen erſt eine bis zwei Stunden nach dem Verlaſſen der Fiſchereiplätze zurück, gewöhnlich zwiſchen zwei und drei Uhr Nachmittags. Bei gutem Wetter und mittlerer Tiefe und auf günſtiger Stelle kann jeder Taucher 5 bis 8 Schwämme heraufbringen. Die Viere verſtändigen ſich im Voraus über ihren Antheil; der Gehülfe erhält Tagelohn, auf die Barke kommt der fünfte Theil des Ertrages.“ An der dalmatiniſchen und iſtriſchen Küſte, wo ich mich ſehr genau mit den Verhältniſſen der Schwammfiſcherei bekannt gemacht, bemächtigt man ſich der Schwämme nicht durch Tauchen, ſondern mit der langen vierzinkigen Gabel, welche wir auf alten Bildwerken als Wahrzeichen des Neptun erblicken. Nur die Bewohner der kleinen Jnſel Krapano liegen dieſem Gewerbe ob und ihre dreißig bis vierzig Barken ſuchen während der guten Jahreszeit die zerriſſene und inſelreiche Küſte ab. Je zwei Mann befinden ſich auf einer ſtarken Barke, deren Vorderdeck einen viereckigen Ausſchnitt hat. Jn dieſen ſtellt ſich der die Gabel führende Mann, um über Bord gebeugt den Oberkörper ſicher balanciren zu können. Der Stiel der Gabel iſt 20 bis 40 Fuß lang; eine Reſerve-Gabel und Stangen liegen immer auf einem am Borde angebrachten Geſtell. Der zweite Mann führt die Ruder, deren Ruhepunkte auf einem die Bordſeite überragenden Balken liegen, wodurch die nothwendigen feinen Bewegungen des Bootes leichter und ſicherer werden. Während er nun das Boot hart am Felſenufer über einem Grunde von 12 bis 40 Fuß Tiefe langſam hintreibt, ſpäht jener ſcharfen Auges nach den durch ihre ſchwarze Haut ſich kenntlich machenden Schwämmen. Am günſtigſten iſt natürlich völlige Windſtille. Jſt das Meer leicht erregt, ſo wird es mit Oel beruhigt. Zu dieſem Ende liegt immer auf der Spitze des Bootes ein Haufen glatter Kieſel und daneben ſteht ein Gefäß mit Oel. Der Fiſcher taucht einige der Steine mit der Spitze in die Flüſſigkeit und wirft ſie einzeln in einem Halbkreis um ſich. Die Wirkung iſt eine wunderſame: die unmeßbar feine Oelſchicht, die ſich über mehrere Quadratklafter ausdehnt, reicht hin, um die kleinen Wellen zu beſänſtigen, das Auge wird nicht mehr durch die ſich kreuzenden Spiegelungen und Brechungen geſtört. Der Fiſcher muß die Schwämme aber nicht bloß mit dem Augen erſpähen; da ſie am liebſten gedeckt wachſen, muß er mit der Gabel zwiſchen und wo möglich unter die Felſen taſten, und ſicher iſt ein großer Theil der geſuchten Beute dieſer Art der Fiſcherei gar nicht zugänglich. Nachdem mit der Arbeit des Aufſuchens Schicht gemacht iſt, werden die Schwämme am Ufer ſo lange getreten, geknetet und mit den Händen ausgedrückt und wiederholt gewaſchen, bis die ſchwarze Oberhaut und alle zwiſchen den Faſern enthaltene Subſtanz verſchwunden. Sie bedürfen, um vollkommen gut zum Gebrauch zu ſein, nur einer nochmaligen Reinigung in lauem ſüßen Waſſer. Ganz ſo werden die feinen ſyriſchen und griechiſchen Schwämme von den dortigen Fiſchern behandelt. Dem widerſpricht nun, wird man mir mit Recht einwerfen, die tägliche Erfahrung, daß man jeden neu gekauften Schwamm mit vieler Mühe von dem feinen, zwiſchen den Maſchen enthaltenen Sande befreien muß. Nun, die Sache iſt ſehr einfach. Die von den Fiſchern faſt

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 1021. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/1079>, abgerufen am 23.11.2024.