Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Hundshai. Katzenhai.
bald den Wanst leerend, bald wieder füllend, lange fortfahren. Wenn viele Hundshaie, mit dem
Fange der Heringe beschäftigt, um die Netze schwärmen, verbreitet sich auf weithin ein deutlich
wahrnehmbarer Thrangeruch; die Oberfläche des Wassers glättet sich und glänzt, als wäre sie mit
Oel überzogen. Gegen die dreißiger Jahre hin hatten sie sich im Kanal derartig vermehrt, daß die
Fischer ihrer kaum Herr werden konnten. Jm Oktober 1827 begaben sich einige Fischer nach einer
kleinen Sandbank, etwa vier Meilen östlich von Hastings und zwei Meilen vom Ufer gelegen, um
Kabeljaus zu fangen. Es wurden von ihnen etwa viertausend Angeln und Grundhaken ausgelegt
und diese nach etwa einer halben Stunde untersucht: fast an jedem Angelhaken hing anstatt des
[Abbildung] Der Katzenhai (Scyllium catulus). Nat. Größe bis 3 Fuß.
erwünschten Kabeljau ein Hundshai. Einer von jenen hatte sich allerdings auch gefangen; man fand
von ihm aber nur noch den Kopf und einen Theil der Wirbelsäule vor: das Uebrige hatten die Haie
gefressen. Von den gefangenen Fischen dieser Art war keiner beschädigt, woraus also hervorzugehen
scheint, daß ein Hundshai den andern verschont.

Die Fortpflanzungszeit beginnt im Herbst, dauert aber, wie es scheint, während des ganzen
Winters fort. Untersucht man ältere Weibchen um diese Zeit, so findet man in den Eierstöcken und
Eileitern Eier in den verschiedenen Zuständen der Entwicklung, gewöhnlich je zwei sich gleichend,
die am Weitesten entwickelten gegen den Ausgang der Eileiter. Die Eier selbst, unter dem
Namen Seeweibs-Schiffers-Seebeutel oder Seemäuse bekannt, sind, wie Geßner sagt, "einer
schalechten art, hart, durchscheinend als Horn, auch an der Farb, in welchem ein Feuchte gesehen
wirt, gleich einem Ey, ist an der gantzem gestalt gleich einem Häuptküssen, an welches end lange

Hundshai. Katzenhai.
bald den Wanſt leerend, bald wieder füllend, lange fortfahren. Wenn viele Hundshaie, mit dem
Fange der Heringe beſchäftigt, um die Netze ſchwärmen, verbreitet ſich auf weithin ein deutlich
wahrnehmbarer Thrangeruch; die Oberfläche des Waſſers glättet ſich und glänzt, als wäre ſie mit
Oel überzogen. Gegen die dreißiger Jahre hin hatten ſie ſich im Kanal derartig vermehrt, daß die
Fiſcher ihrer kaum Herr werden konnten. Jm Oktober 1827 begaben ſich einige Fiſcher nach einer
kleinen Sandbank, etwa vier Meilen öſtlich von Haſtings und zwei Meilen vom Ufer gelegen, um
Kabeljaus zu fangen. Es wurden von ihnen etwa viertauſend Angeln und Grundhaken ausgelegt
und dieſe nach etwa einer halben Stunde unterſucht: faſt an jedem Angelhaken hing anſtatt des
[Abbildung] Der Katzenhai (Scyllium catulus). Nat. Größe bis 3 Fuß.
erwünſchten Kabeljau ein Hundshai. Einer von jenen hatte ſich allerdings auch gefangen; man fand
von ihm aber nur noch den Kopf und einen Theil der Wirbelſäule vor: das Uebrige hatten die Haie
gefreſſen. Von den gefangenen Fiſchen dieſer Art war keiner beſchädigt, woraus alſo hervorzugehen
ſcheint, daß ein Hundshai den andern verſchont.

Die Fortpflanzungszeit beginnt im Herbſt, dauert aber, wie es ſcheint, während des ganzen
Winters fort. Unterſucht man ältere Weibchen um dieſe Zeit, ſo findet man in den Eierſtöcken und
Eileitern Eier in den verſchiedenen Zuſtänden der Entwicklung, gewöhnlich je zwei ſich gleichend,
die am Weiteſten entwickelten gegen den Ausgang der Eileiter. Die Eier ſelbſt, unter dem
Namen Seeweibs-Schiffers-Seebeutel oder Seemäuſe bekannt, ſind, wie Geßner ſagt, „einer
ſchalechten art, hart, durchſcheinend als Horn, auch an der Farb, in welchem ein Feuchte geſehen
wirt, gleich einem Ey, iſt an der gantzem geſtalt gleich einem Häuptküſſen, an welches end lange

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0819" n="777"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Hundshai. Katzenhai.</hi></fw><lb/>
bald den Wan&#x017F;t leerend, bald wieder füllend, lange fortfahren. Wenn viele Hundshaie, mit dem<lb/>
Fange der Heringe be&#x017F;chäftigt, um die Netze &#x017F;chwärmen, verbreitet &#x017F;ich auf weithin ein deutlich<lb/>
wahrnehmbarer Thrangeruch; die Oberfläche des Wa&#x017F;&#x017F;ers glättet &#x017F;ich und glänzt, als wäre &#x017F;ie mit<lb/>
Oel überzogen. Gegen die dreißiger Jahre hin hatten &#x017F;ie &#x017F;ich im Kanal derartig vermehrt, daß die<lb/>
Fi&#x017F;cher ihrer kaum Herr werden konnten. Jm Oktober 1827 begaben &#x017F;ich einige Fi&#x017F;cher nach einer<lb/>
kleinen Sandbank, etwa vier Meilen ö&#x017F;tlich von Ha&#x017F;tings und zwei Meilen vom Ufer gelegen, um<lb/>
Kabeljaus zu fangen. Es wurden von ihnen etwa viertau&#x017F;end Angeln und Grundhaken ausgelegt<lb/>
und die&#x017F;e nach etwa einer halben Stunde unter&#x017F;ucht: fa&#x017F;t an jedem Angelhaken hing an&#x017F;tatt des<lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Katzenhai</hi><hi rendition="#aq">(Scyllium catulus).</hi> Nat. Größe bis 3 Fuß.</hi></head></figure><lb/>
erwün&#x017F;chten Kabeljau ein Hundshai. Einer von jenen hatte &#x017F;ich allerdings auch gefangen; man fand<lb/>
von ihm aber nur noch den Kopf und einen Theil der Wirbel&#x017F;äule vor: das Uebrige hatten die Haie<lb/>
gefre&#x017F;&#x017F;en. Von den gefangenen Fi&#x017F;chen die&#x017F;er Art war keiner be&#x017F;chädigt, woraus al&#x017F;o hervorzugehen<lb/>
&#x017F;cheint, daß ein Hundshai den andern ver&#x017F;chont.</p><lb/>
            <p>Die Fortpflanzungszeit beginnt im Herb&#x017F;t, dauert aber, wie es &#x017F;cheint, während des ganzen<lb/>
Winters fort. Unter&#x017F;ucht man ältere Weibchen um die&#x017F;e Zeit, &#x017F;o findet man in den Eier&#x017F;töcken und<lb/>
Eileitern Eier in den ver&#x017F;chiedenen Zu&#x017F;tänden der Entwicklung, gewöhnlich je zwei &#x017F;ich gleichend,<lb/>
die am Weite&#x017F;ten entwickelten gegen den Ausgang der Eileiter. Die Eier &#x017F;elb&#x017F;t, unter dem<lb/>
Namen Seeweibs-Schiffers-Seebeutel oder Seemäu&#x017F;e bekannt, &#x017F;ind, wie <hi rendition="#g">Geßner</hi> &#x017F;agt, &#x201E;einer<lb/>
&#x017F;chalechten art, hart, durch&#x017F;cheinend als Horn, auch an der Farb, in welchem ein Feuchte ge&#x017F;ehen<lb/>
wirt, gleich einem Ey, i&#x017F;t an der gantzem ge&#x017F;talt gleich einem Häuptkü&#x017F;&#x017F;en, an welches end lange<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[777/0819] Hundshai. Katzenhai. bald den Wanſt leerend, bald wieder füllend, lange fortfahren. Wenn viele Hundshaie, mit dem Fange der Heringe beſchäftigt, um die Netze ſchwärmen, verbreitet ſich auf weithin ein deutlich wahrnehmbarer Thrangeruch; die Oberfläche des Waſſers glättet ſich und glänzt, als wäre ſie mit Oel überzogen. Gegen die dreißiger Jahre hin hatten ſie ſich im Kanal derartig vermehrt, daß die Fiſcher ihrer kaum Herr werden konnten. Jm Oktober 1827 begaben ſich einige Fiſcher nach einer kleinen Sandbank, etwa vier Meilen öſtlich von Haſtings und zwei Meilen vom Ufer gelegen, um Kabeljaus zu fangen. Es wurden von ihnen etwa viertauſend Angeln und Grundhaken ausgelegt und dieſe nach etwa einer halben Stunde unterſucht: faſt an jedem Angelhaken hing anſtatt des [Abbildung Der Katzenhai (Scyllium catulus). Nat. Größe bis 3 Fuß.] erwünſchten Kabeljau ein Hundshai. Einer von jenen hatte ſich allerdings auch gefangen; man fand von ihm aber nur noch den Kopf und einen Theil der Wirbelſäule vor: das Uebrige hatten die Haie gefreſſen. Von den gefangenen Fiſchen dieſer Art war keiner beſchädigt, woraus alſo hervorzugehen ſcheint, daß ein Hundshai den andern verſchont. Die Fortpflanzungszeit beginnt im Herbſt, dauert aber, wie es ſcheint, während des ganzen Winters fort. Unterſucht man ältere Weibchen um dieſe Zeit, ſo findet man in den Eierſtöcken und Eileitern Eier in den verſchiedenen Zuſtänden der Entwicklung, gewöhnlich je zwei ſich gleichend, die am Weiteſten entwickelten gegen den Ausgang der Eileiter. Die Eier ſelbſt, unter dem Namen Seeweibs-Schiffers-Seebeutel oder Seemäuſe bekannt, ſind, wie Geßner ſagt, „einer ſchalechten art, hart, durchſcheinend als Horn, auch an der Farb, in welchem ein Feuchte geſehen wirt, gleich einem Ey, iſt an der gantzem geſtalt gleich einem Häuptküſſen, an welches end lange

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/819
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 777. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/819>, abgerufen am 21.12.2024.