Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.Nilkrokodil. Wasser hat, gleichviel ob dieselbe zu seiner Größe im Einklange steht oder nicht, sodaß man zuweilenin einer seichten Pfütze wahre Riesen bemerkt; endlich, wenn auch hier das Wasser vertrocknet, gräbt es sich in den Schlamm ein. Dr. Penney gelangte als Begleiter einer Sklavenjagd mit seinen Leuten in einen trockenen Regenstrom, dessen Mündung noch etwa drei Meilen vom blauen Flusse entfernt war. Wegen Wassermangel wurde in dem jetzt trockenen Bette des Regenstromes ein Schacht ausgetieft, welcher das Nothwendige zu liefern versprach. Als die Arbeiter etwa acht Fuß tief gegraben hatten, sprangen sie entsetzt aus der Tiefe empor und riefen den Alles wissenden Ober- staatsarzt zu Hilfe, weil sich in der Grube ein "graues Ding" hin und her bewege. Die genauere Untersuchung stellte heraus, daß man es mit der Schwanzspitze eines lebenden, sehr großen Krokodils zu thun habe. Ein zweiter Schacht, welchen man in der Kopfgegend eingrub, ermöglichte es, dem Ungeheuer mit einer Lanze den Genickfang zu geben. Nunmehr grub man es vollends aus und fand, daß es funfzehn Fuß maß. Der Regenstrom heißt in Folge dieser Begebenheit noch heutigentages "Chor el Timsach" oder Krokodilregenstrom. Krokodile von acht Fuß Länge sind bereits fortpflanzungsfähig; Weibchen dieser Größe legen Jn früheren Zeiten wurden, wie uns Herodot mittheilt, Krokodile von den Unteregyptern in Gegenwärtig denkt in Ostafrika Niemand mehr daran, Krokodile zu zähmen; Dies scheint auch Nilkrokodil. Waſſer hat, gleichviel ob dieſelbe zu ſeiner Größe im Einklange ſteht oder nicht, ſodaß man zuweilenin einer ſeichten Pfütze wahre Rieſen bemerkt; endlich, wenn auch hier das Waſſer vertrocknet, gräbt es ſich in den Schlamm ein. Dr. Penney gelangte als Begleiter einer Sklavenjagd mit ſeinen Leuten in einen trockenen Regenſtrom, deſſen Mündung noch etwa drei Meilen vom blauen Fluſſe entfernt war. Wegen Waſſermangel wurde in dem jetzt trockenen Bette des Regenſtromes ein Schacht ausgetieft, welcher das Nothwendige zu liefern verſprach. Als die Arbeiter etwa acht Fuß tief gegraben hatten, ſprangen ſie entſetzt aus der Tiefe empor und riefen den Alles wiſſenden Ober- ſtaatsarzt zu Hilfe, weil ſich in der Grube ein „graues Ding“ hin und her bewege. Die genauere Unterſuchung ſtellte heraus, daß man es mit der Schwanzſpitze eines lebenden, ſehr großen Krokodils zu thun habe. Ein zweiter Schacht, welchen man in der Kopfgegend eingrub, ermöglichte es, dem Ungeheuer mit einer Lanze den Genickfang zu geben. Nunmehr grub man es vollends aus und fand, daß es funfzehn Fuß maß. Der Regenſtrom heißt in Folge dieſer Begebenheit noch heutigentages „Chor el Timſach“ oder Krokodilregenſtrom. Krokodile von acht Fuß Länge ſind bereits fortpflanzungsfähig; Weibchen dieſer Größe legen Jn früheren Zeiten wurden, wie uns Herodot mittheilt, Krokodile von den Unteregyptern in Gegenwärtig denkt in Oſtafrika Niemand mehr daran, Krokodile zu zähmen; Dies ſcheint auch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0085" n="69"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Nilkrokodil.</hi></fw><lb/> Waſſer hat, gleichviel ob dieſelbe zu ſeiner Größe im Einklange ſteht oder nicht, ſodaß man zuweilen<lb/> in einer ſeichten Pfütze wahre Rieſen bemerkt; endlich, wenn auch hier das Waſſer vertrocknet, gräbt<lb/> es ſich in den Schlamm ein. <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Penney</hi> gelangte als Begleiter einer Sklavenjagd mit ſeinen<lb/> Leuten in einen trockenen Regenſtrom, deſſen Mündung noch etwa drei Meilen vom blauen Fluſſe<lb/> entfernt war. 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Auch die Sudahneſen<lb/> behaupten, daß die Krokodilmutter ihre Eier bewache und den auskriechenden Jungen behilflich ſei,<lb/> ihnen aus dem Sande heraushelfe und ſie dem Waſſer zuführe: — wie viel hieran wahr iſt, vermag<lb/> ich nicht zu ſagen. Von etwaigen Kämpfen zwiſchen verliebten Männchen habe ich Nichts vernommen,<lb/> dagegen wiederholt erzählen hören, daß die Begattung auf Sandinſeln erfolge und das Weibchen<lb/> dabei vom Männchen erſt auf den Rücken gewälzt und ſpäter wieder umgedreht werde. — Die Jungen<lb/> wachſen höchſt langſam, und nehmen im erſten Jahre kaum mehr als 6 Zoll, ſpäter noch weniger an<lb/> Länge zu; es läßt ſich alſo mit aller Beſtimmtheit behaupten, daß Krokodilrieſen von 16 bis 20 Fuß<lb/> Länge mehr als hundert Jahre alt ſein müſſen.</p><lb/> <p>Jn früheren Zeiten wurden, wie uns <hi rendition="#g">Herodot</hi> mittheilt, Krokodile von den Unteregyptern in<lb/> Gefangenſchaft gehalten. Manche Egypter, ſagt dieſer Schriftſteller, ſehen in den Krokodilen heilige<lb/> Thiere, andere ihre ſchlimmſten Feinde; jene wohnen um den See von Möris, dieſe um Elefantine.<lb/> Erſtere nähren ein Krokodil und zähmen es in ſo hohem Grade, daß es ſich betaſten läßt. Man<lb/> bemüht ſich, ihm ein prächtiges Leben zu verſchaffen, hängt ihm Ringe von geſchliffenen Steinen und<lb/> Gold in die Ohren, ziert ſeine Vorderfüße mit goldenen Armbändern und füttert es mit Mehlſpeiſen<lb/> und Opferfleiſch. Nach dem Tode wird es einbalſamirt und in ein geweihtes Grab geſetzt. Solche<lb/> Begräbniſſe befinden ſich in den unterirdiſchen Gemächern des Labyrinths am See Möris, nicht<lb/> weit von der Krokodilſtadt.</p><lb/> <p>Gegenwärtig denkt in Oſtafrika Niemand mehr daran, Krokodile zu zähmen; Dies ſcheint auch<lb/> beſondere Schwierigkeiten zu haben. Am 20. Juli 1850 kaufte ich in Charthum ein acht Fuß langes<lb/> lebendes Krokodil, welches ſich in Fiſchernetzen verwickelt hatte, für den Preis von zehn Groſchen unſeres<lb/> Geldes, um es zu beobachten. Die Fiſcher hatten ihm den Rachen feſt zugebunden, da ſie vor ſeinen<lb/> Biſſen geſichert ſein wollten; trotzdem fuhr es, als wir uns ihm näherten, mit einem ſo ungeſtümen und<lb/> raſchen Satze auf uns los, daß wir erſchrocken zurücktraten. Wenn wir es ſtießen, ſchnaubte es dumpf<lb/> blaſend und fauchend; im allgemeinen aber ſchien es höchſt unempfindlich zu ſein. Wir ſtachen es<lb/> mit Nadeln, ſtreuten ihm Schnupftabak in die Naſe, legten ihm glühende Kohlen auf die Haut und<lb/> quälten es ſonſt noch, ohne daß es das geringſte Unbehagen gezeigt hätte. Nur Tabakrauch ſchien es<lb/> nicht vertragen zu können: als mein Gefährte, <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Vierthaler,</hi> ihm ſeine brennende Pfeife unter die<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [69/0085]
Nilkrokodil.
Waſſer hat, gleichviel ob dieſelbe zu ſeiner Größe im Einklange ſteht oder nicht, ſodaß man zuweilen
in einer ſeichten Pfütze wahre Rieſen bemerkt; endlich, wenn auch hier das Waſſer vertrocknet, gräbt
es ſich in den Schlamm ein. Dr. Penney gelangte als Begleiter einer Sklavenjagd mit ſeinen
Leuten in einen trockenen Regenſtrom, deſſen Mündung noch etwa drei Meilen vom blauen Fluſſe
entfernt war. Wegen Waſſermangel wurde in dem jetzt trockenen Bette des Regenſtromes ein Schacht
ausgetieft, welcher das Nothwendige zu liefern verſprach. Als die Arbeiter etwa acht Fuß tief
gegraben hatten, ſprangen ſie entſetzt aus der Tiefe empor und riefen den Alles wiſſenden Ober-
ſtaatsarzt zu Hilfe, weil ſich in der Grube ein „graues Ding“ hin und her bewege. Die genauere
Unterſuchung ſtellte heraus, daß man es mit der Schwanzſpitze eines lebenden, ſehr großen Krokodils
zu thun habe. Ein zweiter Schacht, welchen man in der Kopfgegend eingrub, ermöglichte es, dem
Ungeheuer mit einer Lanze den Genickfang zu geben. Nunmehr grub man es vollends aus und fand,
daß es funfzehn Fuß maß. Der Regenſtrom heißt in Folge dieſer Begebenheit noch heutigentages
„Chor el Timſach“ oder Krokodilregenſtrom.
Krokodile von acht Fuß Länge ſind bereits fortpflanzungsfähig; Weibchen dieſer Größe legen
aber weniger und kleinere Eier als die vollkommen ausgewachſenen, welche ſechzehn, achtzehn und
zwanzig Fuß an Länge erreichen. Die Anzahl der Eier, welche in Geſtalt und Größe Gänſeeiern
ähneln, jedoch durch ihre weiche rauhe Kalkſchale ſich von dieſen unterſcheiden, ſchwankt zwiſchen
zwanzig und neunzig Stücken; ihrer vierzig bis ſechzig mögen im Mittel ein Gelege bilden. Sie
werden von dem Weibchen auf Sandinſeln in eine tiefe Grube gelegt und vermittels des Schwanzes
mit Sand bedeckt. Es ſoll alle Spuren ſeiner Arbeit ſo ſorgfältig verwiſchen, daß man die Eiergrube
nur an den über ihr ſich ſammelnden Fliegen zu erkennen im Stande iſt. Auch die Sudahneſen
behaupten, daß die Krokodilmutter ihre Eier bewache und den auskriechenden Jungen behilflich ſei,
ihnen aus dem Sande heraushelfe und ſie dem Waſſer zuführe: — wie viel hieran wahr iſt, vermag
ich nicht zu ſagen. Von etwaigen Kämpfen zwiſchen verliebten Männchen habe ich Nichts vernommen,
dagegen wiederholt erzählen hören, daß die Begattung auf Sandinſeln erfolge und das Weibchen
dabei vom Männchen erſt auf den Rücken gewälzt und ſpäter wieder umgedreht werde. — Die Jungen
wachſen höchſt langſam, und nehmen im erſten Jahre kaum mehr als 6 Zoll, ſpäter noch weniger an
Länge zu; es läßt ſich alſo mit aller Beſtimmtheit behaupten, daß Krokodilrieſen von 16 bis 20 Fuß
Länge mehr als hundert Jahre alt ſein müſſen.
Jn früheren Zeiten wurden, wie uns Herodot mittheilt, Krokodile von den Unteregyptern in
Gefangenſchaft gehalten. Manche Egypter, ſagt dieſer Schriftſteller, ſehen in den Krokodilen heilige
Thiere, andere ihre ſchlimmſten Feinde; jene wohnen um den See von Möris, dieſe um Elefantine.
Erſtere nähren ein Krokodil und zähmen es in ſo hohem Grade, daß es ſich betaſten läßt. Man
bemüht ſich, ihm ein prächtiges Leben zu verſchaffen, hängt ihm Ringe von geſchliffenen Steinen und
Gold in die Ohren, ziert ſeine Vorderfüße mit goldenen Armbändern und füttert es mit Mehlſpeiſen
und Opferfleiſch. Nach dem Tode wird es einbalſamirt und in ein geweihtes Grab geſetzt. Solche
Begräbniſſe befinden ſich in den unterirdiſchen Gemächern des Labyrinths am See Möris, nicht
weit von der Krokodilſtadt.
Gegenwärtig denkt in Oſtafrika Niemand mehr daran, Krokodile zu zähmen; Dies ſcheint auch
beſondere Schwierigkeiten zu haben. Am 20. Juli 1850 kaufte ich in Charthum ein acht Fuß langes
lebendes Krokodil, welches ſich in Fiſchernetzen verwickelt hatte, für den Preis von zehn Groſchen unſeres
Geldes, um es zu beobachten. Die Fiſcher hatten ihm den Rachen feſt zugebunden, da ſie vor ſeinen
Biſſen geſichert ſein wollten; trotzdem fuhr es, als wir uns ihm näherten, mit einem ſo ungeſtümen und
raſchen Satze auf uns los, daß wir erſchrocken zurücktraten. Wenn wir es ſtießen, ſchnaubte es dumpf
blaſend und fauchend; im allgemeinen aber ſchien es höchſt unempfindlich zu ſein. Wir ſtachen es
mit Nadeln, ſtreuten ihm Schnupftabak in die Naſe, legten ihm glühende Kohlen auf die Haut und
quälten es ſonſt noch, ohne daß es das geringſte Unbehagen gezeigt hätte. Nur Tabakrauch ſchien es
nicht vertragen zu können: als mein Gefährte, Dr. Vierthaler, ihm ſeine brennende Pfeife unter die
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